morgana81 - gothic transgender

866 Fotos – schon seit über vier Wochen zurück aus Thailand, es hat eine Weile gedauert, bis ich alle Fotos sortiert und beschriftet habe.

[26.12.24 / 22:23] 866 Fotos – schon seit über vier Wochen zurück aus Thailand, es hat eine Weile gedauert, bis ich alle Fotos sortiert und beschriftet habe. Reduziert auf eine halbwegs erträgliche Auswahl (96 Fotos, entsprechend vier „Filmrollen“), stehen die jetzt endlich online auf meiner Reiseblogseite (diese hier) zum Ansehen zur Verfügung. Mein vollgekritzeltes Reisetagebuch kommt später noch.

Währenddessen hat sich die Welt weitergedreht: ein paar Weihnachtsfeiern, betrieblich oder im Bekanntenkreis, mit Travestie-Theater und ohne, mit Geschenke (ein sexy Weihnachtsmann-Kaffee) und ohne. Ein Weihnachtsmarktbesuch in Erfurt, mit Shopping: eine neue, kleine Reisetasche in Tarnoliv – die Strandtasche geht in ihren wohlverdienten Ruhestand und ist jetzt, nach den vielen Flugzeuggepäckfächern, einfach nur noch eine reine Strandtasche – ein neues, schwarzes Wollbarett vom Marktstand und (schon vorher in Magdeburg gekauft) ein neues, langärmeliges Kleid, tiefschwarz und mit Spitze … ich fand die Raffung an der Seite so schön, sieht aus wie mein Badezweiteiler, den ich gerade eben noch in Thailand im Wasser getragen habe. Wirklich, ich habe den so nass in den Koffer gepackt und wieder mit nach Hause genommen, als wäre ich gerade eben erst Schwimmen gewesen …

[25.11.24 / 20:25] Zurück in Frankfurt, ein ebenso furchtbarer Rück- wie auch Hinflug – mindestens fünf Krabbelkinder auf diesen zwölf Stunden langen Flug und eines plärrt immer irgendwo, das eine in der Reihe schräg vor mir, war noch mit das ruhigste. Noise Cancelling Kopfhörer und der zweite Teil des Wüstenplaneten im Bordprogramm.

Der letzte Tag vor meiner Abreise in dem Hotel in Patong auf Phuket in Thailand. Was mache ich mit meinem letzten Tag? Nichts … Nach dem Frühstück, mein Weg durch den Dschungelpfad, auf der Suche nach einer schattigen Sitzmöglichkeit (die Baumhäuser). Danach zurück auf das Zimmer und Wechsel in meinen schwarzen Badezweiteiler … wieder zurück zu meinem kleinen „Privatstrand“, selten badet hier jemand von den anderen Hotelgästen.

Früher Nachmittag, der Wechsel von Ebbe auf Flut. Ich bin noch etwas den Strand entlanggegangen, die Sonnencreme einwirken lassen, der Himmel sieht dunkel bewölkt aus. Wenigstens den einen Tag will ich noch einmal im Meer schwimmen. Doofe, spitze Steine, es ist so windig, die Wellen, ich kann den Grund gar nicht sehen, nur ertasten.

Auch hier wieder, wenig später, zurück auf das Zimmer. Badesachen durchspülen, auf dem Balkon aufhängen, eine Dusche nehmen. Kurz vor fünf Uhr den Sonntag Nachmittag bin ich schon wieder bei dem Hotelrestaurant für das Frühstück und der großen Meeresterrasse. Ich will einen Fünf-Uhr-Tee trinken und dabei auf die Bucht hinaus gucken. Eine „Oligarchen-Yacht“ liegt diesmal vor Anker, wo sonst das Kreuzfahrtschiff stand. Zu interessant, Jet-Skis brettern ständig daran vorbei. Mein Sonntagsdress für die Tageszeit: was noch mit im Koffer war und als letztes übrig geblieben ist, mein olivgrünes Spaghettiträgerkleid und das weiße Häkeltop.

In der Lobby an der Rezeption alle meine offenen Rechnungen bezahlen. Zurück im Zimmer, den Koffer wieder packen, alles im Zimmer sammeln und auf das große, weiße Bett werfen. Abholzeit für den Transfer zum Flughafen morgen früh ist um sechs Uhr, mindestens auf gegen fünf Uhr müsste ich den Wecker stellen. Ein paar Stunden ausreichender Schlaf – oder mache ich durch? Ich probiere den Abenddress an: was ich noch nicht anhatte, das bislang ungetragene, schwarze Häkeltop aus Ibiza und meine kurze, olivgrüne Hose in Tarnfarben. In der Kombination sehe ich aus, wie so viele Touristen hier.

Gegen acht Uhr den Abend, wieder hinaus zu der Amüsiermeile. Ich habe noch 1000 Baht in bar und möchte diese noch irgendwo loswerden. Ich gehe mal etwas weiter den Strand und die Uferpromenade entlang und treffe auf eines dieser Restaurants mit Dachterrasse. Ein gutes Restaurant, ich glaube, es wurde auch so im Reiseführer erwähnt. Eine authentische Thai-Suppe und als zweiter Gang, gebratener Reis, serviert in einer Ananas.

Die 1000 Baht schrumpfen schnell weg, mit dem Rest kann ich irgendwo ein paar Drinks bestellen. Ich lasse mich treiben, ein paar dieser Läden mit gefälschten Markenprodukten (ich kaufe nichts) und diese Schießbuden an jeder Ecke, belächelnd mustere ich die halb- und vollautomatischen Gewehre, Repliken, nur Feder und Gas, befüllt mit winzigen Plastekügelchen, schießbar auf eine Scheibe in zwei Meter Entfernung. Ich war Soldatin, ich bin an ganz andere Kaliber ausgebildet.

Weiter die Straße entlang, an den vollen Bars vorbei. Überall leicht bekleidete Mädels auf Tischen, an Stangen. Sie sollen als Eye-Catcher die männliche Kundschaft in die Bars locken. Ich werde eher in Ruhe gelassen.

Am hinteren Ende der Bangla Road finde ich endlich einen Musikclub mit Livemusik, der mir gefällt. Siebziger-, Achtziger-, Neunziger-Jahre Rock … mit ein ebenso passendes Publikum. Leider keine alkoholfreien Cocktails auf der Menükarte. Die Band Thais, sie spielen auch Cover-Songs auf Russisch? Nicht wenige Gäste freut das.

Die Zeit vergeht, ich habe auch gar kein so richtiges Zeitgefühl, nur das Gewissen, dass ich vielleicht doch irgendwann auch wieder zurück in das Hotelzimmer gehen sollte. Weit komme ich nicht, auf halber Strecke zwischen meinem Hotel und der Bangla Road bleibe ich an ein paar Strandbars an einer Ecke einer Kreuzung hängen. Eigentlich wollte ich nur eine Toilette suchen, bleibe dann aber doch für einen Drink an der Bar. Auch hier wieder, nur Softdrinks, keine alkoholfreien Cocktails.

Auf das Würfelspiel lasse ich mich nicht ein, beobachte aber die anderen angetrunkenen Gäste, die gegen die Bardame antreten … das Haus gewinnt immer.

Diese Bar ist so eine richtige Absacker-Bar, ältere, angetrunkene, meist männliche Kundschaft, die sich erst gegen halb zwei Uhr nachts so langsam verabschiedet, einheimische „Expats“, oder doch nur Langzeit-Touristen?

Jetzt will ich aber wirklich endlich gehen, bevor ich hier so wie diese Gestalten an der Bar ende. Wenigstens noch zwei oder drei Stunden im Hotel schlafen, bevor es den Morgen wieder zurück geht. Hätte mich nicht ein Feuerwerk um fünf Uhr morgens aufgeweckt, ich hätte die Abfahrt und den Check-out in dem bequemen Bett und in dem Hotelzimmer komplett verschlafen.

Zurück in das Land, in dem die Sonne keinen Schatten wirft.

[24.11.24 / 12:41] Der Morgen, eigentlich später Vormittag, meines letzten kompletten Tages vor meiner Abreise. Eigentlich weht der Wind vom Landesinnere, eine stete Brise umgibt mich, als ich wieder am äußersten Ende der Seebrücke stehe. Vor mir liegt Patong. Die andere Seite links hinter mir, die Nachbarbucht, „Tingel-Tangel-Beach“, oder so ähnlich. Bis auf den etwas helleren Sand ist dieser Strand auch nicht so viel besser, als die kleine Privat-Ecke von meinem Viereinhalb-Sterne-Resort. Die Wellen drücken vom Strand weg, Langheckboote liegen nicht vor Anker, ich brauche auch diesen Tag niemand zu fragen, ob ich mal einen anderen Strand anfahren kann. Kurz vorher … spätes Frühstück gegen 10 Uhr, ich habe fast gar keinen Sitzplatz mehr bekommen.

Einen Tag und eine Nacht zurück, im Hotel entspannen. Beim Frühstück sehe ich schon, das große Kreuzfahrtschiff liegt wieder vor Anker. Ausgehen oder in die Stadt gehen, muss nicht sein. Eine schattige Stelle finden, irgendwo im Hotel eine Sitzgelegenheit, meistens der Bereich unterhalb der Lobby, das Hauptgebäude des Hotels mit der mehrgeschossigen, großen Terrasse. Einen Eistee bestellen, meine Reisenotizen in das kleine Buch kritzeln.

Den frühen Nachmittag, das Wetter ist dunkel bewölkt, gut für den schwarzen Bikini. Ich gehe runter zu dem Hotelpool (es gibt hier mindestens zwei), die schattigste Ecke hinter der Mauer, das große Hotelgebäude, ein Sonnenschirm über der Liege und die Sonnencreme auf meinen gesamten Körper. War es zuerst die kleine Runde im Pool ungeschützt (bei dunklen Wolken), Stunden später sehe ich wieder, wo ich mich alles rot-braun verbrannt habe.

Ich gehe den Nachmittag noch einmal die kleine Hotelanlage ab, mein Zimmer war noch immer nicht gemacht, den Bikini behalte ich an. Es ist Flut, der kleine Strandabschnitt ist nur ein schmaler Streifen, eigentlich ideal, um bei dem ansonsten steinigen Untergrund, etwas zu schwimmen, aber ich traue mich nicht, vielleicht will ich meinen Bikini nicht wieder nass machen, vielleicht will ich auch nicht die Sonnencreme wegwischen (die eigentlich schon längst zerlaufen ist). Vielleicht gehe ich auch einfach nicht bei Flut ins Wasser.

Mit den umspülten Füßen im Sand, mir fallen die kleinen Krabbeltiere auf – Muschelschalen die sich auf dem Sand bewegen, kleine Krebse! Zu interessiert, versuche ich ich ein kleines Foto von ihnen zu machen. Die nicht zu sehende Sonne geht langsam unter, für eine Dusche zurück auf mein Hotelzimmer, jetzt ist es auch wieder gereinigt worden, Bett gemacht, gefaltete Handtücher. Die Vorbereitungen für die bevorstehende Nacht.

Das Duschbad mit dem Parfüm. Schwarzer Kajal, dezenter als dezent. Der Nachtdress, der Blümchenrock und das schwarze, sehr Ausschnitt-betonte, Top, wie die Nacht zuvor. Den kleinen Regenschauer warte ich ab, erst draußen sehe ich die Tropfen auf den Autos.

Das erste Restaurant, das ich auf den Weg runter nach Patong finde, wähle ich für mein Abendessen. Der Preis für die gebratenen Nudeln ist etwa doppelt so teuer, aber dafür erwarte ich auch die doppelte Portion (nicht die kleinen Tellerchen sonst). Das große Kreuzfahrtschiff hinten am Horizont lichtet die Anker und dreht ab, wenig später, wenn ich wieder barfuß den Strand entlang laufe, sehe ich ein Feuerwerk … vielleicht vom Schiff.

Die Bangla Road entlang, mein Ziel ist wieder die Soi Paradise – das Gate der Walking Street passieren und dann wieder links – es gibt zwei identische Tiger-Bars hier! Die andere mit der genauso auffälligen Deko ist nur eine Parallelstraße weiter.

Blick in die Gasse mit der Zufahrt zum Paradise Complex – noch nichts los? Ein Sea-Food-Bistro entlang der stark befahrenen Straße direkt gegenüber, bestelle ich einfach noch ein paar Garnelen oder Krebse in einem frittierten Knuspermantel. Nicht die Menschen angucken! Der am Tisch vor mir, Typ englischer Fußball-Hooligan, fühlt sich schon ganz unwohl, dabei fällt mein Blick doch nur auf die Wasserbassins neben ihm, mit den noch lebenden Langusten, Krebsen und anderen Schalentieren.

Die paar 150 Baht extra bezahlen, rüber auf die andere Straßenseite mit der Gasse für die Bars mit den vielen, bunten Regenbogenfahnen – ein komplett anderes Bild! Es ist Sonnabend und nach 22 Uhr, es sind Gäste gekommen. Die große Bar hat ihre Tische und Stühle entlang der Gasse verteilt, jede Stunde wird eine Drag- und Cabaret-Show angeboten. Ich nehme auf einem Barhocker Platz und bestelle meine erste Cola. Ein aufregendes Bild, Drag Queens stolzieren die Straße entlang und performen zu der Musik, seitlich flankiert von vorbeifahrenden Motorrollern und den männlichen Tänzern. Atemberaubende, aufwendige Kostüme, alles ohne Eintritt und doch irgendwie professionell, viel besser als irgendwelche Shows hier in irgendwelchen Theatern.

Die gut besuchten Performances gehen bis Mitternacht, dann werden die Gäste draußen gebeten, ins Innere des Nachtclubs zu wechseln (es ist eine bewohnte Gegend, mehrere Hotels). Drinnen geht die Bühnenshow noch weiter, ein weiteres Glas und eine Flasche Soda wird mir vom Kellner gebracht, die Bartische sind mit nach innen gewandert. Internationales Publikum, internationale Künstlerinnen? Die eine Drag Queen (oder schon weit mehr) performt ihre Lip-Sync-Gesangseinlage auf Russisch, zur Freude einiger Gäste (dieses restriktiver gewordenen Landes).

Allzu lange wollte ich aber doch nicht bleiben. Eine weitere Flasche Soda. Drinnen auf der (gemischten) Toilette steht einer und fängt an mir eine Thai-Massage an, ich lehne nicht ab … alle meine Gelenke werden gerade „gebrochen“, ein lautes Knacken. Die Plasteschüssel mit der Aufschrift „Tip“ bekommt einen Hunderter mehr, „für ein Getränk.“

Halb zwei Uhr nachts, über die Bangla Road wieder zurück. Einige der Thai-Damen fallen mir auf, sie stehen einfach nur am Rand, werden manchmal von westlichen, jungen, männlichen Touristen angesprochen. Ich kann sie nicht einordnen, mein „Radar“ versagt hier.

Die kleine Lederhandtasche in der linken Hand am Griff, der aufrecht stolzierende Gang (die Massage), ich bewege mich genauso wie die Ladys. Wie lange kann ich das durchhalten? Noch eine halbe Stunde, die ganze Uferpromenade bis rauf zu meinem Hotel, sogar bis zum Schluss, wo schon fast gar keine Menschen mehr sind, nur vorbeifahrende, mir ein Angebot machende, Motorroller-Taxis.

Ich schmeiße meinen Job hin und werde Drag Queen in Patong.

[23.11.24 / 11:33] Es wird schwierig, noch eine ruhige Stelle zu finden. Die letzten Tage muss ein ganzer Schwung asiatischer Urlauber gekommen sein. Das Frühstücksbuffet passt sich an, indisch und chinesisch. Sogar auf meinem Dschungelpfad bin ich nicht mehr allein.

Den Tag zuvor, frühes Frühstück, Thai (was mit Reis). Abfahrt für meine Halbtagstour ist schon um 8:30 Uhr. Entspannt warte ich am Hoteleingang, die Leute hier wissen Bescheid, falls jemand nach meinem Namen fragt, ich sitze hier. Tagesprogramm: die Tempel-Tour und Phuket Town. Für ersteres habe ich mein Tages-Outfit entsprechend gewählt, der lange, grüne Rock und die weiße Tunika – Schultern und Knie bedeckend.

Der Minibusfahrer ist auch der Tour-Guide, außer mir haben sich nur zwei ältere Frauen aus Kasachstan für die Tour gefunden … wahrscheinlich war ich die einzigste Person für die abgesagte Nachmittagsvariante. Schön für den Fahrer, um diese frühen Morgenstunden sind die Straßen Phukets und Patong fast schon frei.

Südkap, Phuket / November 2024 / Alter 43

Erster Stopp, ein Aussichtspunkt im südlichen Teil der Insel mit Ausblick auf das blaue Meer. Bei Sonnenuntergang soll das hier atemberaubend sein.

Die Fahrt geht weiter, der Wat Chalong Tempelkomplex. Ein paar gar nicht so alte, buddhistische Tempelbauten auf einem kleinen Areal. Die vom Fahrer / Guide veranschlagte Rückkehrzeit zum Bus ist eigentlich viel zu kurz, alle Gebäude kann ich gar nicht sehen. Ich mache so viele Fotos, wie möglich. Die Straße zu dem großen, weißen Buddha auf dem Berg ist gesperrt, dieser eigentliche Besichtigungspunkt auf dieser Tour entfällt, ein Foto mit dem weit aufgedrehten „Teleobjektiv“ auf die Bergkette am Horizont gerichtet, muss genügen.

Ich weiß nicht, ob das die „Cousins“ vom Fahrer sind, aber der Besuch des Perlen-Fabrikverkaufsladens stand meines Wissens so nicht auf dem Programm. Kurze Einführung, wie Perlen auf eine Form gezüchtet werden … für den weiteren Verkauf bei der Auslage mit den Vitrinen steht mir eine Null zu viel auf dem Preisetikett. Ich hatte es vor meiner Reise in Erwägung gezogen, zusätzlich zu meiner (geerbten) Perlenkette noch eine kleine Kette für das Handgelenk mitzukaufen … hätte ich nicht den Abend zuvor eine riesige Summe in mein neues Fußkettchen investiert. Mein Geld reicht gerade mal noch so für ein paar Magneten am Souvenierständer. Turtle and Elephant. Draußen vor dem Shop kommt schon der nächste, große Reisebus.

Nächster Stopp: ein chinesischer Tempel um die Mittagssonne. Das Ufer des blauen Meers um Phuket-Stadt ist ganz reizvoll, der dekorierte, chinesische Buddha-Tempel ist fast menschenleer. „Shoes! Shoes!“ Die eine Tempelwächterin ruft ganz aufgeregt, ich war irritiert, dass hier keine Schuhe überall herumliegen, dachte schon, dass das in China vielleicht anders ist und dass ich meine Flip-Flops anbehalten kann? Nein, ist es nicht.

Weiter den frühen Nachmittag nach Phuket-Stadt, die Altstadt. Das Wetter ist nicht so sonnig, mal sind es dunkle Wolken, mal bricht die Sonne heraus. Mein Strohhut reicht … nur meine Nase hätte ich eincremen sollen.

Die Altstadt mit den paar historischen Gebäuden im chinesisch-portugiesischen Stil ist noch nicht so überlaufen … viele chinesische Touristen. Der Guide parkt seinen Bus und lässt die Dreiergruppe allein laufen. Ohne Plan und Ortskenntnis erreiche ich gerade mal so die eine Straße, die vielleicht sehenswert ist. Viele Souveniergeschäfte und ein paar Bistros. Ich mache nur Fotos von der Architektur, was mir auffällt, europäisch-antik, ein alter Mercedes bildet ein schönes Fotomotiv … nicht übersehbar für junge, chinesische Insta-Models.

Zurück zum Bus, ich bin klischeehaft auf die Minute pünktlich, die beiden Damen aus dem fernen Osten nehmen sich ihre (Urlaubs-)Zeit. Zurück zu meinem Ausstiegspunkt zu meinem Hotel, der Verkehr nach Patong rein nimmt zunehmend zu.

Den Nachmittag verbringe ich vor der Sonne geschützt im Hotelzimmer. Die Belegschaft des Hotels war so nett, mir ein Schokoladenkuchen mit Geburtstagskerzen, zum selber Anzünden, vorbeizubringen. Ich öffne die Zimmertür und der Kuchen steht da. Weiter auf dem Balkon …

Den Nachmittag gibt es ein Angebot an japanischen Matcha- und Sencha-Tees unten an der Bar bei der Lobby. Leider war mir der an den Bartisch gebrachte, grüne Tee viel zu bitter, ich hätte ihn nicht so aufgebrüht (auch wenn die Zubereitung auf den ersten Moment ganz passend aussah, Schale befeuchten, Teepulver einsieben, mit heißen oder warmen Wasser aufgießen, mit dem Bambuspinsel aufschlagen). Zurück auf das Zimmer.

Der Tag ist noch nicht zu Ende, es beginnt noch die Nacht. Eine Dusche nehmen, das Parfümduschbad, die Kleider wählen, der schwarz-weiße Blümchenrock und das kurze, schwarze Top, das komplette Ensemble an Silberschmuck anlegen, Ringe, Armreif, Fußkettchen und Halskette. Ich gehe die Nacht / den Abend wieder aus. Dezenter, leichter, schwarzer Kajal vor dem Badezimmerspiegel im Hotel. Es ist schon um halb acht Uhr den Abend geworden, ich greife meine kleine, schwarze Lederhandtasche, die aus Italien.

Zu Fuß die Straße runter zur Bangla Road – von der See aus ist ein kühlender Wind aufgezogen. Weiter hinter der belebten Straße finde ich ein ruhiges, indisch-thailändisches Bistro, wie eines von vielen hier. Die kleine Portion für 100 Baht ist ausreichend für den Tag. Mein Wunsch bei der Bestellung, wieder thailändisch scharf … „Medium spicy?“

Weiter die Bangla Road hinauf, ich muss noch zur Soi Freedom – die Gasse mit den Bars, wo es eine Drag-Show oder ein Cabaret gibt. Hier erhoffe ich wieder, ein paar der wirklich schönen Lady Boys zu erblicken.

Die kleine Bühne am hintersten Ende dieser von der Bangla Road abzweigenden, überdachten Gasse erreiche ich schon gar nicht mehr, ich werde schon vorher vorsichtig am Arm gegriffen und in eine Bar gezogen. Warum nicht? Ich bestelle meine erste Dose Cola (die alkoholfreie Alternative), setze mich auf den Barhocker mit Blick auf die Bühne keine zehn Meter vor mir und der Cabaret-Show … wirklich bezaubernde Kostüme, mal in Weiß und Feder, mal in Glitzer.

Ein paar der Bardamen fallen in mein Raster, sie könnten so sein wie ich … sah ich auch mal so hübsch aus mit Anfang Zwanzig? Hätte das auch aus mir werden können? Die zweite Dose Cola, ich drehe mich auf meinen Barhocker Richtung Gang, möglichst aufreizend wirken, abwechselnd lächeln, dann wieder gekonnt gelangweilt und teilnahmslos in meinem Glas mit dem Strohhalm in den Eiswürfeln herumstochern.

Die nächste Cabaret-Show warte ich nicht mehr ab. Ortswechsel. Draußen auf der belebten Straße werde ich auf meinen silbernen Ganesha-Anhänger angesprochen. Eigentlich wirbt er hier für Gäste für die arabische Bar, aber der nette Mann kommt aus Indien und empfiehlt mir den Nachtclub dort hinten mit der indischen Musik. Die Betreiber von der arabischen Bar sind vielleicht nicht ganz so amüsiert.

Der indische Nachtclub, die Treppe hoch in den Tanztempel. Viele Tische und Barhocker, nicht überraschend, viele junge Party-Gäste aus Indien. Ich bestelle meinen ersten Frucht-Shake und setze mich auch auf so einen Barhocker. Den Blick auf die Bühne und die kleine Tanzfläche. Der DJ hat sein Pult dort oben. Eine Glitzerkugel und riesige LED-Flächen für die Visuals. Laut wummernde Bässe, die Menge tanzt. Ich wünschte, ich könnte auch wippend von meinen Barhocker runter und in der Menge mittanzen, aber ich fürchte, meine Moves – der „Starring-to-the-ground-Two-Step“ wäre hier etwas unpassend.

Eine zweite Flasche Soda und ein Glas, herumlaufen, die Toiletten besuchen, näher an die Tanzfläche. Die Männer mit dem Schriftzug „Guards“ auf dem Rücken fallen mir auf, sind sie mit ihren grünen Laserpointern nur Tischzuweiser, oder passen sie auf, dass hier alles gesittet und ordentlich abläuft, keine der weiblichen Nachtclubgäste von den fröhlich angetrunkenen, jungen Männern unangenehm berührt werden? Ich alleine, steht immer so ein Aufpasser neben mir (zu meinem eigenen Schutz).

Die Bangla Road in Patong um ein Uhr nachts, nach Freitag Abend und immer noch voll. Ich werde müde und will zurück in mein Hotel, wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf bis zum späten Frühstück um zehn Uhr den Sonnabend Vormittag. Meine Handtasche so wie sie ist in dem Zimmer auf den Schreibtisch abstellen, noch etwas Aloe im Bad, Top, Tunika und Rock auf den Bügel (oder Hocker), zwei Uhr nachts ins Bett fallen. Die Klimaanlage surrt seit einer Woche ununterbrochen.

Ich würde den nächsten Tag gerne mit einem Long-Tail-Boat zum Freedom Beach gleich um die Ecke … Leider ist der Wellengang zu hoch und die beiden Skipper bei der Anlegestelle neben dem Hotelrestaurant mit der Frühstücksterrasse verneinen meine Frage, ob es möglich ist, da heute hinzukommen. Es soll einen Dschungelpfad geben, aber der ist sehr schwer (zu gehen oder zu finden).

Von den Ladys in den Bars werde ich eigentlich in Ruhe gelassen … sie betrachten mich als eine von ihnen?

[22.11.24 / 17:16] Den Tag zuvor, Frühstück spät und wieder europäisch. Tagesdress: meine indisch, orientalische Tunika, als Kleid. Beim Frühstück sehe ich viele, solcher komplett in schwarz verschleierten Frauen. Dieses Hotel ist auch in der arabischen Welt beliebt (nicht nur Asien, Europa und USA).

Nach dem Frühstück, meinen Kaffee am Strand, wo mein Kaffeebecher schon alles war … vielleicht sollte ich wirklich mal so ein Soziales-Netzwerk-Profil anlegen, folge meinem Kaffeebecher.

Danach, mein Spaziergang durch den Dschungelpfad am Ufer entlang, Orchideen in den Bäumen fotografieren.

Kurz zurück auf das Zimmer, der Reinigungsservice war immer noch nicht durch, das große Doppelbett (eigentlich nur ein großes Bett) ist immer noch so, wie ich es hinterlassen habe. Ich nehme mein Smartphone und gehe rüber in die Lobby mit dem WLAN-Empfang. Ein wenig im Internet surfen.

Ich muss den Tag vorher (den noch vorher) eine Straße zu spät abgebogen sein, das war zwar die Straße, die der Minibus gefahren ist, aber eigentlich nicht die Straße, in die ich wollte. Ich plane meine nächste Einkaufstour, ohne mein silbernes Fußkettchen fühle ich mich nackt. Auf den Weg zurück zur Bangla Road und dem Amüsierviertel werde ich an einigen Juwelierläden vorbeikommen. Im Hotel habe ich noch Internet, ich präge mir die Karte gut ein. Der Himmel ist grau dunkel, es könnte regnen – ideales Einkaufswetter für eine Nachmittagstour durch Patong.

Ich gehe los, das Hotel verlassen, die Brücke runter zur Strandpromenade. Gleich die erste Boutique … leider nicht genau das, was ich suche. Der Ersatz für mein verlorenes Fußkettchen muss nahezu identisch aussehen, vielleicht sogar noch besser. Ich habe eine genaue Vorstellung: ein kleines Silberkettchen, mit kleinen, runden Scheiben als Anhänger und so eine Bommel, oder angedeutetes, silbernes Glöckchen neben dem Verschluss … zu genau, um so etwas hier zu finden? Weiter den Weg Richtung Einkaufszone.

Es muss ein Juweliergeschäft sein, ich weiß nicht, ob ich den Ständen bei den „fliegenden Händlern“, wie an jeder Straßenecke, trauen kann. Die Karte im Internet hat mir genau angezeigt, wo ich solche teuren Geschäfte finden kann. Der erste, große Juwelier vor dem markanten Hochhaus in Patong.

Ich betrete das Geschäft, deute der Verkäuferin auf meinen Fußknöchel. Sie geleitet mich zu einer Vitrine mit den silbernen Fußkettchen und holt ein Bündel hervor. Mein Wunsch, sie auf ein Stück weißes Papier zu legen, um sie genauer zu betrachten. Eine fällt mir auf … sie ist exakt genau so, wie ich sie beschrieben habe, genau, wie in meiner Vorstellung. Die kleinen, runden Plättchen, die „Bommel“, ein Karabinerverschluss – nicht die Haken. Sie probiert sie mir um den Fußknöchel, sie ist leider zu eng. Die Verkäuferin bietet mir an, sie um ein kleines Kettenstück zu verlängern und sie exakt so zu gestalten, wie ich sie mir vorstelle. Ich kann sie dann später den Abend abholen. „2000 Baht, letzter Preis.“ Puh … das sind um die fünfzig Euro, das Kettchen ist damit doppelt so teuer, wie mein verlorengegangenes. So viel wollte ich gar nicht ausgeben, ich bezweifle, ob die überhaupt so viel wert ist – aber sie sieht genauso aus, wie ich sie mir wünsche! Ich rechtfertige meinen Kaufentschluss damit, dass das die Strafe ist, dass ich nicht besser auf mein anderes Fußkettchen aufgepasst habe, dass das ja auch das extra Geld ist, für die eine Stunde Arbeitszeit, um die Kette nach meinen Wünschen anzupassen, zu verlängern. Ein Viertel des Kaufpreises hinterlasse ich als Anzahlung, mehr habe ich momentan nicht in der Tasche. Dann bis 20 Uhr den Abend.

Weiter über die Bangla Road zu dem anderen Einkaufszentrum in Patong. Ich streife an den weißen Kleidern vorbei, nichts, was mir auf den ersten Blick gefällt. Die Unterwäscheabteilung, weiße Unterkleider, nur Kunstfasergewebe. Die Sneakers, die ich schon habe. Die vielen Schmuckauslagen, ich vergleiche sie mit meinem Armreif am linken Handgelenk, nichts, was wirklich dazu passt, kein zweiter Armreif für die rechte Seite. Ich verbringe hier so viel Zeit mit Angucken, eine Verkäuferin weicht mir schon nicht mehr von der Seite … ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht eher neben mir steht, um aufzupassen, dass ich nichts klaue. Eigentlich habe ich auch gar kein Geld mehr.

Viele Luxusmarken, einige, von denen ich schon Kleider habe, einige, die mir unbekannt sind. Ein schwarzes Kleid aus Seide fällt mir auf, ich rechne den Preis im Kopf um, es muss so um die 590 Euro kosten … nur ein Zehntel des Kleides, das ich mal vor vielen Jahren zwischen West Hollywood und Beverly Hills in Los Angeles gesehen habe (unglaublich, dass ich da mal als „Hartz-4-Empfängerin“ bei Armani Exchange einkaufen gegangen bin).

Wieder raus aus dem Einkaufszentrum, als ich es betreten habe, fing es leicht an zu regnen. Jetzt regnet es immer noch, aber nur ganz wenig. Den langen Weg über den Strand zurück zum Hotel. Den Weg einprägen, hier werde ich nachher im Dunkeln wieder entlanglaufen. Gedankenversunken – ein Jet-Ski brettert vor mir an den Strand. „Vorsicht Madame!“

Als es dunkel geworden ist, gehe ich wieder los. Ich habe eine Nachricht auf mein Telefon bekommen, dass die Tour für morgen auf den frühen Vormittag verschoben worden ist, weil sich zu wenige Teilnehmer für die Nachmittagstour gefunden haben. Wieder nichts mit Ausgehen … und die Nächte in den Bars durchfeiern.

In der ersten Wechselstube wieder ein paar Euroscheine in die thailändische Währung wechseln … der Kurs verändert sich von Tag zu Tag, wird besser (oder auch andersherum). Das Juweliergeschäft erreiche ich schon gegen 19 Uhr, wenn meine Kette noch nicht fertig ist, gehe ich eben irgendwo noch etwas essen. Ich werde immer besser mit den Straßenüberquerungen, eine ausreichend große Lücke abwarten, langsam gehen, nicht die Motorroller erschrecken.

