morgana81 - gothic transgender

Die zweite Nacht des Festivals in Leipzig wird von der Partnerveranstaltung "Neon Transmissions" aus Belgien organisiert und enthält wieder einen Mix aus DJ-Sets und eingespielten Videoclips von Bands.

[01.06.20 / 15:26] Die zweite Nacht des Festivals in Leipzig wird von der Partnerveranstaltung "Neon Transmissions" aus Belgien organisiert und enthält wieder einen Mix aus DJ-Sets und eingespielten Videoclips von Bands. Die DJs streamen aus ihren Wohnzimmern (ich nenn es jetzt einfach mal so) von überall aus der Welt - Kontinente übergreifend. War es gestern noch Japan, sind es heute Mexiko, Israel (Tel Aviv) und die USA (Los Angeles). Die Bands aus dem Synth-Wave-Umfeld sind alle wahnsinnig interessant und überraschen mich immer wieder.
Der YouTube-Stream läuft diesen Abend die sieben Stunden (von 19 Uhr bis 2 Uhr) weitestgehend ohne größere Unterbrechungen und ist wahrscheinlich in dem vom Wochenende überlasteten Internetverkehr noch die beste Variante gegenüber dem Twitch- und Facebook-Livestream. Der totale Overkill: drei parallel laufende Bildschirme, einer mit Twitch als Backup-Stream und den offenen Chat-Fenstern, ein Bildschirm für YouTube im Vollbildmodus und ein dritter (mein Fernseher) für die Übertragung des Starts der SpaceX-Rakete bis 22 Uhr GMT.
So viele interessante Bands und Musik, der "Neon Transmissions" Floor ist auch jedes Jahr eines meiner persönlichen Höhepunkte auf dem Festival. Verglichen mit der angespielten Musik, kann ich meine eigene Musik nur als "got-no-talent-music" bezeichnen ... die Komplexität und den Groove dieser von mir so geliebten elektronischen Musik werde ich wohl nie erreichen (und muß ich auch nicht, meine Musik und meine Texte sind nur Therapie - "DIY").
Die DJane am Mischpult ist auch gleichzeitig im Chat präsent, es ergibt sich fast schon ein kleiner, familiärer Dialog mit den Gästen. Die Vibes der (irgendwo in Belgien?) aufgedrehten Bass-Regler am Equalizer spüre ich auch hunderte Kilometer entfernt auf meiner Anlage ... ein Wahnsinns-Set.
Ich tanze durch bis 2 Uhr nachts, die LED-Beleuchtung rotiert mit dem Stroboskop, und falle dann Minuten später einfach in mein daneben stehendes Bett. Nur wenige Stunden Schlaf. Ich brauche mal wieder einen "Ledernacken", der mich dann um 8 Uhr morgens aus dem Bett wirft bzw. aus dem Club schleift. (Pfingstsonntag übermüdet aufwachen, ein paar Textzeilen notieren, Verwandtschaft besuchen, Kuchen essen, Grillen und wieder zurückfahren ... soweit der Plan.)

Der dritte Tag des Online-Festivals, ich schalte mich erst eine halbe Stunde vor Mitternacht dazu. Über den Chat erfahre ich, daß der Online-Stream erst später gestartet wurde und wegen technischer Probleme bei YouTube auch mal unterbrochen wurde. Als ich den Raum betrete, laufen gerade die letzten Titel eines live in Leipzig auftretenden Musikers aus Berlin ... wie im echten Leben, mal wieder alles verpaßt und zu spät am Einlaß erschienen. (Dafür bin ich den Tag auf höchst unerwarteter Weise zu einem "Misfits" Patch für meine schwarze Lederjacke gekommen...)
Noch zwei Stunden DJ-Sets und noch ein eingespielter Auftritt eines weiteren Solo-Musikers, noch zwei Stunden Tanzen, bei gedämpfter Lautstärke und angeschalteter Disko-Beleuchtung. Noch zwei Stunden bis 2 Uhr nach Mitternacht - dann geht auch diese Online-Ausgabe des "Gothic Pogo Festival" zu Pfingsten in Leipzig dem alljährlichen Ende entgegen ... jeder Anwesende, die Crew, die Musiker, die Bands, die Gäste hoffen auf das nächste Jahr.
Im Chat und in der Abschlußmoderation wird die Internetadresse zum Stream (auf Twitch) für die Aftershow-Party bekanntgegeben, die DJs, die sonst auch den letzten Tag des Festivals auflegen, fehlen noch und haben ein weiteres Set organisiert. "Stream hopping", bis 3 Uhr die Nacht lasse ich das Ganze noch auf meiner Couch ausklingen, bis ich langsam die Fader an meinem Mischpult herunterregele. Über den Stream werden noch alte Videoclips vom Innenhof während des Festivals im Werk 2 vor ein oder zwei Jahren in Leipzig gezeigt, wahrscheinlich vom frühen Vormittag mit ein paar der letzten anwesenden und interessant wirkenden Gäste (die aus dem Ausland, mit Jetlag?) - das was ich sonst auch sehe, wenn ich vom dem Festival dann final nach Hause gehe (mit dem wohligen Gefühl, Teil dieser "Szene" zu sein).

Pfingstmontag, ich muß noch die Deko abnehmen, meine PA abbauen und mir irgendwo im Internet noch den Teil ansehen, den ich gestern Abend verpaßt habe. Wenigstens zum Familienbesuch habe ich einen Teil meiner Festivalkluft tragen können ... also ganz in Schwarz, mit Lederjacke, Pikes und Nietengürtel. Für nächstes Jahr, wenn es stattfindet, muß ich mir wieder etwas überlegen, wo ich die Nächte in Leipzig dann übernachten kann - meine alte und so praktische Wohnung habe ich dann nicht mehr.

