morgana81 - gothic transgender

Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[01.01.70 / 00:00] Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[20.04.18 / 20:40] Zurück aus der kleinen OP, einige Dinge werden mir in ein paar Wochen wieder begegnen: Patientenaufnahme, Anamnesefragebogen, Zimmerzuteilung, OP-Hemdchen und Kosmonautenstrümpfe ... warten. Auf dem Krankenbett durch die Gänge des Krankenhauses bis zur OP-Schleuse gerollt zu werden, in der Schleuse hinüberwechseln auf den OP-Tisch (der wahrscheinlich sich automatisch ausfährt zu einem Gynäkologenstuhl), anlegen der Narkoseversorgung auf dem Handrücken, Eintritt in den OP-Saal, letzter Blick zum Chirurgen - und weg. In der Schleuse habe ich mir schon Gedanken gemacht, wie wird es sein, wenn ich dann bei der nächsten Operation aus der 10-stündigen Narkose erwache und das Teil da unten ist weg? Die Narkose jetzt geht mal gerade 20 oder 25 Minuten und kratzt gerade so an die Traumphase.

Als ich wieder in meinem Zimmer des Krankenhauses aufwache, bin ich total zugedröhnt mit Schmerzmittel aber ansonsten klar bei Verstand ... nur etwas müde. Das war nur der winzige Voreingriff, der eigentlich gar nichts mit der anderen OP zu tun hat - aber eben körperlich direkt daneben liegt ... nur ein paar wenige Zentimeter entfernt. Ich wechsele gefühlt alle zwei Stunden die Vlieskompressen, forme sie zu einer Damenbinde und klemme sie mir zwischen die Ritze, um das Blut aufzufangen. Kleiner Tip von der Reinigungsfrau: Die Damenbinden nicht einfach so in den Abfalleimer werfen (und schon gar nicht in die Toilette), stattdessen diese an einer Schnur aufgereihten kleinen Papierbeutel benutzen ... die fangen sonst an, in der Mülltüte zu müffeln und sehen mit Blut vollgetränkt auch nicht so ansprechend oder ästhetisch aus.

Notiz an mich für die nächste (große) Operation: Unbedingt eine lockere Freizeithose mitnehmen, nicht wieder die Flip-Flops in meiner anderen Wohnung vergessen - und wieder eine Moppedzeitschrift kaufen, um die Langeweile im Zimmer zu überbrücken. T minus 67 Tage.

[15.04.18 / 20:24] Für ein Konzert den Sonnabend Abend wieder zurück in Leipzig. Ich habe zu lange im Badezimmer herumgetrödelt, als ich den Abend gegen 20 Uhr in Connewitz ankomme, steht schon eine lange Schlange vor dem Ticketschalter. Viele der Konzertbesucher halten ihr ausgedrucktes Onlineticket in den Händen ... so etwas geht jetzt? Ich bin wie geradewegs aus einer 15 Jahre alten Zeitkapsel gefallen und komme mir total fremd vor. Ich stehe in der Schlange und schaue mich um ... es sind noch ein paar ältere Gäste (in meinem Alter) da und so wie ich, komplett in Schwarz (schwarzer Kapuzenpullover, schwarze Lederjacke, schwarze Jeans, schwarze Docs). Die anderen, jüngeren Gäste passen so gar nicht in die Gothicszene. Hoffentlich gibt es noch Tickets an der Abendkasse - die Band, die diesen Abend als Headliner spielt (Post Punk und Coldwave), habe ich bis jetzt immer wieder verpaßt und noch nie live gesehen. Ich erhalte doch noch eine Karte an der Abendkasse.
Während die Vorband spielt, stehe ich draußen am Grillstand und bestelle mir ein veganes Soja-Steak. Die Schlange für den Eintritt ist nicht kürzer geworden - ich habe einen kurzen Blick in die kleine Konzerthalle geworfen ... zu voll. Stattdessen bestaune ich lieber im Licht der untergehenden Sonne das linksalternative Zentrum im Süden von Leipzig - ich habe das Gelände noch nie bei Tageslicht gesehen. Ich bestaune weiter all die aufgeklebten Plakate ... so viele interessante Veranstaltungen, von denen ich nie erfahren habe. Suche überall nach Flyern, um wenigstens etwas über die Szene mitzubekommen - ich habe kein Internet, bin nirgendwo angemeldet, das Ganze mit den sozialen Netzwerken ist komplett an mir vorbeigegangen - die Papierflyer sind meine einzige Informationsquelle.
Wenig später (und eine Cola aus dem Café / der Bar später) strömt die Hälfte der Konzertbesucher aus der Halle - das Konzert der Vorband ist zu Ende ... ich betrete die Location und plaziere mich optimal schräg neben der Bühne, unter der Belüftung und nah am Notausgang - so bekomme ich auch keine Panikattacken, wenn in ein paar Minuten die Halle wieder komplett voll ist.
Nach zwei oder drei Zugaben ist auch das Konzert der Hauptband für diesen Abend zu Ende ... wo ist der Merchandising-Stand? Ich verbleibe noch etwas in der kleinen Konzerthalle, während die Besucher alle nach draußen strömen, das Licht angeht und der Hallenboden zusammengekehrt wird. Totaler Wechsel - die nachfolgende Tanzveranstaltung ist wohl irgend etwas mit Hip-Hop (sofern ich das aus den Plakaten draußen herauslesen konnte) ... ich hole meine schwarze Lederjacke an der Garderobe ab und verlasse auch das Gelände, Richtung Norden. Zu Fuß zurück zum Connewitzer Kreuz.