Meine Kette ist fertig, die Verkäuferin legt sie mir auch sogleich um das Fußgelenk. Die Kette ist etwas weiter, als meine andere. Das Schlappern der silbernen Anhänger auf meiner Haut umgibt mich mit einem Sicherheitsgefühl, dass ich die nie wieder verliere, immer weiß, dass sie noch da ist. Ich zahle die noch ausstehenden 1500 Baht und verabschiede mich von den beiden Verkäuferinnen … wieder eine,

die unglaublich viel bezahlt hat.

Weiter über die Bangla Road (hier kann ich mich nicht verirren) zu der ersten Querstraße nach dem Ausgangstor. Den Weg nach links, Richtung Paradise Complex – zu den Bars und Bistros, in denen ich schon am Anfang meiner Reise war.

Abendessen dieses Mal wirklich in dem Bistro neben dem Bistro, das der Taxifahrer empfohlen hat (es lag noch ein Bistro dazwischen). Auch dieses Thai-Food-Restaurant ist gut besucht. Die Plaketten an den Wänden zeigen an, wie sehr dieses Restaurant im Internet gute Kritiken bekommen hat. Ich bekomme einen kleinen Zettel mit einer Nummer und warte ein paar Minuten auf meinen Sitzplatz, der gerade frei geworden ist.

„Thai spicy.“ Ich betone noch einmal, dass ich meine bestellte Nudelpfanne mit Shrimps auch wirklich scharf gewürzt bekomme, ich bin keine von den anderen europäischen Touristen. Erst wenn es schon auf den Lippen brennt, ist es (leicht) scharf.

Beim Warten auf das Essen richtet sich mein Blick auf die Straße … nicht die Menschen angucken, starre sie nicht an. Das übervolle Restaurant macht es mir auch besonders schwer, in die Luft zu gucken. Während des Essens bin ich wenigstens abgelenkt. 100 Baht für dieses einfache Menü, ich staune über den Preis. Auch hier ist die Kellnerin wieder „eine von uns“.

Wieder die Straße entlang, die Einfahrt zu dem Paradise Complex suchen – der Gegend für die Bars mit den Regenbogenfahnen. Es dauert, bis ich diese Seitenstraße finde (es gibt zwei mit dem markanten Schild) – die Straße mit den Bars ist wieder leer. Wo sind die ganzen (schwulen) Partygäste? Die hier arbeitenden „Amüsier-Herren“ stürzen sich auf jeden vorbeiirrenden Tourist – so auch ich. Am Ende der kleinen Straße, wird mir an einer Bar ein Sitzplatz angeboten. Warum nicht? Mir ist klar, wo ich hier bin, dass ich mehr als nur ein Getränk für den netten Herrn da bezahlen muss und dass mir unter Umständen auch noch andere Angebote gemacht werden. Ich bestelle meinen ersten alkoholfreien Cocktail bei ihm, einen „Virgin Mojito“.

Ich unterhalte mich etwas mit ihm, er ist etwas älter, vielleicht mein Alter. Die anderen „Boys“ hier an der Bar sind jünger (um die Zwanzig, Dreißig). Die 100 Baht für das Getränk für ihn, investiert er in ein Abendessen … kluge Entscheidung. Ich komme mir etwas fremd vor, bin ich es doch die, die sonst von den Herren ein Getränk spendiert bekommt … nicht ohne weitere Absichten.

Wenig später, er bietet es mir an, für umgerechnet einen Fünfziger, eine „Massage“ von ihm, er hat da ein Zimmer, ein Bad, ein Bett. Mein Hotel ist viel zu weit entfernt – und an dem Hotel-Wachschutz kommt er nicht vorbei. Ich lehne ab, so viel Geld „habe ich nicht“. Du könntest auch umsonst mit mir Sex haben, du müsstest mir nur einen Drink bezahlen. Ich tue mich schwer mit der umgekehrten Rollenverteilung.

Nach und nach versteht er, dass mit mir nichts geht. Ich lasse ihn lieber weitere vorbeilaufende, potentielle Kunden anwerben.

Nach und nach tut sich etwas auf der leeren Straße, so langsam kommen sie doch. Und auf einmal sind sie da! Lady Boys! Sie sehen so bezaubernd schön aus, eine ganz andere Klasse, als die plumpen trans Frauen in ihren gewöhnlichen Berufen. Niederschmetternd vergleiche ich meine Bio-Latschen mit den ultrahohen, mit Glitzer überzogenen High-Heels der Damen da neben mir an dem Nachbartisch der Nachbar-Bar. Jetzt wird es hier erst richtig interessant … 22 Uhr nochwas, eigentlich wollte ich schon längst gehen, ich muss doch morgen früh raus.

Einen Drink noch, bevor ich (teilweise) über den Strand wieder zurück laufe. Ihm wünsche ich noch „Viel Glück für die Nacht“, so wie es nur eine Dame aus dem Rotlicht-Milieu tun kann.

Zum ersten Mal eine Schlange gesehen, sie lag den Abend leblos neben einem Gullideckel, sie muss vor dem Regen aus der Kanalisation geflohen sein. Du armes Tier, wer hat dir das angetan?

[20.11.24 / 22:16] Orte auf meiner Liste, die ich nie wieder besuchen möchte: Bamboo Island, Phi Phi Don und Maya Bay. Der Tag fing noch ganz normal an, Wecker um sieben Uhr, Frühstück wieder thai (so Reis mit Bohnengemüse), dann warten in der Lobby auf den Fahrer vom Minibus, der die Ausflugspassagiere für den Speed-Boat-Katamaran von den Hotels abholt. Einer kam schon vorbei, aber ich stand nicht auf seiner Liste … nervös wartend, zwanzig Minuten nach um neun Uhr kommt der nächste Fahrer in die Hotellobby, diesmal ist mein Name mit dabei. Ausflugsziel: Ko Phi Phi (und weitere Inseln).

Die Fahrt Richtung Phuket Town und einer anderen Marina, geht schnell … vielleicht war das vor zwei Tagen auch ein ganz ungünstiger Tag. Die Anlegestelle für die Katamarane erreicht der kleine Bus wenig später. Die Reisegruppe wird größer, viele Amerikaner sind mit dabei.

Ein Erinnerungsfoto beim Einsteigen für später. Sicherheitsunterweisung an Bord, Life-Jackets sind nur Deko. Allen Passagieren wird ein Sitzplatz mit einer Nummer zugewiesen. Die Sitze befinden sich im Bauch des Katamarans, rechts und links die hohen Wände, vom Aufstehen während der Fahrt wird abgeraten. Der Katamaran setzt sich in Bewegung und alles was ich sehe ist nur der Steuermann drei Reihen vor mir, das große Windschild mit dem Himmel und ab und zu rechts und links die Gischt, wenn der Katamaran mit einem Tempo über die Wellen peitscht.

Erster Stopp: Bamboo Island – ungefähr eine halbe bis eine dreiviertel Stunde Aufenthalt. Der Katamaran wird an Land gezogen, die Passagiere waten über die Brandung an den Strand.

Wo bin ich hier? Die Mittagssonne knallt auf die flache Insel. Rundherum liegen unzählige Boote am Strand vor Anker, haufenweise Menschen irren über die Insel, einige baden. Ich habe meinen Bade-Zweiteiler zwar auch mit dabei, aber mir ist gerade nicht danach. Mal überlegen, so ein Katamaran hat vielleicht zehn Sitzreihen mit je sechs Plätzen, von diesen größeren Wasserfahrzeugen liegen zwanzig bis dreißig am Strand … wie viele Quadratkilometer hat dieses winzige, nur von Gestrüpp bewucherte Eiland? Noch vor der Abfahrtszeit warte ich wieder darauf, an Bord gehen zu können.

Nächster Stopp: Phi Phi Don – das Boot legt wieder am Strand an. Vor mir befindet sich eine bebaute Uferpromenade. Mittagessen mit Buffet im Restaurant. Es fängt an zu regnen … ich freue mich auf jede dunkle Wolke, nach und auch während der Fahrt, reibe ich mich schon mit viel Sonnencreme ein.

Nach dem Mittagsbuffet und einer Toilettenpause im tropischsten Urwaldklima, die Uferpromenade ablaufen. Eine enge Gasse, viele Geschäfte, Bars, Patong in klein. Viele, viele Touristen, mit Rollkoffern, ohne Rollkoffer, Tagesgäste, Hotelsuchende. Es ist hier so voll … wenn du als Urlauber Ruhe suchst, dann stell dich mitten in New York auf den Times Square – aber bloß nicht hier. Am Pier landen ständig Schiffe und spucken weitere Übernachtungstouristen aus. Es geht noch extremer …

Der Regen hat aufgehört, ich gehöre auch wieder zu den ersten Passagieren, die wieder an Bord steigen. Der Katamaran dreht die nächste Insel an. Irgendeine Felsformation mit einer Lagune.

Dort angekommen, Umsteigen auf die Langheckboote, die Passagiere werden verteilt. Laut knatternd fahren die kleinen Boote die Lagune an. Auch hier wieder mehrere große Katamarane, Motoryachten, andere Ausflugsboote und unzählige von diesen Langheckbooten. Warum diese Lagune jetzt so sehenswert ist, sehe ich nicht. Ich sehe nur Boote. Die Selfie-Kameras werden von den Besuchern gezückt. Ich nicht, das Foto mit dem Overtourism taugt nicht für's Internet.

Weiterer Stopp, der Wind hat zugenommen, die Wellen werden zu stark. Der Katamaran fährt eine geschützte Ecke an einer anderen Felsenformation an. Hier Schnorcheln mit Taucherbrille und Fische angucken. Ich halte nichts davon und ziehe nur meinen Bade-Zweiteiler über, um etwas neben dem Schiff zu schwimmen. Wie ich wieder über die Trittleiter an Bord einsteigen will, sieht sehr gefährlich aus. Nimm doch die andere Leiter am Heck, die hat wenigstens zwei Trittstufen mehr.

Nächster Halt den Nachmittag auf diesem Ausflug: wir fahren Maya Bay an. Bekannt aus dem Film mit der Insel und der Aussteigerkommune und dem einen Hollywood-Schauspieler (der erst später die guten Filme gedreht hat).

Auch hier wieder eine Vielzahl an Ausflugsbooten. Der Pier besteht nur aus wackeligen, schwimmenden Pontons. Ein Menschenstau bildet sich. Hunderte Menschen wollen auf ihr Boot, oder von ihrem Boot auf diese ebenso kleine Insel. Ein Pfad führt die Felsenschlucht hinauf, Zwei-Wege-System auf einem schmalen Holzsteg, links für die eine Richtung zum Strand, rechts wieder zurück zur Anlegestelle. Ich werde mit der ganzen Masse an Touristen durchgedrückt. Niemals zuvor habe ich so viele Menschen auf engstem Raum gesehen, nicht im Louvre, nicht am Eiffelturm, nicht in New York (Manhattan), noch nicht mal in Tokio.

Der Strand … eigentlich ist diese Insel wunderschön, die U-förmige Lage des Strandes mit den Felsen, der kleine Regenwald dahinter, wären nicht diese wirklich wahnsinnig vielen Menschen. Es gibt einen vergleichbaren Ort, das ist der Hippie-Strand auf Ibiza, aber da ist wenigstens noch etwas Atmosphäre.

Zurück auf das Boot, warten am Sammelpunkt. Der Katamaran fährt den letzten Ausflugspunkt für diesen Abend an, zurück auf dem Weg über Maiton Island – Foto vom Sonnenuntergang machen und gegrillte Spieße auf dem Oberdeck essen. Hier sind wir wieder fast allein, nur ein zweites Boot ankert noch neben uns. Die Crew des Katamarans kann wirklich nichts dafür und versucht das Beste aus der Lage zu machen. Diese Sehenswürdigkeiten zeigen wirklich das Paradebeispiel für Overtourism. Die paar Seemeilen zurück nach Phuket bleiben wir einfach auf dem Oberdeck sitzen (oder verteilt auf dem Bug) und lassen uns die salzigen Wellen ins Gesicht spritzen … den Bikini (mein Zweiteiler) habe ich ja wie alle anderen auch einfach anbehalten.

Es ist dunkel den Abend geworden, als der Katamaran wieder am Hafen anlegt. Mein obligatorisches Erinnerungsfoto vom Boarding den Vormittag abholen, den richtigen Minibus suchen und wieder zurück nach Patong. Erst mit Ortseingang und die Fahrt ins Hotel gerät der Verkehr wieder ins Stocken … der allabendliche Wahnsinn hier.

Im Hotel, ich packe meine Sachen aus … wo ist mein silbernes Fußkettchen? Ich suche die ganze Strandtasche ab, krempele sie zweimal um. Ich weiß genau, vor dem ersten Landgang habe ich sie mit all meinem ganzen anderen Silberschmuck mit in die kleine Innentasche mit Reißverschluss gesteckt – sie muss dann später beim hastigen Kramen und Suchen nach dem Haargummi für den Badestopp rausgefallen sein, den schwarzen Bade-Zweiteiler habe ich ja auch mit rausgezogen. Mist. Verloren. Ich hatte sie gerade mal drei Monate in meinem Besitz, vielleicht vor dieser Reise nur ein oder zweimal getragen. Vielleicht findet sich ja ein neuer Besitzer oder Besitzerin mit mehr Glück (solche Dinge werden immer irgendwann wiedergefunden).

Zu etwas anderem, mein Bedürfnis, hier Lady Boys zu treffen, ist viel zu sehr von westlicher Sucht nach Exotik geprägt. Es gibt hier trans Frauen so wie ich, aber die gehen ganz normalen Berufen nach, Kassiererin an der Supermarktkasse, Hotelangestellte, Reiseleiterin. Selbst ich kann mich davon nicht befreien, das Trans-Frau-sein in ein verruchtes Rotlicht-Milieu zu stellen. Dabei könnte Thailand mir zeigen, dass das auch etwas ganz normales und langweiliges sein könnte.

Dress des Tages: das grün-weiß karierte Hemdkleid als so eine Art „Bademantel“ über den schwarzen Badeanzug.

[19.11.24 / 23:58] Pool Time – Den Tag über nichts machen. Aufstehen um halb neun. Frühstück wieder kontinental europäisch. Nach dem Frühstück gehe ich noch einmal den Dschungelpfad ab, bis zur Seebrücke. In Gedanken versunken, eigentlich wollte ich nur Orchideen an Bäumen suchen. Eine Linie an einem großen Stein fällt mir auf, ein Begrenzungsstein zum Halten des Berghangs … ist das eine Wasserstandslinie? Sieht so aus, wie salziges Meerwasser sie hinterlässt.

So hoch muss vor zwanzig Jahren der Tsunami gewesen sein, ich blicke rüber zum anderen Ende der Bucht in dem das Hotel liegt, die da unten, in dem Gebäude in der ersten Frontlinie sind dann alle hin, mein Zimmer liegt in dem Gebäude ein paar Meter höher dahinter, in der zweiten Frontlinie. Die Zimmer in der ersten Etage haben vielleicht noch Glück und bekommen nur nasse Füße, ich darüber in der zweiten Etage bin auf jeden Fall sicher. Das Hauptkriterium, warum es dieses Hotel am Hang sein musste.

Kurz zurück auf das Zimmer, der Reinigungsservice war noch nicht durch. „Nur eine Minute.“ Ich schnappe mir mein Buch und mein Smartphone und verziehe mich in die Bar mit Sitzecken unterhalb der Lobby, Hauptsache im Gebäude und vor der Sonne geschützt, vermeintlich. Die Terrasse ist offen, das sind keine Glasfenster.

Zurück auf das Zimmer, den frühen Nachmittag mein Buch weiterlesen. Sollte ich mal den Pool benutzen? Meinen zweiten, schwarzen Bikini habe ich auch mit dabei. Anprobe, Buch mit Lesezeichen wieder zugeklappt, für den Bandeau-Bikini brauche ich noch die mitgenommenen Träger für den Neckholder. Eingefummelt, passt. Das schwarze Negligee-Jäckchen übergezogen. Brauche ich Sonnencreme? Diesiger, manchmal bewölkter Himmel, schon 16 Uhr am Nachmittag – und ich suche mir nur die schattigste Stelle am Pool für die Liege aus, die an der Wand, wo das große Hotelgebäude noch einen Schatten drauf wirft. Wenig später drehe ich meine Runden unten im Pool innerhalb eines Schattens, den ein großer Baum auf die Wasseroberfläche zeichnet. Ich wähne mich in Sicherheit vor der aggressiven Sonne …

Stunde später, das dunkle Hotelzimmer, den Abend planen. Wenn ich diese Straße da nehme, die der Minibus gestern gefahren ist, dann müsste ich direkt an dem Einkaufscenter vorbeikommen und die Bar mit der Tiger-Deko ist auch da irgendwo. Nach Sonnenuntergang, ich gehe aus, Shopping, Dress des Abends: das grün-weiß karierte, französische Hemdkleid.

Geldtausch, weiter die Straße entlang. Ich verliere die Wegmarke, bin ich hier noch richtig? Unbeirrbar immer weiter laufen, Straßen überqueren, die Richtung halten. Das Shoppingcenter sollte hier doch eigentlich sein? Oder bin ich doch eine Straße zu spät abgebogen? Nein, das muss die Straße sein, die der Bus gefahren ist. Aber die Bars, die ich gestern gesehen habe, sind doch nicht hier.

Ich entdecke die Reklame des Einkaufstempels. Nach gefühlt ewig herumirren, habe ich es doch gefunden. Endlich einkaufen.

Was auf meiner Liste steht: Das weiße Häkelkleid aus dem einen Film mit der Liebesgeschichte auf Hawaii. Eine nicht näher genannte, blonde Schauspielerin, so was mit „Freunde“ und so. Das Kleid fasziniert mich schon seit Jahren und ist mein Traum.

Ich laufe das Kaufhaus ab, westliche Marken hier, andere mir unbekannte Marken da. Die Rolltreppen hoch, noch einmal einen Überblick auf die Mitte nach unten machen. Dieser Teil des Kaufhauskomplexes ist kreisförmig angelegt, unten in der Mitte sind die „Sale“-Stände, da hängen auch ein paar weiße Kleider. Die Rolltreppen wieder runter.

Die Kleiderständer absuchen, Größen gibt es hier nicht, Etiketten sind nicht eingenäht, Material ist unbekannt, ich kann es nur erfühlen. Strickkleider garantiert in Kunstfaser. Vieles sehr, sehr eng, davon lasse ich die Finger. Ein weißer Kaftan fällt mir auf, er ist unisize und hat zumindest ein Stretchband – das wird mir auf jeden Fall passen … russische Touristinnen würden das auch kaufen (hier gibt es wirklich viele von denen und die haben immer hübsche Sachen an). Ich kaufe es, für die umgerechnet zwölf Euro kann ich nichts falsch machen.

Wieder raus, der dunkle Abend, die vielen Leuchtreklamen der Bars, jede Straße ist stark befahren. Ich verliere die Orientierung, möchte mir das aber nicht eingestehen. Ich irre so lange zwischen meinen Wegmarken umher, bis ich nicht mehr weiß, ob das überhaupt noch die richtige Straße ist … vielleicht gibt es zwei markante Tiger-Bars und das Einkaufszentrum geht um den ganzen Block?

Das Bistro von vor zwei Tagen finde ich nicht mehr, ich wollte das daneben ausprobieren. Ich gehe in ein Bistro, das dem zum Verwechseln ähnlich sieht … vielleicht ist es doch das, was ich suche.

An der markanten Tiger-Bar laufe ich danach gefühlt ein viertes Mal vorbei – jetzt gehe ich hinein und bestelle einen Drink! Es gibt keine zweite Bar, die exakt genauso aussieht, aber laut meiner Orientierung in einer anderen Straße liegen müsste.

Internet habe ich nicht, Kartenmaterial habe ich auch nicht … aber eine Kompass-App auf meinem Smartphone. Immerhin, ich weiß jetzt wenigstens die Richtung, in die ich laufen muss, will ich heute Nacht noch wieder zurück ins Hotel kommen. Ich bezahle die Rechnung für den alkoholfreien Cocktail … eigentlich ist diese Tiger-Bar ganz schön – wäre es nicht so furchtbar laut hier! Die angrenzende Boxarena überträgt ihre Kämpfe in voller Lautstärke auf das ganze Viertel, die Bars halten dem Megaphon entgegen und drehen die Lautstärke ihrer Musik bis an die Grenze des Reglers. Es ist so laut, dass es selbst den starken und ununterbrochenen, mehrspurigen, Verkehr übertönt. Ich muss hier weg. Zurück über die Bangla Road durch die dichtesten Touristenströme zum Strand. Erst hier finde ich wieder etwas Ruhe.

Speziell der Abend war dann doch zu viel.

Zurück im Hotel (22 Uhr nochwas), der Spiegel im Badezimmer, Sonnenbrand im Dekolleté und im Gesicht. Ich hätte es wissen müssen, ich darf mich hier nicht – vollkommen ungeschützt – dem Licht aussetzen. Ich würde wahrscheinlich hier sogar bei Vollmond mitten in der Nacht einen Sonnenbrand bekommen. Aloe-Vera-Gel. Wecker stellen, noch ein paar Stunden bis zur nächsten Insel-Tour.

Eine winzige Drohne schwebt über dem Pool … als ob ich sie nicht gleich bemerken würde.

[18.11.24 / 21:52] Die gebuchte Schiffstour zur Phang Nga Bay. Den Wecker auf eine Stunde früher gestellt, zum Frühstück alles in Eile herunterschlingen (es wird wieder scharf und thai). Den Kaffee so wie er ist. Draußen in der Bucht sehe ich ein großes Kreuzfahrtschiff, das die letzte Nacht hier vor Anker gegangen sein muss … vielleicht nicht gerade der günstigste Tag für einen Ausflug?

Kurz nach halb zehn in der Lobby, ich warte auf den Fahrer vom Minibus, der die Touristen von den umliegenden Hotels abholt. Ich erkenne ihn nur an seinem T-Shirt. „Sea Kayak“ steht ganz klein am Ärmel. Ich bin die auf der Liste, die er sucht.

Einsteigen in den Minibus. Die Fahrt geht nach Phuket Town zur Marina. Stop-and-Go, langsamer Verkehr, zeitweise mehrspurige Straßen bis an ihre Grenze ausgelastet. Ich sehe mir von dem Fenster aus die bebaute Landschaft an.

Einbiegung in einen Seitenweg, gegen Mittag kommen wir an dem großen Pier mit der Anlegestelle für die Schiffe an. „Wir“, das ist eine kleine Gruppe, aufgeteilt in ein Dutzend Engländer (oder ähnlich) und ein Dutzend Deutsche. Ein Pick-up-Truck fährt die Gruppe den Pier entlang zum Schiff … ich wollte unbedingt ein großes Schiff buchen, mit einer Toilette an Bord.

Ausflugsplan: Die Phang Nga Bucht nördlich von Phuket mit den Seehöhlen und einer Kajak-Tour darin, sowie der „James Bond Felsen“, das, was alle Touristen hier angucken. Tagesdress: ich ziehe noch einmal das grün-schwarze Kleid vom letzten Abend an, es bedeckt die Schultern. Sonnenschutzcreme habe ich dabei, in meiner großen Strandtasche, zusammen mit dem schwarzen Bade-Zweiteiler und dem Regenbogenhandtuch.

Das Schiff nimmt Kurs auf den ersten Besichtigungspunkt. Sicherheitsinformationen werden in amüsanter Form vorgebracht, die Reiseleitung sind zwei, einer spricht Deutsch, einer spricht Englisch … gut aufgeteilt in einen Entertainer für die Engländer und einem seriös wirkenden, älteren Herren für die reservierten Deutschen (per se schwieriges Publikum).

Die Höhlen sind noch nicht bereit für einen Besuch, die Flut ist noch zu hoch, erst bei Ebbe sind sie befahrbar. Erster Halt ist an einem (der vielen) Felsen hier in der Gegend, auf dem angeblich Affen leben sollen. Erster Badestopp, die Gruppe sitzt auf dem Oberdeck, Kajaks und Ausgang sind unten. Ehe ich mein Kleid abgestreift habe, mein Bade-Zweiteiler übergezogen habe und zumindest mein Gesicht und meine Schultern mit Sonnenschutzfaktor 30 eingesprüht habe, sind die anderen alle schon im Wasser. Ich steige am Heck die Leiter hinab in das warme Meereswasser. „Ist es hier tief?“ Ich schwimme die hundert Meter bis zu dem winzig kleinen Sandstrand an dem Felsen. Bond-Girl steigt aus dem Wasser.

Wirklich nur ein ganz kleiner Strand, das interessanteste ist hier nur die Warntafel mit den Piktogrammen, was hier alles verboten ist. „Nicht auf Affen schießen.“

Zurück zum Boot, Mittagessen, ich bleibe (wie alle hier) in meinem Badeanzug. Weiter zu der ersten größeren Felsenformation mit der ersten Seehöhle – und dem Inneren dahinter. Die Reiseleiter erzählen viel, welcher Film hier alles in der Gegend gedreht wurde, von „Star Wars“ zu „James Bond“ und noch mehr namhafter Produktionen.

Die Höhle erreichen wir wenig später. Umsteigen in die Kajaks, ich muss nicht selber paddeln, jedes Kajak hat einen einheimischen Steuermann mit an Bord, plus ein bis zwei Passagiere … ich bin „ein“.

Da das Befahren der Höhle nur bei Ebbe möglich ist, sind noch ein paar weitere Ausflugsschiffe mit dazugekommen. Ein bizarres Bild, um die dreißig bis fünfzig Kajaks versuchen in die Höhle zu fahren, bzw. da wieder herauszukommen. In den Höhlen ist die Decke bei dem Wasserpegel vielleicht nur weniger als einen halben Meter hoch. Ein Glück, dass ich von dem Gedränge und Geschubse nicht viel mitbekomme, ich liege in dem Kajak und lasse mich einfach nur treiben.

Es wird hell, ein Licht nach dem Dunkel. Innerhalb des Felsens befindet sich ein großer, von Meerwasser gespeister See. Viel Grün, viel Dschungelpflanzen an den hohen Felswänden … und eine Stille, wären wir allein. Ich habe Bilder im Internet gesehen, wo solche Seen voller Kanus und Kajaks waren und von dem See selbst gar nichts mehr zu sehen war … Massentourismus par excellence. Hier hält es sich noch in Grenzen, ich fotografiere nie mehr als zehn Kajaks zusammen.

Wieder zurück auf das Boot, nächster Halt, die James-Bond-Insel – ein unscheinbarer Felsen in der Mitte von anderen Felsen. Das Wetter ändert sich, es ziehen neue dunkle Regen- und Gewitterwolken auf. Ich habe den Rest meines Körpers, Arme und Beine, schon vor der Kajak-Tour auch mit Sonnenschutz eingesprüht. Ich bekomme selbst Sonnenbrand bei dunkelstem, bewölkten Himmel, eine Stunde vor Sonnenuntergang.

Bond Girl, Phang Nga Bay / November 2024 / Age 42

Bekannt aus dem Filmmotiv, sehe ich von dem steil aus dem Wasser herausragenden Felsen nicht viel. Das große Schiff hat zu viel Tiefgang und kommt nicht näher heran. Die Reisegruppe muss sich mit einem Foto aus weiter Entfernung begnügen. Die Reiseleiter unternehmen viel, um die Stimmung am Leben zu erhalten. Profis.

Weiter zu einer weiteren Höhlenformation und wieder Umsteigen in das Kajak. Derselbe Fahrer oder Bootsmann, wir sind ein Team, ich lege mich auch gleich wieder hin bei der Einfahrt in die Höhle.

Noch mehr Ausflugsschiffe, es verteilt sich, die einen baden, die anderen sehen sich wieder den inneren See der Felsen an. Eine Schlange auf einen Baum am Felsen wird gesichtet und ist das „Highlight“, ich brauche ewig, bis ich glaube, sie zu erkennen (da war der Fisch, der aus dem Wasser klettern kann, in dem anderen See interessanter).

Ein letztes Mal wieder zurück auf das Boot. Es ist Nachmittag geworden. Gegrillte Spieße werden noch serviert, für mich bitte nur vegetarisch. Ich krame mein Kleid aus der großen Tasche und ziehe es über meinen Badeanzug. Mit dem Smartphone und der mitgenommenen Kamera abwechselnd ein paar Fotos von der Landschaft machen. Das Smartphone steckt in einer an Bord verkauften, wasserdichten Tasche, aber so viel Vertrauen habe ich darin nicht, es fängt sich doch etwas Feuchtigkeit und beschlägt die Folie bei diesem tropischen Klima von innen. Besser zwei Kameras.

Zurück zu der Marina, das Ausflugsschiff läuft ein. Abschied von den zwei Reiseleitern und der Crew. Oben am Pier noch ein obligatorisches Foto kaufen, das von mir während der Kajak-Tour entstanden ist. Es ist gut getroffen und ich kann so die einheimischen Seenomaden unterstützen mit ein paar Baht. Als ich zurück an Land oben, in den Minibus steige, ist es schon zu dunkel für meine Sonnenbrille geworden.

Den Weg zurück über Phuket Town nach Patong. Achtspurige Straßen, vier Spuren auf jeder Seite und ein vollkommenes Verkehrschaos, Stau an jedem Ende. Bis wir wirklich Patong erreichen, vergehen noch gefühlt ein bis zwei Stunden – und dabei ist diese Insel winzig.

Durchfahrt durch Patong, die Stellen, die ich gestern abgelaufen bin, um eine Orientierungskarte in meinem Kopf zu bilden, kann ich um ein paar weitere Wegmarken ergänzen. Unweit der Bar mit der markanten Tigerdekoration befinden sich noch zwei große Shoppingcenter, ein Grund mehr, auch dieser Bar einen Besuch abzustatten.

Kein weiteres Abendessen für mich in dem Hotel, ich habe schon genug an Bord des Schiffes gegessen … Wie, das ist ein Buffet und nicht mein Teller?

[17.11.24 / 23:22] Den Tag nach der Party erst einmal nur chillen. Den Wecker zum Frühstück brauche ich gar nicht, ich bin so schon wach. Zerknautschtes Gesicht, verwaschener Kajal, die Spuren der Nacht. Das Frühstück wird kontinental europäisch. Winzige Croissants, winzige Brötchen, viel Marmelade und ein Frühstücksei den Sonntag. Ich bin weit hin als deutsch zu erkennen … nur von diesen gedämpften Reisdingern mit der schwarzen Bohnenpaste konnte ich nicht lassen, die klebrig süße, schwarze Masse ist mir schon in Japan begegnet.

Nach dem Frühstück, zurück auf das Zimmer, der Reinigungsservice war noch nicht durch. Ich muss noch zur Hotelrezeption, die Reiseleiterin abpassen, sie verkauft dort ein paar Touren …

Für den Gesamtpreis streikt meine Kreditkarte. Die beiden Bootstouren – James Bond Island und Ko Phi Phi – reicht es noch, die halbtägige Tempeltour muss ich bar bezahlen. Viel ist auf meiner Kreditkarte jetzt nicht mehr drauf. Zurück auf das Zimmer, Buch zum Lesen holen und ganz viel Sonnencreme auftragen. Tagesdress: das ärmellose, bunte Sommerkleidchen mit den Taschen.

Ich gehe noch einmal den Dschungelpfad vom Hotel ab, er ist so schön. Draußen an der Seebrücke sehe ich hinten am Horizont schwarzen Rauch aufsteigen – das Feuer am Strand zwei Buchten weiter für die Full Moon Beach Party muss immer noch brennen. Vielleicht geht die Party länger, als ich gedacht habe.

Zurück zum Hotel, einen schattigen Platz finden, ein Getränk auf meine Zimmernummer bestellen, mein Buch weiterlesen – es ist das, das ich vor zwei Jahren in Paris angefangen habe, ich lese auf jeder Urlaubsreise ein Stückchen und bin schon ganz fast am Ende.

Die Sonne drückt, tropisch schwül. Eigentlich ist es bewölkt, aber wenn unter dem Sonnenschirm meine Hand einen Schatten auf meinen Körper wirft, dann ist das ein Zeichen für Sonnenbrandgefahr. 16 Uhr nochwas, ich verlasse die plüschige Sitzecke und suche einen Sitzplatz unter dem Dach der Terrasse von dem Frühstücksrestaurant. Es ist „Tea Time“.