[30.05.20 / 15:41] Die PA aufbauen, alles verkabeln, das kleine Mischpult auf meinen Wohnzimmertisch stellen. Der Main-Ausgang geht an die Stereoanlage, der Control-Room-Ausgang an meine Studiomonitorboxen am Computer ... von dort läuft auch das Eingangssignal vom Online-Stream direkt zum Tape-Eingang auf meinem Mischpult. Alles bereit für den "Gothic Pogo Livestream"? Das Festival zu Pfingsten in Leipzig sendet ab Freitag Abend das ganze Wochenende online. Die LED-Lichterkette aufhängen, das Strobo-Effektgerät platzieren ... noch schnell etwas essen und ich bin bereit!
Es geht wieder los! Punkt 19 Uhr startet der Stream und ich logge mich mit meinem YouTube-Konto ein. Schön, die bekannten Gesichter zu sehen, die ich sonst als eines der allerersten Gäste pünktlich zum Einlaß beim Beginn des Festivals am Werk 2 in Leipzig gesehen hätte. Eine kurze Begrüßung der Crew an die Zuschauer, ein paar Einspieler (mit Spendenaufruf für die Seenotrettung) und es werden die ersten DJ-Sets eingespielt. Bis hierhin war ich noch verwundert, wie sie das ganze Line-up nach Leipzig in die Konzerthalle bringen wollen ... die DJs werden natürlich live weltweit aus ihren Wohnzimmern dazugeschaltet (mit sehr interessanten Einblicken). Nur ein paar lokale DJs bauen ihr Set in Leipzig vor Ort auf.
Es geht weiter mit den Bands, nicht live, die befreundeten Bands stellen ein paar selbsteingespielte Videoclips zur Verfügung und lassen erahnen, was ich alles hätte sehen können, wenn ich im Publikum vor der großen Bühne stehen würde ... schon wieder ein paar neue Bands entdeckt. Im Chatraum merke ich mir noch ein paar andere Namen von Bands, die dort empfohlen werden.
Meine Anlage wird im Laufe des Abend immer weiter bis auf Anschlag aufgedreht - dabei habe ich sie vorher eingepegelt (das Stream-Audiosignal ist zu leise), die Fenster in meinem Dachbodenzimmer stehen weit offen. Kurz vor 22 Uhr schalte ich auch die bunte Multifunktions-LED-Lichterkette ein. Auf meinem Barhocker sitzen und am Computerbildschirm die tanzenden Menschen im Hintergrund der live zugeschalteten DJ-Sets auf ihren Tanzflächen beobachten ... wie sehr habe ich das vermißt.
Die Bands für den Freitag Abend sind durch, bis nach Mitternacht laufen nur noch weitere DJ-Sets. Es wird etwas kühl den Abend (bei geöffneten Fenstern), stilecht ziehe ich meine Punkerkutte über (die schwarze Lederjacke mit den Buttons) und tanze auf meinem breitgetretenen Teppich. Etwas nervt ... der YouTube-Algorithmus setzt jetzt ständig den Stream aus, wegen Verstöße gegen das Copyright? (Vielleicht die eingeblendeten und wunderschönen Visuals im Hintergrund?) Ein Tip im Chat: Einfach den zweiten Stream über die Twitch-Plattform dazuschalten. Bis 2 Uhr die Nacht kann ich so ohne große Unterbrechungen weitertanzen ... mit seit 0 Uhr gedämpften Lautstärkepegel und zurückgefahrenen Reglern - dafür aber mit blitzenden Strobo-Effekt in Kombination mit der bunten LED-Lichterkette im "Flash" Modus. Ein wildes Inferno.
Wenige Minuten nach 2 Uhr die Nacht auf Sonnabend, ist der Stream zu Ende ... etwas abrupt. Ich hätte mir einen "slow song" zum Ausklang gewünscht. Die Lichteffekte und die PA (Stereoanlage und Mischpult) ausschalten, ins Bad nebenan verschwinden, Make-up trage ich keins. Wieder zurück am Bildschirm noch schnell einen kleinen Betrag spenden und den Computer dann herunterfahren. Der Club und die Tanzfläche ist gleichzeitig auch mein Wohn- und Schlafzimmer, die Deko bleibt für die nächsten Nächte einfach hängen ... so schnell war ich noch nie von der Disko zurück in mein Bett (ich beginne, Gefallen daran zu finden).

Schon beim Blick den späten Vormittag zuvor aus dem Dachbodenfenster: "So ein schönes Festival-Wetter!" Nicht zu kalt, nicht zu heiß, trocken, sonnig mit Wolken. Geradezu beschämend, daß es nicht genutzt werden konnte.

[23.05.20 / 21:49] Alte Fotos - neu veröffentlicht: Mein Coming-out im Juni 2003. An einem frühen Morgen das erste Wochenende im Juni, kurz vor Sonnenaufgang, mit einer dicken Schicht Make-up im Gesicht und nur mit einem spärlichen, schwarzen Top bekleidet, mit dem Auto die menschenleeren Landstraßen entlangfahren. Eine einsame Stelle zum Anhalten suchen, die Fotokamera mit dabei, ein paar Bilder von mir machen mit der aufgehenden Sonne über die Felder. Ich finde eine Stelle weit abseits ... eine verlassene Straßenbaustelle irgendwo in der Pampa. Ich steige aus.
Das erste Mal draußen, das erste Mal als Frau in der freien Natur, das erste Mal das Gefühl haben, wirklich lebendig zu sein! Frei von allen Zwängen und Normen. Fern abseits fahren ein paar Autos vorbei, dieselbe Straße, die ich sonst auch Sonntag morgens nach der Disko zurück fahre. Ob sie mich sehen können? Ich bleibe ungestört und posiere vor meiner Kamera, die ich auf dem Autodach mit Selbstauslöser abgestellt habe. Die Sonne scheint warm auf meine Haut. Mein Blick schweift immer wieder in die Ferne. Ich will das schöne, rötliche Licht für die Bilder nutzen.
Nicht mehr als ein oder zwei Stunden später, gegen sieben oder acht Uhr den Morgen, fahre ich schon wieder zurück zu meiner Wohnung, mit dabei ein Haufen Fotos. Jetzt kommen mir auch viel mehr Autos auf der Landstraße, eine Baumallee, entgegen ... ob die den Sonntag Morgen Brötchen kaufen fahren? Ob die mich am Steuer hinter dem Lenkrad meines Autos sehen? Ich hoffe es. Ich bin glücklich, endlich diesen befreienden Schritt getan zu haben, die sichere Wohnung verlassen zu haben, den Mut zu finden, auch als Frau - die ich bin - nach draußen zu gehen!

Juni 2003 ... es wird noch fast ein Jahr dauern, bis ich ein paar mehr Kleider als Frau angesammelt habe, meine Make-up-Technik (etwas) verbessere und 2004 das erste Mal als Frau in die Disko nach Leipzig fahre - in die große Stadt - um dort die Nacht auszugehen ... und Männer kennenzulernen (das erste Mal als Frau flirten).

[22.05.20 / 13:12] Noch weiter zurück in die Vergangenheit (die Wayback Machine kennt die alte Version vom Juli 2003 bzw. 2004):

Auszug von "http://de.geocities.com/moonlayhidden/ich.htm" und "tg.htm"

[...]
Einige von euch kennen wahrscheinlich die Seite "www.transgender-net.de", dort gibt es eine Rubrik mit dem Namen "Transgender des Monats". Ich habe mir mal den Spaß erlaubt und hier meine eigene "TG des Monats" Seite über mich eingefügt:

[TG des Monats]
Transgender des Monats

Juli 2003: Morgana
E-Mail: moonlayhidden@yahoo.de
Homepage: http://de.geocities.com/moonlayhidden

Profil
Mein Name: Morgana
Mein Alter: 21
Mein Beruf: Studentin
Meine Größe: 170 cm
Mein Gewicht: 57 kg
Die Region, in der ich wohne: Zur Zeit im Nord-Harz
Ich würde mich folgendermaßen beschreiben: Eine Frau, die gerne ein Mann sein wollte und das Glück hat in einem Männerkörper zu leben - oder einfach nur eine männliche Frau in einem nicht ganz so männlichen Körper
Warum ich Transgender bin: Keine Ahnung, wenn ich das wüßte - das ist eben so
Wie ich als Transgender lebe: Je nach Gefühl und Stimmungslage, mal als Mann, mal als Frau
Wie ich mir meine Zukunft wünsche: endlich beruflicher Erfolg, abgeschlossene Berufsausbildung
Was ich an Männern mag: ... vielleicht ihre Durchsetzungskraft
Was ich an Frauen mag: Ihre Ausstrahlung, ihr Wesen
Ich mag: ... Frauen? ...und die dunkle Seite des Lebens
Ich mag nicht: oberflächliche, spießige Menschen, die ich von hier unten aus dem Underground so beobachte
Worauf ich bei anderen Menschen wert lege: darauf fällt mir jetzt keine Antwort ein
Filme, die ich gern sehe: düstere Filme, düstere Science Fiction, Dark Noir Filme, Independent Filme, gerne in Schwarz-Weiß und japanische Produktionen
Musik, die ich gern höre: Gothic, Rock, Death Rock, Minimal Elektronik, Noise/Dark Ambient
Bücher, die ich gern lese: Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen
Was ich gern in meiner freien Zeit mache: Internet, an meinem Radiosender arbeiten, an meiner Noise Ambient Platte arbeiten und vielleicht mal in kleiner Stückzahl veröffentlichen, durch Deutschland reisen und kleinere, schäbige Szene Clubs und Szene Konzerte bzw. Szene Treffen besuchen
Was ich gern esse: Ich ernähre mich gesund
Was ich gern trinke: Ich ernähre mich gesund und trinke nur Wasser und Grünen Tee
Wenn ich drei Wünsche frei hätte...
Na was denn wohl? ... Meinen Körper so zu verändern, daß er mehr weiblich wirkt endlich beruflicher Erfolg, daß es wieder mehr aufwärts geht mit meiner finanziellen Lage Ich will ... daß die Sonne vom Himmel verschwindet und die ewige Finsternis alles Leben auf dieser Erde vernichtet ... ach nein, lieber doch nicht Was ich immer schon mal sagen wollte: meinen dritten Wunsch