Es ist Sonnabend Abend 22 Uhr nochwas, mein Telefon ist schon seit dem Nachmittag ausgeschaltet, ich erwarte keine Nachricht von meinem (Ex?-)Freund, schreibe ihm auch nichts. Ich kann das Geschehene vom letzten Wochenende immer noch nicht verarbeiten. Ich laufe an den Bars vorbei, in denen ich mit ihm mal was getrunken hatte. Alleine gehe ich nicht rein. Irgendwo weit vor mir ist wieder dieses Straßenfest in der Südstadt - ich nehme bewußt die Straßenbahn, die nicht dadurch fährt, sondern einen großen Bogen darum macht. Es gibt genau zwei Dinge, vor denen ich Angst habe - betrunkene Menschen und zu viele Menschen (auf engen Raum). Mit der Straßenbahn weiter zurück in meine Wohnung ... ich bin nicht in der Stimmung, auszugehen.
Zwischen 23 Uhr und Mitternacht stehe ich wieder vor dem Spiegel in meinem Badezimmer und wasche mir den Kajal aus den Augen ... die Ohrstecker habe ich mir im Piercingstudio durch Ohrringe aus Titan wechseln lassen. Der Stichkanal ist zwar schon längst verheilt, aber die Eingänge zu den Ohrlöchern sind zu vernarbt und zu eng. Mein Ensemble aus nie getragenen Ohrringen erweitert sich durch ein Set Creolen in 1,5 und 3 cm Durchmesser aus 925er Sterlingsilber. Mitternacht, ich lege mich ins Bett.
Anhand der Turmuhr in der Nähe weiß ich genau, wie lange ich wieder wach liege ... 1 Uhr, 2 Uhr (vielleicht noch 3 Uhr), noch zwei Tablettenhälften Antidepressiva nachwerfen. Langes Grübeln, nur wenn ich mit ihm zusammen bin, gibt er mir das Gefühl, eine Frau zu sein ... ohne ihn bin ich nichts. Ein asexuelles Wesen ohne Geschlecht. Ich zähle die Tage runter bis zu meiner geschlechtsangleichenden Operation, lese Internetberichte über Dinge, die schiefgehen könnten und Tagebücher von Post-OP Frauen, die das hinter sich haben. Meine Frauenärztin hat mich beim letzten Termin gefragt, ob ich mir zu 100 Prozent sicher bin und ob ich diese "Genitalverstümmelung" wirklich durchführen lassen will. Wenn ich nicht kurz vorher wegrenne, dann bleibe ich auf den direkten Weg zur Schlachtbank (und ich habe noch überhaupt keine Ahnung, was da an Blut und Schmerzen wirklich auf mich zukommt).

Tasse Kaffee, Leipzig / April 2018 / Alter 36
Sonntag Mittag, die Tabletten wirken zuverlässig, ich habe lange geschlafen. Ich muß den Tag noch meine Pflanzen gießen (dazu bin ich überhaupt hier) - keine Ahnung, ob ich dazu nächstes Wochenende noch in der Lage bin. In ein paar Tagen ist meine erste Operation (die hinten herum). Bevor ich mich an der einen Stelle operieren lasse, sollte ich erst mal die andere Stelle in Ordnung bringen lassen ... schon ein halbes Jahr ohne Sex. Die kleine Operation jetzt betrachte ich als meinen "dry run", wie werde ich in der Klinik aufgenommen*, rechtlich als Frau, körperlich noch nicht so ganz? Ich setzte meine langen Grübelphasen fort bei einer Tasse Kaffee den Sonntag Mittag kurz nach dem Aufstehen auf meinem Bambussofa. T minus 72 Tage.

(* praktische Lösung: Einzelzimmer)

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg
Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,
vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,
bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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