Der Tag geht so dahin, gegen 17 Uhr nochwas zurück in das Zimmer, eine Dusche nehmen, die Sonnencreme abwaschen … erkennen, wo ich mich doch verbrannt habe (einen Streifen über der Schulter, der BH) und das Tagesdress in das Nachtdress wechseln. Das neue, grüne Kleid mit dem schwarzen „Teppichmuster“. Es geht den Abend zurück zur Bangla Road.

Es ist dunkel geworden, die Sonne ist schon unter dem Horizont verschwunden. Ich wähle den Weg über den langen Sandstrand. Vorbei an der Uferpromenade, vorbei an den unmöglich zu überquerend erscheinenden Straßenkreuzungen, vorbei an den vielen fahrenden und parkenden Mopeds. Das Licht weit hinten vor dem Gate zu der Vergnügungsmeile weist mir den Weg.

Dort angekommen, die Straße wieder ablaufen, Ausschau halten, nach einem Bistro für ein (günstiges) Abendessen. Irgendwo an dem Ende der Fußgängerzone muss ich den Weg nach links nehmen, wenn ich in die Gegend für die Bars für die LGBTQ-Bewegung finden will. Mein „Radar“ springt nochmals an, aber ich bin mir nicht mehr so sicher.

Abendessen in einem indischen Bistro … gleich neben dem übervollen Bistro, das der Taxifahrer einen Tag zuvor, beim Vorbeifahren, als besonders wertvoll angepriesen hat. Immerhin bin ich in dem Bistro direkt daneben gelandet.

Weiter in ein 7-Eleven ein paar Wasserflaschen kaufen. Die Bar, die besonders von Lady Boys frequentiert werden soll, finde ich auch. Nette Deko.

Weiter zu der Gegend mit den bunten Regenbogenfahnen. Gähnende Leere. Nichts. Es ist hier so still. Die Bars gibt es, aber hier ist (noch) nichts los. Wieder zurück, durch mit Mopeds verstopfte, enge Gassen, zur Bangla Road.

Will ich eine Bar finden? Ja, noch ist es nicht zu spät. Die Straße ist voll, voller Menschen. Rechts und links die Bars (und andere Fressbuden). Leicht bekleidete Mädchen räkeln sich an metallenen Stangen. Zu unterschiedlichster Musik.

Eine Bar zieht mich an, hier wird zur Abwechselung mal Rockmusik gespielt. Auf dem großen Fernsehbildschirm läuft eine Live-Übertragung eines aktuellen Motorradrennens um die Weltmeisterschaft. Ich will den Sitzplatz da hinten mit Blick auf das Rennen. Die nette Bardame oder Animiermädchen schreibt schon meine Bestellung auf. Was ohne Alkohol! Es gibt eine Dose Ginger Ale.

Das Motorradrennen verfolge ich bis zum Schluss, der Weltmeistertitel ist entschieden. Ich drehe meinen Blick wieder zurück Richtung Straße und bestelle mir eine zweite Dose Limonade. Die Barbedienung gibt mir zu verstehen, dass dort am Eingang viel schönere Sitzplätze sind, mit Blick auf die Straße und der vorbeilaufenden Menschenmenge.

Foto mit Drags(?), Bangla Road Patong / November 2024 / Alter 42

Ich habe mich doch nicht ganz so spontan für diese Bar entschieden. Ihr gegenüber liegt noch eine weitere Bar, in der es laut Internet möglich sein sollte, auf Lady Boys zu treffen. Ein paar Drag Queens performen schon die ganze Zeit auf der Straße vor dem Eingang der Table-Dance-Bar und versuchen, die vorbeilaufenden Menschen für ein Foto mit ihnen zu animieren. Je länger ich mir das ansehe … ich muss, nachdem ich mein Getränk hier bezahlt habe, auch ein Foto mit ihnen machen. Für die Arbeitskollegin, sie hat sich das gewünscht … aber dabei nicht an abgerockte Drag Queens gedacht, eher so an hochedle Varieté- und Travestiekünstlerinnen. Über den Strand und der Brandung der Wellen den langen Weg wieder zurück zum Hotel.

Der nächste einsam im Exil lebende Russe … ich gebe meine Telefonnummer nicht raus.

[17.11.24 / 10:59] Die Full Moon Beach Party – Ich mache mich die Stunde vor Sonnenuntergang im Hotelzimmer ausgehfertig, die Dusche mit dem orientalischen Duschbad, ein Parfümstoß ebensolches, etwas schwarzer Kajal rund um die Augen – und das schwarz-weiße Sommerkleid, das muss nochmal für eine Nacht reichen.

Bei Sonnenuntergang verlasse ich wieder das Hotel, zu Fuß runter nach Patong. Eine Wechselstube finden, ich habe noch kein Ticket für die Party, ich hoffe an der Abendkasse in Cash zu bezahlen. „Wird schon so stimmen“, wieder ein paar Euroscheine weniger im Reisebudget. Das Abendessen wird günstig. Hundert Baht für Reis mit angebratenen Gemüse, extra scharfe Soße als Beilage, eines von den vielen Bistros an der Uferpromenade.

Treffpunkt für den Bus zum Paradise Beach ist die Kreuzung zwischen Bangla Road und der Polizeistation. Den Bus selbst habe ich schon vorher am Straßenrand getroffen, der Fahrer meint, ich kann problemlos beim Treffpunkt ein Ticket kaufen.

Es ist dunkel geworden, die Gruppe wartender Party People nahe dem Bangla Road Gate ist unübersehbar. Blitze zucken am Horizont über den Hügeln. Es ist tropisch schwül drückend. Wird es noch regnen?

Erst fängt es an zu tropfen, dann kommt der richtige Schauer. Die Gruppe wartet auf den Bus schon seit mindestens einer halben oder einer ganzen Stunde (genug Zeit um an einem Schalter einer Ticketbude gegenüber ein Ticket anzuzahlen). Die Gruppe an zwanzig, dreißig Menschen sucht Schutz vor dem Regen. „Do you need a Taxi? Paradise Beach? Let's share one.“ Eine Gruppe junger US-Amerikaner spricht mich an. Sie sind zu dritt und scheinen sich ebenfalls gerade erst gefunden zu haben. „Yes, why not?“ Ich folge der blonden Amerikanerin durch den strömenden Regen und den dichten Verkehr zwischen den Autos und den Mopeds am Straßenrand, das Taxi wartet hier irgendwo.

Der Regen drückt an die Scheiben des Taxis. Die Lichter der Bars und Läden des Ausgehviertels von Patong spiegeln sich darin. Ich sitze mit den beiden Frauen hinten auf der Rücksitzbank. Und wo warst du so? Die üblichen Gespräche der Globetrotter. Ich kann mit meinen Indien-Reisen punkten.

Die Fahrt dauert auch ewig durch den dichten Stop-and-Go-Verkehr. Erst als wir mein Hotel am Ortsausgang passieren, wird es etwas schneller. Die Hügel hoch Richtung der versteckten Bucht von der Party. Umsteigen in ein anderes Pick-up-Truck-Taxi der Betreiber der Party und der ganzen Strand-Location. Ich hoffe meinen Anteil an der ersteren Taxifahrt später bezahlen zu können.

Als wir am Eingang von der Strandanlage vom Pick-up-Truck heruntersteigen, regnet es immer noch, aber nicht mehr so intensiv. „Do you want to hang around with us?“ Es ist unübersehbar, ich habe einen Blick auf die kleine, blonde Amerikanerin geworfen.

Mein Party-Ticket komplett bezahlen, den Bon für einen Drink eintauschen – für mich nur eine Cola in den kleinen Plaste-Eimer – und weiter an den Ess-Ständen vorbei zu der Bühne gegenüber dem Strand … es soll noch eine Feuershow geben.

Noch sind nicht so viele Menschen da, es ist eigentlich ganz angenehm. Die Feuershow kann ich noch sehen, mit den beiden Mädels gehe ich noch mit auf die Toilette. Der Regen hat aufgehört, meine noch feuchten Haare mit dem Kamm aus meiner Handtasche vor den großen Spiegeln durchbürsten.

Wieder draußen, fängt die Party an. Und was machst du so?„Boring stuff.“ Ich kann mit meiner Computer-Programmierarbeit nicht mit ihr mithalten. Sie ist ein Schildkröten rettendes Cali-Girl mit einem Abschluss in Veterinärmedizin. Leider verliere ich die Gruppe später auf der Tanzfläche mit den Sand vor der Bühne, zwei weitere Amerikaner sind noch mit dazu gekommen. Ich gerate unsichtbar in den Hintergrund … rhythmisch in Trance gesunken zu den Beats (sofern das bei Eurodance möglich ist).

Keine Ahnung, wie spät es ist. Mein Smartphone liegt tief begraben in meiner Handtasche. Meine Brille ist auch darin, um an der Getränketheke etwas zu trinken zu bestellen, muss ich meine neue Sonnenbrille aufsetzen, sie steckt in der Seitentasche.

Ich bin allein, tanze meinen Weg durch die Menge. Es kommen immer mehr neue Leute hinzu. Es wird für mich zu voll. Ich suche den Chill-out-Bereich. Der Strand mit der Abrisskante scheint dafür ganz gut geeignet, viele Leute sitzen hier. Sie kommen von überall, ich höre es an den Sprachen. Arabisch, Hebräisch, Europa und sowieso ganz Asien. Einige von ihnen (Araber?) sind schon ganz betrunken … ich hätte ihm vielleicht nicht spontan hochhelfen sollen (um unangenehmen Körperkontakt – für ihn – zu vermeiden).

Der Vollmond steht schon ziemlich weit oben, die Gruppe finde ich nicht mehr. Ein betrunkener Russe quatscht mich an, eigentlich ist er sympathisch … aber in dem Zustand? Er kramt ein Kondom aus seiner Hosentasche und zeigt es mir. Jetzt ist wirklich der Zeitpunkt gekommen, um zu gehen. Ich entferne mich langsam von ihm Richtung Ausgang.

Draußen vor der Anlage warten die ganzen Taxis und die jungen Party-Leute auf den Transferbus zurück. Das kleine Stück den steilen Berghang hoch war wieder das Pick-up-Taxi im Einsatz. Für die Straße zurück nach Patong will ich ein richtiges Taxi nehmen … Es ist zu interessant, die örtliche „Taxi-Mafia“ dabei zu beobachten, wie sie fremde Taxis verscheuchen. Die ortsansässigen Taxibetreiber verteilen die Leute auf die Fahrzeuge. Ich teile mir wieder eines mit ein paar anderen, ich steige gleich unten am Ortseingang wieder aus. Im Taxi auf dem Beifahrersitz sitzend, sehe ich den offiziellen Shuttle-Bus auf den geschotterten Parkplatz einbiegen. So lange konnte ich jetzt auch nicht mehr warten.

Zurück am Hotel, die Brücke hoch. Im Hotelzimmer angekommen, Blick auf die Uhr – es ist kurz nach ein Uhr nachts. Zwei Buchten weiter, auf der Party, sah ich noch eine lange Schlange wartender Menschen für den Einlass. Die Strecke den Berg rauf und runter kamen mir noch zwei volle Shuttle-Busse entgegen … die Party geht noch bis zum Morgen.

Kajal abwaschen, eine Dusche nehmen. Noch ein paar Stunden Schlaf bis zum Frühstück … auf das große Buffet will ich einfach nicht verzichten.

Immerhin, ich habe mir eine Taxifahrt zusammengeschnorrt …

[16.11.24 / 16:44] Zum Frühstück habe ich den Wecker gestellt: „8:30“, ich hätte sonst viel länger geschlafen. Das Frühstück gibt es in einem großen Nachbargebäude, das auch ein Restaurant ist. Freie Sitzplatzauswahl (mit Zuweisung). Draußen mit Sonnenschirm, überdachte Terrasse mit Schatten, drinnen am Buffet mit Klimaanlage. Letztes wird von den meisten Gästen bevorzugt (Inder, Asiaten, alles Mögliche aus der arabischen Welt und ein paar Europäer). Ich wähle die überdachte Draußen-Variante.

Essen zumeist westlich, europäisch, kontinental, in großer Auswahl. Ich entdecke eine kleine Thai-Ecke, Hauptsache was mit Reis, Gemüse, warm erhitzt … und scharf (für mich).

Nach dem Frühstück, meinen Kaffee nehme ich mir in einem neuen Thermobecher mit (Zuwachs in der Familie, mit Schraubverschluss). Traditionell jeden Morgen am Strand getrunken, bin ich neugierig und gehe den Dschungelpfad vom Hotel noch ein Stück weiter. Fast schon ein botanischer Garten, ein tropisches Paradies! Und niemand ist hier. Ich kann meinen Kaffee in Ruhe trinken. Die Hotelbetreiber haben mitgedacht und bieten zum Strand hin kleine Baumhäuser an, für die intime Teezeremonie. Den Weg wieder zurück, ich muss aus der Sonne. Es ist fast schon wieder Mittag.

Im Hotelzimmer flächendeckend mit Sonnencreme eingesprüht, ich nehme mein neuen Bade-Zweiteiler, den in Schwarz und One-Shoulder, den ich an der Ostsee noch nicht im Meerwasser ausprobieren konnte. Jetzt ist der Zeitpunkt dafür. Ein paar Schritte weiter von den Pools entfernt, beginnt der „Privatstrand“ vom Hotel (eigentlich öffentlich, aber hier kommt niemand hin, nicht mal bei Ebbe über die Steine). Ich habe den ganzen, kleinen Strand (fast) ganz für mich allein (vielleicht mal ein anderes Gästepärchen). Mein schattiger Platz unter der Palme auf dem feuchten Sand.

Das Baden selbst wird etwas „besonders“. Was ich nicht wusste, wie stark die Gezeiten hier sind. Vorhin war hier noch alles Wasser. Die ersten Schritte vorsichtig in das steinige Ufer, bis zur mit Bojen gekennzeichneten Linie, es wird immer schwieriger, ein paar Schwimmzüge zu unternehmen. Zurück lasse ich mich schon im Krebsgang über die Steine gleiten.

Scharfe, spitze Steine. Es gibt eine Lösung dafür, sie heißt „Méduse“ – Plasteschuhe zum Schwimmen. Leider nicht in meiner Spezialgröße für besonders breite Füße.

Weiter chillen am Strand, den Bade-Zweiteiler am Körper von der Sonne trocknen lassen … im Schatten. Die Sonne ist streng, der durch das Meerwasser abgewaschene Sonnenschutz hält nicht lange. Den Nachmittag zurück im Hotelzimmer mache ich schon meine Fingerabdruck-Probe … eigentlich sehe ich auch so, dass die Haut rund um Schulter, Brust und Gesicht gerötet ist. Sogar eine Stunde vor Sonnenuntergang – wie gestern – dürfte ich mich nicht ungeschützt der Sonne aussetzen … naiv wie ich bin, gehe ich auch diesen Abend kurz vor Sonnenuntergang ohne Sonnenschutz aus.

[15.11.24 / 22:52] Das Zimmer wird mir doch schon kurz vor 13 Uhr zur Verfügung gestellt (ich erhalte einen Anruf und kann mich an der Lobby melden). Das Zimmer hat, wie alle Zimmer hier, einen atemberaubenden Ausblick auf die Meeresbucht. Irgendwo da hinten ist Patong Beach, da will ich den Abend noch hin.

Habe ich einen Jetlag? Dadurch, dass die Nacht schlaflos war, kann ich mich leichter eintakten. Noch während ich auf das Zimmer warte, erkunde ich die ganze Hotelanlage. Zwei Pools, zwei Restaurants, dazwischen die ganzen Gebäude mit den Gästezimmern und viel grüne Parkanlagen. Verteilt auf einen langen, fast schon privat anmutenden Strandabschnitt.

Meine Sachen räume ich die nächsten Stunden in den Schrank ein, nehme eine Dusche, mache mich bereit, wieder auszugehen. Ich ziehe das schwarz-weiße Sommerkleidchen an – und das Silberkettchen um den Fußknöchel. Irgendwo runter nach Patong, über die Flussbrücke, einen der vielen Geldtauschläden finden. Die Rezeptionistin in der Hotellobby klingt ganz zuversichtlich, nur ein paar Schritte zu Fuß (aber ich bin mir sicher – und sie ist es bestimmt auch – die anderen Hotelgäste nehmen ein Taxi, oder den Hotelshuttle). Ich will die Gegend „erlaufen“.

17 Uhr nochwas, der Verkehr ist schon ziemlich stark, Autos und Motorroller die Uferpromenade. Zeitweise weiche ich auf den breiten Strand aus. Ich will zu der Bangla Road – die berüchtigte Straße mit den ganzen Bars und Clubs. Ich will meinen Plan umsetzen und mich jeden Abend in eine Lady Boy Bar setzen. Nur gibt es diese Art Bars anscheinend gar nicht.

Eine Wechselstube finde ich alle paar Meter, einen Supermarkt nach dem anderen auf den Weg dorthin auch. In der Bangla Road laufe ich an einer Gasse mit Street-Food-Ständen vorbei, ich hatte heute noch gar nichts zu essen (die Apfeltasche im Flugzeug war kein richtiges Frühstück). Warum nicht gleich den Anfang den Magen verderben, der Stand sieht doch sehr vertrauenserweckend aus? Cook it, peel it or forget it. Nur Durchgegartes und auf keinen Fall irgendein Salat. Eine kleine Nudelpfanne für ein paar Baht.

Weiter die Bangla Road durch und wieder zurück. Zeitweise springt mein Radar an, aber ich könnte mich auch irren. Es wird dunkel, irgendwo will ich eine Bar finden und etwas trinken. Ich laufe schon wieder den ganzen Weg zurück, die Uferpromenade Richtung Hotel. Eine Bar in einer Seitenstraße gefällt mir, hier trinke ich jetzt einen Virgin Mojito. Draußen auf dem Strand wird das Lichterfest vorbereitet, ganz ähnlich, wie das Diwali in Indien.

Ich sitze auf meinem Barhocker und schlürfe gelangweilt meinen Cocktail. Um mich herum der Krach der nahen Straße, die knatternden Motorroller. Eine junge Thai-Frau animiert die vorbeigehenden, männlichen Passanten, zum Einnehmen eines Drinks an der Bar. Deswegen wollte ich solche Straßenbars suchen, ich kann hier sicher sein, in Ruhe gelassen zu werden.

Mehr als den einen Drink nehme ich nicht. Zu Fuß den langen Weg, auf meinen schwarzen Leder-Flip-Flops zum Hotel. Ehe ich da bin, bin ich schon wieder ganz durchgeschwitzt und ganz hungrig. Straßenüberquerungen dauern hier sehr lange, ich bin als westliche Fußgängerin nicht mutig genug.

In dem Hotel in dem italienischen Themenrestaurant noch Bruschetta essen. Den Blick auf der Außenterrasse auf die gegenüberliegende Seite der Bucht gerichtet – so einen von den vielen aufsteigenden Lampions habe ich letztes Jahr in Indien auch gestartet.

Programmpunkte für die nächsten Tage: beim Essen bestellen unbedingt sagen, dass ich das „Thai-Scharf“ haben will, die trauen mir das sonst nicht zu und servieren sonst eine langweilige Pampe, die wirklich überhaupt nichts mit scharfem Essen zu tun hat.

Weiterer Programmpunkt: ich muss noch weiter nördlich von der Bangla Road weg, dort soll es dann vielleicht solche Bars geben, wie ich sie suche. Und was ist eigentlich mit der Full Moon Beach Party? Die doch jetzt den Vollmond, nicht weit weg, in einer Nachbarbucht, sein sollte …

[15.11.24 / 11:29] Erschlagen von der tropischen Hitze, die Hotellobby des Amari Resorts in Patong, Phuket, Thailand. Wie erwartet, das Zimmer gibt es erst in drei Stunden den Nachmittag. Meine Kreditkarte wird schon gleich beim Check-in mit einem „Sicherheitspfand“ belastet. Ich konnte den Betrag etwas herunterhandeln … das ist eine Prepaid Karte (und da ist nicht viel drauf, das muss noch reichen).

Viele Stunden zuvor, noch Frühstück im Hotel in Frankfurt. Weiter mit der S-Bahn zum Flughafen von Frankfurt. Ein vorhergehendes Flugzeug blockiert das Gate, ich bin gefühlt anderthalb Stunden zu früh da. Kein Einkauf in den Duty-Free-Shops, mein orientalisches Parfüm gibt es da nicht mehr.

Das Flugzeug hebt den Donnerstag Nachmittag pünktlich ab, ich habe den Platz neben dem Fensterplatz … am Gang. Ich wurde gewarnt – die Touristenflieger nach Thailand sind die Schlimmsten, Deutsche schlafen nicht.

Es wird ein Nachtflug, zwölf Stunden. Die ersten drei oder vier verfolge ich die Instrumentenanzeige und schaue mir noch einen Film im Bordprogramm an („Dune“ der erste Teil). Ein ultramodernes Flugzeug, Kopfhörer gibt es hier nicht mehr – bring dir deine eigenen Noise Cancelling Ear Buds mit.

Vielleicht noch ein paar Stunden schlafen, Zeitunterschied zu Deutschland sind sechs Stunden. Mir reichen vier Stunden Schlaf – oder ich mache die Nacht durch (es wird sowieso ein Party-Urlaub mit unregelmäßigem Tag-Nacht-Rhythmus und Chillen). Ich mache es mir mit der Decke und dem beigelegten, winzigen Kopfkissen so bequem wie möglich …

Keine Chance. Alle paar Sekunden läuft irgendjemand an mir vorbei. Bildschirme flimmern ununterbrochen. Die ganze Mediathek wird durchgeguckt. Die Sitze sind brutal unbequem und das Quietschkind irgendwo ist noch das geringste Problem. LaGoths Gesetz: Egal wohin du fliegst, du kannst zu hundert Prozent sicher sein, das nächste Kleinkind sitzt genau eine Reihe vor, hinter, oder neben dir.

Landung den Morgen. Endlos langes Warten auf die Passkontrolle. Weiter danach, Koffer vom Gepäckband greifen, Transfer suchen (die hochgehaltenen Schilder), den Minibus durch die Insel, zum Hotel. Dschungelpflanzen an den Straßen – und überall ist alles bebaut. Viel zu viel Verkehr für diese kleine Insel.

[13.11.24 / 23:09] Frankfurt mal wieder. Fast dasselbe Zimmer wie letztes Jahr, nur eine Etage höher, dieselbe Aussicht auf die Skyline mit den Bürotürmen. Zum Umsteigen in das Flugzeug, eine Nacht vorher in Frankfurt in einem Hotel verbringen. Den Stress, ob ein Zug fährt, ob er verspätet ist, oder ob ich den Anschlusszug schaffe und meinen Flug rechtzeitig erreiche, tue ich mir nicht mehr an. Urlaub beginnt an dem ersten Tag.

Die zwei Tage zuvor bei mir zu Hause: einen Tag stelle ich meine Liste zusammen, was ich alles mitnehme, was ich alles anziehe. Es wird tropisch – zehn Tage, zehn Outfits. Zwei Röcke, zwei Hosen, sechs Sommerkleider, dazu zwei bis vier Tops, je schwarz und weiß. Zehn Kombinationen, davon zwei bis vier Strand- und Exkursions-Outfits. Der Rest: Tages- und Abendgarderobe … die „Abendgala“.

Den nächsten Tag – ich hatte es mir so einfach vorgestellt, einfach meine Packliste durcharbeiten und alles in den Koffer werfen. Weit gefehlt … der Riesen-Stapel passt gar nicht rein! Ich muss ja auch noch mein Strand- und mein Regenbogenhandtuch mitnehmen. Die Anzahl Schuhe reduziere ich schon, zumindest ein „Exkursions-Outfit“ ziehe ich schon die Anreise an und reduziere so den Berg an Klamotten um den Dress speziell für die Flugzeugkabine. Ein zweiter Handgepäckkoffer ist nicht die Lösung – Verzicht auch nicht – ich borge mir einen größeren Koffer bei der Familie. Endlich fertig gepackt, kann ich noch eine Nacht schlafen.

Der nächste Tag, Frühstück und gegen Mittag der Zug. Irgendwo beim Umsteigen, ein Kaffee. Alles läuft planmäßig … der eine ICE kommt sogar „vier Minuten früher an“.

17 Uhr Ankunft am Frankfurter Hauptbahnhof. Nieselregen. Outfit des Tages: die dicke und salbeigrüne DKNY Steppjacke (mit Kapuze), die schwarze Strickjacke aus Kaschmirwolle, das olivgrüne GUESS T-Shirt, die Cargohose von Desigual (in anthrazitgrau) und die Hi-Top-Sneakers – die Vans. Ich mache Urlaub von allen meinen schwarzen Gotik-Sachen.

Der Dönerimbiss unten im Hauptbahnhof ist nicht mehr da, ich muss die Seite über die Kreuzung wechseln, wo ich sonst nie hingehe …

[10.11.24 / 19:31] Neue Frisur, neuer Schnitt: Die Locken halten exakt einen Abend und eine Nacht, mit dem ersten Kontakt mit Wasser, die Dusche den nächsten Morgen, sind sie auch schon wieder verschwunden. Aber schön, mal eine kleine Typänderung auszuprobieren.

„We're not in Kansas anymore …“

[02.11.24 / 18:52] Meine Lederjacke und meine Handtasche bringe ich zu der Garderobe. Weiter an die Bar, das erste Getränk holen, eine Mate-Brause. Der Club hat sich gefüllt, es sind wesentlich mehr Menschen neu dazu gekommen, aber keiner tanzt. Alle unterhalten sich. Die wenigen Sitzplätze werden beschlagnahmt, hier und da kann ich auch mal kurz auf einem Barhocker sitzen. Ich bin allein, nur meine Glasflasche und die kleine Clutch neben mir auf dem runden Stehtisch. Mein Smartphone ist in der Tasche. Ich klappe die Clutch auf und hole es heraus.

Ich konnte es nicht lassen, ich musste ihm den späten Nachmittag im Zug noch eine Nachricht tippen. Hey, ich bin gerade auf dem Weg nach Leipzig, da ist so eine Party, wär doch schön, wenn du auch mit dazukommen würdest … wenn du Zeit und Interesse hast. So, oder so ähnlich. Er antwortet tatsächlich. Eine Nachricht mit einem Vorschlag: Bitte buche dieses Hotel, dort können wir uns dann treffen. Echt jetzt? Weder, dass meine Kreditkarte das hergibt, noch meine … meine Ansichten über mich und meinen Körper, die ich in den letzten Wochen entwickelt habe, dass ich sexuell nicht im geringsten noch irgendwie attraktiv bin, geben das her. Ich ignoriere seine Nachricht und stecke das Telefon wieder weg. Alle Nachrichten zwischen uns werden auf beiden Geräten nach 24 Stunden wieder gelöscht (auch wenn ich ihn, meinen Langzeit-Liebhaber, eigentlich vermisse).

Es tut sich was auf der Bühne, die erste Band stimmt ihre Instrumente. Die Leute von der Party und dem Festival haben zwei Bands für diesen Abend organisiert, eine Wave-Band aus Dresden und eine Deathrock-Band aus Polen. Welche da gerade anfängt zu spielen, erkenne ich erst an der Moderation: „Hey, wir sind die aus der anderen Stadt in Sachsen …“ Ich schieb mich von meinem Barhocker und gehe ein paar Schritte nach vorne, versunken in den Rauch und den Scheinwerfern, das Publikum vor der Bühne.

Die zweite Band den Abend sehe ich nach einer kurzen Pause draußen auf dem Innenhof, wieder drinnen. Sie sind wirklich jung … als ob Deathrock und Punk niemals alt werden. Die Outfits, die Musik, das Schlagzeug, die schrammeligen Gitarren, der Gesang der Sängerin – und alles wirkt trotzdem authentisch, nie langweilig. Das ist das Schöne am Gothic und Punk – es geht immer weiter, es wird nie alt! Ich bin hingerissen, leider kann ich nicht klatschen, die Glasflasche in der einen, die Clutch in der anderen Hand. Während der Minute zwischen zwei Titeln, klemme ich die Flasche unter meiner Achsel, sie rutscht an dem Glitzerkleid vorbei und knallt auf den Boden. „Glück gehabt!“ Ich freue mich tierisch, dass sie nicht zerbrochen ist. Der Typ hinter mir, dem sie auf die Füße gefallen sein muss, verzieht keine Mine, bleibt unbeeindruckt und meint nur: „Steel caps.“ Stahlkappenstiefel, die hatte ich auch mal. Spätestens bei der Zugabe, spielt die Band ein Cover von den Misfits und es bildet sich ein Pogo-Kreis vor der Bühne, alle Punks schubsen sich gegenseitig … schubs zurück (fang sie auf), wenn sie in deine Richtung fallen.

Keine Ahnung, wie spät es geworden ist, ich krame das Smartphone nicht mehr heraus, bestimmt irgendwie nach Mitternacht. Die DJs legen die Titel auf, es wird getanzt. Ein paar Titel sind auch für mich, ich tanze mittendrin – nur leider laufen mir ein paar Leute über die Füße, die Stiefel sind eng, ich habe noch extra eine dicke Ledersohle mit Fersendämpfung und Pelotte drin (so einen Hügel, um in den hohen Pfennigabsätzen nicht bis ganz nach vorne zu rutschen). Es tut weh und ich werde dauernd angerempelt. Es ist zu voll geworden auf der Tanzfläche. Ich ziehe mich zurück. Wohin? Die eine, dunkle Ecke des Clubs, die am Notausgang neben der Bühne, die schummrig dunkle Ecke, die ich mir erkämpfen muss, neben den knutschenden Pärchen und den anderen Gästen, die etwas Abstand zu der Menschenmenge brauchen. Ein extra Chill-out-Bereich wäre jetzt nett gewesen, dass, was im Sommer oder Frühjahr (Pfingsten) draußen der Innenhof ist. Gefühlt eine längere Zeit schaue ich mir von hier aus die tanzende Menge an, tanze sogar ein oder zwei Lieblingstitel von mir alleine für mich in der Ecke. Erst als das Tempo von den DJs etwas runter genommen wird und die langsamen Sachen gespielt werden, finde ich den Mut und Weg wieder zurück auf die Tanzfläche. Jetzt zu den Achtziger-Jahre, Minimal- und Wave-Klängen fängt mein Glitzerkleid erst richtig an zu glitzern (ich werde sogar darauf angesprochen).

Drei Uhr morgens, nach zwei Mate-Brausen noch eine Flasche Wasser an der Bar holen. Drei Uhr dreißig, ich gehe wieder zurück auf die Damentoilette. Meine Tasche und meine Lederjacke habe ich von der Garderobe abgeholt. Auf der Toilette packe ich alles auf den kleinen Tisch neben der Eingangstür, hier liegen sonst immer die ganzen Flyer drauf und die leeren Bier- und Limonadenflaschen. Mein Kleid streife ich vorsichtig ab, nicht meine langen, blonden Haare in den Pailletten verfangen lassen. Dass ich danach nur in meinem schwarzen Spaghettiträgertop (das Unterhemd) und meiner Yogahose in der Toilette herumstehe und nach und nach die ganzen anderen Mädels an mir vorbeiziehen, stört mich nicht, seelenruhig wickele ich das Glitzerkleid wieder in den mitgebrachten Beutel ein und verstaue es in meiner großen Handtasche. Kapuzenpullover wieder überziehen, den Rock über die Stiefel anziehen. Er ist zu weit und rutscht immer runter, ich habe von zu Hause eine Wäscheklammer mitgebracht. Die Falte links an der Hüfte verbirgt der Pullover und meine schwarze Lederjacke. Die Buttons, Nieten und Aufnäher am Revers aufgeschlagen, Punk-Girl geht noch ein letztes Mal raus zu der großen Tanzfläche.

Vier Uhr morgens den Donnerstag, den letzten Oktobertag. Es ist nebelig, schummrig düster, aber nicht allzu kalt draußen an der Straßenbahnhaltestelle unweit des Clubs. Ich bin nicht allein, viele Party-Gäste sind auch hier. Hatte ich etwas Geld für das Taxi zurück zum Hauptbahnhof mitgenommen, sehe ich an der Anzeigentafel, dass in wenigen Minuten doch schon eine Straßenbahn kommt. Ein Ticket kaufe ich mir mit ein paar Münzen am Automaten. Die Linie 9, die kurz darauf kommt, fährt an allen Clubs, die ich in Leipzig kenne, vorbei und sammelt hier und da einige Party-Gäste auf. Es muss fast überall eine Halloween-Party gegeben haben, nicht wenige sind noch kostümiert. Mein Ausstieg ist am Hauptbahnhof, ich drücke als Erste den Knopf für den Haltewunsch (vielleicht war das aber auch auf der Hinfahrt).