(gothic tgirl morgana81)

[21.05.20 / 23:05] Ich wildere mal etwas auf der Wayback Machine von archive.org auf meiner alten GeoCities-Seite:

Auszug von "http://de.geocities.com/moonlayhidden" vom 19. Februar 2004

[home]
moonlayhidden / morgana81
moonlayhidden@yahoo.de

[ich]
Hallo, ich bin "morgana81" oder auch "moonlayhidden", 22 Jahre jung. Unter diesen beiden Namen habe ich mich bei der beliebten Internetseite "###" [gelöscht, Anm. d. Verf.] eingetragen. Der eine Name bezieht sich auf die Hexe bei Merlin und der andere Name stammt von der Musikgruppe "The Moon Lay Hidden Beneath A Cloud". Das ist ziemlich dunkle Musik, so Richtung Gothic und so...
mehr...

[mehr]
...über mich! Tja...ich bin Morgana, meinen echten Namen erwähne ich hier natürlich nicht. Bin 1981 geboren...im Osten...und lebe da immer noch. Bin süchtig nach Erlebnissen, gehe gerne auf Konzerte (schwarz gekleidet!) und versuche immer unabhängig meinen eigenen Weg zu gehen, so sonderbar er auch scheint. Am liebsten höre ich Musik...Gothic/Rock/Punk...alles mögliche, Hauptsache Alternativ und Underground! Wenn ich mich entspanne, vorwiegend nackt in der Badewanne (...), höre ich gerne "Dead Can Dance" und sowas...falls euch die Gruppe was sagt. Aber wenn ich's mal ordentlich krachen lassen will oder wenn ich mal Bock drauf habe, höre ich Punk Musik und anderes rockiges Zeug! Wo wir gerade beim Punk sind, bei der revolutionären 1. Mai Demo in Berlin/Kreuzberg war ich auch schon. Bin also richtig links. Dreimal dürft ihr raten mit was ich mir den Tag vertreibe...ich langweile mich in einem Hörsaal...ich bin eine Studentin :) ...intellektuelle Elite und so...die dann doch nicht klarkommen im Leben und versagen :( ...aber dafür gibt es ja den Alkohol. Früher habe ich ordentlich getrunken aber jetzt bin ich weg von dem Teufelszeug...dafür hatte ich aber auch mal Kontakt zur Ex-Heroinszene (von der Kifferszene ganz zu schweigen). Was gibt es sonst noch so über mich zu berichten? Tja ich trage gerne Jeans und Stiefel...mag keine Röcke...trage meine Haare lang und bin eine von diesen Menschen, die nicht dick werden...und ich liebe es, wenn mich die Leute auf der Straße anstarren, weil ich mal wieder in einem schockigen Outfit daherkomme.
...achso...eh ich es vergesse...ich stehe nur auf Frauen...
(Jedenfalls glaube ich das)

(Der Textinhalt meiner eigenen, archivierten HTML-Seiten reicht nur bis zum November 2005 zurück, das "Internet Archive" war da akribischer...)

Wave Gotik Treffen, Leipzig / Pfingstsonntag Mai 2002
Anlaß für die Recherche in die Zeit zurück: ich habe mir eine Regenjacke in Tarnmuster gekauft (kein SS-Splittertarn!) und erinnere mich an die sonderbaren Gestalten auf den Industrial- und Dark-Ambient-Konzerten von damals - mein Einstieg in die Gothic-Szene vor zwanzig Jahren. Während ich diese Zeilen schreibe, laufen im Hintergrund auf YouTube die Musik-Alben der erwähnten, düsteren Band, die als Inspiration für meinen alten Nickname "moonlayhidden" herhalten mußte, und die ich schon sehr lange nicht mehr angehört habe. (Ich hatte mich dann nach und nach von der Musikgruppe, eigentlich ein Duo, distanziert, da deren immer martialischer werdende Ausrichtung nicht mit meinem Empfinden konform ging.)
Leider habe ich kein besseres Foto von dem WGT-Konzert auf der Parkbühne 2002, das niedrig aufgelöste Bildchen habe ich erst ein Jahr später rein zufällig auf einer japanischen Website entdeckt - ich war schon immer "non-binary!"

[17.05.20 / 21:37] Mit dem Motorrad durch den Wald fahren - und Fotos machen! Einmal am Straßenrand halten, absteigen, den Zündschlüssel abziehen und den Helm abnehmen ... die Stille der Waldkulisse und das Rauschen in den Blättern wirkt ganz anders, als wenn ich nur mit dem dröhnenden Zweizylinder unter mir die (ziemlich huckelige) Asphaltpiste entlangdonnere. Ein paar Minuten die Ruhe genießen - und wieder aufsatteln.

Präzise Ortsangabe für die Fotos: Die Landstraße durch den Gardelegen-Letzlinger Forst, irgendwo an einer Abzweigung in das Landschaftsschutzgebiet. Auf einer ausgedehnten Sonntag-Nachmittagstour durch mein Motorradrevier.

[03.05.20 / 03:34] Mein Lieblingsclub im Süden von Leipzig sendet dieses Mal, live aus ihrem Keller, ein Italo Disco Special! Ich bin natürlich online dabei. Das Strobo-Effektgerät bleibt für den Tanzabend bei mir zu Hause im Hintergrund und wird nur dezent für ein paar ausgewählte Titel, die die beiden DJs in dem Club auflegen, eingesetzt. Die Hauptbeleuchtung auf der "Tanzfläche" (der mittlerweile breit getretene Langflorteppich in meiner Sitzecke) stellt für diese Nacht die 5-Meter-Weihnachtsdeko-Lichterkette aus dem Baumarkt. Mit sieben unterschiedlichen Blinkeinstellungen! Rotes Licht, blaues Licht, grünes Licht, gelbes Licht ... in Wellen, Sequenz, Aufleuchten, Blitzen, Funkeln.
Beim stundenlangen Tanzen mache ich mir schon die Füße kaputt - aber ich muß einfach ... Wer weiß, wann die Diskos wieder aufmachen, wann ich wieder Ausgehen kann (und ob überhaupt jemals wieder). Auch wenn ich in den Clubs sonst auch nur alleine für mich tanze, mir fehlen die interessanten Menschen, die ich da immer vom Rande der Tanzfläche aus beobachte, die mir das Gefühl geben, doch nicht so ganz alleine und isoliert in dieser Welt zu sein. In meine fließenden Bewegungen (und die meines Schattens) mischt sich ein wenig Schwermut.

