Ekelhaft, Sonne, direkt widerlich.
[11.06.25 / 00:54] ✎ Ekelhaft, Sonne, direkt widerlich. Ich bin schon ein paar Minuten vor um zehn Uhr aufgewacht und öffne die Fenster. Für das Frühstück unten in der ersten Etage, wechsele ich das Wochenende in meine schwarze Jeans und das schwarze Top mit dem Netzausschnitt. Dusche und Beine rasieren, das alles passiert erst viel später den Mittag. Das Frühstück besteht aus zwei Brötchen, ein wenig Joghurt und Fruchtsalat und einer Thermokanne Filterkaffee, für Trucker reicht das.
Sonnabend, Bühne des Tages, das Täubchenthal mit den Goth- und Deathrock-Bands, daher mein Trad-Goth-Outfit, doch zuerst runter zum Heidnischen Dorf, dem Mittelaltermarkt des Gotik-Festivals.
Es hat sich verändert, es ist größer geworden, der Einlass ist viel mehr professionell organisiert, mit Absperrgitter, Security, Taschenkontrollen und langen Warteschlangen. Endlich auf dem Gelände, unzählige Buden und noch unzählig viel mehr Menschen. Es ist voll.
Dunkle Regenwolken. Als es anfängt, stärker regnen zu wollen, stelle ich mich mehr in dem Zelt unter, in dem ich eigentlich schon stand, ich bin auf der Suche nach Räucherstäbchen, die Verkäuferin hier hat einige im Angebot. „Du weißt schon, dass die krebserregend sind?“ Die sind doch nicht für drinnen, der Typ da neben mir, der in dem Zelt auch gerade Schutz vor dem Regen sucht, beginnt ein Gespräch mit mir. Ich erzähle erst, was für Räucherstäbchen ich suche: „Die Auroshika Nag-Champa“, das ich da mal 2008 in dem Ashram war, lass ich weg, er führt das Gespräch gleich weiter und ist viel mehr an mir interessiert. „Ich bin so direkt, ich stehe auf trans Frauen.“ Verdutzt blicke ich ihn an, wenigstens weißt du es schon vorher. „Wollen mir Nummern tauschen?“ Herrje! Ich werde nach meiner Nummer gefragt! Tollpatschig taumele ich umher, bevor ich endlich mein Smartphone aus meiner Handtasche gekramt habe. Du kommst in meine Männer-Liste, vielleicht sehen wir uns mal wieder. Er wohnt in Leipzig, eine weitere Übernachtungsmöglichkeit ist immer gut.
Vom Mittelaltermarkt zurück in die Südstadt, in einem Imbiss ein Falafelteller mit Pommes und Halloumi bestellen. Draußen regnet es … beschissenstes Wetter seit dem WGT 2007.
Danach mit der Straßenbahn raus nach Plagwitz zu der Veranstaltungsbühne dort. Ich glaube zu wissen, wo das ist und steige zielgerichtet aus der Straßenbahn aus. „Immer verlaufe ich mich hier!“ Das Smartphone mit dem Navi aus der Tasche holen, im Umkreis von einem Kilometer sind eine Handvoll von Clubs, in denen ich alle schon einmal war, ein paar der Clubs existieren schon gar nicht mehr.
Das große Täubchenthal erreiche ich. Ich dachte immer, das wäre so ein Nobel-Schuppen, als ich den jetzt zum ersten Mal betrete, sehe ich, dass es auch nur einer der vielen abgewrackten Clubs hier in der Gegend ist. Aber die kleine Dachterrasse, oder auch „Veranda“, die gefällt mir.
Drinnen sind links und rechts neben der Bühne und dem Publikumssaal Emporen aufgebaut und geben einen Blick von oben herab auf die Bühne. Falls ich es in die erste Reihe ans Geländer schaffe, kann ich endlich auch mal etwas von den Bands sehen.
Die erste Band, etwas aus dem Umfeld der Deathrock-Szene in Kalifornien … ich bin mehr an dem Kaffeestand draußen interessiert. Die zweite Band, ein paar Deathrock-Youngster aus Kalifornien … ich habe die Liegestühle draußen entdeckt und liege halb apathisch mit meiner großen Sonnenbrille darin. Die dritte Band, klar habe ich das Album, aber ich fand die immer ein bisschen peinlich und musste immer verheimlichen, dass ich ein ganz großer Fan bin, auch diese Band ist aus dem Dunstnebel von Kalifornien, ich stehe oben auf der Empore.
Die vierte Band des Abends, deswegen bin ich hier: als altes Eva O Groupie stehe ich natürlich schon unten vor der Bühne. Ich habe sie schon gesehen, als Teil von Christian Death (1334) und mit ihrem Solo-Projekt. Die Gitarre, die sie da auf der Bühne hat, ich bin mir ziemlich sicher, die war vor neunzehn Jahren noch weiß, jetzt ist sie vergilbt.