Kurz nach 4:30 Uhr, der hell beleuchtete Bahnhof und die gar nicht so wenigen Menschen, es könnte auch mitten am Tag sein, nur dass die Geschäfte noch nicht offen haben. Ein Automat für das Regionalticket zurück, mein Zug steht schon auf dem Gleis, in Doppeltraktion, ich laufe bis zu dem hintersten Wagon und hoffe auf einen ruhigen Sitzplatz – und eine noch saubere Toilette.

Still setzt sich der Zug um fünf Uhr in Bewegung, letztes Mal sind mir auf dem Weg zurück nach Magdeburg einige Haltestellen entgangen, werde ich dieses Mal auch wieder einschlafen können? Ich ziehe die Kapuze hoch und räkel mich auf einen der leeren Sitzplätze. Meine Beine überkreuze ich, mein Kopf rutscht zwischen Lehne und Glasfenster. Ta-tam, ta-tam. Schienen und Weichen leise unter mir, die Sprechansagen für den nächsten Halt so weit entfernt. Als ich kurz aufwache, um meine Sitzposition zu verändern, sehe ich, dass in der Reihe vor mir und der Reihe neben mir noch zwei Fahrgäste dazugekommen sind, auch Frauen, wir sind nie allein. Den Halt in Dessau bekomme ich noch mit, die weiteren nicht.

Kurz vor Magdeburg richte ich mich wieder auf, auch wenn der Zug in Magdeburg seine Endhaltestelle erreicht hat, möchte ich wach sein. Beim Aussteigen auf den Gleis sehe ich noch die Zugbegleiterin, ihre Aufgabe ist es, zu prüfen, ob auch wirklich alle ausgestiegen sind und nicht noch irgendwo jemand um sieben Uhr früh noch auf seinem Sitzplatz schläft. Die Treppe runter und am Ausgangsportal wieder hoch, oben beim Bäcker in der Wartehalle ein Frühstückscroissant bestellen, die Kapuze von meinem schwarzen Hoodie habe ich immer noch hoch gezogen, auf der Lederjacke hängen als seitlicher Schopf meinen langen, blonden Haare heraus. Bahnhofs-Punk-Girl ist wieder unterwegs. Das tiefschwarze Augen-Make-up wische ich mir mit einem Abschminktuch im nächsten Anschlusszug ab, so wie ich das den Sommer bei der anderen, jungen, blonden Frau auf dem Sitzplatz vor mir gesehen habe, die, die auch so markant ganz in Schwarz gekleidet war.

Draußen vor den Zugfenstern kommt die Sonne heraus, erst als bläulicher Schein, dann als grauer Nebel über den Feldern und ein goldenes Licht. Als ich dann gegen acht Uhr schon wieder auf dem Fußweg zurück zu dem Familienhaus und meiner Wohnung bin, ist längst der Morgen über dem Heimatkaff angebrochen. Haustür aufschließen, Treppe hoch, Stiefel vor die Wohnung, ins Bad gehen, ins Wohnzimmer gehen, Handtasche, so wie sie ist, liegenlassen, zurück ins Bad – Make-up muss ich mir nicht mehr entfernen – nur Zähne putzen, Sachen ausziehen, ins Schlafzimmer, die Fenster zumachen, die ich eben gerade wieder aufgerissen habe, Gardinen zu und ins Bett fallen. Noch fünf Stunden schlafen bis Mittag. Ich werde niemals alt. (Ende Teil 2/2)

[02.11.24 / 18:51] Die alljährliche Halloween-Party, der alljährliche Halloween-Dress – mein Glitzerkleid, es hängt nur für diesen einen Zweck auf der Kleiderstange neben dem Schrank (und den ganzen Motorradklamotten) in meinem Ankleidezimmer. Das Ticket für die Party habe ich schon länger im Internet gebucht, sie wird wieder organisiert von derselben Truppe, die auch das kleine Gothic-Festival zu Pfingsten in Leipzig am Connewitzer Kreuz organisiert. Ich kenne die Location, ich kenne die Leute, so bekannte Gesichter vom Sehen – und sie erkennen mich auch schon, wenn ich wieder an der Eingangskasse auftauche. So viele Jahre gehe ich da schon hin.

Die Party ist für den Mittwochabend kurz vor dem freien, langen Wochenende geplant, ich kann dann vier Tage lang ausschlafen, ich muss nur den Mittwoch noch früh aufstehen, zur Arbeit gehen, früh wieder in den Feierabend gehen, nach Hause fahren, eine Dusche nehmen, mich umziehen und zum Bahnhof laufen. Ich nehme den Zug – und fahre frühmorgens von Leipzig aus wieder zurück. Die Hotelkosten für meine nächste Urlaubsreise waren so exorbitant hoch – es wird ein Luxusresort in Thailand – da sind weitere Hotelübernachtungen für meine Party-Trips quer durch Deutschland nicht mehr im Budget. Ich muss sparen … zweiter Monat im Dispokredit.

Das Regionalticket ziehe ich mir den späten Nachmittag am Automaten im Zug. Wechsel-Outfit für die Nacht und die Fahrt nach Leipzig: die hohen, schwarzen Wildlederstiefel (die, die ich schon in Kalifornien am Strand anhatte), die superbequeme, schwarze Yogahose, mein kariertes Wollröckchen, mein schwarzer Kapuzenpullover mit schwarzen Unterhemd drunter, und meine schwarze Lederjacke, die Punkerkutte. Das mit Pailletten besetzte Glitzerkleid habe ich sorgfältig in mehreren Lagen Stoff eingerollt in meiner großen, schwarzen Lederhandtasche verstaut, das kombiniere ich später mit der schwarzen Clutch, die auch mit eingepackt in meiner vollgestopften Handtasche liegt. Als „Übernachtungszeugs“ habe ich nur meine Zahnbürste mit eingepackt, ich glaube nicht, dass ich irgendwo noch angesprochen werde oder dass etwas passiert. Make-up habe ich dabei, ich werde mich dann im Club auf der Toilette schminken und mein Kleid auspacken.

Der Regionalzug nach Leipzig, für den ersten Verbindungsteil hatte ich schon Bedenken, so viele junge Soldaten in Uniform, ein Lächeln in meinem Gesicht, kenne ich das doch von mir selbst noch von früher (aber ich bin in zivil von der Kaserne zurück gereist). Der zweite Verbindungsteil, früh einsteigen sichert einen Sitzplatz … langes Wochenende. Zeit vertreiben auf dem Smartphone … Solitaire.

Leipzig erreiche ich gegen 20 Uhr, um die Zeit soll auch schon der Einlass am Club sein. Im Regio-Ticket inbegriffen ist auch der Nahverkehr und die Straßenbahn. Wenige Schritte aus dem Hauptbahnhof raus steige ich schon in die Linie Richtung Süden von Leipzig. Viele junge Menschen benutzen die Straßenbahn … Party-People.

Die Absätze meiner Stiefel hauen auf das Kopfsteinpflaster, der Innenhof den dunklen Abend zum Eingang der kleinen Disco, genau wie Pfingsten. Dem Securitymann erklären, dass in meiner Tasche unter dem Beutel mit dem Kleid noch der andere Inhalt ist. Weiter hinein zur Abendkasse … die Blicke, ihr kennt mich. Oder ist es das Parfüm, das ich schon die ganze Zeit und die zwei, drei Stunden zuvor im Zug versprühe? Zwei Stöße des schweren, orientalischen Parfüms waren nicht genug den Nachmittag zuvor noch in meinem Bad, kurz nach der Dusche. Ich zeige mein Papierticket vor, ein Fingerzeig, der andere hinter mir scannt den QR-Code. Weiter hinein in den Club.

Bei der Treppe links, kurz ein Blick runter auf die Tanzfläche, laute Gothic-Musik, tanzende Lichter auf dem leeren Dancefloor, noch nicht viel los. Ich gehe auf die hell beleuchtete Damentoilette, so früh kurz nach Einlass bin ich dort ungestört, alles ist sauber und sie haben große Spiegel. Meine Tasche packe ich auf das letzte Waschbecken hinten an der Wand. Kleid auspacken, Kleid ausrollen, vorsichtig, nicht, dass sich noch ein paar von den metallisch silberfarbenen Pailletten aneinander verhaken. Meinen schwarzen Kapuzenpullover über Kreuz ausziehen, den Reißverschluss von meinem Wollröckchen lösen … zu praktisch, dass ich mich für den Rock entschieden habe, ich muss nicht noch die Stiefel ausziehen. Ich streife mein Kleid über, alles sitzt, falte meinen Pullover und das Röckchen zusammen und lege sie zurück in die große Handtasche. Von der Tanzfläche draußen höre ich einen mir vertrauten Song und summe ihn nebenbei mit: „Dead alive, Suicide drive, ’till the end of the line, yeah, yeah …“

Die Rolle mit dem Make-up auspacken. Kajal, schwarzer Mascara, der kleine Pinsel, die Bürste für die Augenbrauen. Kajal wie gewohnt gestrichelt auftragen, etwas Neues probieren, die schwarze Farbe am Unterlid mal oberhalb der Wimpern verteilen … habe ich das all die Jahre etwa falsch gemacht? Den Kajal am oberen Augenlid ziehe ich routiniert wie schon die letzten zwanzig Jahre, hier ist es egal, ob ich Fehler mache, spätestens, nachdem ich noch das Mascara aufgebürstet habe, wird die ganze schwarze Tusche mit dem Pinsel auf höchst dramatische Art und Weise verblendet. Es muss nicht perfekt aussehen, der Reiz liegt auf dem Improvisierten, dem Ich-bin-gerade-aus-einer-Gothic-Disco-gefallen. Blick mit einem Lächeln in den Spiegel, das Glitzerkleid sitzt, Make-up ist fertig, ich bin bereit für die Tanzfläche. (Ende Teil 1/2)

[01.11.24 / 23:53] Der Motor unter mir stottert, es geht nur ruckweise vorwärts. Ich weiß, dass dort hinten irgendwo eine Baustelle kommt, ich bin die Strecke ein paar Minuten zuvor schon in die Gegenrichtung gefahren. Langsam lasse ich das Motorrad im Leerlauf ausrollen und setze den Blinker rechts zum Anhalten. Der Tank ist fast leer, den Drehschalter zwischen Normal auf Reserve finde ich nur nach dem Anhalten mit gesenkten Kopf nach unten. Die Autos rauschen den Sonntag an mir auf der Bundesstraße vorbei, zum Glück gibt es diesen kleinen Baustellenbereich mit einem Stück Asphalt und einer Bucht … ein befestigter Abzweig auf einen Feldweg irgendwo im Nirgendwo.

Weiter mit den paar Litern Reserve zur nächsten Tankstelle. Ende Oktober wieder das alljährliche Saisonende, Tank leerfahren und das Motorrad mit neu aufgefüllten Tank in der Garage abstellen, dieses Mal mit Super Plus – ein Tipp aus der Werkstatt. Mein Motorrad stand den Sommer mehr, als dass es fuhr, eine Reparatur, eine Inspektion, ein halber Zündkerzenwechsel (die zwei von vier, die ich mangels Werkzeug nicht selber tauschen konnte). Auch wenn das mit der Ostseefahrt nicht geklappt hat – wenigstens gab es im September noch eine große Tour zum Abschluss mit ein paar anderen Bikern, quer durch den Harz, bis zum Kyffhäuser – hier bin ich das letzte Mal bestimmt 2009 oder 2010 entlanggefahren (ich bleibe unten, ich fahre nicht bis ganz nach oben, das überlasse ich den Jungs und spare meine Kräfte für die Fahrt zurück) … 335 Kilometer, die längste Tour, die ich jemals an einem Tag gefahren bin.

Und jetzt steht es wieder in der Garage. Aber nächstes Jahr, da …

[04.10.24 / 23:04] Er parkt sein Auto weit abseits, wir streunen durch die Nacht durch den Innenstadtkern von Magdeburg. Den Club, den er sucht, so ab drei Uhr den Morgen sind da bestimmt keine Gäste mehr. Er findet sein Auto, ich steige auf der Beifahrerseite mit ein, er kurvt mit dem eingeschalteten Navi noch etwas rum, ich denke an mein Auto, das weit abseits beim Hauptbahnhof steht, von dem wir uns immer weiter entfernen. „Scheiße, die Bullen!“ Ich weiß, er hat etwas getrunken. Jetzt nur nicht auffallen. Die engste Seitenstraße, die er (oder das Navi) finden konnte … irgendwo hier sollte der Eingang des Clubs sein? Es wird immer mehr früher Morgen und eigentlich lohnt es sich nicht mehr, noch in einen Club zu gehen. Mit Rückwärtsgang aus der engen Gasse wieder hinaus, gefühlt an jeder Kreuzung kommt uns ein Polizei-Bulli entgegen. „Die suchen bestimmt nach Drogen-Junkies am Steuer.“„Ja, schlimm hier in der Gegend.“ Lass uns woanders hin fahren.

Er nimmt die Hauptstraße raus aus Magdeburg, ich kenne da einen Parkplatz, der ist wirklich schön, mit atemberaubenden Blick auf die Lichter der Großstadt von Magdeburg. Auf einer leichten Anhöhe, kurz hinter dem Ortsausgangsschild. Er scheint ganz angetan von meinem Vorschlag zu sein. Ich weiß, wo der Parkplatz ist – und er fährt bereits genau in die richtige Richtung.

Wenig später, das Ortsausgangsschild von Magdeburg liegt schon hinter uns. „Ist es die Einfahrt?“„Nein.“„Die da? – Scheiße, Rehe!“. Vorsichtig fahren. „Die da hinten, die ist das.“ Ich hatte in der Gegend hier mal eine Arbeitsstelle. Er biegt auf den Parkplatz ein. Von Magdeburg kommend, ist das die nördliche Seite, die hübsche Seite mit der schönen Aussicht liegt aber auf der anderen Seite der Fahrbahn, nur durch einen Streifen Bäume und die Straße selbst abgetrennt. Vor uns parkt den frühen Sonntagmorgen ein LKW und wird schnell zu unserem Gesprächsthema. Wir müssen den LKW-Fahrer aufgeweckt haben, er fühlt sich unwohl, von zwei dubiosen Gestalten in einem parkenden Auto hinter ihm beobachtet. Wir könnten auch Verbrecher sein, oder Polizisten in zivil. Der LKW-Fahrer lässt schon den Motor laufen, die Fahrerkabine ist beleuchtet. Wenig später steigt er nach einer kurzen Pinkelpause wieder ein und fährt mit seinem langen Sattelschlepper vom Parkplatz, die Kurve in Richtung Magdeburg wieder hinein. Wir haben den Parkplatz jetzt für uns allein … fast.

Lass uns kurz aussteigen und auf die Rücksitzbank wechseln, ich mag seinen Kombi, er ist so geräumig. Auf der gegenüberliegenden Parkplatzseite (die mit der schönen Aussicht auf die Stadt) scheint auch ein Auto angekommen zu sein, die Lichtkegel der Scheinwerfer verschwinden hinter dem dichten Streifen an Bäumen. Mein Freund fühlt sich unwohl, wenn er beobachtet wird. Das andere Auto ist weit, wenn dort kein Licht ist, sind wir allein. Ich beginne mich auf der Rücksitzbank auszuziehen und werfe meine Sachen nach vorne, auf den umgeklappten Beifahrersitz. Auch er zieht sich aus, seine Hände streifen meine Brüste. Ich küsse ihn, greife seinen Penis. Ich klettere zu ihm auf seinen Schoß, lege meine Beine um ihn, halte mich an den Kopfstützen der Rücksitzbank fest. Vor mir der dunkelblaue Himmel der Nacht durch das große Fenster der Heckklappe. Er hat ein Kondom, vorsichtig zieht er es über und ich lasse mich langsam auf ihn fallen. Ich weiß, dass ich verdammt eng bin und sein Schwanz unglaublich groß ist – Top drei der Männer, die ich bis jetzt getroffen habe (von gefühlt zwanzig). Es muss ihm weh tun. Ich agiere vorsichtig, möchte ihn nicht verletzen. Er dirigiert mich, nimmt meinen Körper und legt ihn so, wie es am angenehmsten für ihn ist. Ich spüre ihn nun in mir … aber er geht nicht tief.

Wo bin ich? Wieso habe ich wieder Sex? Wollte ich das? Es ist so, als würde ich mich auftrennen, in eine Seite, die sich nach Sex, Liebe und geliebt werden sehnt und eine Seite, für die das alles fremd ist, sich ihrer Asexualität hingibt und alles leugnet, was gerade passiert. Er zieht das Kondom ab, ich gehe mit meinen Lippen und meinen Mund und meiner lebendigen Zunge darüber und mache ihn wahnsinnig. Ich weiß, dass ich das kann.

Das blaue Leuchten im nordöstlichen Nachthimmel über dem Parkplatz kommt auf, der frühe Sonntagmorgen kündigt sich an. Mein Freund schläft sitzend neben mir auf der Rücksitzbank ein. Er legt seinen Kopf auf meinen Schoß und ich kann mit meinen Händen über seine kurzen Haare streifen. Verdammte Scheiße, es ist so kalt in diesem Auto, ich bin immer noch nackt und ich komme nicht an meine Sachen auf dem Beifahrersitz vor mir! Die Romantik dieser Szene entgeht mir. Vielleicht bin ich gar nicht asexuell, sondern eher aromantisch? Das könnte einiges erklären. Ich beobachte weiter die Gegend um mich herum, durch die Seitenscheibe links von mir sehe ich das andere Auto davon fahren … wer da wohl drin saß? Vielleicht ein anderes Pärchen? Spätestens jetzt sind wir wirklich allein. Durch meine Versuche, meine Sachen mit ausgestreckten Arm hinter der Lehne auf dem Beifahrersitz vor mir erreichen zu können, wird er wach. „Lass mich noch ein klein wenig schlafen …“ Ich werde erlöst und kann mich kurz darauf anziehen.

Der Morgen graut jetzt wirklich auf. Das Licht der Sonne erhebt sich noch unter dem Horizont und taucht die Stadt vor uns in ein atemberaubendes Gemälde: der graue Nebel, darin die Lichter der Häuser und der Straßenlaternen, darüber der dunkle, rosane Schleier, ein heller, sonnenfarbener Streifen und darüber der schon nicht mehr so dunkle Morgenhimmel in einem satten Azurblau. Die Sonne steigt auf, die Strahlen erheben sich. „Das ist so wunderschön.“ Er startet den Motor, wendet sein Auto und fährt mit mir wieder runter in die Stadt.

Mein Auto steht immer noch in der Seitenstraße beim Hauptbahnhof. Entgegen aller Befürchtungen, wurde das schwarze Verdeck meines Roadsters nicht von ein paar dahergelaufenen Drogen-Junkies aufgeschlitzt (ich hätte ein paar Stunden zuvor fast einen von denen auf der Straße überfahren). Wir verabschieden uns mit einer Umarmung, er steigt wieder in sein Auto, ich steige in meins. Eigentlich müssten wir in dieselbe Richtung fahren, aber ich nehme als Ortskundige eine andere Route aus der Stadt hinaus. Ich verliere ihn an der ersten Kreuzung. Weit draußen, hinter der Stadt, auf den Weg zurück, sehe ich die Sonne über den Äckern und Feldern aufgehen. Sieben Uhr morgens den Sonntagmorgen. Was ich in dem Moment noch nicht weiß, den Abend fahre ich hier wieder entlang und sehe auch noch den Sonnenuntergang … noch Freunde im Park treffen den Sonntagnachmittag (und von meiner letzten Eroberung erzählen). (Ende Teil 2/2)

[04.10.24 / 23:03] Bevor die Erinnerungen verblassen, ein beginnendes Wochenende vor zwei Wochen … mein Bikerfreund hat mich schon den Freitagabend kontaktiert, er würde gerne etwas Zeit mit mir verbringen? Zu müde (nach der Arbeitswoche), lass uns das auf den Sonnabend verschieben – und außerdem bin ich darauf gar nicht vorbereitet, meine Beine und mein gesamter Körper sind nicht rasiert und ich glaube, der Akku des Rasierapparates ist auch nicht aufgeladen. Über Nacht den Rasierapparat an die Steckdose im Bad … es könnte vielleicht etwas werden den nächsten Tag.

Sonnabend, er hat sich noch nicht gemeldet, der Rasierapparat lädt … hatte ihn doch erst den Morgen an die Steckdose gesteckt. Später Nachmittag eine Nachricht von ihm … er will mich den Abend abholen. Ich brauche noch einige Stunden an Vorbereitung, muss mich noch durch das Dickicht der Schamhaare kämpfen, meine Beine vorrasieren, fein nachrasieren, den Abend eine Dusche nehmen, Klamotten zurecht legen – nur T-Shirt, Lederjacke und Jeans, vielleicht noch etwas essen, Make-up auftragen, nur etwas schwarzer Kajal.

Kurz nach 21 Uhr, ich bin fertig und stehe schon angezogen in meinem Hausflur, jetzt schreibe ich ihm eine Nachricht, er kann mich abholen kommen. Das letzte Mal, noch weit vor meinem Ostseeurlaub, stand ich auch dann auf der Straße vor meinem Haus und er kam vorbei. Wird es dieses Mal wieder so laufen? Ich warte … eine Antwort von ihm: er rechnet damit, dass ich noch etwas länger brauche und schlägt als Zeit um 23 Uhr vor? Das sind ja noch weitere zwei Stunden. Die Bar, die ich für diesen Abend in Magdeburg ausgewählt habe, macht doch schon um ein Uhr nach Mitternacht wieder zu? Ich werde ungeduldig, ich bin schon längst in meinem Ablauf. Ich frage nach, ob er das mit „23 Uhr“ wirklich ernst meint. Keine Antwort auf meinem Smartphone, ich greife meine Jacke. Ich blicke weiter auf das Display, kommst du mich jetzt abholen, oder nicht? Ich ziehe schon meine schwarzen Stiefeletten an, greife meine Autoschlüssel, schließe die Wohnung ab und gehe hinunter zu der Garage. Blick auf das Smartphone, keine Nachricht.

Unten im Auto, ich warte weiter. Ich kann jederzeit noch aussteigen und mich von ihm abholen lassen. Jetzt kommt eine Nachricht von ihm, er hätte mich gerne abgeholt, aber es könnte noch dauern? Zu viel für mich, ich kann nicht mehr warten. Mein Auto, meine Musik, meine Freiheit – ich starte den Motor und fahre selber nach Magdeburg.

Durch den dunklen Abend, die Landstraße in Richtung der Lichter der Großstadt hinein. Ich weiß noch seine Fahrweise das letzte Mal, ich fühle mich in meinem Auto wesentlich sicherer. Ich parke mein Auto gegen 22 Uhr in der Seitenstraße beim Magdeburger Hauptbahnhof. Die Bar, zu der ich will, liegt nicht weit entfernt, hier gehe ich immer etwas trinken, wenn ich auf den Anschlusszug in mein Heimatkaff, zurück von Leipzig, warte. Die Bar ist nicht sehr voll, im Außenbereich auf der Terrasse sind noch ein oder zwei Tische frei. Es ist kühl geworden, meine schwarze Lederjacke lasse ich an. Der Barkeeper kommt vorbei, ich bestelle einen Ipanema – hat er meine Bestellung wirklich aufgenommen? Einer weiteren Tresenkraft erzähle ich noch einmal meinen Getränkewunsch, es dauert seine Zeit, bis mir mein alkoholfreier Cocktail draußen an den Tisch gebracht wird. Ich beobachte die vorbeifahrenden Autos auf der angrenzenden Hauptmagistrale vor meinem Blickfeld und stochere mit dem Strohhalm dabei in meinem Glas zwischen den ganzen Eiswürfeln, dem Rohrzuckersirup, dem Ginger Ale und Maracujasaft, den Minzblättern und der getrockneten Limettenscheibe. Meine Gedanken schweifen ab …

So lange war ich gar nicht länger aus, Ende August oder Anfang September, da war doch noch die eine Gothic-Party hier in Magdeburg, drüben in der alten Festungsanlage. Ich habe mein altes, schwarzes Kleid aus dem Schrank gekramt, das, das ich vor vielen, vielen Jahren in Los Angeles gekauft habe … es passt mir immer noch. Bevor ich meine Sachen in meinem Kleiderschrank aussortiere, ziehe ich einige liebgewordene Dinge wieder an, um sie die nächsten Jahre wieder zurückzuhängen, ich könnte sie ja mal wieder irgendwann anziehen … kommt ganz bestimmt vor. Die Tanzflächen in dem Club, sie sind aufgeteilt in eine Haupttanzfläche vor dem DJ und eine Nebentanzfläche, nur durch die großen Gewölbesäulen getrennt, aber mit einer eigenen Beschallungsanlage. Ich habe die kleine Nebentanzfläche die meiste Zeit ganz für mich allein, so viele schwarzgekleidete Gäste sind nicht gekommen. Songs werden gespielt, quer durch, ein paar EBM-Sachen, ein paar Ethereal-Sachen, viel Achtziger-Jahre-Kram. Bei dem angespielten Stück von Dead Can Dance improvisiere ich: etwas Barock, etwas Renaissance, ich bleibe stehen, hüpfe, drehe mich im Kreis, tanze, mein schwarzes Kleid wirbelt um mich herum. Ich bleibe für mich alleine, niemand auf Gothic-Parties spricht mich an. Ich habe das immer noch nicht verkraftet, die Abweisung von dem einen Typen, den ich in dem Hotelzimmer getroffen habe. Ich kann mir nicht vorstellen, noch mit Männern auszugehen.

Ein Auto fährt vorbei, wie das, das er fährt. Ich sitze in der äußersten Ecke auf der Terrasse der Bar mit Blick auf den Gehweg vor mir die Treppe runter. Ein Mann läuft da vorbei, könnte er es sein? Mein Telefon ist abgeschaltet. Wenig später, er überrascht mich von hinten. „Da sitzt du also!“ Puh … ich bin doch nicht allein. Er setzt sich zu mir an den Tisch, wir haben uns schon seit ein oder zwei Monaten nicht mehr gesehen, ich bin ihm immer ausgewichen, habe seine Nachrichten und Kontaktwünsche immer „boykottiert“. Er freut sich, mich wiederzusehen (und ich mich eigentlich auch). „Was trinkst du da?“„Ipanema. Aus der Auswahl alkoholfreier Cocktails in der Menükarte.“ Er bestellt sich einen mit Alkohol.

Wir unterhalten uns, die Bar, wie ich sie gefunden habe, wo ich parke, wo er sein Auto parkt, die anderen Gäste um uns herum … ausländische Sprachen, die ich nicht verstehe. Mein Strohhalm hat sich durch das ganze Herumstochern in dem Eiswasser schon längst aufgelöst, er bestellt einen weiteren Cocktail und eine Cola für mich mit.

Ein oder zwei Stunden vergehen – es müssen ein oder zwei Stunden sein, er war erst kurz vor Mitternacht angekommen. Die Bar scheint länger offen zu sein, als die von mir beabsichtigten ein Uhr. Wollte ich nicht schon längst wieder zu Hause sein? Wäre ich alleine hier, wäre ich schon längst wieder gegangen. Er schlägt vor, noch einen Club zu suchen und ausgehen und tanzen zu können. Klar, warum nicht? So wichtig ist mir das jetzt doch nicht mehr, früh wieder zurück zu sein und die Nacht ausschlafen zu können. Er sucht noch die Toiletten in der Bar, ich wenig später auch, um mich etwas „aufzubereiten“. Die Rechnung geht an die Bar im Inneren am Tresen … stimmt das überhaupt mit den Getränken? Hatten wir nicht mehr bestellt? „Komm jetzt, lass uns abhauen! Stell keine Fragen.“ Ich bin es nicht gewohnt, mit solchen Bad Boys auszugehen. (Ende Teil 1/2)

[03.09.24 / 21:50] Nur drei oder vier Tage später, ich date schon wieder den Nächsten. Dieselbe Eisdiele, ein Spaziergang durch die historische Altstadt von Magdeburg (was von ihr stehengeblieben ist, hinterm Dom) und ein Abendessen beim Spanier. Ich bin ihm zu alt … und zu studiert.

[28.08.24 / 00:26] Auf der zweispurigen Schnellstraße das Ortsausgangsschild von Magdeburg passierend, nur wenige Minuten später den Blinker setzend auf die nächste Ausfahrt Richtung Gewerbegebiet und dem ersten Ort außerhalb. Vom Kreisverkehr nach der Ausfahrt ist das Hotelgebäude schon schnell zu erkennen. Wenige Augenblicke später biege ich auf den Parkplatz ein. Mein Liebhaber und ich, wir nehmen unser Zeugs aus dem Auto und gehen zum Hoteleingang und der Lobby. Der ältere Mann hat noch ein Zimmer frei, die Frau neben ihm tippt am Computer und zeigt auf den Zimmerpreis: 115 Euro. Für zwei Personen. Ich frage nach, wie lange die zweite Person da sein müsste, damit es nur für eine Person gilt und es für ihn etwas günstiger sein könnte – die zweite Person, also ich, müsste sofort wieder verschwinden. Er stimmt dem Preis zu, wir nehmen das Zimmer für zwei, das letzte freie Zimmer. Ohne Frühstück, nur eine Nacht, für ihn. Er bezahlt mit seiner Kreditkarte, ich führe die Gesprächsverhandlungen und den Schriftkram mit der Anmeldung. Wir bekommen die Schlüssel für das Zimmer über den Fahrstuhl in der obersten Etage.

Den langen Gang ablaufen, die Zimmernummer finden. Das Zimmer ist wirklich am hintersten Ende. Ich schließe auf, die dunklen Gardinen nur einen Spalt geöffnet, ein großes, weißes Bett, ein Badezimmer! Er macht es sich bequem und öffnet die Gardinen etwas, ich schließe die Tür und freue mich schon auf eine Dusche.

Meine Sachen packe ich auf den kleinen Drehsessel vor dem Schreibtisch, er entdeckt den Fernseher darüber. Ich verschwinde in der Dusche, komme eingehüllt in einem weißen Handtuch und durchgekämmten Haaren wieder raus. Er liegt auf dem Bett und winkt mich zu sich herüber. Noch nicht, ich muss noch wieder zurück ins Bad, Zähne putzen.

Wieder auf dem Bett, das weiße Handtuch rutscht runter und gibt den Blick auf meine kleinen Brüste frei. Er liegt auf seinen Rücken, angelehnt auf das Kopfkissen, ich spiele mit meinen Händen in seinem Brusthaar. Er drückt mit seinen Fingern in meine Nippel, ich muss kichern. Innerer Reflex.

Das Badhandtuch rutscht weiter runter, ich bin nackt und werfe es beiseite, er ist weiterhin in Unterwäsche bekleidet und spielt mit seinen Fingern in meiner Vulva, meine Schamlippen spreizen sich, ich bin ihm nah und beobachte sein Gesicht. Seine Augen, er verdreht sie … ertastet er etwas in mir, dass ihn stutzig macht? Ich weiß, ich habe keine richtige Vagina, bei mir ist da nach ein paar wenigen Zentimetern Schluss. Er bricht es ab. Irgendetwas stimmt da nicht für ihn. Was bist du? Das ist der kritische Moment, vor dem ich mich immer fürchte.

Ich rutsche von ihm weg, er richtet sich auf. Erklär mir das! Seine Blicke brauchen kein Übersetzungsprogramm. „Ich bin eine trans Frau. Ich bin operiert.“ Was dann davon in arabischen Schriftzeichen für ihn ankommt, ich weiß es nicht. Für ihn ist das neu, er kennt das nicht. Ach du Scheiße! Ich hätte mit dir fast Sex gehabt! Zumindest in seiner Phantasie. Du bist nicht der Erste, ich weiß, das Analsex haram ist. „Du bist ein Mann?“ Der Text auf dem Smartphone, das er vor mir hält, prangert mich an. Ach, komm schon! Du hast mich auf dem CSD in Leipzig kennengelernt, in einer Gay-Bar. Du bist mit mir auf dem CSD in Magdeburg gewesen. Ich habe mehr, als eine Andeutung in diese Richtung gegeben. Du kannst mir jetzt nicht erklären, dass du das nicht gesehen hast! Er wirft mir die weiße Bettdecke zu, ich rutsche bis zum Rande der Bettkante und hülle mich, von Kopf bis Fuß, in das weiße Laken ein. Ich will nicht mehr, dass er mich nackt sieht.