[21.04.20 / 17:59] Die strikte Ausgangsbeschränkung in Sachsen wurde in eine formelle Kontaktsperre geändert, ich nutze sofort die neu geschaffene Möglichkeit, um zu meiner Zweitwohnung in Leipzig zurückzukehren. Ein paar Dinge ausräumen, die großen Möbel sind die eine Sache, der ganze Kleinkram und die Deko-Objekte eine andere ... ich brauche den ganzen (späten) Vormittag, um mein Auto bis zur Oberkante zu beladen. Tetris - Wie stapel ich alles möglichst effizient auf den Beifahrersitz? Beim Kofferraum ist es einfacher - dieser entspricht bei meinem Roadster genau der Größe einer "Klappbox."
Auf der Autobahn über die Landesgrenze nach Sachsen-Anhalt, kurz hinter dem Ortsschild von Leipzig muß ich noch auftanken. Ich bin irritiert, gilt das neue Maskengebot auch für Tankstellen? Ich wollte schon immer mal maskiert eine Tankstelle überfallen! (Ich traue mich nicht, mein schwarzes "Banditen-Tuch" bis über die Nase zu ziehen und gehe unmaskiert in die Tankstelle ... die anderen Kunden machen das auch so.)

Demnächst auf der Autobahn ... ich transportiere meine ganzen sperrigen Möbel einzeln auf dem Beifahrersitz, bei heruntergeklappten Verdeck. Ich könnte mein altes "Trans Pride" Papierblatt gut sichtbar nach hinten herausflattern lassen...?

[20.04.20 / 16:55] Meine Hormonwerte sind alle im normalen bis niedrigen Bereich - das Testosteron sowie die Östrogene. Nach Rücksprache mit meiner Frauenärztin kann ich versuchen, die Dosis leicht zu erhöhen, um ein klein wenig mehr Brustwachstum anzustoßen. Von zwei Hub auf zweieinhalb täglich - also montags, mittwochs und freitags ein Hub mehr von dem Estradiolgel. Ihrer Meinung nach wird aber irgend etwas zwischen zwei oder drei Hub (zwei Hub entsprechen 1,5 mg Estradiol) keine wirkliche Veränderung bringen, andere transsexuelle Frauen pushen sich auf eigene Verantwortung viel mehr und nehmen dabei das höhere Risiko in Kauf (Osteoporose). Auch neigen transsexuelle Post-OP-Frauen - wegen des veränderten Stoffwechsels - sehr stark dazu, bei höherer Hormondosis "in die Breite zu gehen." Ich hatte mich gerade erst wieder auf 60 bis 61 kg zurückgekämpft.
Dennoch, ich starte das Experiment mit einer minimalen Dosiserhöhung, bei ständiger Kontrolle meines Körpergewichts. Ich muß aber auch langfristig auf dieser höheren Dosis bleiben, bei erneuter Verringerung der Hormonabgabe besteht die Möglichkeit, daß meine Brüste wieder schrumpfen, ähnlich wie bei einer "echten" Bio-Frau nach einer Schwangerschaft und Stillzeit.

Ein volles A-Körbchen...?

[19.04.20 / 19:33] Mit der neusten Verfügung ist es in Sachsen-Anhalt wieder erlaubt, Motorrad zu fahren. Das gilt jetzt als "sportliche Betätigung an der frischen Luft" - amtlich bestätigt! (Quelle: der Corona-FAQ des Landesportals Sachsen-Anhalt: "Kann ich eine Motorradtour unternehmen?")
Die ersten Kilometer im Jahr, noch ziemlich wackelig warte ich den sonnigen Sonntag Nachmittag geduldig an der Grundstücksausfahrt auf eine freie Stelle zum Ausfahren - ich brauche die volle Breite der Straße, um mich und mein Mopped in die Startposition zu schieben...

[15.04.20 / 19:03] Live-Ticker: "Verbot aller Großveranstaltungen bis zum 31. August." Das war's für die Festivalsaison diesen Sommer. Das "Gothic Pogo Festival" Pfingsten in Leipzig wurde schon abgesagt, das "Wave Gotik Treffen" wird ganz sicher folgen. Nach 18 Jahren (!) das erste Mal Pfingsten wieder alleine zu Hause? Ich hoffe noch auf ganz kleine (und erlaubte) Konzerte mit vielleicht zehn Menschen ... in einer ganz großen Halle ... irgendwann, irgendwo diesen Sommer.

Das mit dem "Nasen- und Mundschutz", kein Problem, dafür habe ich doch mein Buff zum Motorradfahren ... da sind "Silberfäden" drin!

[11.04.20 / 22:07] "Als ich noch ein Skinhead war." - Mir sind ein paar alte Polaroid-Fotos in die Hände gefallen, mit mir drauf, mein altes ich. Das Aufnahmedatum der Bilder ist beinahe 20 Jahre her. Kurz vor dem Abi 2000 habe ich mir schon meine Haare lang wachsen lassen, bin aber nicht sehr weit gekommen (höchstens Kinnlänge). Für die anschließenden zehn Monate bei dem "olivgrünen Abenteuerclub" mußte ich sie mir wieder radikal runterscheren lassen ... auf drei bis sechs Millimeter (beeinflußt von all den ganzen Vietnam- und Anti-Kriegsfilmen im Fernsehen, die ich damals so aufgesaugt habe). Nur eine kurze Phase - im Frühjahr und Sommer darauf, wenige Wochen vor dem "Dienstzeitende" 2001, habe ich sie mir schon nicht mehr scheren lassen - und meine Haare sind danach noch blonder aus dem Kurzhaarschnitt herausgewachsen!

Die Jahre darauf: bis zur untersten Rippe Ende 2005, dann wieder kürzer, Herbst 2007 schulterlang oder auch zwei Faustlängen pro Pferdeschwanz, dann drei Faustlängen, vier Faustlängen, ein paar Jahre halten, 2011 ... und weiter bis zur maximalen Länge beim Beckenknochen Anfang 2019. Und wieder zurück. Momentan sind es zwischen vier bis fünf Faustlängeneinheiten ... wäre da aktuell nicht dieses doofe "Friseurverbot", hätte ich meinen Plan weiterverfolgt, meine Haare Schritt für Schritt, bei jedem Friseurtermin um zehn Zentimeter kürzen zu lassen - um irgendwann wieder auf Schulterlänge zu kommen.

(Trivia: Nur bei dem Friseur-Experiment 2007, für das professionelle Foto-Shooting, waren meine Haare mal mit einem leichten Rotschimmer strähnchenweise gefärbt und in Stufen geschnitten.)

[11.04.20 / 02:01] Habe ich von Anfang an falsch gedehnt? Die Vaginaltrainer und später dann nur noch meine Finger, auf dem Rücken liegend, viel zu weit im falschen Winkel nach unten geschoben? Und damit nur die "Hauttasche" in Richtung After ausgebeult? Knapp unterhalb des letzten Rest des ehemaligen Schwellkörpers befindet sich - in fast waagerechter Stoßrichtung (wie beschrieben, auf dem Rücken liegend) - eine ertastbare Hautfalte. Der richtige Eingang? Wenn ja - und wenn sie da wirklich wäre - dann läßt sie sich jetzt auch nicht mehr öffnen. In dieser Position schöpfe ich mit meinem Finger wenigstens die vollen fünf Zentimeter meiner Neovagina aus.

Ich denke weiter über eine zweite Korrekturoperation nach. Der Chirurg aus München (ich halte weiter den Termin, ich weiß auch nicht mehr warum) operiert jetzt neuerdings mit seiner kombinierten Methode auch in der Klinik in Potsdam ... hätte ich das zwei Jahre vorher gewußt.