Ihre Performance, ihr Konzert, ihr Auftritt, ihre tiefe Stimme, Gänsehaut-Feeling! Ich schau sie die ganze Zeit mit weit aufgerissenen Augen an. Der Schmerz, der in ihrer Stimme liegt, sie teilt ihn mit dem Publikum. Ein paar Klassiker, die unbedingt gespielt werden mussten, doch keine Zugaben, zu knapp sind die vorgegebenen Zeitfenster.
Die fünfte und die Headliner-Band des Abends: Fangs on Fur. Sie sollten schon letztes (oder vorletztes) Jahr in Berlin spielen – abgesagt – zu Schade, auch diese Band will ich schon seit zehn oder fünfzehn Jahren endlich mal wieder live sehen. Jetzt ist dieser Zeitpunkt gekommen. Oben auf der Veranda habe ich sie unten schon gesehen, ein Interview geben. Ich stehe weit vorne an der Bühne, nicht die erste Reihe, die ist für Pogo, die dahinter. Textsicher singe ich die Songs mit: „Picknick in L.A.!“ (Es heißt eigentlich „Panic“).
Nach dem Konzert, zum Merchandise-Stand, es gibt ein neues Album, aber leider nur Vinyl, limitiert, fast schon weg. „Will there be a new repress?“ Möglich … Wo ist das Geld hin, dass ich mal per Crowdfunding für ein neues Album und eine Europatour „2020“ gespendet habe? Auch die T-Shirts gibt es leider nur noch in „M“.
Zurück zur Straßenbahnhaltestelle, im Dunkeln im Nirgendwo. Wäre nicht der Festival-Fahrplan, hier könnte man um diese Zeit unmöglich wegkommen, ich fahre hier auch sonst nur mit dem Auto her. Die Straßenbahn braucht auch wieder eine halbe oder eine dreiviertel Stunde mit Anschluss zum Werk 2. „Einlassstopp!“, den Weg auf das Gelände freue ich mich noch auf meine „VIP und Gästeliste“ Warteschlange, weiter als bis zum Eingang des Clubkellers danach komme ich nicht. Egal welche Bands da den Abend gespielt haben, davon bekomme ich nichts mit, wohl irgendetwas „Mexikanisches“.
Rüber zu der großen Halle mit dem Main-Dancefloor. Ich prüfe die Nachrichten auf meinem Telefon, lasse ihn wissen, dass ich wieder im Werk 2 bin. Er antwortet dieses Mal, er ist auch in der Gegend. „Dark corner!“ Ich sehe ihn an mir vorbeilaufen, er hat mich nicht bemerkt, ich sitze auch wirklich in der dunkelsten Ecke am Rande der Tanzfläche an einem Stehtisch mit Barhocker. Er prüft seine Nachrichten und kommt auch gleich wieder zurück. Tiefe Umarmungen, warum warst du die letzte Nacht nicht da? Etwas tanzen, eng an eng, zieh mich bitte nicht aus, das ist ein öffentlicher Club.
Draußen die Leute, er stellt sich immer jemanden vor, er hat eine entdeckt, die ihn fasziniert: eine Drag Queen aus München. Sie ist nur kurz hier, sie zieht weiter zu der anderen Party des Abends, eine queere Party … auch dort sind so viele Menschen, dass man ohne Gästeliste oder Vorab-Tickets nicht hineinkommt.
Lass uns wieder zum Hotel fahren. Die Straßenbahn, das Taxi, die Tankstelle, er nimmt noch zwei Flaschen Bier mit. Eines trinkt er, eines packt er oben im Zimmer in den leeren Kühlschrank der Minibar.
Routinierte Abläufe, ich entferne meine Schminke im Bad, er raucht draußen vor den großen Fenstern eine Zigarette. Wir sind beide wieder nackt in dem großen Doppelbett. „What would you like to do tonight?“ Bitte nimm mich, gehe tief, diese Position, die ich so mag, die, wo ich einfach nur auf dem Rücken liege und meine Beine an deine Schulter lege. Er stößt tief zu. Eines meiner Beine ist schon unten, der andere Fuß weit über seiner Schulter. Beim Vorspiel, die Toilettenpapierblätter sind auch für ihn. Wenn er liegt und ich kokett über ihn rutsche und ihn mit meinen Schamlippen einrolle … ich bin so feucht, ich fordere ein, was ich verlange.
Fünf Uhr morgens, du gehst schon wieder? Wo gehst du hin? Warum schläfst du nicht bei mir? Ich verzweifle auf meiner Hälfte des Doppelbettes, sehe immer nur seinen Rücken und wie er die Hotelzimmertür schließt. Ich mache sie wenig später wieder auf, um das „Bitte nicht stören“ Schild anzuhängen. Frühstück bis elf Uhr fällt aus, ich schlafe bis dahin. (Ende Teil 3/6)
Kommentar:
[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana
Mail ist heute rausgegangen
LG Daniele
[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana
aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.
LG Daniele
[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,
Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.
Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.
Liebe Grüße
Daniele
[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,
Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.
Liebe Grüße
Daniele
[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,
eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.
[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana
Ich habe Dir eine Mail geschickt.
Lg
Daniele
[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend
das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele
[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,
vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele
[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,
bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.
Herzlich
Drea
[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,
vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.
Herzlich
Drea
[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.
1