Er schaltet im Fernsehprogramm umher, ich liege am Rand des Bettes, schaue ihn nicht mehr an, schaue zum Fernseher. Er dreht mir den Rücken zu, um ins Bad zu gehen, ich lasse mich mit meinem Bein weiter rücklings von der Bettkante fallen, bis ich nach unten hin komplett aus seinem Sichtbereich verschwunden bin. Er steht auf, ich nutze die Gelegenheit und springe zu dem kleinen Drehsessel, meine schwarze Unterhose greifen. Mit jedem Kleidungsstück, das ich mir anziehe, kommt auch mein Selbstbewusstsein zurück. „Ich bleibe hier nicht über Nacht.“ Ich will gehen, ich kenne diese Situation – so viele Männer – das wird nichts mehr. Das macht keinen Sinn, hier noch weiter zu bleiben.

Auch für ihn ergibt das jetzt keinen Sinn mehr, das Zimmer weiter zu benutzen. Er will wieder mit dem nächsten Zug zurück nach Leipzig fahren. Erzähle mir wenigstens noch, aus welchem Teil der arabischen Welt du kommst? „Kairo, Ägypten.“ Ägypten … das wäre es gewesen! Genau dieses Land fehlt mir noch auf meiner imaginären Weltkarte mit den verflossenen Liebhabern. Ich führe eine Schneise der Verwüstung, vom Senegal, über Marokko, Algerien, (Libyen noch nicht) Tunesien, Ägypten, Israel, dem Libanon, über Syrien und Kurdisch-Irak bis nach Pakistan, Afghanistan und Indien. Der Iran fehlt noch. Und die Türkei.

Ich hätte auch anders reagieren können, hätte ihm sagen können: Verpiss dich und sieh zu, wie du wieder nach Hause, oder zum Bahnhof kommst, wäre einfach abgehauen. Ich bin so nett und fahre ihn auch wieder die paar Kilometer nach Magdeburg rein, zum Hauptbahnhof. In meinem roten Roadster, mit offenen Verdeck, es ist Abend geworden. Den Zimmerschlüssel geben wir wieder unten an der Rezeption ab. „Er hat es sich anders überlegt, er wollte doch nicht hier übernachten.“ Ein teures Zimmer für vielleicht nur zwei Stunden. Am Bahnhof lasse ich ihn raus, kein Abschiedskuss mehr für mich. Ihm tut es leid.

Ich drehe mich weg. Mit meinem Auto wieder zurück in mein Zuhause. Wenn ich um 21 Uhr da bin, habe ich immer noch eine Stunde bis 22 Uhr, eine Stunde, um mich noch ein weiteres Mal zu duschen – jetzt mit meinem Spezial-Parfüm-Duschbad – mich umzuziehen, von meiner Tunika in das kurze, schwarz-weiße Sommerkleidchen, Make-up vor dem Spiegel und dicker Kajal und danach dieselbe Strecke wieder zurück zu fahren, nach Magdeburg rein zu dem Club hinter dem Hauptbahnhof für die offizielle After-Show-Party für den CSD. Meine schwarze Bikerjacke nehme ich noch mit. Meine Flip-Flops für später, sind immer noch im Auto. Die Sneaker wechsele ich zum Fahren in die Keilsandaletten.

Den Club in der alten Festungsanlage erreiche ich gegen halb elf Uhr den Sonnabend Abend. Ich hatte den Einlass für später erwartet, es ist bereits offen und es ist noch eine kleine Lücke auf dem kleinen Parkplatz davor frei. Ich steige aus, wechsele in meine Flip-Flops aus dem Kofferraum und stakse über das Geröllfeld zum Eingang und der Abendkasse. Es ist noch nicht voll, die weiteren Gäste kommen erst später.

Die zwei Tanzflächen im Innenraum sind noch nicht geöffnet, ich bestelle eine Mate-Brause an der Bar an der Tanzfläche draußen. Ich muss immer noch das Geschehene ein paar Stunden zuvor verarbeiten. Werde ich das verkraften? Ich habe das Gefühl, die letzten fünf Jahre, seit 2019, waren nur Nieten dabei. Frauen spreche ich nicht an, da gab es nur die Eine – und die hat so schon für sich alleine in mir ein schweres Trauma hinterlassen. Ich war von 2004 bis 2014 strikt asexuell … zu meinem eigenen Schutz. Wird sich das jetzt wiederholen? Werde ich mich immer weiter davon entfernen, dürfen mich Männer jetzt auch nicht mehr anfassen? Das dort unten ist tabu! Hier war ich schon, als ich noch nicht operiert war. Sollte wenigstens ich mir selbst die Möglichkeit geben, mich dort unten anzufassen? Ich bin mir da auch nicht mehr so sicher … Ich fummele mein silbernes Fußkettchen um den Knöchel.

Der Club rund um die Außentanzfläche, läuft etwas aus den Achtzigern, bin ich auf dem Holzparkett und tanze etwas. Rundherum, auf der Empore, sind ein paar Liegestühle aufgestellt. Interessant, die beiden Liegestühle rechts und links neben mir, bleiben immer frei – oder werden es.

Später die Nacht, eine zweite, dritte Mate-Brause. Mehr Gäste. Die beiden inneren Tanzflächen in dem Gewölbe – während draußen ABBA und Schlager gespielt wird, läuft drinnen dieselbe Musik, nur schneller abgespielt auf Speed? Letztes Jahr gab es hier wenigstens bessere Musik, so eine DJane mit Techno und Break-Beats, in denen ich mich hypnotisch versinken lassen konnte. Dieses Jahr beobachte ich nur die Gäste draußen, Drag-Queens, ein paar offensichtlich Schwule, ein paar Lesben bis zum Butch-Stadium – und sogar ein paar wenige, schamlose Cis-Hetero-Pärchen. Ich wüsste nicht, wo ich noch hin sollte, das ist hier noch mit die beste Option.

Es beginnt, leicht zu regnen, in meiner Wohnung sind die ganzen Fenster offen, damit es kühl durchlüftet. Der DJ auf der Außentanzfläche kündigt seine letzten drei oder vier Titel an bis drei Uhr und dann ist hier Schluss! Ich mache mich bereit, dann zu gehen. Der letzte Titel wird gespielt, der Regen lässt leicht nach, ich sprinte von unter dem Dach der Außenbar zum Ausgang zu meinem Auto auf dem Parkplatz, die Funkfernbedienung griffbereit in meiner Hand. Schuhe wechseln, Flip-Flops wieder in den Kofferraum. Drei Uhr, und ich muss noch warten, ein Minibus blockiert die Ausfahrt, ein paar Drag-Queens müssen noch hinein tippeln. Ich hab' Zeit.

Präzise um 3:22 Uhr öffne ich das Garagentor und fahre mein Auto in das Trockene. Der leichte Regen hat keine Spuren oben in der Wohnung unter den offenen Fenstern hinterlassen. Im Rotlicht meine Handtasche auf der Couch auskippen, über den langen Flur in das Badezimmer verschwinden. Kajal wegwischen, Hände und Gesicht waschen, Mückenschutz auftragen. Das notorische Summen erinnert mich an die Situation in dem Hotel an der Ostsee ein paar Wochen zuvor, auch dort habe ich den Kampf gegen die Mücken und das offene Fenster aufgegeben.

Vier Uhr den Sonntag Morgen, mich in mein Bett fallen lassen. Gedanken den Morgen danach zum Aufwachen: Mich wird nie wieder irgendjemand dort unten anfassen, das lasse ich nicht mehr zu … Auf keinen Fall! (Ende Teil 2/2)

[28.08.24 / 00:25] Der CSD in Magdeburg, mal wieder. Nach dem CSD in Leipzig letztes Wochenende, ist hier auch in Magdeburg eine Gegendemo von Rechts angekündigt – ich erwarte genauso viele, mutige Menschen hier, die für die queere Bewegung einstehen und den Faschos zahlenmäßig weit überlegen sind. Es werden bestimmt Tausende kommen.

Die Nacht davor wird schlaflos. Liegt es an dem Essen, den Abend zuvor, oder an den schwül-warmen Temperaturen (offenes Fenster, Oropax und Mückenschutz), oder an der Ankündigung meiner neuen Eroberung (oder ich die seine), mich in Magdeburg begleiten zu wollen. Die Tage zuvor – er bombardiert mich mit Nachrichten und Liebesschwüren. Das vergangene Wochenende bin ich den Morgen vor ihm geflüchtet, mir wurde das zu viel … und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob er weiß, was ich bin … Gegen fünf Uhr morgens den Sonnabend schaffe ich es doch, noch drei Stunden bis zum Frühstück – und Beine rasieren und Körper vorbereiten, etwas zu schlafen.

Ich nehme das Auto, das mit der Kundgebung und den Regionalzug nach Magdeburg um elf Uhr, schaffe ich so nicht mehr. Meine neue Regenbogenfahne lasse ich zu Hause, sie hängt groß an der Küchentür. Outfit für die Demo an diesem heißen Tag: meine indisch-orientalische, dunkle Tunika. Mit anthrazit-grauer Skinny-Jeans … sah zu komisch aus, nur mit nackten Beinen. Schuhe: die bequemen Hi-Top-Sneakers. Meine Flip-Flops nehme ich mit, die möchte ich unbedingt später tragen, zusammen mit dem neuen, silbernen Fußkettchen. Schmuck für den Tag: Ringe, Armreif, Silberkette mit Ganesha und meinen schweren, antik-silbernen, marokkanischen Armreif.

Das Auto parke ich in dem Parkhaus unter der Shopping-Mall im Herzen von Magdeburg. Meinen Strohhut und meine große, schwarze Sonnenbrille habe ich noch dabei, als ich das Einkaufszentrum nach oben hin, in Richtung des alten Marktes von Magdeburg verlasse. Vollkommen anderes Bild, wo sind die Zwanzig- bis Dreißig- und Vierzigjährigen? Schon wieder nur Jugendliche … und davon noch nicht mal viele? Von den achttausend erwarteten Teilnehmern ist die Zahl weit entfernt. Polizeikolonnen rauschen vorbei … einige, nicht wenige, haben sich einschüchtern lassen? Wahrscheinlich ist es den Tag einfach nur viel zu heiß.

Eine große Flasche Wasser mit dabei, im Schatten des Rathauses creme ich mich mit dem Sonnenschutz ein. Das Smartphone aus meiner Tasche ziehen, vielleicht hat sich jemand von meinen Kontakten angekündigt. Er ist es, mein neuer Liebhaber vom letzten Wochenende. Ich hatte ihm um 4:30 Uhr morgens geschrieben, dass ich nicht einschlafen konnte und sehr wahrscheinlich nicht nach Magdeburg fahre. Es hat ihn nicht abgeschreckt, er ist trotzdem aus Leipzig gekommen und sucht mich jetzt hier.

Ich gebe jedem eine Chance? Ich freue mich, dieses Mal nicht den CSD alleine abzulatschen. Wenig später treffen wir uns auf dem alten Marktplatz, inmitten der vielen bunten Menschen mit den bunten Fahnen. Er freut sich auch, dass ich es geschafft habe. Lass uns einen schattigen Platz suchen, bevor die Demo losgeht.

Die Trucks setzen sich in Bewegung. Laute Musik. Wir lassen ein paar von denen vorbeiziehen, hören uns die Musik an, was gefällt, was von den DJs auf den Trucks gespielt wird. So viele Demo-Fahrzeuge sind es nicht, die knapp dreitausend, vorwiegend jungen Menschen, reihen sich ein. Wir sind irgendwo im hinteren Feld und ziehen mit.

Der CSD führt in Richtung Domplatz und Landtagsgebäude. Er ist vorbereitet, Schirmmütze, Wasserflaschen, Essensproviant und bietet mir immer wieder etwas an. Nach wie vor kommunizieren wir immer noch nur über Handgesten und dem Übersetzungsprogramm auf seinem Smartphone. Am Domplatz mit dem Zwischenstopp der Demo, suchen wir uns ein Café – die dritte Tasse Kaffee für mich diesen Morgen, ich muss mich wachhalten.

Er ist weiterhin an mir interessiert, nimmt meine Hand und küsst sie. Ich muss mich damenhaft immer verlegen wegdrehen. Die Demo geht weiter, er zahlt die zwei Tassen Cappuccino und wir reihen uns wieder ein.

Der CSD führt jetzt nah an der Elbe vorbei, Sightseeing-Tour. Wieder oben in der Stadt kürzen wir – wie viele andere Teilnehmer – über eine Seitenstraße ab und befinden uns jetzt im vorderen Teil der Demo mit dem lauten CSD-Truck der Veranstalter. Die Demo stoppt, es geht nicht weiter, von irgendwo erschallen Rufe: Nazis raus! Die Polizeieskorte dicht neben uns bezieht Stellung und reiht sich auf. Kommando Handschuhe. Der Helm wird übergezogen, die Handschuhe übergestreift. Ich mache meiner Begleitung mit einer Geste, meine beiden Fäuste prallen aufeinander, darauf aufmerksam und gebe ihm zu verstehen, dass es hier gleich Action geben wird. Ein paar besonders mutige Demoteilnehmer strömen in die Seitengasse, die Polizisten voreilend hinterher, um die beiden Lager zu trennen. Die Faschos sehe ich nicht. Verunsicherte, zurückbleibende CSD-Demoteilnehmer? Das Bild, wie ich ihm zugewandt, als verängstigte Frau in seinen Armen liege, ist ein ikonisches Filmmotiv. Der vordere Demo-Truck fährt die Musikanlage wieder hoch und der CSD startet wieder, die letzten paar hundert Meter wieder zurück von der Gegend rund um den Magdeburger Hauptbahnhof hin zu dem alten Markt und Stadtkern.

Das Ende der Demo erreichen wir nicht, wir gehen beide ein Eis essen. Zielgerichtet leite ich ihn zu dem italienischen Eiscafé, in dem ich nach meinen Shopping-Touren immer ein Eis esse. Stracciatella in der Waffel für mich, eine Kugel Vanille für ihn. Während wir im Schatten eines Schirms das Eis schlecken, laufen ein paar Polizisten in Krawall-Montur an uns vorbei … die Rechten, die sie verfolgen, oder absichernd begleiten, entpuppen sich als … marodierende Jugendbanden. Ein Haufen halbstarker, pubertärer Jungs auf einem Event-Trip, mal was erleben, mal rebellisch sein, mal den anderen, nicht weniger jüngeren „Schwuchteln“ Angst machen. Wo sind die militanten Neo-Nazis von früher abgeblieben?

Die Demo ist für uns beide beendet, er möchte gerne ein Hotelzimmer für uns buchen … lasse ich mich darauf ein? Er hat mich bereits so weit. Nur glaube ich nicht, dass es hier in Magdeburg genug Hotels gibt und dass diese überhaupt ein Zimmer frei haben. Seine Vorschläge auf der Suche auf seinem Smartphone, sind entweder weit außerhalb oder richtige, „spartanisch“ eingerichtete Monteursbuden. Ich kenne hier im Zentrum zwei Hotels, aber die sind bestimmt weit über seiner Preisklasse. Lass uns zu dem Hotel gehen, das hier gleich um die Ecke ist … wir können ja mal fragen.

Das stadtbekannte, Vier-Sterne-Hotel – ich betrete zum ersten Mal die Lobby und mein Blick schweift nach oben in diesem bestimmt zehnstöckigen Glaspalast. Die Damen an der Rezeption tippen ein paar Daten in ihren Computer ein. „Tut mir leid, wir sind ausgebucht.“ Die zwei Gestalten vor ihr, die eine, offensichtlich transsexuelle Prostituierte und ihr arabischer Klient, wirken auch nicht so, wie das betuchte Klientel, das hier sonst verkehrt. Beim zweiten Versuch, in einem anderen Hotel gleich um die Ecke am Hauptbahnhof, stecke ich wenigstens noch das Regenbogenbändchen von meiner Lederhandtasche weg und drehe meinen schwarzen Tragebeutel mit dem Punkermotiv um. Auch hier ist kein Zimmer mehr frei. Was nun? Er sucht auf seinem Smartphone ein Hotel außerhalb von Magdeburg, ich habe noch mein Auto in dem Parkhaus stehen. Das eine Hotel, das er findet – das kenne ich. Nicht von innen, aber ich weiß, wo das ist. Das eine Hotel in dem nächsten Ort, nicht unweit des Gewerbegebietes mit den Firmen und Fabrikanlagen – da arbeite ich (und fahre immer an dem Hotel vorbei). Er hat immer noch keine Ahnung, was ich bin, was ich beruflich mache, wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Für ihn bin ich nach wie vor … eine Prostituierte? Zumindest ein leichtes Mädchen.

Wir essen noch etwas in dem arabischen Bistro in der Fußgängerzone, er hat mich gefragt, ob ich ein arabisches Restaurant kenne, ich weiß, wo eines ist, ich habe hier in der Gegend um die Universität mal drei Monate gewohnt. Das Bistro gibt es immer noch, aber es hat sich ganz schön verkleinert. Er füttert mich den späten Nachmittag an dem einen Tisch im Außenbereich, was arabische Männer so machen mit ihren Frauen. Irgendwann muss ich das ablehnen, ich habe noch meinen eigenen Teller mit Manakish und Falafel. Der Mann am Verkaufstresen / Dönerstand kennt auch ein Hotel, aber das ist dasselbe, in dem wir schon zuerst waren. Wieder zurück zu dem Einkaufscenter und dem Parkhaus darunter. In dem Einkaufscenter kaufe ich in einer Drogerie noch schnell eine Zahnbürste und eine kleine Reisepackung Zahnpasta für mich. Es könnte sein, dass ich die Nacht noch in einem Hotel verbringe. Ich hoffe auf eine Dusche – der Sommertag ist einfach zu heiß. (Ende Teil 1/2)

[20.08.24 / 21:47] Ich bin ihm aufgefallen? Er spricht nur Arabisch, steht vor dem Außenbereich … weiß er, was für eine Bar das hier ist? Er lädt mich zu einer weiteren Cola ein, ein Tisch ist gerade erst frei geworden (mein Tisch), wir setzen uns. Er erzählt etwas von sich, was er macht, „Import-Export“, ich versuche an seinem Akzent zu erkennen, aus welchem Bereich in der arabischen Welt er kommt, ich schätze auf Irak – aber ich könnte mich auch vollkommen irren. Die Unterhaltung erfolgt über sein Smartphone: ich spreche etwas hinein, es übersetzt ins Arabische, er spricht etwas hinein, ich lese den deutschen Text. Ab und zu kann ich selber meinen Text lesen und winke furchtbar mit den Händen, das habe ich so nicht gesagt! Es geht trotzdem irgendwie, ich gefalle ihm … und ich erhoffe mir schon wieder eine Übernachtungsmöglichkeit. Ich erzähle ihm, dass ich ab Mitternacht noch in einen anderen Club will.

Gegen ein Uhr, wir holen mein Auto in dem Parkhaus ab, es hat ewig gedauert, den Nachteingang zu finden – der ist neben den Gleisen, angrenzend auf dem obersten Deck, wo die Autos schon unter der Bahnhofskuppel stehen. Mit dem Fahrstuhl ein Stück tiefer, mein Parkticket einlösen. Wenig später im Auto, die Schranke öffnet sich und wir sind raus. Durch die Nacht durch Leipzig, ich wähle im Radio von meinem USB-Stick die orientalische Musik, ihm gefällt es.

Mit dem Navi zum Club in Plagwitz, ich kenne den Club, ich war hier schon so oft … Unmengen Menschen stehen vor dem Einlass? Mindestens hundert? Ich parke mein Auto, wir laufen zu Fuß an das Ende der Schlange. Ich weiß, dass der Club (mit der FLINTA-Party heute) zwei Tanzflächen hat, eine im Keller und eine in dem anderen Gebäude quer über den Innenhof … und wenn die Menschenschlange schon länger als das Haus ist? Ihr passt hier alle gar nicht rein! Vielleicht ist schon Einlassstopp, vielleicht ist die junge Frau vorne am Einlass auch schon vollkommen überlastet – es tut sich in der Schlange nichts, kein Stück, keinen Meter, ich bin nicht die Einzige, die sich schon einen Plan B zurecht legt, und sich ein Zeitlimit setzt, wie lange sie hier noch warten will. Meine Deadline ist zwei Uhr – spätestens da wollte ich, nach einer durchtanzten Nacht, schon wieder im Auto sitzen und zurückfahren. Meine neue Bekanntschaft und ich, wir schauen uns schon ratlos an, was jetzt, wohin noch? Der andere Club unweit, ist zwar viel größer, hat aber wahrscheinlich keine Abendkasse, nur Tickets im Vorverkauf – was auch der Grund sein könnte, warum hier so eine große Schlange ist. Abbruch. Wir verlassen die Schlange und gehen wieder zurück zu meinem Auto. Zurück zum Bahnhof, zurück in die Leipziger Innenstadt, er kennt da noch ein paar Clubs.

Mein Navi lotst mich wieder in das Zentrum, mein Geheimtipp, mit den kostenlosen Parkplätzen in einer Seitenstraße neben der Polizeiwache, ist gar nicht so geheim, alles belegt. Ich parke mein Auto in dem einzig nachts offenen Parkhaus unter dem Augustusplatz. Ohne die CSD-Demo und dem Fest, ist der Zugang wieder offen. Ein teures Ticket, die Treppe wieder hoch nach oben, mein Auto wartet die nächsten Stunden unten.

Er führt mich zu dem Club am anderen Ende der Fußgängerzone, quer über die Straße. Eine große Disko, eher Mainstream – ich war hier schon einmal, auch mein syrischer Langzeit-Liebhaber hat mich hierhin bei unserer ersten Begegnung entführt. Meine neue Bekanntschaft bittet mich, mit den Türstehern am Eingang zu reden. Für mich ist das kein Problem, ich bin eine weiße, blonde, Deutsch sprechende Frau, ich komme überall rein (außer ich habe Stahlkappenstiefel an) – er dagegen … sie wollen neben seinem Aufenthaltstitel auch seinen Reisepass sehen. Den hat er nicht dabei. Diskutieren? Der Gedanke existiert nicht einmal eine Sekunde, sie werden ihre Gründe haben, warum sie so eine Einlasspolitik haben. Weiter auf der Suche nach dem nächsten Club.

Die Bar nicht weit entfernt, meine Lieblingsbar, hat auch eine Tanzfläche unten – die ist aber, anders als die Bar oben, richtig furchtbar. Er lehnt sie ab. Weiter ein paar Schritte zur nächsten Disko … er kennt da noch einen Club, da hinten.

Wir laufen weiter ein paar Schritte durch die Leipziger Innenstadt, da hinten soll irgendwo noch ein Club sein? Ich wüsste, dass da einer ist – aber den wird er doch nicht meinen? Er führt mich zu dem einzigen, bekannten Gothic-Club hier in der Straße, das … „Dunkelblume“. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich mir doch etwas Schwarzes angezogen! Mein kurzes Gespräch mit dem Türsteher, heute kein Dresscode, Ärger mit meinem ausländischen Freund gibt es auch keinen, kommt einfach herein, heute „Piraten-Party“.

War ich in dem Club schon einmal? Vor ganz langer Zeit? War das wirklich dieser, oder war der da noch in einer Nachbarstraße? Und hatte dieser Kellerclub nicht irgendwie mal zwei Tanzflächen? Die steile Treppe nach unten, ein Haufen Piraten-Gothics tanzt zu lustiger Popeye-Musik, auch ein sehr interessantes Bild. Wir nehmen auf der Empore, auf den dunklen Sofas Platz, er hat mir an der Bar schon ein Wasser bestellt … ich sehe ihn nicht trinken. Er trinkt keinen Alkohol, er raucht keine Zigaretten.

Er ist an mir interessiert, im Laufe der nächsten ein oder zwei Stunden tastet er sich immer näher heran. Meine Hände hatte er schon Stunden zuvor in der Bar, jetzt sind es Küsse, und meine Brüste unter meinem Kleid – ich trage das BH-Top nicht mehr. Ich kann seine Finger an meinen Nippeln ganz deutlich spüren. Meine Beine überkreuze ich, verschränke sie sogar doppelt, weiß er, was ich bin? Erwartet er, dass ich nicht operiert bin? Ich spiele zuerst mit ihm, bin die Unnahbare … fast schon eine Piratenbraut. Mein Körper reagiert auf seine Berührungen, nichts, was ich bewusst kontrollieren kann, es passiert einfach. Irgendwann hat er seinen Moment, an dem ich auch nicht mehr meine Beine zusammenpresse, ich öffne mich ihm ein Stück … er kann jetzt durch das Kleid ertasten, dass ich keinen Penis habe. Es scheint ihn nicht abzuschrecken, er wirkt sogar erleichtert, mir macht es die Situation schwieriger …

Alles, was ich mir für die Nacht vorgenommen habe: in den Club in Plagwitz ausgehen, die Nacht tanzen, meinen Ex-Freund / Langzeit-Liebhaber wieder zu treffen, mit ihm Sex zu haben – ich sehne mich so sehr nach ihm – das ist alles nicht eingetroffen. Stattdessen bin ich hier mit einem Kerl, den ich erst vor wenigen Stunden kennengelernt habe, der zwar sich für mich interessiert (passiert nicht oft), der aber optisch gar nicht so mein Typ ist? Ihm fehlt das Bad-Boy-Image, das Verwegene, der Charme. Er kann meinen Körper berühren und mein Körper reagiert, aber das Seelische? Wenn es das Biologische gibt, durch seine Berührungen und seine Nähe nehme ich auch seinen Körpergeruch auf – und es bewirkt bei mir nichts. Bei meinem Freund (der vom Anfang des Absatzes, der auf meinem Smartphone nur noch kurze Nachrichten hinterlässt) ist das anders, ich vergrabe mich in seiner Schulter und er kann alles mit mir machen. Ihm hier fehlt das.

Wir wollen irgendwann gehen, der Club leert sich, der DJ spielt das letzte Stück, die Lichter gehen an. Er schlägt vor und fragt, über das Textfeld seines Smartphones, ob ich zu ihm mit nach Hause kommen will, ich könnte dort für ein paar Stunden schlafen. Vorher fahren wir noch bei einem Bäcker einkaufen, etwas für das Frühstück. Es ist halb fünf den Sonntag Morgen, die große Uhr des Rathauses vor uns vor dem Marktplatz schlägt zweimal. Ich stimme seinem Angebot zu … bin mir aber schon nicht mehr so sicher.

Zurück zu dem großen Parkhaus unter dem Augustusplatz an der Oper, weiter mit dem Auto zu dem kleinen Parkplatz vor dem Bahnhof. Was jetzt? Der Bäcker unten in der Passage hat noch nicht auf, noch eine halbe Stunde warten? Ich treffe meine schwere Entscheidung, ich möchte doch lieber alleine wieder zurückfahren in mein zu Hause, in mein Bett. Klar, er ist jetzt irgendwie enttäuscht und ich muss ihn aus meinem Auto rauswerfen. Er ist so nett und macht auch keine Szene. Für mich ist es eine Erleichterung – hätte ich etwas verpasst, wäre ich mit ihm mitgegangen? Was wäre, wenn wir bei ihm wirklich Sex gehabt hätten? Und das nur, weil ich irgendwo übernachten wollte? Egal bei wem, wer mir gerade über den Weg läuft? Hätte ich dafür einfach meinen Körper hingegeben? Meine Seele schreit, hör auf mit dem Scheiß! Ich will mich nicht mehr wegwerfen. Ich springe nicht (mehr) mit jedem ins Bett. Er winkt noch paar mal draußen vor dem Fenster, ich brauche noch eine Weile, bis ich den Startknopf des Motors drücke. Der Motor brummt auf, ich lege den Rückwärtsgang ein und verlasse den kleinen Parkplatz. Draußen vor der Ampel steht er noch ein letztes Mal mit Hundeblick an meiner Scheibe. Mache es mir nicht so schwer.

Ich fahre endlich weg, auch er hat meine Nummer bekommen. Weit draußen, auf der Bundesstraße am Ortsausgang von Leipzig, setze ich noch einmal den Blinker und fahre auf die Tankstelle. Bei laufenden Motor krame ich mein Smartphone aus der Handtasche den Sitz neben mir, ich will wissen, ob mein Langzeit-Liebhaber mir eine Nachricht geschrieben hat … verrät er mir endlich die Adresse, wo er auf mich wartet und ich könnte wieder umdrehen und schnurstracks zu ihm fahren? Keine weiteren Nachrichten von ihm seit ein paar Stunden. Weiter auf der Autobahn die hundertfünfzig Kilometer nach Hause zu meinem Bett.

Magdeburg passiere ich gegen sechs Uhr morgens – ich sollte um diese Zeit wirklich nicht mehr fahren – der Morgen hat angefangen und hüllt alles in ein bläulich nebeliges Licht. Ich kämpfe mit der Müdigkeit, bin vielleicht schon für Sekundenbruchteile weg. Seit ich losgefahren bin, muss ich eigentlich schon auf Toilette – und jetzt noch viel dringender … mein „Trick“, wach zu bleiben? Ich sollte wirklich nicht mehr so übermüdet fahren.

Meine Garage, mein zu Hause und mein Bett erreiche ich um halb sieben Uhr den Sonntag Morgen. Jetzt nur noch alles auf die Couch werfen, den schwarzen Kajal im Spiegel im Bad wegwischen, das Schlafzimmer unter Vogelgezwitscher für einige Minuten kühl durchlüften und danach ins Bett fallen. Ich schlafe sofort ein. Ich wache erst acht Stunden später, um 15 Uhr, wieder auf. (Ende Teil 2/2)

[20.08.24 / 21:46] Der CSD in Leipzig mal wieder … wegen der Fußball-EM um einen Monat in den August verschoben. Ich habe im Internet etwas recherchiert, ein letzter CSD in der sächsischen Provinz, nur kurz zuvor, wurde massiv von den Faschos angegriffen, fast in gleicher Mann-Stärke (das Provinz-Städtchen hatte nicht so viele, mutige LGBTQIA). Auch für den CSD in Leipzig wurde im Vorfeld wieder ein militanter Gegenprotest von den Rechten angekündigt. Fahre ich da noch hin? Tue ich mir das an? Muss das sein? Ja!

Mein Outfit für den Sonnabend das dritte August-Wochenende: die kurze Hose in Tarnfarben und das schwarze „Trans Lives Matter“ T-Shirt, Flagge zeigen. Die Beine und den Oberkörper rasiere ich mir den Sonnabend Morgen, ich weiß noch nicht den Freitag, wann ich aufwache und ob ich das alles schaffe – die Kundgebung ist schon um 11:30 Uhr – ich nehme das Auto, fahre spontan wie ich aufwache.

Es wird spät, ich vertrödel den ganzen Sonnabend Vormittag, ich muss nicht da sein, viel Zeit zum Frühstücken. Es ist elf Uhr, als ich mich ins Auto setze und die Autobahn Richtung Leipzig fahre … die Kundgebung habe ich für mich schon gestrichen, das ganze Politische interessiert mich nicht, ich will da nur tanzen und Männer kennenlernen. Meinem Langzeit-Liebhaber habe ich eine Nachricht geschrieben, ich hoffe auf eine Möglichkeit, da die Nacht und den Sonntag Morgen irgendwie noch zu übernachten – ich will nach Mitternacht noch in einen Club ausgehen (so FLINTA-Zeug) und mich nach der Demo noch etwas in einem Bad mit Duschmöglichkeit frischmachen. Und meine durchgeschwitzten Sachen wechseln: mein neuer „Kaftan“, gekauft vor ein paar Tagen in einem Outlet … eigentlich wollte ich nur in die Drogerie daneben, neues Oropax kaufen (schlaflose Nächte bei offenen Fenster).

Gegen Mittag in Leipzig angekommen … totales Chaos. Ich kreise mehrmals um den Hauptbahnhof – die Faschos sind wahrscheinlich da noch dort. Alles ist von der Polizei abgesperrt, auch die Straßen in Richtung des Zugangs zu dem Parkhaus. Zeit vergeht, viele Polizeifahrzeuge stehen überall rum, ich nehme eine andere Straße, eine andere Richtung und komme auch so in das Parkhaus unterhalb des Hauptbahnhofs. Alle Parkplätze belegt, ich muss vor der Schranke warten. Als sie öffnet, fahre ich gezielt in die obere Etage, wo ich immer parke und finde auch gleich einen freien Parkplatz … wahrscheinlich der einzige, als die anderen Autos nur herumkreiseln und entnervt unten über die Schranke das Parkhaus schon wieder verlassen.