[05.04.20 / 00:28] Ich tanze wieder alleine gegen meinen Schatten. Die Stereoanlage in meinem Dachbodenzimmer auf fast unerträglicher Lautstärke aufgedreht, den Strobo-Effekt zuckend als einzige Lichtquelle, zwei Alben höchst aggressiver EBM-Stampfer, hintereinanderweg ... bis wenige Minuten nach Mitternacht. Lange halte ich das mit der Ausgangsbeschränkung und der Kontaktsperre nicht mehr aus - und in wenigen Tagen ist Vollmond - ich werde schon wieder rattig!

[01.04.20 / 17:17] Draußen ... die Außenwelt! Ich überschreite die Grundstücksgrenze zur Straße, schließe das Hoftor hinter mir ... blicke in den azurblauen Himmel mit den winzigen, kleinen Wölkchen. Vor ein paar Tagen habe ich vom Garten aus tatsächlich ein Flugzeug am Himmel gesehen! Ein kleiner, aber doch aufregend erscheinender Kondensstreifen. Dieses Mal suche ich kurz den Himmel ab, aber entdecke nichts. Es ist noch nicht warm genug, für meinen Fußweg zur örtlichen Bankfiliale mit den Selbstbedienungsterminals trage ich weiterhin meinen schwarzen Wollmantel - und meine übergroße, schwarze Sonnenbrille an diesem sonnigen Frühlingstag irgendwo in einem Provinzkaff in Sachsen-Anhalt. An der Ampelkreuzung mit der stark befahrenen Bundesstraße vor der Grundstücksausfahrt werde ich von den Fahrern in den haltenden Fahrzeugen, gerade zurück von ihrer Arbeitsschicht den frühen Nachmittag, verwundert und müde angestarrt. Weiterlaufen, nichts anmerken lassen.
Zu Fuß zu der Bankfiliale am Marktplatz im Ortskern dieser Kleinstadt. Dort angekommen, sehe ich durch die Scheiben ein oder zwei Menschen im Inneren des Schaltervorraums (der Schalter selbst ist geschlossen), ich warte draußen vor der Glastür. Die nächste Bankkundin ignoriert mich einfach und geht vor mir rein - jetzt sind da schon drei Menschen drin - der danach kommende Bankkunde fragt mich wenigstens noch, ob ich auch warte, wartet selbst ein paar Minuten, verliert dann aber die Geduld und überholt mich auch. So viel zu der Disziplin mit der Vorschrift: "Nicht mehr als zwei Personen in einem geschlossenen Raum."
Irgendwann traue ich mich auch, die Bankfiliale zu betreten. Für den Automaten mit der Tastatur habe ich extra einen Einmalhandschuh aus Latex mit in meine Manteltasche gepackt. Sicher und ohne Infektionsrisiko - das für mich tödlich sein kann (genauso wie Motorradfahren oder Rauchen) - tippe ich mit der rechten Hand die Überweisungen ein (notwendige Versicherungen bezahlen und solchen Kram). In dem Vorraum der Bankfiliale befinden sich nie mehr als drei Personen gleichzeitig. Ein älterer Herr wartet wenigstens mit gebührenden Abstand. Wieder draußen, stülpe ich den Handschuh in einen mit eingesteckten Plastebeutel und entsorge diesen in den nächstbesten Mülleimer.
Weiter zu Fuß zurück durch die öde Innenstadt mit den verrammelten Geschäften, einzig die offene Drogerie ist das belebte Herz dieser ansonsten langweiligen Fußgängerzone. Ich begegne viel zu vielen Menschen ... spazierende Rentner, Eltern mit kleinen Kindern, Menschen die mit ihrem Hund Gassi gehen. Ständig muß ich für zehn oder zwanzig Sekunden die Luft anhalten und schnell einen großen Bogen drumherum laufen, um mich ja nicht anzustecken. So habe ich mir die Apokalypse nicht vorgestellt, ich dachte, ich laufe hier einsam mit einer Pestmaske die verlassene Fußgängerzone entlang. Die paar Menschen, die ich hier sehe - an diesem sonnigen Frühlingstag - sind sogar noch mehr, als für dieses Provinzkaff üblich sind. So wird das nichts mit dem Weltenende und der Ausrottung der Menschheit durch einen grausamen Virus.

(Schon allein das Bild anderthalb Wochen zuvor, als ich in Leipzig alle meine Sachen in Sicherheit bringe, die bevorstehende Katastrophe ahnend, und vollgepackt zu meinem Auto latsche - und mir irgend so ein junges Pärchen mit kleinem Kind auf 'nem Roller entgegenkommt, als ob nichts wäre! Bin ich hier die Einzige mit gerade abstrusen Endzeit-Phantasien?)

[22.03.20 / 14:46] Ich war noch bis 2 Uhr nachts in der Disko ... virtuell. Die beiden DJs haben es wirklich gemacht und ihr Set aus dem Club in Leipzig live über das Internet gestreamt. Alle Gäste in dem Chatraum - und in ihren Wohnzimmern.
Das Set fängt gleich mit ein paar Italo-Krachern an, die Beleuchtung in meinem Zimmer unter dem Dachboden ist gedimmt, die DJs auf dem Bildschirm in Vollbildgröße, der Regler an meinen Monitorboxen nähert sich dem Anschlag, mein Strobo-Effektgerät wirft die ersten Blitze ... ich fange schon mal an, zu tanzen. Wenig später, gegen 22 Uhr, ich stehe mit meiner Wasserflasche am Rand der Tanzfläche (also gegen meine Schrankwand gelehnt) und beobachte die Gäste: "Keiner da, den ich kennen könnte, kein bekanntes Gesicht." (Ich bin ja auch allein in meiner Wohnung.)
Zwischendurch immer mal wieder auf das Diskoklo (also meine Toilette nebenan), am Spiegel angedeutet meinen schwarzen Kajal nachziehen, die Wasserflasche nachfüllen. Zurück zur Tanzfläche (der kleine Quadratmeter vor dem Computerbildschirm), noch eine kleine Clubrunde (mein Zimmer auf und ab tigern). Die DJs moderieren ihre Stücke, ich erfahre immer etwas Interessantes über die Musik. Ihre zwei Turntables haben sie in dem kleinen Kellerclub vor der Bühne aufgebaut, im Hintergrund die blinkenden Lichter und der sporadisch eingeblasene Nebel. Immer wieder weisen sie darauf hin, daß es möglich ist, über PayPal zu spenden ... "Ich habe fünf Euro Eintritt bezahlt!" Dafür will ich auch mindestens fünf Stunden durchtanzen.
Ab und zu, wenn ich nicht mehr kann, liege ich auf dem Ledersofa in dem Club (also meine Kunstledercouch in meiner Fernsehecke) und lausche einfach nur der Musik. Gegen Mitternacht werden ein paar obskure Darkwave-Platten aufgelegt - ich kann mich nicht mehr halten, ich muß tanzen. In vollkommener Dunkelheit, das kleine Licht aus, tanze ich gegen meinen übergroßen Schatten, der durch das aufgedrehte Stroboskop-Gewitter gegen die weiße Wand (in meinem Zimmer) projiziert wird. Der Effekt hat die richtige Einstellung, alles wirkt so unnatürlich, wie auf einem Trip, wenn die Fragmente meiner Wohnungseinrichtung für Sekundenbruchteile aufleuchten.
Die beiden DJs spielen noch andere Musikstile ... wie lange die wohl noch online senden wollen? Ich hatte vor, gegen 2:30 Uhr wieder zu gehen. Den Club verlassen ... und im selben Moment wieder zu Hause zu sein. Tatsächlich spielen sie noch bis kurz nach 2 Uhr, aber da liege ich schon erschöpft auf meiner Couch. Für das allerletzte Stück rappele ich mich noch einmal auf: "Save the last dance!" Hat Spaß gemacht und wahrscheinlich haben auch viele der anwesenden Gäste (so um die 150?) einen kleinen Betrag gespendet ... wovon die beiden Künstler in diesen schwierigen Zeiten irgendwie ihre Miete oder wenigstens etwas zum Essen kaufen können.
Mein Outfit für die Nacht: die schwarze Trainingshose, ein schwarzes Unterhemd, eine schwarze Strickjacke, absatzlose Latschen oder auch nur auf Strümpfen (auch in Schwarz). Nur eines habe ich irgendwie vermißt: Hab' dich auf der Tanzfläche gesehen. Bist du alleine hier? Hast du einen Freund? In meiner häuslichen Isolation fange ich vielleicht wieder an, die Nächte in Internet-Chaträumen zu verbringen ... so wie früher, in den Urzeiten des Internets.