Mein Zeug umpacken: ein schwarzer Beutel mit dem Übernachtungszeugs, ein schwarzer Beutel mit den Sachen zum Wechseln, später den Abend, und dem Make-up-Kram, meine schwarze Handtasche für den Kram, den ich jetzt brauche – und den Rest in den Kofferraum. Als Schuhe wähle ich die Sneakers, elegante Flip-Flops für die Nacht lasse ich noch im Auto. Mein Strohhut kommt in die schwarze Umhängetasche. Zu Fuß aus dem Hauptbahnhof hinaus, Richtung Opernplatz. Viele Polizisten.

Die Demo geht 13 Uhr los, die Trucks stehen schon bereit – so viele Menschen waren hier noch nie. Es ist wirklich voll, an der Ecke der Fußgängerzone reibe ich mich noch mit der Sonnencreme ein. Bis die Trucks sich in Bewegung setzen und die ganzen Menschen hinterherziehen, vergeht bestimmt noch gefühlt eine halbe Stunde. Meine Fußgruppe ist die ganz hinten, traditionell der antifaschistische Block (mit viel Polizeibegleitung rechts und links).

Zum Tanzen komme ich dieses Jahr nicht? Der schwarz-bunte Block hält die Seitentransparente hoch, driftet immer etwas ab, von den Party-Blöcken und den Demo-Trucks mit der Techno-, Schlager- oder ähnlicher Musik, die irgendwie als „schwul“ gilt. In diesem Block gibt es keine Musik, nur Sprechchöre. Einer ist mir sogar neu, die anderen … ich bin vereinzelt schon nicht mehr textsicher: „Siamo tutti antifascisti!“ (Der Rhythmus war es.)

Weiter den heißen Nachmittag durch die Straßen von Leipzig, ein aufgedrehter Wasserhydrant plätschert auf die Straße – die Möglichkeit, die schon leergetrunkenen Wasserflaschen aufzufüllen. Von den Faschos und Gegenprotesten ist nichts zu sehen. Schon am Bahnhof habe ich nur Polizisten gesehen, nicht aber diese.

Durch die Innenstadt von Leipzig wieder zurück auf den Opernplatz, erst jetzt fällt die Menge erst richtig auf. Der schwarz-bunte Block demonstriert einfach noch weiter mittendurch, stoppt erst in der Nähe des Springbrunnens vor dem Gewandhaus. Erst jetzt ist die Demo für mich beendet. Bestimmt schon 17 Uhr nachmittags … Zeit für einen Imbiss, Süßkartoffel-Pommes und veganer Burger (oder doch vegetarisch). Ich hätte jetzt gerne eine Dusche gehabt … oder ein Hotelzimmer, wird er sich melden? Sieht sehr vage aus, ich plane mein weiteres Vorgehen wieder für die Bahnhofstoilette. In einer Drogerie kaufe ich mir im Anschluss noch ein paar Feuchttücher zum Wegwischen der ganzen Sonnencreme.

Ich bleibe noch etwas auf dem Anschlussfest, die große Bühne ist wieder aufgebaut, der italienische Eisstand nicht weit entfernt. Teure Getränkestände, und die Stände der verschiedenen Organisationen. Ich kaufe mir endlich eine Pride-Flagge für zu Hause – die „progressive“. Auf der Bühne bekomme ich noch die beiden letzten Bands, und bei der Ankunft noch eine Drag-Performance, mit. Speziell der/die/das letzte Künstler-Wesen gefällt mir besonders, ich mag die Musik und lasse mich mitreißen … stehe immer weiter ganz vorne.

Auch diese Bühnenshow ist irgendwann beendet, die Stage-Crew räumt die Bühne ab, da kommt nichts mehr. Die Drag-Queen(s) für die Moderation haben sich schon längst verabschiedet – ich gehe so langsam zum Bahnhof. Nicht alleine gehen. Bleibt in Gruppen, es ist gefährlich geworden. Es sind so viele Menschen hier, ich erkenne die Bedrohungslage nicht. Vor vielen Jahren hätte das keinen interessiert, die CSDs waren einfach nur ein nettes Extra.

Im Bahnhof angekommen, die Drogerie unten, die Tiefgarage daneben. Alles umpacken, ich nehme für meinen Weg in das Bahnhofsklo den Umhängebeutel mit dem weiß-dunkelbraungrün gemusterten, langen Kaftan für die Nacht in dem Club und der kleinen Waschtasche mit dem Duschbad mit dem Parfüm, sowie meine Handtasche mit der Rolle für Make-up, Deo und weiteres. Meinen Körper habe ich in dem Parkhaus neben meiner offenen Autotür schon überall mit den gekauften, feuchten Tüchern abgerieben. Auf der Toilette, vor den Spiegeln, vor den Waschbecken setze ich mein Waschgang weiter fort. Ich muss zwischendurch etwas warten, bis die Kinder neben mir weg sind und ich mein T-Shirt und meinen BH ausziehen kann. Es geht irgendwie, ich wasche meinen Oberkörper mit meinem Duschbad. Eine Frau (PoC) kommt hinzu und fragt schon, mit einem bemitleidenswerten Blick, ob ich „obdachlos“ bin. Nein, ich wohne nur hundertfünfzig Kilometer entfernt und habe gerade kein Badezimmer für mich zur Verfügung. Weiter wieder zurück in eine der Toilettenkabinen, meine Sachen wechseln, das lange und langärmelige Kleid im Kastenschnitt überwerfen und mein durchgeschwitztes T-Shirt, die kurze Hose und das BH-Top in den Wäschebeutel wieder mit in die Umhängetasche geben, die kommt später zurück in den Kofferraum.

Der Make-up-Spiegel auf der geräumigen Bahnhofstoilette im Leipziger Hautbahnhof, ich habe die Zeit vergessen, gefühlt bin ich hier schon seit einer Stunde drin. So viel Zeit brauche ich auch zu Hause (oder in einem Hotel), wenn ich mich für die Nacht ausgehbereit mache. Die Schuhe konnte ich doch nicht wechseln, ich behalte in meinem neuen Dress die Sneaker weiter an. Vor dem Spiegel breite ich meine beiden Taschen aus, der Make-up-Kram aus der Rolle aus der Handtasche, die anderen Sachen im Umhängebeutel. Meine Haare habe ich mir vorher schon nass durchgekämmt, den Sprühstoß des Parfüms auf der Toilette gesetzt. Jetzt folgt der schwarze Kajal rund um das Auge, fein säuberlich verblendet mit meinem kleinen Pinsel … routinierter, als das letzte Mal. Ich stütze den Ellenbogen vor dem Spiegel ab, kann sogar in aller Ruhe mit offenen Augen den Lidstrich ziehen. Es ist draußen schon dunkel geworden, als ich dann nach meiner Vorbereitung für die Nacht, den Hauptbahnhof und die Toiletten wieder verlasse.

Draußen ist es weiter warm, mein langärmeliges Kleid habe ich bis zu den Ellenbogen hochgekremmpelt. Bevor der Club, weit abseits in Plagwitz, erst gegen Mitternacht aufmacht, möchte ich in der Gay-Bar in der Leipziger Innenstadt noch eine Cola trinken.

Die Bar hat offen, laute Musik, ein DJ, viele Gäste … sogar ein freier Platz für mich? Getränke gibt es draußen am Stand zum Abholen, einen Tisch im Außenbereich okkupiere ich gleich für mich. Ich trinke meine Cola langsam, spiele mit meinem Smartphone und der Kamera. Er hat mir eine Nachricht geschrieben, fragt immer wieder nach, wann ich fertig bin mit Ausgehen und Tanzen. Ich antworte ihm, ich weiß es nicht – der Club macht erst Mitternacht auf. Er deutet an, eine Möglichkeit für mich, den Morgen zu schlafen, organisieren zu können, ich müsste ihn dann kontaktieren? Ich weiß, das funktioniert doch nicht, ab einem gewissen Zeitpunkt wird er mir nicht mehr antworten können – und dann stehe ich da, den Sonntag Morgen. Ich vertraue ihm nicht mehr so viel. Als ich kurz vor Mitternacht meinen leeren Becher für den Pfand zurückgeben will und kurz davor bin, zu gehen, werde ich von einem anderen Mann angesprochen … (Ende Teil 1/2)

[15.08.24 / 21:49] Nur eine Nacht Schlaf, nur eine Nacht Pause – den nächsten Vormittag sitze ich den Sonnabend schon im Zug Richtung Berlin. Der Trans Pride (oder auch TIN Pride) steht schon seit einigen Wochen in meinem Kalender. Ich ziehe die Cargohose und das Bauchnabelfreie, schwarze Top vom Tag zuvor an. Es wird wieder heiß, mit in meiner Handtasche habe ich die neue Packung Sonnencreme (gekauft in einem Touri-Laden auf der Insel Poel), im Umhängebeutel meinen Strohhut und meine schwarze Bikerjacke, für alle Fälle, könnte ja den Abend noch kalt werden.

Wen werde ich in Berlin treffen … ein paar bekannte Gesichter vom letzten Pride vor zwei Jahren? Dieses Jahr ist der Demo-Umzug wohl eher klein gehalten und weit abseits irgendwo in Treptow. Wird überhaupt irgendjemand kommen? Ich bin da, ich fahre dahin.

Gegen Mittag komme ich mit dem Regionalexpress am Ostkreuz an, bis zu der „Bucht“, See und Kanal, ist es nur noch eine Station mit der S-Bahn. Angekommen sehe ich schon das kleine Demo-Fahrzeug, ein VW-Transporter mit einer Anlage. Ich bin nicht die erste, es sind schon ein paar Leute da. Bis es losgeht, vergeht bestimmt noch eine oder anderthalb Stunden. Die Polizeikräfte sind auch sehr entspannt und sonnen sich an dem Geländer zu dem großen See.

Auf was für Leute werde ich hier treffen? Letztes Mal war ich nicht die einzige trans Frau, auch dieses Jahr erkennt mein Radar so einiges. Die schlaksigen trans Frauen, so wie ich, mit hübschen Rock oder Kleid, die super aufgepumpten transsexuellen Frauen – in ihren Gesprächen sich über den Preis ihres Körpers und der ganzen Operationen unterhaltend – ich stehe zwar daneben, aber ich kann gar nicht mithalten, als Mauerblümchen (höchstens meine Operation, die passt locker mit 32.000 Euro). Dann die anderen, es kommen immer mehr dazu, die Nonbinären, die Drag Queens, die … ganz klassischen Transvestiten? Warum nicht … Berlin war einmal so weit, vor fast hundert oder neunzig Jahren – und dann hat sich das Machtgefüge verändert und es wurde alles nur noch furchtbar düster. Dafür sind wir hier, um dagegen zu demonstrieren, wir sind die Ersten, die dann draufgehen.

Ich habe auch überlegt, ob ich wirklich heute hierher fahre, oder ob ich nicht lieber sicherheitshalber zu Hause bleibe. Mich verstecke. In meiner Eigenansicht: ich lebe stealth. Ich bin ungeoutet auf Arbeit, niemand weiß von meiner Vergangenheit. Einigen Männern erzähle ich es, andere werden es nie erfahren. Meine Legende ist zurecht gelegt: „Ich hatte wirklich mal eine Operation, da wurde mir ein Teil meiner Schamlippe entfernt und nach innen eingenäht, das war 2019. Aber ich war ganz bestimmt niemals ein Mann. Ich bin eine Frau … so richtig bio-cis-hetero.“

Früher Nachmittag, die Sonne brennt heiß auf meine eingecremte Haut, es geht los. Der kleine Demo-Transporter mit der Techno-Musik und bestimmt fünfhundert, oder sogar mehr, Leuten dahinter. Ein paar Straßen werden abgesperrt, eine Brücke wird überquert – hübsches Berliner Fotomotiv im „vorbeiraven“, ich stehe, bzw. laufe in erster Linie und tanze das ganze Stück. Vor mir sind nur noch die Leute mit dem Transparent und natürlich das Demo-Fahrzeug.

Die Demo selbst endet irgendwo im Treptower-Park. Ein, zwei Zelte, jetzt beginnt das Programm. Die vielen Teilnehmer der Demo verteilen sich auf der Wiese. Ich war schon gleich mit den ersten da und sichere mir ein schattiges Plätzchen unter den Bäumen. Redebeiträge und Drag-Performances. Erst als ein paar trans Frauen ihre mühsam trainierte, echte Gesangsstimme präsentieren, bin ich ergriffen. Das ist wirklich harte Arbeit, die Stimme so zu trainieren, dass sie auch im kräftigen Gesang weiblich klingt. Meine Stimme trainiere ich jeden Morgen im Auto auf den tiefen Klang.

Die Sonne bewegt sich um die Bäume, der Schatten wandert, es wird später Nachmittag. Ich muss auf die Uhr schauen, will ich mit dem vorletzten Zug spätestens Mitternacht wieder zu Hause sein. Irgendwo gibt es bestimmt noch eine Party, es ist Sonnabend und überall in Berlin haben die Techno-Clubs gefühlt schon seit gestern durchgehend offen. Mein Körper macht nicht mehr so richtig mit, die anstrengende Fahrt den Tag zuvor, ohne Pause, die vielen hundert Kilometer auf Tour, die Wärme, ich spüre meine Grenzen. Gleichgewichtsattacken, Doppelbilder, wandernde, taube Stellen auf meinem Körper? So ziemlich alles, was die MS die letzten dreiundzwanzig Jahre hervorgebracht hat. Die politische Veranstaltung endet den frühen Abend in diesem Park. Bis zur nächsten S-Bahn-Station sind es nur ein paar Meter.

Den Regionalexpress am Ostbahnhof sehe ich noch auf dem Gleis stehen, Treppe runter, Treppe wieder hoch – der ist weg. Eine Stunde mehr Aufenthalt auf diesem Ostbahnhof. Viel hat sich verändert, einiges nicht, wann war ich das letzte Mal hier? 2010, 2011, 2012 oder so, ein kleines Underground-Festival – und natürlich 2018. Da irgendwo habe ich dann gegessen, bevor ich mit dem nächsten Zug nach Potsdam gefahren bin … ja, ich war wirklich vor meiner großen Operation die Nacht noch in der Disko. Auch jetzt die eine Stunde Wartezeit esse ich hier irgendwo in einer Imbissbude, eine Portion Pommes.

Weiter den Abend zurück im Regionalexpress Richtung Magdeburg, die Frau, die sich in die Reihe vor mir setzt, ist mir schon durch das Fenster aufgefallen, ganz in Schwarz, ein kurzer Ledermantel, Gothic oder Metal, dezentes, schwarzes Augen-Make-up, lange, blonde Haare, leicht gräulich eingefärbt. Sie ist mindestens zwanzig Jahre jünger als ich und alleine unterwegs. Ihre Art, ihr Verhalten, umsichtig schauend, nicht zu viel Kontakt mit den Menschen um sich herum, erinnert mich stark an meine Touren damals mit dem Zug zu den unterschiedlichsten Konzerten und Festivals. Ich habe mich wahrscheinlich auf ihren favorisierten Platz gesetzt – die Sitzreihe ganz hinten im Wagon, am Fenster, wo bestimmt niemals jemand dahinter sitzt, wegen der Wand, optimal, um von allen Menschen den größtmöglichen Abstand zu halten. Und jetzt sitze ich dahinter. Spreche ich sie an? Auf keinen Fall. Meine Blicke treffen ihre Blicke, als sie sich umschaut, sie will das hier nur irgendwie durchstehen, so bald wie möglich ankommen und den Zug verlassen. Ich rolle mich auf meiner Sitzbank ein und versuche, etwas zu schlafen. Es ist kalt geworden, meine Bikerjacke ist viel zu kurz, genauso kurz wie mein Bauchnabelfreies, schwarzes Girlie-Top.

Sie steigt in Magdeburg aus, ich steige hier nur um. Haufenweise Party-People auf den Gleisen, es ist noch nicht mal Mitternacht und die wollen alle noch irgendwo hin. Mein Provinzkaff, gegen Mitternacht angekommen, ist totenstill, selbst die nervige Fabrikanlage und die stark von LKWs frequentierte Bundesstraße direkt vor meinem Haus, liegt friedlich da. Schlüssel umdrehen, Haus und meine Wohnung oben betreten. Wie immer, meinen ganzen Kram auf der Couch ablegen und ins Badezimmer verschwinden. Make-up hatte ich zwar dabei, aber ich habe es nicht verwendet … wollte nur ganz normal als unscheinbare Frau auftreten. Wenig später, Fenster zum kühlen Durchlüften wieder verschließen und ins Bett fallen. Ob sie sich vor mir gegruselt hat? Ich wirke sonst immer merkwürdig auf andere Menschen?

[15.08.24 / 21:48] Freitag, das üppige Frühstück unten im Salon und dann Hotel-Check-out. Draußen nieselt es. Dunkle Wolken. Und genau deshalb hast du nicht das Motorrad genommen. Wenn das den ganzen Tag so trüb und nass bleibt und ich noch fünf Stunden zurück fahren muss …

Nach dem Check-out fahre ich den späten Vormittag nach Wismar, diese Hansestadt habe ich vor fünfzehn Jahren (bei einem Bewerbungsgespräch) nur einmal kurz im Dunkeln den Abend gesehen. Jetzt will ich die historische Altstadt mal komplett ablaufen. Mein Auto parke ich in einem (neuen) Parkhaus, den Fischkutter mit den Fischbrötchenverkaufsstand am alten Hafen finde ich auch gleich. „Ich kaufe hier meinen Backfisch seit 2009.“

Zu Fuß in die Altstadt, an der Touristeninformation eine Faltkarte mit einstecken. Die Sehenswürdigkeiten sind nummeriert, so weitläufig ist diese Stadt nicht. Viele Touristen. Einen Cappuccino am Marktplatz und später dann den Nachmittag ein erneuter Versuch, nach meiner Stadtbesichtigung, hier ein Stück Kuchen zu finden. Keine Chance. Die Rentner haben das alles schon aufgegessen. Ein Stück Kuchen finde ich erst später wieder, als ich mich zurück zum Parkhaus mache, ein wirklich nettes, kleines Café abseits der Touristenströme.

Einen Laden mit Kunsthandwerk aus Indien und Marokko habe ich gefunden, ich könnte hier drinnen Stunden verbringen und noch viel mehr einkaufen. Der Duft der Räucherstäbchen hat mich hineingelockt, zusätzlich zu einem Kaffee aus einem anderen Laden, kaufe ich hier ein kleines Fußkettchen aus Sterlingsilber als Reisemitbringsel. Später dann den Nachmittag, durch den Nieselregen, jetzt wirklich zurück zu meinem Auto in dem Parkhaus.

Vor mir liegen noch ungefähr zweihundert Kilometer und ein Teil davon mit der ätzenden Bundesstraße mit den vielen LKWs – und jetzt den Urlauberstrom aus der anderen Richtung im Gegenverkehr. Es wird noch zweieinhalb bis drei Stunden dauern, bis ich durch den tiefsten Regen endlich zu Hause ankomme und mit meinem Auto in die Garage fahre, in der friedlich die ganze Zeit meiner Abwesenheit mein Motorrad stand. (Ende Teil 4/4)

[15.08.24 / 21:47] Donnerstag, schönstes Wetter? Frühstück gibt es in dem alten Gutshaus unten in dem großen Zimmer, gleich neben dem Jagdzimmer. Das Hotel ist wirklich hübsch und stilvoll eingerichtet, alte Antiquitäten, Teppiche, Möbel, die Zimmer nicht zu ultra modern. Diesen Tag fahre ich nach dem Frühstück nach Heiligendamm, ein weiterer Strand und Kurort an der Ostsee. Die Strecke führt an Kühlungsborn vorbei, aber da war ich schon, das muss ich nicht unbedingt noch einmal sehen.

In Heiligendamm lotst mich mein Navi auch wieder zu einem Parkplatz gleich hinter der Düne mit direktem Zugang zum Strand. Nur das mit dem Kaffee zum Frühstück … ich habe da so ein Problem. Erst als es beim Aussteigen langsam das Bein heruntertröpfelt … Verdammte Scheiße! Pisse! Ich verzweifle an meiner schwelenden Inkontinenz. Ich versuche noch, mich neben meinem Auto zu hocken und mein Unterhöschen runterzuziehen – zwei derbe, gelb-bräunliche Flecken zieren den unteren Saum meines olivgrünen Strandkleides. „So kannst du doch nicht herumlaufen?“ Was nun? Mein schwarzer Bade-Zweiteiler – den ich dieses Mal ganz bewusst mit eingepackt habe – ist auch ein Strandkleid. Das sollte ich mir für später aufheben, wenn ich in diesem mondänen Küstenort mir den Nachmittag ein Restaurant suche. Für den Weg über die Düne runter zum Strand reicht erst mal meine weiße Tunika. Erst ein paar Meter weiter von meinem Auto um die Ecke sehe ich ein paar Dixi-Klos, du hättest dich nicht unbedingt da hinhocken müssen.

Auch dieser Strandabschnitt an der Ostsee grenzt sofort an einen FKK-Strand. Es sind noch viele Wolken am Himmel, ich nutze das Entledigen all meiner Kleidung auch gleich zum Ganzkörper-Auftragen meiner Sonnencreme. Es ist zu windig, ein Strandtuch kann ich nicht auslegen. Ich laufe einfach etwas nackt den Strand entlang. Für den Gang ins Wasser sind mir noch zu viele Wellen. Warum FKK? Nach meiner Operation kann ich mich endlich zeigen, wie ich wirklich bin. Einfach eine Frau. Meine Brüste sind nicht sehr groß – sie sind eigentlich winzig – aber das interessiert hier niemanden und für den Moment sind sie genauso schön, wie sie sind. Ich bin schön. Das ist FKK (und das Eins sein mit der Natur).

Später Vormittag, ich wechsele in mein schwarzes Strandkleid, das andere habe ich im Kofferraum gelassen. Zur Seebrücke und das Luxusressort ablaufen. Auf das Hotelgelände komme ich natürlich nicht. Ein paar Hubschrauber fliegen vorbei, die Superreichen? Oder doch nur eine Touristenaktion, die sogar ich mir leisten könnte. Weiter den Nachmittag, nach einem Kaffee und einem Eis, rüber zur Steilküste.

Ein steiniger Strand, ein steiniger Weg, eine Brücke über das Geröllfeld. Dahinter dann das markante Bild: Bäume hoch oben auf den abgetragenen Uferwänden. Eine Treppe führt nach oben und gibt den Blick frei in einen dichten Küstenwald. So wunderschön … wären hier nicht haufenweise parkende Autos und mit zunehmenden Nachmittag auch eine zunehmende Menge an Urlauber. Meine Wandertour führt die Straße oben wieder zurück zum Hotelressort, der Klinik und dem Strand.

Die Sonne ist rausgekommen, der Wind ist etwas weniger geworden, gleich hinter dem FKK-Schild suche ich einen schattigen Platz unter einer Treppe, die über die Dünen zur Strandstraße führt. Meine Tragetasche setze ich auf ein paar Steinen ab, meine Strand- und Badetücher als Sitzkissen. Dieser Strandabschnitt ist nicht so stark besucht, wie die anderen Strandabschnitte – eigentlich nur ein paar ältere, ruhige Menschen, die hier schon seit DDR-Zeiten jeden Sommer zum Nacktbaden kommen. Auch ich lege meinen Badeanzug beiseite und gehe wieder nackt ins Wasser. Die Wellen peitschen meinen Körper, ich spüre das Salz auf meiner Haut. Ein paar Schwimmzüge zwischen den hölzernen Wellenbrechern hin und zurück.

Wieder draußen, ich trockne mich nicht ab, ich laufe mich trocken. Entspannt laufe ich das Ufer ab … vielleicht finde ich Bernstein? Viele Strandbesucher laufen hier mit gesenkten Kopf, auf diesem Strandabschnitt bin ich die Einzige. Ein grauer Stein gefällt mir, ich hebe ihn auf und wische ihn etwas trocken, behutsam lege ich ihn danach wieder auf genau die Stelle, an der er vorher lag. Ich bin eins mit der Natur. Hinterlasse sie so, wie du sie vorgefunden hast.

Später den Nachmittag, ich ziehe mich wieder an und packe alles in meine Tasche. Ein Strandrestaurant am Nobelhotel habe ich gesehen, aber das ist unbezahlbar für mich. Auf meiner Wandertour habe ich den Bahnhof von Heiligendamm entdeckt – und da ist ein Restaurant drin. Wahrscheinlich das einzig andere hier in diesem Ort. Da will ich hin.

Die Preise sind ganz moderat, ich nehme auf der Seite an den Gleisen Platz und bestelle das Tagesgericht, mit Tagessuppe und Tagesdessert. Die Frau, die mich bedient, ist so nett – ich gebe nur ein mickriges Trinkgeld von zehn Prozent. „Ein Zug fährt durch. Auf schmaler Spur.“ Sogar eine Dampflokomotive für das Bahnambiente. Ich hätte mehr geben sollen. Den Abend wieder zurück zu meinem Hotel. Das Parkticket war dieses Mal ein Tagesticket.

Den Sonnenuntergang als Fotomotiv über dem Salzhaff verpasse ich. Blätter rauschen durch den Wald. Es wird kühl. Wird es die nächsten Stunden regnen, wie angekündigt? (Ende Teil 3/4)

[15.08.24 / 21:45] Mittwoch, die Nacht in dem großen Doppelbett, eingehüllt in einer Melange aus Ganzkörper-Mückenschutz und Aloe-Vera-Creme. Es sind zu viele Mücken in den beiden Zimmern, um sie einzeln platt zu drücken. Ich will diesen Tag nach Rerik zum richtigen Ostseestrand. Outfit meiner Wahl: ich wechsele von der Cargohose und dem schwarzen Top vom Tag zuvor auf mein olivgrünes Strandkleid mit Spaghettiträgern – kombiniert mit der weißen Stricktunika. Mein Strohhut, meine übergroße, schwarze Sonnenbrille. Meine Strandtasche hatte ich in meiner schwarzen Reisetasche verstaut. Ein neues Strandtuch als Unterlage und mein Badetuch in Regenbogenfarben. Alles in den Kofferraum und mit offenen Verdeck das kleine Stück durch die wunderschönen Baumalleen zur Küste.

Einen Parkplatz am Strand mit dem Navi finden, die Dünen überqueren – ich bin am Meer. Ich krame in meiner Umhängetasche … wo ist mein neuer, schwarzer und sündhaft teurer Bade-Zweiteiler? Mist. Im Hotel liegengelassen. Ja … ich habe mich schon vorher informiert, wo ich die ganzen FKK-Strände finde, den Parkplatz habe ich nicht ganz umsonst hier gewählt. Ich hatte es vor, hier nackt zu baden. Jetzt erst recht.

Ich suche den Strandabschnitt und mit genau der Grenze ab dem Schild entledige ich mich aller meiner Sachen und stapfe in meiner natürlichen Schönheit durch den Sand. Viele Menschen sind hier nicht den späten Vormittag. Mein Strandtuch und mein Badetuch auf dem Sand nahe der Dünen ausbreiten. Alles mit Sonnencreme einreiben. Bis dreihundert zählen … umdrehen, weiterzählen … wieder umdrehen. Ob ich noch braun werde?

Nicht wenig später gehe ich runter zum Wasser, kein Wind, das Wasser ist sehr ruhig. Ein unbeschreibliches Gefühl, nackt zu baden. Ich bin eins mit der Natur, eins mit dem Wasser. Niemand würde auf die Idee kommen, zu Hause in der Badewanne einen Bikini zu tragen, warum auch nicht im Ozean? Befreit schwimme ich ein paar Züge, bevor ich mich dann wieder draußen abtrockne.

Mein Parkticket läuft aus, ich will mir noch das Hinterland und die Promenade zum Salzhaff in Rerik ansehen. Ein kleiner Touristenort, ein paar Gaststätten, ein Eiscafé, ein paar Läden, ein paar Bars, das obligatorische Fischbrötchen. Den frühen Nachmittag bin ich hier schon wieder weg und fahre in Richtung Insel Poel.

Wo ist das angekündigte Gewitter? Als ich die kleine Insel erreiche, sind nur ein paar wenige Wolken zu erkennen. Es ist immer noch schwül-heiß. Der Strand ist hier voll. Der Touristenort hinten am Leuchtturm ist auch größer und stärker besucht. Ein paar Fotos vom Hafen, ich war hier schon einmal (vor fünfzehn Jahren) – aber da waren auf dem Parkplatz höchstens fünf Autos. Jetzt ist der viel größer und proppevoll.

Es zieht sich zu – eigentlich nur für eine Stunde Parken gebucht, entschließe ich mich, etwas länger zu bleiben und hoffe auf ein Seegewitter. So eines, wie ich es auch auf Ibiza erlebt habe – mit Blitze und dunklen Wolken über dem Meer. Ich finde ein italienisches Restaurant mit überdachter Außenterrasse und schönem Blick hinaus. 16 Uhr, einmal Pasta mit Krustentieren.

Der Regen naht, 17 Uhr, Zeit für einen Tee, ich bin gespannt. Wie lange dauert es noch? Noch eine weitere Stunde … Meinen Tee habe ich schon längst ausgetrunken, als der Regen einsetzt. Aus der Ferne Gewittergrollen, es zieht vom Land auf das Meer hinaus. Die Wolken werden dunkler, es regnet so stark, einige der Gäste verlegen ihr Abendbrot schon in das Innere des Restaurants. Da! Ein Blitz! Es knallt sofort. Die elektrische Entladung war nur ein paar hundert Meter entfernt. Ich habe ihn genau gesehen, hinter den Steinen, an der Mole, auf das Meer. Es donnert und gewittert noch mehr, der Regen drückt das Stoffdach ein, periodisch ergießt sich das ganze Wasser auf die Terrasse des Restaurants. Auch ich wechsele jetzt in das Innere.

Mein Essen und mein Teegetränk bezahlen, aber gehen kann ich nicht, mein Auto steht bei dem strömenden Regen unendlich weit entfernt am Rande der Ortschaft auf dem großen Parkplatz. 19 Uhr und es hört nicht auf, mein Parkticket ist schon seit Stunden abgelaufen. „Zeit für Abendessen.“ Ich bestelle einfach wieder neu und setze mich an einen Tisch, Bruschetta und ein Glas Wasser.

20 Uhr nochwas, so langsam lässt der Regen nach und leichte, helle Wolken kommen zum Vorschein. Ich habe in diesem Restaurant bestimmt vier Stunden verbracht. Als es dann aufklart, bezahle ich auch meine zweite Rechnung und mache mich auf den Weg zu meinem Auto. Es ist kühl geworden. Mein Auto steht auf dem Parkplatz auf der Wiese inmitten einer matschigen Pfütze. Hierhin kommt ganz bestimmt niemand, um das Parkticket zu kontrollieren. Den Abend wieder zurück zu meinem Hotel.

Die Fenster der Zimmer habe ich alle einen Spalt offen gelassen, zum Abkühlen. Dreißig, vierzig Mücken, ich weiß nicht wie viele – der beste Rat: Wenn du an die Ostsee fährst, nimm Mückenschutz mit! Das laute Summen kann ich mit Oropax abblocken, den Körper creme ich wieder komplett mit Mückenschutz ein, das tropische, aus der Drogerie. (Ende Teil 2/4)

[15.08.24 / 21:44] Tagelang verfolge ich schon den Wetterbericht, es wird nicht besser – Mittwoch Gewitter und Freitag, wenn ich wieder zurück fahren will, strömender Regen, den ganzen Tag? Dienstag Morgen meine endgültige Entscheidung: ich nehme das Auto. Mein Motorrad muss für meine kleine Reise an die Ostsee die zweite Augustwoche in der Garage bleiben. Ich konnte auch nur zwei von vier Zündkerzen wechseln (für die anderen beiden fehlte mir das tiefergehende Werkzeug). Mein Auto, mein roter Roadster, mit dem notorisch brummenden Radlagerschaden.

Leichtes Gepäck, die neue Motorradtasche, ein Strandkleid, eine Tunika, mein neuer Bade-Zweiteiler, die Keilsandaletten und die Waschtasche … es hätte bequem hinten auf das Motorrad gepasst. Alles in den Kofferraum. Ich starte den Motor und rolle aus der Garage, Dienstag. Noch zweihundert oder dreihundert Kilometer bis zum Strand.