[21.03.20 / 20:38] Bevor die Ausgangssperre einsetzt, hole ich noch einmal alle meine persönlichen Dinge aus meiner Zweitwohnung, u.a. mein Laptop, mein (verschlüsseltes) externes Backup, meine vier Pflanzen - und alle meine Schuhe (Schuhe sind wichtig). Den blauen Sack mit an die zwölf Schuhpaare über der Schulter (wer hätte gedacht, daß Schuhe so schwer sind), den anderen Kram in meinem Armeerucksack, die paar Schritte zu meinem in der Straße geparkten Auto. Auf der Autobahn zurück zu meiner Erstwohnung / die verbarrikadierte Festung. Um keine Bewegungsdaten zu hinterlassen, nehme ich den Akku aus meinem Telefon (eines der letzten Modelle, bei denen das noch möglich ist ... für besonders Paranoide). Meinen Kleiderschrank habe ich das Wochenende zuvor schon ausgeräumt. In meinem "Depot" in Leipzig bleiben noch drei Rollen Klopapier, ein Beutel Nudeln - und zwei Flaschen Rotwein! (Sollte die Wohnung nicht geplündert werden.)

Später den Nachmittag, die untergehende Sonne für ein paar Fotos meiner neuen Stiefeletten nutzen ... in Szene gesetzt mit meinem Armeerucksack: Endzeit-Fashion mit Stil.

[16.03.20 / 18:57] Nachtrag einen Tag später: Aufgrund der aktuell angespannten Lage, schränke ich meinen Bewegungsradius massiv ein und verzichte auf alle Fahrten auswärts... Die Nachrichten überschlagen sich, wofür ich mich gestern noch freiwillig entschieden habe, ist morgen schon Pflicht.

Zu etwas vollkommen, vollkommen anderem ... meine neuen Schnürstiefeletten kombiniere ich wieder mit einem Paar purpur- oder violettfarbenen Schnürsenkeln - gerade eben online bestellt.

[15.03.20 / 20:26] Viel Schlaf ist es nicht, zwischen 10 und 11 Uhr den Sonnabend scheint die Sonne so stark in meine Wohnung, daß ich nicht mehr weiterschlafen kann. Ich stehe auf. Strahlend blauer Himmel - darauf habe ich gewartet. Ich nutze die Gelegenheit und mache gegen Mittag um die 300 Fotos in meiner 28m²-Wohnung, ich will jedes Detail festhalten, ich will mich für immer an meine schöne Wohnung erinnern können ... bevor ich sie in ein paar Wochen aufgeben muß. Nach und nach werde ich alles rausschleppen, dann brauche ich auch keine Fotos mehr machen. Ein Traum geht zu Ende, der Traum, eine eigene, kleine Wohnung zu haben ... zurück zu meinem Erstwohnsitz (in der tiefsten Provinz) wohne ich wieder bei meinen Eltern. Ich habe es nicht geschafft, auf eigenen Beinen zu stehen, meine kleine Existenz zu halten.
Den frühen Nachmittag gehe ich noch einmal für den Abend einkaufen, etwas zum Essen organisieren ... die Regale mit den Nudelpackungen sind wie leergefegt, ich greife eine der letzten beiden Beutel. Auch an anderen Stellen gibt es nicht mehr viel, Gemüse ist weg, die Tiefkühltruhen suche ich erst gar nicht ab - Fischkonserven sind noch genug da! Ich greife gleich zwei - eine für mich, eine zum Tauschen. (Ich gehe richtig ab, bei der angespannten Situation - endlich zahlt es sich mal aus, daß ich die ganzen Zombiefilme und alle Staffeln dieser einen Serie mit den umherwandelnden Toten gesehen habe.) Über einen kleinen Umweg (zwei Stück Kuchen kaufen für mich) zurück in meine Wohnung.

Couscous mit Tomaten, schwarzen Oliven und Thunfisch: Couscous in einer kleinen Schüssel mit etwas Kurkuma mischen, zum gleichen Teil mit 100ml aufgekochtem, leicht gesalzenen Wasser übergießen, mit einem Teller abgedeckt stehen lassen. Einen Topf / Pfanne mit Olivenöl und gemahlenen Chili aufsetzen, Knoblauch einwerfen, alles erhitzen. 10 kleine Cherry-Tomaten vierteln, nach und nach dazugeben + Salz, Pfeffer, orientalische Gewürzmischung. 10 schwarze Oliven entsteinen (mit dem "Olivenentsteiner"), zerhacken, mit in den Topf geben. Eine kleine Dose Thunfisch aufmachen, auch dazugeben (den Inhalt), alles umrühren und köcheln lassen (wegen den wässrigen Tomaten und dem üppig eingegossenen Olivenöl mit etwas reduzierter Hitze). Kurze Zeit später den Couscous aus der Schüssel mit in den Topf / Pfanne rühren, alles zusammen weitere 5 Minuten erhitzen, gelegentlich umrühren. Danach fertig auf dem Teller servieren.
Mit den Tomaten geht der gelbe Kurkuma-Couscous in das Orangene, zu dem Thunfisch passen nur geschmacklich die schwarzen Oliven. Es wirkt etwas trocken, ein Stück Butter oder Joghurt wäre als finaler Abschluß nicht schlecht, frische grüne Kräuter würden das Optische aufwerten ... Notiz für später.

Den späten Nachmittag die zwei Stück Kuchen mit einem Kännchen Tee, den frühen Abend mein Rezept kochen mit den Sachen, die ich vorher eingekauft habe ... ich habe mich dann doch für den Couscous und nicht für die Nudeln entschieden. Den Abend mache ich mir weitere Gedanken ... gehe ich noch ein zweites Mal aus? Ich überprüfe immer wieder im Internet die Veranstaltungskalender für die Parties und Konzerte in Leipzig - gefühlt ständig ändert sich etwas und eine Veranstaltung nach der anderen fällt einfach aus oder wird abgesagt ... Virus-Panik. Wäre es nicht auch besser, ich bleibe den Sonnabend Abend auch in meiner Wohnung? Ich könnte niemanden infizieren, mich könnte niemand infizieren, überall in der Welt wird gerade das öffentliche Leben eingestellt, anderswo werden Bars und Clubs gleich ganz geschlossen und alle Veranstaltungen verboten.
Verboten! Genau das ist der Punkt, an dem ich mich aufhänge. Ich brauche niemanden, der mir irgend etwas verbietet, der mich vor mir selbst schützt - ich bin selbst verantwortlich für mich! Ich kann für mich alleine entscheiden, wieviel Risiko ich eingehe! Ich bin mir bewußt, ich gehöre mit meinem auf fünfzig Prozent runtergefahrenen Immunsystem (immerhin noch doppelt soviel wie bei AIDS) zu der in den Medien als besonders schützenswert benannten "Risikogruppe" - und es könnte mich treffen ... aber wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit? Ich mache auch andere unvernünftige und gefährliche Dinge - ich fahre Motorrad - und an wen könnte ich das Virus, wenn ich es hätte, schon weitergeben? Ich gehe nicht arbeiten, ich treffe keine anderen Menschen, ich lebe abseits der Gesellschaft ... ich habe das zutiefst autistische Bedürfnis, zu allen Menschen mindestens zwei Meter Abstand zu halten und mich nicht ansprechen oder in ein Gespräch verwickeln zu lassen. Also gehe ich aus, tanzen, für mich allein (so wie ich es schon mein ganzes Leben lang tue). [Anm. der Verfasserin: War das wirklich so sinnvoll? Im nachhinein betrachtet...]
In dem Club in Plagwitz ist diesen Abend bzw. diese Nacht eine Soli-Party, ich weiß zwar nicht für was, aber es wird wohl schon irgend so ein linksalternatives Ding sein ... noch ist die Veranstaltung, nach meinem Kenntnisstand, nicht abgesagt (aber alle anderen Punk-Konzerte). Gegen 21:30 Uhr mache ich mich wieder ausgehfertig, das gleiche Outfit wie letzte Nacht. Etwa eine Stunde später sitze ich in meinem Auto und bin unterwegs in den Stadtteil.
Links und rechts sehe ich die jungen Leute in ihren Autos, unterwegs in die Diskos ... oder irritiert umherfahrend und nach etwas suchen, was die Nacht noch geht. Ich parke mein Auto in der gewohnten Seitenstraße gegenüber der finsteren Gasse mit dem Club. 23 Uhr ... ob die Veranstaltung wirklich stattfindet? Einfach probieren.
Zu Fuß ein paar Schritte durch die dunkle Gasse, der Eingang mit der Treppe zu dem Fabrikgebäude ist nicht beleuchtet, keine Menschen zu sehen. Vor der verschlossenen Eisentür ist es still. Ich versuche gar nicht erst sie zu öffnen ... klar, daß die Veranstaltung ausfällt. Das ist eine "Soli-Party!" Die lebt davon, daß viele Besucher kommen - und kommt keiner (außer mir) macht das ja auch gar keinen Sinn, die stattfinden zu lassen! (Aber ich habe es zumindest probiert.) Zurück zu meinem Auto, zurück in den Stadtteil nördlich des Zentrums mit meiner Wohnung. Immer noch haufenweise Disko-Fahrer auf den Straßen, ihre Welt bricht gerade zusammen, ihr einziger Lebenssinn, am Wochenende aufzuleben, die Lethargie der Arbeit hinter sich zu lassen und in den Clubs und Bars die Nächte durchzufeiern ... bis wieder der beschissene Montag anfängt. Kenne ich nur zu gut.
Gegen Mitternacht bin auch ich wieder zurück in meiner Wohnung und werfe das blaue Licht meines Laptops auf dem Tisch meiner Minibar an ... wenigstens war ich die Nacht davor noch aus und tanzen. Nächstes Wochenende wird bestimmt alles verboten sein. Zurück zur Zombie-Apokalypse: Wir sind bis an die Zähne bewaffnet und militärisch ausgebildet... (Ende Teil 2/2)