Schönster Sonnenschein, die Autobahn geht nur kurz, ich verfahre mich irgendwo in Brandenburg und finde eine Tankstelle. Immerhin ein Grund für eine Pause. Das Stück zwischen den beiden Autobahnabschnitten, das noch gebaut werden muss, ist ätzend. Nur langsame LKWs und nie eine Chance zum Überholen. Ständiger Gegenverkehr auf der Bundesstraße. Alles Ostseeurlauber auf der Rücktour? Ab Schwerin geht es wieder schneller – auf der Autobahn Richtung Wismar.

Die letzten paar Kilometer, von der Autobahn runter, fahre ich den frühen Nachmittag mit offenen Verdeck, die küstennahe Strecke durch Mecklenburg-Vorpommern ist einfach nur zu hübsch! Wunderschöne Baumalleen, engste Straßen, und irgendwo dazwischen blitzt das Meer hervor. Beziehungsweise das Salzhaff. Mein gebuchtes Hotel liegt da, ein altes Gutshaus mit ein paar geräumigen Zimmern. An meinem Ziel angekommen, parke ich mein Auto auf der grünen Wiese vor dem Anwesen.

„Kaffee und Kuchen.“ Ich checke ein und bestelle schon einmal vor. Frühstück ist mit gebucht. Eine kleine, angenehme Überraschung: eine alte Lady wollte ihr Zimmer tauschen, ich bekomme ein Upgrade auf die Super Deluxe Junior Suite mit den großen, zwei Zimmern. Selbe Lage, Gartenblick hinten raus (vom Fenster im Flur vor der Tür, in der zweiten Etage, kann ich sogar das Meer sehen).

Den Abend (nach bestelltem Dinner) gehe ich noch runter zu dem großen Campingplatz an das Ufer am Salzhaff, so ein ultra flacher, abgetrennter Bereich zur Ostsee. Eine Surfer-Bar finde ich – Ibiza-Feeling – mit langsamen Beats, ein DJ und einen alkoholfreien Caipirinha. Wären nicht die Mücken, könnte ich den Sonnenuntergang noch genießen. (Ende Teil 1/4)

[05.08.24 / 15:38] Fünf Stunden später, lange habe ich nicht geschlafen, es ist Sonnabend später Vormittag und ich bleibe noch ewig liegen, so wie ich das jeden Sonnabend mache. Dusche gegen elf Uhr, Frühstück gegen Mittag. Diesen Abend könnte ich mal wieder ausgehen, das von letzter Nacht war ja nur eine Ausnahme, ich gehe immer nur Sonnabends aus. In Magdeburg ist da so ein Stadtfestival: entlang der Elbe werden viele Bars und Gaststätten ein paar Bühnen und Tanzgelegenheiten aufbauen. Parallel dazu soll ein Schiff auf der Elbe pendeln und die Partygäste überall hinbringen. Klingt schon einmal nicht schlecht und ich wollte schon immer mal wieder auf einem Partyboot herumschippern.

Den Tag kriege ich so rum … nach dem Mittagessen auf der Couch weiterschlafen. Mit Anbruch des Abends bin ich wach. Punkt 18 Uhr beginne ich wieder meine Beine zu rasieren – derselbe Dress der letzten Nacht, das schwarz-weiße Blümchenkleid und das schwarze Top mit der Knopfleiste. Die Bikerjacke und dieses Mal die Keilsandaletten, es wird warm die Nacht. Einen Regenschirm habe ich auch mit dabei. 19 Uhr die Dusche und das Parfüm, 20 Uhr das Make-up … dezenter Kajalstrich, kein Mascara. Er hat mir letzte Nacht von dem einen Club erzählt: „Da sind nur Tussen mit gemachten Titten!“ Und ultra viel Make-up. Ergänze ich in Gedanken. Da will ich hin. Ein DJ des Clubs spielt auf der Insel in der Elbe in dem Park in einem dort ansässigen Open-Air Club.

Ich nehme mein eigenes Auto, ich habe ihm eine Nachricht geschrieben, ihn gefragt, ob er mitkommt. Keine Antwort. Schreibe ich dem anderen Kerl? Ich date zwei? Ich vermeide es, mit zwei an einem Abend zu verabreden. Mein Auto fährt den Abend gegen 21 Uhr nach Magdeburg rein, in Richtung der Elbanlegerstelle für die Schiffe. Gleich neben der Strandbar.

Ich kurve mehrmals über den Parkplatz. Keine Chance, es ist richtig voll. Ich denke, einen geheimen Plan zu haben und fahre (nach einer Schleife) ein Stück südwärts zu der anderen Brücke über die Elbe in Richtung der Insel (für Auswärtige: Die Elbe hat hier noch ein oder zwei Seitenarme … so etwas wie in Paris und der Seine). Auch hier in dem Park sind erschreckend viele Menschen und Autos – das „Event“ ist gnadenlos überfüllt! Die Organisatoren hatten niemals an so viele Parkplätze gedacht. Ich muss gefühlt einen Kilometer weiter fahren, bis ich endlich eine Stelle mit Parkmöglichkeiten finde. Sachen greifen, Tasche, Jacke, Auto abschließen und zu Fuß zurück.

Mehrere Bühnen und Musik und DJs. Der MDR hat etwas, die Bühne daneben, alle paar Meter ein Getränkeausschank, der Beach-Club, wo ich hin will, und das Restaurant daneben. Auf der anderen Uferseite der Elbe konnte ich auf dem Weg hierher schon die anderen Lichter der anderen Clubs, Biergärten und Restaurants sehen, da will ich später auch noch hin. Doch wo ist die Anlegestelle für das Schiff? Der zweite Halt ist so weit abseits, dass die Idee mit dem „Pendelverkehr“ auf dem Wasser gar nicht richtig umsetzbar ist (jedenfalls nicht für mich). Schade, darauf muss ich verzichten.

In dem Beach-Club angekommen, ich zahle fünf Euro für die erste Cola im Plastebecher. Die Tanzfläche zu den Beats ist tatsächlich in dem feinen Sand. Der Sand ist hier überall. Ich tanze etwas, meine Sandaletten mit dem Klettverschluss konnte ich leicht abziehen … aber viele tragen hier Schuhe? Die Leute sind jung, Party-People. Nicht unbedingt mein Klientel, so in etwa stelle ich mir Mallorca vor. Und die weiblichen Gäste? Tussies. Er hat nicht übertrieben (nur das mit den Titten, da starre ich nicht drauf, das kann ich nicht verifizieren). Ein anderer Stand, eine andere Cola für weniger Geld (ich wurde bei der ersten beschissen), ich suche mir ein Platz zum Sitzen. Wo ist mein Ipanema? Es gibt hier eine Bar, aber die ist auch maßlos überlaufen. Hier sind mir viel zu viele Frauen, hier finde ich ja nie einen Mann. Mein zweiter Kontakt auf meiner WhatsApp-Liste bekommt eine Nachricht von mir …

Abmarsch, ich muss hier weg. Ich greife meine Sandaletten und latsche durch den Sand zum Ausgang, wieder die Schuhe angezogen, den Weg hinein in den Park zu dem anderen Restaurant. Es muss so gegen 23 Uhr sein. Hier spielt eine Band ihre Coversongs – ein vollkommen anderes Publikumsbild, die Älteren, die man/frau so auch auf jedem Stadtfest trifft. Das Restaurant an diesem eigentlich schönem Wandelgang aus der Jahrhundertwende gelegen und den modernen Bauten aus der Art déco Zeit daneben (der markante Messeturm), bietet auch einen Barstand an, sogar mit „Ipanema“ – viel zu viel Eis, total verwässert. Wenigstens wird mir ein Strohhalm zum Mitnehmen mit angeboten und ich kann, nachdem ich einen Sitzplatz auf einer Bank mit Tisch gefunden habe, in den Eisbröckchen hin und her stochern. Niemand spricht mich hier an. Doch … einmal, aber da fing es gerade an zu regnen und mein Platz ist an einer Bank unter einem großen Schirm. Der Lichtkegel beleuchtet einen Baum auf einer Insel in dem Parksee, erst jetzt erkenne ich, dass es leicht nieselt.

Ich warte den Regen ab und laufe dann gegen Mitternacht wieder zurück zur Straße, zu der Brücke über die Elbe, von der ich hierher gekommen bin. Viele Menschen, vieles Partyvolk. Auf der Brücke ist nichts von den Schiffen zu sehen (wenig später zieht dann doch eines vorbei, völlig leer).

Auf der anderen Seite der Elbe, durch einen dunklen Radweg, auf dem ich nicht wirklich einsam bin, erreiche ich nach ein paar Schritten wieder die Gegend um den Domfelsen. Tagsüber war ich hier schon, die Restaurants, der kleine Parkplatz, die italienische Eisdiele, irgendwo dort hinten die Treppen zum Elbufer und der Domfelsen. So weit laufe ich nicht, ich will über die Fußgängerbrücke über die Uferstraße und dort oben, in den alten Festungsmauern die hell erleuchteten Lichter sehen und die Partymusik suchen, die ich hinwärts von der anderen Uferseite erkennen konnte.

Hier war ich noch nie. Es gibt einen Biergarten und ein Café mit hübschen Nischen in diesen alten Mauern? Das könnte sogar locker mithalten mit Dresden. Oben auf dem Plateau angekommen, ein freier Platz, stimmig in Szene gesetzt, mit Lichterketten und Glitzerkugel. Ein weiteres, vollkommen anderes Publikumsbild … die Alt-Studenten, die Bohème, szenetypisches. Hier gefällt es mir, hier passe ich hinein. Die DJs legen ein paar alte Disco-Kracher auf, ich gehe zu der Bar und bestelle mir eine echte Flasche Limonade. Kein Plastebecher mehr. Und die Toiletten unten … es gibt wenigstens echte Toiletten.

Wieder oben, ich tanze ein paar Titel zu der aufgelegten Musik unter freien Himmel. Könnte es noch regnen? Manchmal wirkt es so, aber es bleibt stabil. Die Stile wechseln sich, wenn Techno läuft, kann ich mich in Trance fallen lassen (würden nicht andere Gäste reinquatschen). Wie lange legen die DJs noch auf? Jedes Mal, wenn ich denke, die machen jetzt Schluss, ist es nur ein Aussetzer auf der Anlage.

Halb zwei Uhr nachts, nach dem letzten Aussetzer kommt wirklich keine Musik mehr. Zeit zu gehen. Ich schaue auf mein Smartphone und sehe, dass „Nummer Zwei“ mir geantwortet hat. Auch er hatte keine Zeit für mich. Die Treppe wieder runter zur Brücke, die Brücke über die Straße zur Uferpromenade, die Promenade entlang zu der kleinen Fußgängerbrücke über die Elbe, eine ehemalige Güterzugbrücke. Immer noch viele Menschen in unterschiedlichen Stadien ihres Alkoholkonsums.

Wieder auf der anderen Uferseite zurück zu meinem Auto, welches ich erst gegen zwei Uhr den Sonntag Morgen erreiche. Ich habe wieder ein präzises Zeitgefühl. Erst jetzt, den Weg hinaus aus der Stadt, setzt ein leichter Regen ein. Vorsichtig fahren über die Brücken, zu viele Betrunkene.

Zu Hause bin ich dann erst halb drei Uhr, vorsichtig am Hund vorbei schleichen. „Weiterschlafen …“ Alle Fenster in meiner Wohnung öffnen, ins Bad verschwinden, auf der Couch die Nachrichten auf meinem Smartphone prüfen. Nichts. Jedes Mal, wenn so etwas passiert, zieht es mich runter. Bin ich zu hässlich, zu merkwürdig, habe ich die beiden Männer verschreckt? Oben auf der Brücke, hat einer Cat Calling mit mir versucht, ich bin ignorierend weiter gegangen. Ins Bett fallen und in Gedanken diese beiden letzten Tage Revue passieren lassen.

[05.08.24 / 15:36] Freitag nach der Arbeit, ich saß noch bis kurz vor 19 Uhr vor dem Bildschirm im Büro, um meine drei Tage Überstunden zu komplettieren (den Japanern imponieren, dass wir hier in Deutschland auch so brutale Arbeitszeiten haben), als ich mich gerade, wieder angekommen zu Hause, umgezogen habe. Das Telefon klingelt, eine Nachricht taucht auf, er ist es – meine Bekanntschaft vom letzten Bikertreffen – er ist gerade in der Stadt, beim Schnellimbiss die Straße runter und fragt an, ob ich den Abend spontan Zeit hätte. Klar, wieso nicht? Ich springe vom Sofa auf zum Bad, schnell noch etwas frisch machen, Zähne putzen, das schwarz-weiße Blümchenkleid und mein schwarzes Polohemd vom Bügel rupfen (mein Arbeits-Dress des Tages) und schlüpfe hinein. Make-up lasse ich weg. „Ich brauche noch zehn, fünfzehn Minuten, dann kannst du mich draußen auf der Straße einsammeln.“

Freitag kurz vor 22 Uhr, ich stehe draußen auf der Straße vor meinem Haus, Autos und LKWs rauschen vorbei. Die Sonne ist untergegangen, nur der Schein der Straßenlaterne und die dunkel bläulichen Wolken mit den letzten, goldenen Lichtstrahlen. Ein Auto kommt vorbei, hält. Ich wechsele die Straßenseite. „Hallo.“ – „Schön, dass du Zeit hast.“ Das leichte Mädchen mit dem Rock steigt schon wieder unbekümmert in ein Auto. Als Schuhe habe ich die Sneakers gewählt, meine Jacke für die kühle Nacht – ich weiß noch nicht wohin – ist die schwarze Baumwoll-Bikerjacke mit dem Reißverschluss.

„Hattest du etwas vor? Weißt du, wo wir hin könnten?“ Er hat nicht wirklich ein Ziel, kurvt die Straßen dieser Kleinstadt entlang. Bier holen (Mix-Getränk) an der Tankstelle, Zigarettenschachtel. Laute Musik dröhnt aus den Boxen … typischer Freitagabend in der Provinz. Er lässt den Motor aufheulen und startet Richtung nächster Großstadt, Magdeburg. „Das ist aber doch ganz schön schnell … kannst du langsamer fahren? Die Musik ist aber doch ganz schön laut … kannst du die vielleicht etwas runterregeln? Eigentlich wollte ich doch heute Abend nicht mehr so viel unternehmen, wir bleiben doch nicht länger weg, oder?“ Ich habe meinen Quengelmoment. Er lässt sich davon nicht beeindrucken: „Weiber …“

Die Nacht wird dunkel, ich weiß, wo er langfährt, ich weiß, wo wir sind. „Vertrau mir, ich habe einen Plan. Es wird dir gefallen.“ Die Lichter der Schleuse zwischen Elbe und Mittellandkanal, das Wasserstraßenkreuz, tauchen vor uns auf, ich kenne die Gegend aber auch nur vom Hellen. Er sucht die Einfahrt zu einem Parkplatz, menschenleer ist es nicht, einige Wohnmobile, einige Trucker, die hier übernachten. Wir sind am Barleber See II. „Das ist bestimmt so ein Parkplatz für Sex-Treffen“, ich scherze noch. Wir steigen aus und gehen erst mal eine Runde spazieren, entlang dem Wasserkanal, dem Zubringer für die Schleuse. Es ist alles hell erleuchtet. Ich weiß (von der Trogbrücke ein Stück weiter), dass hier überall Kameras sind.

Wir erzählen ein bisschen, dass er mit mir die nächsten Tage nicht mit zur Ostsee kommt, ist klar. Dafür war meine Hotelbuchung viel zu kurzfristig für ihn. Wen nehme ich sonst mit, mit wem habe ich die letzten Wochenenden verbracht? Ich erzähle meinen Liebhabern immer von den anderen: „Mach dir keine Gedanken, da lief nichts.“ Er scheint beruhigt.

Wieder zurück auf dem dunklen Parkplatz, umrandet von hohen Gebüschen, er holt eine Decke aus seinem Auto und eine zusammengerollte Unterlage. Ich bin beeindruckt. „Wir müssen noch ein Stück laufen, bis wir an den See kommen. Du wirst es lieben.“ Er war hier schon einmal. Wir verlassen den Parkplatz durch eine schmale Lücke in dem Gebüsch. Hinter uns war noch ein parkendes Auto mit einem anderen Pärchen?

Der Trampelpfad führt auf einen geteerten Weg. Er leuchtet mit seinem Smartphone. Wir laufen minutenlang, ich folge ihm. Der Weg wird enger, er sucht eine Abzweigung. Ein weiterer Trampelpfad führt durch das Dickicht. Sträucher, Gräser, Halme streifen meine Beine unter dem knielangen Rock. Wir laufen weiter, Minuten vergehen. Die Autobahn ist in der Nähe, ich kann die vorbeirauschenden LKWs hören. Der Schein der Laternen von dort beleuchtet den Nachthimmel über den hohen Gehölzern.

Eine Lücke, der See glitzert. Von irgendwo am anderen Ufer eine Gewerbeanlage. Er hat die Stelle gefunden, ein weiterer Abzweig vom Trampelpfad führt an eine kleine Stelle am Ufer. Das Wasser ist warm und glasklar, ich lasse meine Hand drin gleiten. Er breitet die Decke und die Unterlage ein Stück weit oberhalb aus. Nicht wenig später sitze ich neben ihm und ziehe mein Oberteil aus.

„Du bist so schön …“ Meine Sachen stapeln sich auf einem kleinen Haufen, meine Schuhe, mein Rock, meine Tasche. Er zieht meinen BH aus und wirft seine Sachen auch mit daneben. Meine schwarze Unterhose bleibt als letztes und verschwindet dann auch.

Küssen. Er sitzt vor mir, ich blicke auf den glitzernden See. Er greift und beißt in meine Brüste, ich lasse mich nach hinten fallen. Ich nehme ihn in meine Hand, er baut sich auf, ich mache ihn wahnsinnig – und er nimmt mich. Meine Beine rechts und links an ihm vorbei. Ich spüre sein Glied, ich spüre sein Gewicht (er stützt sich ab). Ich umarme ihn, lasse meine Finger auf seinen Rücken spielen … er drückt sich gegen mich. Ich blicke nach oben … und sehe den Nachthimmel voller Sterne. Das ist so ein unbeschreiblich, schönes, kosmisches Erlebnis! Ich wünschte, er würde mich in diesen Moment wirklich richtig tief nehmen. Ich würde ihn so gerne in mir spüren. Er hat an alles gedacht … aber nicht an die Kondome.

Wir machen weiter. Wir gehen durch diverse Stellungen. Manchmal ist er oben, manchmal bin ich oben. Er spielt mit seinen Fingern in mir, er spielt mit seinen Penis in mir. Vaginal kann er mich nur „anstupsen“. Ich gehe mit. Für einen Moment hätte er es fast geschafft … eine bestimmte Stellung, ein bestimmter Winkel, er ist so groß, er bringt mich zu diesem Verlangen: „Sind wir bald mit dem Vorspiel fertig? Können wir jetzt anfangen?“ Meine Schuld – ich hätte auch ein Kondom mitnehmen sollen.

Ich bringe ihn so weit, dass er fast kommt. Ich habe meine Hand, ich habe meine Lippen. Er wird müde und möchte mich in der Löffelchenstellung umarmen. Wir legen uns in diese Position, ich greife seine Hand von hinten und führe sie an meine Brust. Wir sind immer noch nackt an diesem See und ich spüre so langsam die Kälte auf allen Bereichen, die nicht von seinem Körper gewärmt werden. Weit über uns rauschen in der Ferne weiterhin die ganzen LKWs die Autobahn entlang.

Ich friere, ich möchte mich anziehen. Meine Bewegungen, meine Sachen suchend, wecken ihn auf. „Du hast recht, jetzt wird es doch ganz schön frisch“, er steht auch auf und sucht seine Sachen, „Was ist das?“ Ein Schwarm Nacktschnecken gleitet über unsere Decke. Wir hatten das Pech, uns gerade in ihre allabendliche Fährte runter zum Seeufer zu legen. Angezogen muss er erst mal seine Decke aus- und abschütteln. Die Viecher sind überall, sogar in seinen Schuhen. Wenig später streifen wir den Trampelpfad wieder zurück in Richtung Parkplatz.

Die Momente zuvor auf der Decke hat er sich schon mit mir unterhalten und einige Fragen gestellt – es fällt ihm auf, dass ich da unten anders bin. Keine Gebärmutter, keine Vagina, es geht nicht tief, meine Klitoris ist so groß? So etwas hat er noch nie ertastet. Ich weiche mit meinen Antworten aus. Er stellt die Frage, ob ich nicht doch operiert bin. „Tatsächlich habe ich mich 2019 operieren lassen, bei Licht würdest du es erkennen: mir fehlt ein Stück der hinteren, linken Schamlippe, die ist nach innen gewandert. Leider hat das nicht viel gebracht, ich müsste mich eigentlich nochmal operieren lassen, in Thailand, die bieten da eine Methode an, aber das ist teuer.“ Meine Legende, ich bin so geboren ohne Vagina. „Aber du warst nicht früher mal ein Kerl?“ Nein, niemals.

Er stellt solche Fragen und ich weiß nicht, wie lange ich meine Maskerade noch aufrecht erhalten kann.

Der Weg führt wieder an den Sträuchern und Büschen vorbei. Dieses Mal laufe ich voraus und leuchte den Weg. Eine Einmündung auf den Asphalt, wenig später das Licht des Parkplatzes … irgendwo muss doch eine Laterne sein. Wir gehen wieder an den einem Auto vorbei, die beiden sind immer noch hier, was die da machen möchte ich nicht in Erfahrung bringen … oder stören. Die Lampe des Smartphones nach unten auf den Asphalt gerichtet. Vorbei an den LKWs, die Trucker nicht stören, die schlafen hier. Wir gehen zu seinem Auto und setzen uns hinein.

Er kann trotz alledem nicht von mir lassen und ich greife sein Stück aus der Hose. Schnelle Handbewegungen, „Jetzt“, mein Kopf geht nach unten, meine Lippen darüber. Er kommt. Ich versuche den Winkel zu halten, nichts aus meinem Mund herauslaufen zu lassen. Ich habe Erfolg, ich spüre sein Sperma auf meiner Zunge. Schmunzelnd schaue ich ihn an, als ich mein Körper wieder aufrichte. Er sagt etwas, ich deute auf meine Wangen, ich kann nicht sprechen. Ich öffne meine Tür auf der Beifahrerseite etwas und spucke es nach unten hinaus. „Ich schlucke nicht.“ Er hat es verstanden. Ich frage nach einem Taschentuch für den letzten Tropfen und wische ihn weg von meinem Kinn. Er startet den Motor und sucht nach dieser Tankstelle, die er den Weg hierher vor ein paar Stunden gesehen hatte.

An der Tankstelle kauft er an dem Nachtschalter eine Flasche Wasser für mich. Ich sitze im Auto und kann die Dame über den Lautsprecher hören. Sie wirkt sehr überrascht … niemand bestellt sich hier am Wochenende mitten in der Nacht nur eine Flasche Wasser. Sie weiß nicht, sie vermutet es vielleicht nur, da ist noch eine junge Frau mit im Auto.

Meine Bekanntschaft, mein neuer Liebhaber – ich weiß noch nicht, wie ich ihn nennen soll – fährt mich wieder den Sonnabend Morgen zurück in mein Heimatort, das Provinzkaff am Rande von Magdeburg. Wie wird er es aufnehmen, dass ich solchen, „speziellen“ Fragen ausweiche? Er hat einen starken Verdacht … vielleicht ist es ihm aber auch nur egal? Jetzt in diesen Moment ist er nur ziemlich müde und schafft es gerade noch so, sich wach zu halten und mich wieder vor meinem Haus abzusetzen. Wieder in meiner Wohnung kommt mir der Gedanke: Ich hätte doch eine Ausnahme machen können und ihn bei mir übernachten lassen. Ich schreibe ihm eine Nachricht und frage nach, ob er gut zu Hause angekommen ist. Wenig später, nach meiner Runde im Bad, erreicht mich seine Antwort, er hat es geschafft. Beruhigt kann ich mich dann, gegen drei oder vier Uhr, in mein Bett fallen lassen.

[29.07.24 / 00:55] Das „Ding“ in Berlin ist leider ins Wasser gefallen, das Bikertreffen (mit Zelt) im Harz ebenso. Das Konzert in Magdeburg … ich weiß nicht, ob das das Richtige für mich ist – ich sitze das letzte Juliwochenende zu Hause … nicht wirklich was zu tun. Ich könnte mal wieder online gehen …

Meine WhatsApp-Kontakte, die beiden schreiben mir nicht wirklich mehr, der eine andere Kontakt – ich habe ihm eine Performance per Video gegeben, er ist nicht sehr erfreut, dass ich das auch gegen Bezahlung öffentlich im Internet mache. Das ist mein Leben und meine Entscheidung. Ich bin immer noch ein ganzes Stück entfernt, um bei der Porno-Plattform endlich die Auszahlungsgrenze zu erreichen. Meine Bilder kosten nur ein paar Cent, die Videos selbst lädt sich fast niemand herunter. Den Preis für Chats habe ich auch mit einem mickrigen Cent-Betrag angesetzt, so oft schreibt mir da niemand. Zeit für ein neues Video.

Sonnabend Abend kurz vor 23 Uhr, wenn ich jetzt mit dem Aufbau und den Vorbereitungen starte, das Video innerhalb von einer Stunde abdrehe, könnte ich vielleicht danach noch online gehen – das ist die einzige Gelegenheit auf der Plattform ein paar Euro zu verdienen. Leider dauert der Aufbau für das ganze Set und die Beleuchtung in meinem Wohnzimmer mehr als zwei Stunden.

Meine Webcam-Performance, ich will den Moment einfangen, den magischen Moment, wenn ich einen Orgasmus erreiche – meine neue Fähigkeit seit letzten Winter. Wie das so ist, wenn du etwas unbedingt erreichen willst – dann klappt es nicht. Zwanzig, dreißig Minuten, ich werde da unten schon wund – so funktioniert das nicht! Ob meine Verzweiflung auf dem Video zu erkennen ist? Stopp-Button drücken, Entspannen. Wieder zu mir selbst finden, die Kamera vergessen – das kann ich alles hinterher schneiden. Ein zweiter und ein dritter Anlauf … habe ich es drauf? Ich lächele erschöpft in die Kamera, als ich den Höhepunkt in der Hitze der Nacht erklommen habe. Meine Finger gleiten nach unten, es glitzert alles in dem LED-Schein.

Ich kann die Aufnahme wieder beenden, das Ganze hat jetzt über eine Stunde gedauert, online gehe ich wohl nicht mehr. Kurz nach zwei Uhr, ich beginne das Set wieder abzubauen (meine Wohnung umzudekorieren) und prüfe die Aufnahmen … „Ach Sch…!“ Ich hätte vorher prüfen sollen, nicht dass die Webcam-Software auch die Aufnahme speichert, sondern auch in welchem Format! Die Frame-Rate ist so niedrig, die Aufnahmen kann ich gar nicht semi-professionell verwenden. Die Beleuchtung war auch nicht so optimal. Alles stilecht im düsteren Dunkeln (tatsächlich wollte ich noch ein expressionistisches Gegenlicht setzen), aber für den Porno-Markt ist das nichts. Die wollen hellbeleuchtete Hotelzimmer mit billigen Nutten und bärtigen, bierbäuchigen Kerlen. Ich bin da völlig falsch. „Ein Hauch von schemenhaften Nichts, in völliger Dunkelheit gleitet eine Hand und zwei, drei Finger den nackten Körper tief hinab und taucht ein, in die dunkle Grotte zwischen den Schenkeln, ein Finger kommt heraus, zwei Finger kommen heraus, es glitzert so wunderbar.“

Ich werde das Video zusammenschneiden und sehen, ob ich noch etwas retten kann. Wenn es was wird – und es taugt nicht zum Verkauf, schiebe ich es eben irgendwo hoch auf meine Seite, der eine Server im Darknet.

Ich wollte mich da längst wieder abmelden …

Nachtrag Oktober 2024: Ich habe mich doch dazu entschlossen, das ganze Videomaterial zu verwerfen. Die eine Kameraeinstellung mit der niedrigen Bildrate ist unbrauchbar, die andere Kameraeinstellung mit der geführten Wackelkamera (das Smartphone in der Hand) – die Sequenzen sind zu dunkel, zu kurz und zu ruckhaft, der Ton ist ebenso unbrauchbar. Einzig allein das allererste Frame der ersten Kameraeinstellung verwende ich weiter, vielleicht als Profilbild, vielleicht auch nicht … vielleicht lösche ich demnächst alle meine Videos auf der Porno-Plattform.

[22.07.24 / 23:41] „Da das letztes Wochenende nichts geworden ist (war nur Konzert für mich), will ich diesen Abend und diese Nacht irgendwo in Magdeburg tanzen gehen. Das schwarze Abendkleid vom letzten Wochenende kommt erst morgen mit in die Wäsche, das geht nochmal.“ Notiz an ihn, den Sonnabend eine Woche später.

Wird er mitkommen? Ich glaube nicht, wir kommunizieren mit unseren Textnachrichten aneinander vorbei. Das wird mein Abend und meine Nacht. Ich muss mich mit niemanden treffen, ich muss niemanden kennenlernen. Ich gehe aus, einfach nur so für mich. Das schwarze One-Shoulder-Kleid hänge ich raus in den Garten, zum Lüften … mehr wegen des penetranten „Ersatz-Waschmittel-Geruchs“, die Packung für Schwarzes – und nur für äußerste Notfälle – ganz hinten im Kellerregal der Waschküche. Die anderen beiden Packungen waren vor sieben Tagen leider leer. Die Netzstrumpfhose lasse ich weg. Als Höschen untendrunter, wähle ich das feine in Spitze … das wollte ich schon letztes Wochenende tragen.

Für diese Nacht, ich fahre nicht weit, habe ich mir einen Club in Magdeburg ausgesucht, Independent- und Achtziger-Jahre-Party. Vielleicht treffe ich dort auf andere Gothics? Sonst gibt es ja nichts hier in dieser Gegend. Den Tag verbringe ich so, viel zu heiß … Wohnung ganz leicht Ecken- oder Häufchenweise aufräumen. Später den Abend, gehe ich in mein Badezimmer.

Beine vorrasiert habe ich schon den frühen Mittag, bevor ich die Dusche nehme, wird noch einmal mit einem anderen Apparat fein nachrasiert, alles maschinell und trocken. Die Dusche mit dem schweren Parfüm, Haare trocknen, Kleid überziehen, mehr Parfüm (vorher). Am großen Spiegel hänge ich die LED-Lichtleisten auf, zur optimalen und schattenlosen Ausleuchtung – die hatte ich schon in Leipzig in meiner Wohnung.

Make-up-Utensilien auf dem Waschtisch vorbereitet: Kajal, Mascara, kleine Bürste und kleiner Pinsel. Den schwarzen Kajal-Stift kurz angespitzt – am Ende des Augenlids ein kurzer Strich mit Schwung nach oben, ein zweiter darunter, spitz zulaufend und verbunden mit dem oberen. Das gleiche wiederholt mit dem anderen Auge, der jetzt nicht mehr so angespitzte Kajal tupft die kleine, im Idealfall dreieckige Fläche schwarz. Am oberen Augenlid selber ziehe ich damit eine gestrichelte Linie – so wie ich das schon die letzten zwanzig Jahre mache. Schwarzer Mascara, die Wimpern aufgebürstet, die unteren etwas benetzt. Anschließend mit dem kleinen, schmalen Pinsel die schwarze Farbe zu einem rauchigen Finish verblendet, die seitlichen Enden links und rechts am Augenlid fein auslaufend … danebengegangene Mascara-Klümpchen irgendwie verschwinden lassen, ohne dass sie große, schwarze Schatten bilden, die alles wieder ruinieren. Und jetzt setze ich meine Brille auf, um das Ergebnis im Schein der LED-Lichter zu begutachten … früher hatte ich wenigstens noch Kontaktlinsen.

Meine Bikerjacke greifen, die beiden Paar Schuhe – die Keilsandaletten zum Fahren und die schwarzen Plateausandaletten für den dramatischen Auftritt – ich fahre mit meinem Roadster nach Magdeburg. Eine große Handtasche habe ich dieses Mal nicht dabei, es muss alles irgendwie in die Clutch passen. Mit dem Sonnenuntergang hinter mir, zur Elbe, zur Strandbar in dieser Stadt, mein Lieblingsort, da kann ich nichts falsch machen.