[15.03.20 / 20:25] 28 Tage später, zurück in Leipzig - in der Zombie-Apokalypse-Welt! Die letzten zwei Wochen hat mich ein mysteriöses Virus erwischt, plötzlich hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, extreme Kraftlosigkeit, aber kein Husten, Schnupfen oder Halskratzen - dafür sieben Tage lang fiesen Durchfall (mit einem Verbrauch von einer Klopapierrolle pro Tag, dafür habe ich die gebunkert). So einen Infekt hatte ich noch nie zuvor.
Freitag Vormittag stehe ich auf, den Abend davor war ich schon in meiner Wohnung, meine resistenten Pflanzen haben die Trockenphase sehr gut überstanden, zwei Brötchen zum Frühstück. Ich will den Tag in der Innenstadt von Leipzig nach einem Paar "Endzeit-Stiefel" suchen (so ähnlich wie das Paar, das ich in Kassel anprobiert hatte), schwarze 8- oder 10-Loch-Schnürstiefel mit einem hohen Blockabsatz und dieser speziellen Laufsohle mit dem "Militärmuster" (so wie bei meinen Stahlkappen-Rangers).
Manchmal treffe ich noch auf Überlebende ... irgendwann gegen Mittag bin ich in meiner Wohnung fertig mit den Vorbereitungen für den Weg nach draußen, die anthrazit-schwarze Jeans, der schwarze Wollmantel, die flachen Stiefeletten, die Lederhandschuhe. Weiter unten an der Straßenbahnhaltestelle ziehe ich meinen Schal über das Gesicht und die Nase, als die Bahn einfährt und ich einsteige. Die Bahn ist nicht sehr voll, mit meiner schwarzen Sonnenbrille ziehe ich keine Blicke auf mich ... Zombies!
Zu Fuß weiter ab dem Hauptbahnhof in Richtung Innenstadt, die schwarze Handtasche paßt nicht zum Outfit - ich hätte den alten Armeerucksack in Woodland-Tarn aus der Abstellkammer hervorkramen sollen, den, den ich sonst immer hinten auf das Motorrad schnalle. Es sind immer noch nicht so viele Menschen zu sehen, ich fühle mich halbwegs sicher und mein Schal rutscht weiter zurück unterhalb der Nase.
Den Schuh-Outlet erreiche ich wenig später - dieses Mal habe ich aber wirklich viel Zeit und kann alle Regale im Obergeschoß mit der Größe 40 und 41 absuchen. Für die erste Runde habe ich noch die Sonnenbrille auf, aber wenig später lege ich auch die ab und lasse die schwarze Blende in meiner Manteltasche verschwinden.
Das erste passende Paar, das meinen Wünschen entspricht, entdecke ich in den Regalen für die Schuhgröße 40 ... vielleicht finde ich noch ein zweites Paar bei der 41? Ich lasse das erste Paar vorerst liegen und suche die anderen Regale ab ... nichts. Zurück bei dem ersten Regal finde ich das erste Paar nicht mehr - hat mir eine andere Kundin das etwa vor meiner Nase (bzw. hinter meinen Rücken) weggeschnappt? Fast schon panisch suche ich noch einmal minutenlang alle anderen Regale ab. "Verdammt!" So ein Paar schwarze Schnürstiefeletten mit Reißverschluß und genau dieser einen Laufsohle (die mit den Kreuzen) finde ich bestimmt nie wieder! Ziemlich erleichtert entdecke ich dann doch den einen Schuhkarton wieder, den ich vorher in der Hand hatte. Er liegt immer noch in demselben Regal, nur ganz unten ... oder ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, daß er ganz unten lag. Zurück zur Kasse - es gibt 50% Rabatt in dem Outlet.
Freitag früher Nachmittag, die Marktstände auf dem Marktplatz lasse ich rechts liegen, ich drehe noch eine Runde in dem teuren Kaufhaus gegenüber - aber eigentlich brauche ich nichts mehr zum Anziehen zu kaufen, das neue Paar Schnürstiefeletten paßt perfekt zu dem schwarz-grünem Kleid, das ich mir erst vor kurzem zugelegt habe. Auch in dem einen Laden dieser spanischen Modekette mit den bunten Designerkleidern, ein paar hundert Meter weiter, brauche ich nicht weiter zu suchen ... schwarze Sachen mit weißem Blümchenmuster oder grüne Sachen mit schwarzem Blümchenmuster. Ich muß an mein Budget denken, in ein paar Wochen ist Schluß und dann gibt es keine Eingänge mehr auf meinem Konto.
Lieber ziehe ich noch durch ein weiteres Kaufhaus und zwei anderen Schuhläden, nur um mich zu vergewissern, daß es das Paar meiner neu gekauften Stiefeletten dort nicht gibt oder wenn doch, dann zu einem vollkommen überteuerten Preis ... das ist so ein "Frauentick".
Zurück am Ende der Fußgängerzone (und mit einem Paar weiteren, neuen Schuhspanner aus Holz in meiner Tragetasche) biege ich in die Straße mit den Restaurants ein. Mit zunehmender Zahl der Fußgänger, die einfach nur in der Innenstadt einkaufen wollen, wirkt die ganze Szenerie der letzten Tage nicht mehr so bedrohlich und langsam vergesse ich, daß ich mich in einer apokalyptischen Welt bewege. Die zwei Wochen zu Hause, in denen ich nicht rausgegangen bin, in denen ich nur vor dem Fernseher und dem Internet hing, haben mir ein anderes Gefühl gegeben. In dem italienischen Restaurant surfe ich mit meinem Smartphone weiter im Internet, als ich auf die bestellte Pizza warte, und lese die ganzen Schreckensmeldungen ... die drehen alle gerade total durch.
Wieder zurück in meiner Wohnung, die eine Tüte Brötchen in dem Bäcker im Untergrund des Hauptbahnhofes habe ich schon wieder liegengelassen - aber dieses Mal habe ich es schon zwei Straßenbahnhaltestellen später bemerkt und bin mit meinem Ticket einfach wieder zurück zum Hauptbahnhof, meine Tüte abholen, und dann in die nächste Linie in Richtung meiner Wohnung ... OK, die zwei Stationen zurück sind definitiv schwarz, das Ticket gilt nur 60 Minuten in eine Richtung. Auf dem Sofa in meiner Wohnung lese ich die weiteren Nachrichten ... das Konzert, zu dem ich diesen Abend eigentlich wollte, fällt aus, wegen dem Virus (und ich hatte schon befürchtet, es wäre ausverkauft). Die Aftershowparty findet unter Auflagen trotzdem statt.
Später den Abend, mein Outfit für die Nacht: die anthrazit-schwarze Jeans, der Nietengürtel, ein schwarzes Spaghettiträgertop, darüber der schwarze Cardigan, meine 3/4-Stiefel, der schwarze Wollmantel. Die indischen Ohrhänger aus Silber hängen offen, ich binde meine langen, blonden Haare zu einem Pferdeschwanz, in Kombination mit meinen schwarzen Lederhandschuhen kann ich mir nicht mal eben so durch die Haare gehen - oder mir ins Gesicht fassen (das ist gerade der Sinn). Kurz nach 22:30 Uhr verlasse ich meine Wohnung und laufe zu meinem Auto.
Durch die Straßen gelange ich ziemlich zügig zu dem Club im Süden von Leipzig ... so viel Verkehr ist den Freitag Abend nicht, vielleicht ein paar Einzelne auf dem Weg zur Disko. Der Club macht erst gegen 23 Uhr auf, ich finde einen Parkplatz in der Nähe und laufe zu dem Eingang die Kellertreppe runter ... ein oder zwei Gäste sind schon da, von innen ertönt Musik - die Disko findet definitiv statt. Am Eingang müssen sich alle Gäste in eine Liste eintragen, mit Name und Telefonnummer, ich hinterlasse die Anschrift meines Zweitwohnsitzes in Leipzig. Ich habe tatsächlich leichte Bedenken ... wenn das vor ein oder zwei Wochen wirklich der Virus war, der mich dahingerafft hat, bin ich dann noch infektiös? Es könnte auch irgendein anderer Infekt gewesen sein. Wenn ich noch nicht immun gegen das neue Virus bin - und mein Immunsystem ist definitiv irgendwo kurz vor der Grenze zu AIDS (wegen den Immunsupressiva die ich nehme) - wenn mich das Virus erwischt ... sterbe ich dann?
Ich bin schon so gut wie tot ... ich tanze in den Untergang!
Ich lasse mich nicht abhalten und betrete den Club. Meinen Mantel (inklusive eines zweiten, beschfarbenen Cardigan) gebe ich an der Garderobe ab. Die erste Flasche Cola an der Bar, der erste Weg auf die Tanzfläche. Die zweite Bar und die zweite Tanzfläche sind für diese Nacht geschlossen. Nach und nach kommen einige weitere Gäste im schwarzen Outfit, Gothics, Grufties, der Tod ist ein elementarer Bestandteil unserer Lebensphilosophie. Ich tanze ... mit viel Platz. Ich kann meine Arme bis zu einem Meter weit um mich herum ausstrecken, den ganzen Abend und die ganze Nacht werden in dem Club nie mehr als 50 Personen anwesend sein.
Jede weitere Stunde ein Getränk, ich wechsele mich ab mit an einem Tisch in der Nähe der Bar sitzen, die aufgelegte Musik hören (mich richtig darin fallen zu lassen), den kleinen Club auf und ab tigern, auf der Tanzfläche verschiedene Stile ausprobieren, Gothic-Style, EBM-Style ... unter meinem schwarzen Top trage ich einen kleinen Push-up, der meine kleinen Brüste etwas mehr betont - aber hier ist niemand, der darauf starren könnte. Ich möchte die Nacht auch lieber für mich allein sein.
Immer wieder läßt ein DJ der Gruppe etwas Italo einfließen, kurz sogar Detroit (sofern ich das erkennen konnte) und diesen einen Titel ... woher kenne ich den? Ich brauche ein paar Minuten ... klar! Die Goa-Party auf Ibiza! (Also die Strandhütte mit der Chill-Out-Musik.) Der Titel, der mir da schon gefallen hat.
Die Zeit vergeht, gegen 3 Uhr die Nacht sind auch nicht mehr so viele Gothics anwesend, ich beschließe, auch zu gehen und remple mich durch die eine Gruppe von Stinos in ihren dicken Mänteln, die auf einmal in dem Club aufgetaucht sind. (Auf der Suche nach Party? Hier ist auch nicht mehr los.) Zurück zu meinem geparkten Auto, 3 Uhr nochwas, zurück zu meiner Wohnung. Auch wenn ich das sehr angenehm empfinde, wenn ich viel Platz in dem Club habe, so richtig Stimmung war dann doch nicht. Das war irgendwie so wie früher, die kleinen Provinz-Gruftie-Tanzveranstaltungen irgendwo, mit einer sehr überschaubaren, kleinen Szene. Meine Gedanken schweifen ab ... ich fahre an einem mobilen Blitzer vorbei, ein kleines, rotes Lämpchen blinkt mich an - und ich dachte die Strecke hier ist mit 60 km/h freigegeben?
Zurück in meiner Wohnung, im Badezimmer die schwarze Wimperntusche und den Kajal aus meinen Augen wischen, die Wohnung kühl durchlüften ... ich habe extra noch einmal die doppelte Bettdecke bezogen (wird doch immer wieder frisch morgens früh). Zurück ins Bett, 4 oder 5 Uhr, für ein paar Stunden einschlafen. (Ende Teil 1/2)

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg
Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,
vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,
bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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