Ich kenne mich aus, ich kenne den Weg, ich parke mein Auto auf dem großen Parkplatz oberhalb der Flussuferpromenade … sofern ich einen Parkplatz finde. Die Temperaturen sind so heiß und so sommerlich, das Strandlokal, bzw. die Bar, ist voll. Viele Menschen, einige der Damen wirklich schick angezogen, elegant für die Nacht. Andere Gäste (insbesondere Männer) in ihrem schlichten Freizeit-Look. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich in meinem kurzen, schwarzen Abendkleid und der kleinen Clutch irgendwie overdressed bin, ich passe hier ganz gut rein.

Ein Ipanema an der Bar, ein gerade frei gewordener Sitzplatz oben auf dem Holzdeck mit Blick runter zum Wasser. Ich schlürfe mein alkoholfreies Getränk, stochere mit dem Strohhalm zwischen den Limetten, den Eiswürfeln und dem Rohrzuckersirup. Eine kleine Spinne neben mir erregt meine Aufmerksamkeit, sie baut in dem Holzgeländer flink ein Netz … sie hat sogar eine kleine Babyspinne dabei, huckepack springt es ab und baut auch mit am Netz. Kleine Fliegen (und vielleicht sogar Mücken) verfangen sich.

Es ist dunkel geworden, es werden noch mehr Plätze frei. Ich zücke mein Smartphone und suche auf dem Navi nach dem besten Weg zu dem Club. Die empfohlene Route fahre ich nicht, ich kenne einen besseren Weg auf der kleinen Karte. Gegen 23 Uhr, mein Tisch abräumen lassen und wieder zurück zum Auto. Es ist immer noch heiß diesen Sommerabend

Am Club angekommen, mache ich einen ganz großen Bogen um diesen fiesen Bordstein. Letztes Jahr zu der Abschlussparty vom Magdeburger CSD habe ich mir hier fast mein Auto ruiniert – der Seitenschweller hat einen Lackschaden beim Einbiegen in die Kurve zu den Parkplätzen abbekommen, ist aber noch dran geblieben. Die laute Metal- und Hardrockmusik im Radio etwas leiser drehen, das Verdeck zuklappen, die Musik ganz ausmachen und aussteigen. Schuhe wechseln, Keilsandaletten zu Plateausandaletten. Meine Jacke bleibt im Auto. In den Seitentaschen mit Reißverschluss kann ich noch etwas aus meiner Handtasche auslagern.

Die Abendkasse des Clubs passiere ich wieder mit einer obligatorischen Ausweiskontrolle. Ob ihnen mein Geburtsjahr auffällt? Ü40. In dem Club sind schon einige, ziemlich junge Gäste. Getränk an der Bar draußen. Mate. Was sonst. Leider ist die Außentanzfläche diese Nacht nicht in Betrieb … das wäre es gewesen.

Drinnen, die eine Tanzfläche, gemischtes zwischen Indie-Rock, Crossover und Metal-lastiges. Die andere Tanzfläche, von der ich mir so viel für diese Nacht erhofft habe, spielt ein paar Achtziger-Jahre-Hits. Ich kenne die Setlist. Ein paar New Wave und Romantic Titel, ein wenig tanzen. Bei NDW-Fetenhits verschwinde ich an der Bar, neues Getränk in der Flasche holen. Zwischendurch die Toiletten. Erst war ich da noch ziemlich alleine, im Laufe der Nacht werden sie natürlicherweise voller. Ich muss ganz dringend mal, nervös kreuze ich meine Beine. Eine Schlange vor der Frauentoilette – keine Schlange vor der Männertoilette? Um das zu erfahren, muss ich in die Männertoilette gehen. Mit meinem kurzen, schwarzen Kleid und den langen, blonden Haaren falle ich da sicher nicht auf. Ich schlängel mich so an den Herren an den Pissoirs vorbei. Mist. Auch hier sind die Toilettenkabinen besetzt. Ich kann die hinteren Enden der Schuhe der Männer darin sehen, wie sie in ihrer Privatatmosphäre in die Becken zielen. Ich werde angesprochen, ich falle doch auf, das ist die Männertoilette. „Ich bin variabel. Ich kann hier und da.“ In meiner tiefsten Stimme. Warum sage ich das? Erhoffe ich mir einen Vorteil und Akzeptanz unter den Männern? Ich sollte hier nicht sein, niemand sieht mehr, dass ich früher etwas anderes war. Mit viel Mitleid stehe ich danach wartend in der Schlange der Frauen vor der Damentoilette. „Drüben die Kabinen sind alle auch besetzt.“

Draußen, mein Sitzplatz auf einer Bank, ich beobachte die Gäste … viel Schwarzes, viele Band-T-Shirts, einige mit Sandaletten, andere junge Damen in Chucks und Vans. Nicht alles, was Schwarz und Nietengürtel trägt, muss Gothic sein – es gibt da noch mehr in Richtung Hardcore, Punk und Crust. Ein Plakat an der Eingangstür ist mir aufgefallen, nächste Woche könnte hier was mit Wave sein. Ich stelle mein Getränk neben mir auf der Bank ab. Wie lang bleibe ich noch, wie spät ist es, drei Uhr? Ein anderer Mann setzt sich zu mir … Schon wieder ein Betrunkener. Er beginnt ein Gespräch mit mir, warum nicht? Entspannt antworte ich auf seine Fragen. Ein Gespräch entwickelt sich – es stellt sich heraus, dass wir dieselben Freunde haben (zumindest die eine Person, über die wir uns danach unterhalten).

Er scheint ganz lustig und interessant zu sein, sieht auch nicht so „nicht ansprechend“ aus, könnte vielleicht sogar mein Typ sein? Immerhin die Zigarettenmarke, die er raucht, gehört zu den besseren, die ich passiv inhaliere. Die Sonne geht auf, die Stunde vorher weicht das Blau der Nacht dem Schein des Morgens. Mir wird es doch etwas kühl in meinem Kleid. Ihm ist aufgefallen, dass mein Sex-positives Outfit so gar nicht zu meiner zurückhaltenden Natur passt. Das habe ich für mich angezogen, weil ich mich darin einfach wohl fühle.

Bevor der Club um sechs Uhr den Sonntag Morgen schließt und die letzten Gäste das Areal verlassen, sitzen wir zusammen in meinem Auto und unterhalten uns noch weiter. Ab und zu streift er mir durchs Haar, ich blicke ihn nicht an. Verlegene Körperberührungen, traut er sich nicht? Alles könnte passieren, ein Moment und ich öffne mich ihm total. Ich spüre, dass ich mehr zulassen könnte. Er ist sich nicht sicher. Er bietet mir an, mir seine Telefonnummer zu geben. Ich ziehe mein Telefon aus der Tasche und tippe sie ein. Die Sonne ist am Horizont aufgegangen, wir können sie durch die Windschutzscheibe dort hinten zwischen den Bäumen sehen. Er ist mit dem Fahrrad hier, es steht da angekettet an einem Zaun über der Straße.

Ein Abschiedsmoment, er steigt aus und ich möchte auch aussteigen, ihn wenigstens umarmen. Vor meiner Tür am Auto drücken wir uns. „Mach's gut. Du hast meine Nummer.“ – „Nein, ich habe dir meine gegeben.“ – „Oh, ach so …“ Ich bin leicht verliebt. Ich kann ihn unten „spüren“ … bei der Umarmung. Er geht zu seinem Fahrrad, ich starte meinen Motor. Zurück nach Hause, zurück zu meinem Bett. Wie gewohnt, alles wieder auf die Couch werfen, im Bad verschwinden, Mascara und Kajal aus den Augen wischen. 6:45 Uhr, ich kann schlafen.

[15.07.24 / 00:04] Ich parke da, wo ich immer parke, die kleine Seitenstraße, in der niemand wohnt. Alles umpacken, nur das Nötigste – Smartphone, Bargeld, Haarkamm, Deo und schwarzes Augen-Make-up kommt mit in meine Leder-Clutch. Die Handtasche selbst landet mit der Tragetasche im Kofferraum – neben meinem Schlafsack. Der Parfümstoß kopfüber auf den Nacken und meine blonden Haare, ich greife meine Bikerjacke, verriegel das Auto und gehe zu dem Club. Niemand ist hier? Keine Schlange? Auf dem Plakat an der Hauswand des alten Industriegebäudes steht es: Einlass für das Festival heute Abend, 20 Uhr. Verdammt. So viel Stress für nichts. Es ist 19:15 Uhr und ich habe noch eine ganze dreiviertel Stunde zum Vertrödeln übrig. Zurück zum Auto, meine große Sonnenbrille holen, etwas Wasser trinken, danach wieder zu dem Club und die ganzen Graffiti an den gemauerten Häuserwänden bewundern.

Nach und nach kommen tatsächlich noch ein paar mehr Leute, meine Befürchtung, die Schlange an der Abendkasse sprengt den ganzen Block, war mehr als übertrieben. In einer entspannten Atmosphäre öffnet sich die Tür und die ersten Handvoll Gäste können ihren Eintrittsstempel abholen. Ich bewundere weiterhin die vielen Veranstaltungsplakate in dem Eingangsbereich zur Kasse.

Den Club ablaufen, du kennst die Gegend, warst hier schon so viele Male. Unten die Bar, die Bühne, der Merchandise. Oben die Toiletten und die andere Tanzfläche. Beide Tanzflächen sind für diesen Abend und diese Nacht geöffnet – ich wünschte, er würde mir eine Nachricht schreiben, mir die Sicherheit geben, die ganze Nacht bis in den Morgen durchtanzen zu können, mit der Möglichkeit, nur wenig später in ein Bett zu fallen. Er wird mir nicht schreiben.

Ein Mate-Getränk an der Bar, wieder draußen stehen … Was ist das? Ein stacheliges Gewächs an der Holztreppe piekst mich in meine blanken Beine in die Maschen meiner Netzstrumpfhose. „Au.“ Den Jungs vor mir weise ich auf die Gefährlichkeit dieser Pflanze hin. Diese Jungs werde ich wenig später auf der Bühne wiedersehen.

Goth Girl geht aus

Der Vorhang wird aufgezogen und die erste Band des Abends beginnt zu spielen. Ein brachiales Post-Punk-Gewitter voller Energie! Die Jungs, von denen ich vorhin dachte, denen willst du lieber nicht im Dunkeln auf der Eisenbahnstraße begegnen, sind eine Band. Bias. Vorurteile täuschen. Die kleine Halle, der Raum vor der Bühne füllt sich und es wird eine Wahnsinns Show. Die muss ich mir unbedingt merken. Ich habe einen Flyer mit eingesteckt, ich sammle hier alle Flyer, die so herumliegen.

Keine Zugabe, entweder der Zeitplan ist zu eng, oder sie haben noch nicht so viele Titel. Die Wartezeit zur nächsten Band verbringe ich mit dem Besuch der oberen Etage neben den Toiletten. Mein Plakat hängt da immer noch an der Wand, das eine Post-Punk-Konzert wo ich mal war, Mitte der Zweitausender. Für diese „linksalternative Begegnungsstätte“ und ihr fünfundzwanzigjähriges Jubiläum hängen ein paar liebevoll dekorierte Schautafeln in der Etage auf dem Flur. Interessiert betrachte ich sie, die amüsanten Rivalitäten zwischen Plagwitz und Connewitz, der ganze Trouble mit den Grünen in Uniform und der ganzen Staatsmacht. Das Haus war nie besetzt? Aber es hat den Charme.

Wieder unten, die nächste Band, draußen wird es allmählich dunkel. Drinnen ist es tropisch heiß. Sie singen ihre Texte in Russisch, ich verstehe nur drei Wörter. Irgendetwas mit Arbeit und Danke für nichts? Rabota, Spasiba, nitschewo … Der Sprache nicht mächtig, nur zur Musik applaudierend, noch mehr Post-Punk-Kram. Interessanterweise wird das Wort „Goth“ auf dem Flyer in keinster Weise erwähnt.

Als ich von der Toilette wieder runterkomme, läuft schon bedrohlich düstere Musik zu der nächsten Performance. Shibari. Ich muss sie hier schon einmal gesehen haben, vielleicht erinnere ich mich nur nicht, weil alles im dunklen Bühnennebel untergegangen ist. Ich finde einen Platz in dritter Reihe, vorne die Gäste setzen sich schon hin. Ich verfolge aufmerksam die Darbietung, mindestens genauso gefesselt, wie die Frau auf der Bühne in dem knappen, schwarzen Outfit und ihr Begleiter im vollkommenen Latex (nehme ich an). Es ist faszinierend, ihn dabei zuzusehen, wie er aus ihr ein Mobilee strickt und mit ihr spielt. Die beiden müssen sich wahnsinnig viel vertrauen, sie hängt in anderthalb Meter Höhe gefesselt in der Luft. Könnte ich das auch? Sie braucht eine gewisse, athletische Körperspannung und leidenschaftliche Hingabe für diese formvollendete Ästhetik. Fein abgestimmt und verknotet durch ihren erfahrenen Begleiter. Tief durchatmen für das Publikum, als sie wieder ganz langsam den Boden berührt. Ich hätte niemanden, den ich so vertrauen könnte.

Ein weiteres Mate-Getränk, die paar Minuten vor der Tür. Meine Bikerjacke kommt hier zum Einsatz, die ich sonst in dem Club zusammen mit meiner Clutch über den Arm halte. Der Headliner steht noch an. Der Typ aus Glasgow, der gar nicht aus Schottland kommt, aber richtig gut Synthesizer spielen kann. Ich habe ihn schon mehrmals live gesehen, bewundere seine Fertigkeiten auf der Bühne, natürlich stehe ich wieder weit vorn. Vier, fünf Synthesizer, hier ein paar Regler, dort ein paar Drehknöpfe. Benutzt er einen Synthesizer wirklich nur für einen einzigen Effekt? Ein paar Titel die er spielt, gehören auch mit zu meinen Lieblingstiteln von ihm. Ein neuer Titel, den ich aber schon auf seiner Internetpräsenz gehört habe, gefällt mir auch noch viel mehr. Ich wünschte, ich könnte dann später an dem Merchandise-Stand ein weiteres Album von ihm kaufen, weiß aber nicht, auf welcher Platte dieser Titel ist. Und ich habe auch gar keinen Platz, die ganzen CDs und Vinylschallplatten zum Auto zu transportieren, nur in meiner kleinen Clutch unter dem Arm. Er spielt ein paar Zugaben, ich tanze schon seit dem ersten Titel. Es muss zwei Uhr nachts sein, als er sich von dem Publikum wieder verabschiedet und der große, schwarze Vorhang vor der Bühne ein letztes Mal zugezogen wird.

Was nun? Mein Freund hat sich nicht gemeldet (für den Leser, bzw. die Leserin, gemeint ist mein Langzeit-Liebhaber, ich verliere selbst den Überblick, da sind noch ein paar Männer mehr in meiner Kontaktliste), ich werde wohl mit dem Auto einsam auf der Autobahn wieder zurückfahren. Schön für mich, ich schlafe in meinem eigenen Bett, Pech für mich, damit ich das schaffe, muss ich auf das Tanzen verzichten und hier schon in wenigen Minuten abhauen. Ich tanze wenigstens noch drei Titel auf der beginnenden Disco-Nacht. Italo-Disco. Mein Favorit. Ich weiß, dass in einem Club ganz in der Nähe schon seit Mitternacht und bis in den frühen Morgen diese Spielart der elektronischen Musik aufgelegt wird. Das wäre mein Plan B gewesen, hätte ich es hier nicht bis rein geschafft. Etwaiger Einlassstopp wegen Überfüllung.

2:30 Uhr, zum Auto. „Abmarsch.“ Mit demselben Tempo, wie ich den Nachmittag hierher gekommen bin, rase ich die Nacht auf der Autobahn auch wieder zurück. Die Musikanlage weit aufgedreht, die Synth-Wave-Klänge und die Beats hämmern mich wach. Jedes Auto wird gnadenlos überholt und vorbeigerauscht, noch schnellere Autos rauschen an mir vorbei. „German Autobahn!“ 3:55 Uhr und ich betrete die Räume meiner Wohnung, irgendwo weit abseits in der tiefsten Sachsen-Anhaltinischen Provinz.

Meine beiden Taschen werfe ich einfach so auf die Couch. Die Netzstrumpfhose abstreifen, das Kleid und die Jacke auf einen Bügel hängen. Im Bad den schwarzen Kajal und das Mascara in einem Abschminktuch fangen … mich im Spiegel betrachten. Du kennst das, du machst das schon dein ganzes Leben. „Und, hast du mal mit jemanden gesprochen, hast du mal jemanden kennen gelernt? Nein.“ Wieder nicht. Ich schau mir ins Gesicht und ich weiß, es gibt nur einen möglichen Grund dafür: Du musst potthässlich sein. Ganz bestimmt.

Ich werde, wenn überhaupt, auf Discos und in Clubs nur von sturzbetrunkenen Männern angequatscht. Könnte es sein, dass ich vielleicht zu hübsch bin und die sich nicht an mich herantrauen? Jedes Mal, wenn diese Argumente aufkommen, betrachte ich mich mehr im Spiegel. Mein Standardspruch jeden Morgen und jeden Abend: „Hast du dich schon mal im Spiegel gesehen? Du bist hässlich.“ Was das mit sich bringt, ich habe nichts zu verlieren, ich kann mir als Ausgestoßene aus der Gesellschaft alle Freiheiten nehmen, ich muss niemanden gefallen. Ich mache das Beste aus dieser Situation … glaube ich zumindest. Ich bin das ganze Thema schon so oft durch, so viele Jahre. Vielleicht erreiche ich mal einen Punkt, an dem mir das ganze beziehungslose Dasein wirklich egal sein kann, aber dann kommt immer mein romantisches, naives Ich durch: „Wenn du achtzig bist, dann wirst du dich zum ersten Mal richtig verlieben, ganz bestimmt!“ Ins Bett fallen, dunkle Vorhänge zu, den fröhlich-doofen, sonnigen Sonntag Morgen aussperren und draußen lassen. Bitteren Sarkasmus wieder aktivieren. (Ende Teil 2/2)

[15.07.24 / 00:03] Pfingsten habe ich ein Plakat gesehen, ein Festival der befreundeten, anderen Veranstaltung im Umfeld des kleinen Gothic-Festivals, es ist wieder in der einen Location irgendwo in Plagwitz, die mit dem linksautonomen Charme. Datum in meinem Kalender notiert, wer auftritt, wer der Headliner ist – der Kanadier aus Schottland oder der schottische Kanadier – alles klar. Nur wann das dann den Sonnabend im Juli losgeht, wann der Einlass ist – das steht da nicht? Gefühlssache, könnte schon nachmittags sein, könnte aber auch erst abends sein … die eine Bondage-Performance, mit aufgelistet auf dem Plakat, bringt mich etwas ins Grübeln, ich glaube, die habe ich da schon einmal gesehen – und das war abends.

Die Tage vor dem Wochenende, meine Liste der Outfits für Pfingsten, mein ganzer Bestand im Kleiderschrank – ich will unbedingt das schwarze One-Shoulder-Kleid wieder tragen, es muss da schon ewig an der Seite hängen. Wann hatte ich das das letzte Mal an? Bestimmt pre-OP. Schnellwäsche in der Waschmaschine, zusammen mit meiner schwarzen Baumwolljacke im Bikerstil – die hatte ich auch schon lange nicht mehr an. Zurückgesetzt in meine frühen Dreißiger, kombiniere ich mein Outfit weiter. Schuhe – die Pumps, die Plateaus, die anderen schwarzen Schnürschuhe mit moderaten Absatz? Mein Favorit sind die Sneaker – bestimmt trägt den Abend jeder so ein paar Turnschuhe in dem Club. Es ist heiß und offene Sandaletten will ich zwischen den Punks vor der Bühne nicht tragen. Draußen vor dem Wäscheständer mit den frischgewaschenen Sachen kommen mir beim Kombinieren noch mehr Gedanken … zwischen den Hi-Top-Turnschuhen und dem schwarzen Kleidchen passt bestimmt super die Netzstrumpfhose dazu, die schwarze mit dem groben Fischnetzmuster … und dann noch die Bikerjacke. Outfit steht.

Ich will tanzen, ich will auf ein Konzert, ich will Männer treffen, die Nacht irgendwo verbringen, den Morgen in einem fremden Bett aufwachen, wen rufe ich da an, wem schicke ich eine Nachricht, wen kenne ich in Leipzig? Da bist nur du, mein Langzeit-Liebhaber. Er reagiert auf meine Anfrage, natürlich kann er ein Zimmer organisieren, kein Problem. Ich muss nur dann, wenn ich den Sonnabend in Leipzig angekommen bin, ihm eine weitere Nachricht schicken. Vertraue ich ihm? Nicht wirklich. Ich schätze meine Unabhängigkeit, ich nehme das Auto, ich packe alles in den Kofferraum, das Kleid, meine Waschtasche, die Kosmetikutensilien, ein Schlafsack und ein großes Handtuch für alle Fälle. Zur Not mache ich mein gesamtes Make-up auf der Bahnhofstoilette. Alles minutengenau geplant, wo ich wann wie sein will und was ich da mache, jeder Schritt auf meiner Tour – und doch bin ich den Sonnabend wieder viel zu spät. Mit Tempo hundertvierzig nach Leipzig auf der Autobahn. Wenigstens habe ich es vorher geschafft, noch meinen ganzen Körper zu rasieren.

Präzise 16:30 Uhr am Leipziger Hauptbahnhof angekommen, ich parke mein Auto in dem öffentlichen Parkhaus, ich muss noch zum Geldautomaten und möchte noch einen Kaffee trinken. Dort kann ich ihm auch eine Nachricht schicken, dass ich angekommen bin. Ich bewundere wieder die große Jugendstil-Halle dieses imposanten Bahnhofsgebäudes, die Kaffeehauskette muss wahnsinnig viel an Miete zahlen. Vor mir an der Theke steht eine junge Frau und bestellt sich einen Kaffee und etwas Kleines zum Essen. Sie fällt mir auf – sie sieht wunderschön aus. Sie ist mindestens einen halben Kopf größer als ich – und das mit Keilsandaletten – ihr Outfit komplett in Pink, zusammen mit ihren langen, blonden Haaren. Ihre Stimme, als sie die Bestellung aufgibt, ist fast gar nicht zu hören, so leise, sie muss in ihrem Leben richtig fiese Dinge erlebt haben. Ich dagegen, ganz in Schwarz, Nietengürtel, Jeans und Top, gebe meine Bestellorder ganz anders ab: „Ey, Alter. Lass den Pott Kaffee rüberwachsen.“

Weiter oben auf der Empore, am Tisch, schlürfe ich meinen Cappuccino und drücke mir meinen Blaubeermuffin rein. In Gedanken spiele ich jede Situation durch, wie ich sie wohl am besten hätte ansprechen sollen, mit ganz viel Respekt, ohne merkwürdig zu sein. Wie hätte ich mich ansprechen lassen können, wenn ein Mann hinter mir in der Warteschlange gewesen wäre? „Ich übernehme das für die bezaubernde, junge Dame.“ Weg mit dem Gedankenspiel, mein Freund aka Langzeit-Liebhaber bekommt eine Nachricht. Wenn er jetzt nicht innerhalb von einer dreiviertel Stunde antwortet, muss ich umplanen, dann kann ich nicht irgendwo – wahrscheinlich in Connewitz – für meine Vorbereitungen ein Bad benutzen … und ihn wiedersehen.

Blicke auf das Telefon, ich schalte es an, ich schalte es aus. Minuten vergehen, die Wartezeit in der oberen Ecke des Cafés in dem großen Bahnhof. Ich werde zum Auto gehen, meinen ganzen Kram umpacken, was ich nicht brauche, landet im Kofferraum, was ich brauche, das Kleid zum Umziehen, die Rolltasche mit dem Make-up, kommt mit in die Handtasche und die große Umhängetasche. Geschirrrückgabe und ich mache mich auf den Weg durch das Bahnhofsgebäude.

An dem Automaten am Bahnhof-WC werfe ich den einen Euro ein und gehe durch die Drehtür nach innen zu den Kabinen auf der Seite für die Damen. Es ist laut, es kommen ständig Leute, kleine Kinder, der Boden der Kabinen ist bedeckt mit Klopapier. In der Enge manövriere ich mich aus der Jeans raus und in die Netzstrumpfhose hinein, barfuß balancierend auf ein paar Blätter frisches Klopapier. Die Sneaker wieder zugebunden, das schwarze One-Shoulder-Kleid übergezogen, zurecht gezupft, Top und Jeans verschwinden in der Tragetasche. Die Kabine verlassend, raus zu den Schminkspiegeln. In dem Dämmerlicht mit den ganzen kommenden und gehenden Frauen um mich herum, ziehe ich einen wackeligen Strich am Augenlid. Es sieht bestimmt ganz furchtbar aus. Der schwarze Kajal und die paar Brocken danebengegangener Wimperntusche werden großflächig verblendet mit dem kleinen Pinsel … so genau sieht das dann später im Dunkeln des Clubs keiner mehr. Zurück zum Auto, ich bin spät dran, wenn ich es noch pünktlich zum Einlass um 19 Uhr an der Abendkasse schaffen will.

Bis zum Bezahlautomaten geht alles gut, die eine Karte wieder in meine Geldbörse, die andere zum Rausfahren, behalte ich mit dem Autoschlüssel in meiner Hand. Kofferraum zu, alles drin, Motor starten, zur Schranke eine Etage tiefer zum Ausgang. „Wo ist meine Karte!“

Scheiße verdammt, ich hatte sie doch eben gerade noch! Dramatische Szenen spielen sich da jetzt die nächsten Minuten ab. Ich werde nervös, panisch. Verliere meine Fassung, schreie hysterisch, stehe an dieser scheiß Schranke am Automaten und blockiere die ganze Ausfahrt. Zum Glück sind es zwei. Ich steige mehrmals aus, krame in meiner Handtasche, werfe alles auf das Verdeck oben, suche den ganzen Innenraum meines Autos nach dieser verdammten Karte ab. Wo ist sie? Habe ich sie verloren? Kann ich mich nicht mehr erinnern? Bin ich am Rande des Nervenzusammenbruchs? „Beruhige dich wieder, denk nach. Du weißt, wo sie ist, du hast sie auf deinen Schoß gelegt.“ Meine Erinnerung kommt zurück. Ich vergesse viel, wo ich was wo hingelegt habe. Wieder im Auto sitzend, gehen meine Hände rechts und links neben den Fahrersitz … ich kann sie ertasten! Sie muss von meinem Polyesterkleid beim Fahren runtergerutscht sein. Sie liegt in einer ganz ungünstigen Position, eingeklemmt unter der Schiene zum Bewegen des Sitzes.

Ein Schluck aus der Wasserflasche, so langsam komme ich wieder in ein planendes Verhalten. Das Verdeck muss runter, ich lege den Rückwärtsgang ein, die Autos hinter mir dirigiere ich mit einen Wink zu der anderen Ausfahrt. Ich fahre ein paar Meter vorsichtig zurück, daher ohne Verdeck, wo ich Platz habe zum Aussteigen und den Sitz nach ganz vorne zu schieben. Da ist sie, die scheiß Karte. Hoffentlich haben das nicht so viele mitbekommen, wie ich hier laut fluchend in meinem schwarzen Diva-Dress die Beherrschung verloren habe. Vielleicht hatte jemand an der Überwachungskamera Mitleid mit mir. Als ich wieder zur Schranke rolle und die Karte in den Schlitz schiebe, öffnet sie sich und lässt mich frei in das sonnige Tageslicht. Ich hätte eigentlich bestimmt nachzahlen müssen, die ganze dramatische Situation hat unendlich lange gedauert. Durch den Fahrtwind und meinen offenen Haaren in meinem roten Roadster den warmen Sommerabend zu dem Club nach Plagwitz. Mein Navi dirigiert mich, ich kann wieder runterkommen. (Ende Teil 1/2)

[08.07.24 / 00:36] Drei Wochen musste ich warten, drei Wochenenden ohne mein Motorrad – jetzt ist es endlich fertig! Der Mechaniker in der Werkstatt war so nett, das noch den Sonnabend Vormittag zusammenzuschrauben … genau richtig für das nächste Bikertreffen denselben Tag am Abend. Ein lokaler MC, ich warte noch das Gewitter ab, bevor ich mich auf mein Motorrad schwinge und dahin düse.

Wo ist er? Mein neuer Freund lässt sich nicht mehr blicken. Mehr als zwei Treffen hat doch noch nie ein Mann mit mir durchgehalten (außer vielleicht mein „Langzeit-Liebhaber“ in Leipzig). Verliert er das Interesse an mir? Spürt er etwas, dass mit mir nicht alles in Ordnung ist? Ich brauche ihn nicht. Meinen Urlaub, meinen langersehnten Traum, endlich mit dem Motorrad an die Ostsee fahren, kann ich auch ohne ihn machen. Das Zimmer in ein paar Wochen ist gebucht, nur ein Preis, mit oder ohne ihn.

Die Leute auf dem Bikertreffen sind interessant – die Motorräder noch viel mehr. Skurrile Umbauten, echte Chopper. Eiserne Kreuze, Stahlhelme, riesige Lenker. Bin ich hier in dieser Gesellschaft noch richtig? Als trans Frau? Weiß ja keiner. Nett, dass ich hier weiblich gegendert werde.

Die Band in der Halle den Abend auf dem Gelände interessiert mich nicht so (schon wieder eine Onkelz-Coverband, Dorf eben), ich bin draußen, schaue mir die Motorräder an, spreche mit den Leuten, mache Fotos vom Sonnenuntergang, Fotos von meinem Motorrad. „Für die WhatsApp-Gruppe.“ Die Kolleginnen auf Arbeit.

Lange bleibe ich nicht, ich muss mit meinem dunklen Helmvisier noch im allerletzten Dämmerlicht den Nachhauseweg finden. Schnell noch mir einen Flyer für das nächste Treffen geben lassen und wieder zurück. Den Sonntag starte ich noch eine weitere Tour, meine Hausstrecke, bis an die Grenze des nördlichen Harzvorlands, meine Lieblingsstelle, der kleine Parkplatz an der fast leeren Bundesstraße mit Blick auf den Brocken ganz fern am Horizont. Die Wolkenformationen für das Fotomotiv waren aber auch zu bezaubernd. Hätte ich ein Instagram-Profil …

[24.06.24 / 21:40] Ein zweites Bikertreffen, eine zweite Nacht mit ihm. Das Bikertreffen selbst besuche ich schon seit vielen Jahren, so viele Erinnerungen: Dort den Feldweg habe ich mir mal mein Motorrad anschieben lassen, und da am Lagerfeuer habe ich so viele Nächte verbracht und mir die Sonnenwende am Horizont bis in den frühen Morgen angesehen. Sobald mein Motorrad aus der Werkstatt ist, schnalle ich mein Zelt hinten drauf und bin weg! Zu ärgerlich, ich hätte hier so gerne mitgezeltet. Mit den beiden Männern, die noch den ganzen Abend um mich herumkreisen, habe ich richtig viel Spaß – inklusive Headbanging vor der Bühne weit nach Mitternacht.

Zu mir oder zu dir? Theoretisch hätte ich sogar mein neues Zelt (gekauft letzte Woche) und meinen Schlafsack hinten im Kofferraum in meinem Auto, das in einem Gebüsch um die Ecke parkt, aber sein Kombi ist sehr viel geräumiger. Kurz nach drei Uhr nachts, er parkt sein Auto um, stellt es neben meinem ab, vom Festivalgelände dröhnt immer noch die Metalmusik. Ab und zu ein paar Leute, nicht wenige schlafen in ihren Autos hier. Er startet sein Auto und sucht wieder eine einsame Ecke für uns.

Ein oder zwei Dörfer weiter, ein Waldstück, ein Weg hinein, nur ein paar Meter hinter der offenen Schranke. „Waldbrandgefahr!“ Er raucht noch eine Zigarette und schmeißt die Kippe aus dem Fenster (es hat die Tage vorher geregnet). Er bereitet alles vor, klappt die Rücksitzbank um und funktioniert die Ladefläche zu einer gemütliche Sitz- und Liegeecke … nicht mein erster Kombi, in dem ich eine Nacht und einen Sommermorgen verbringe. Er zieht sich aus, ich zieh mich aus, wir werden intim. „Hast du ein Kondom dabei?“ – „Nein.“ Ich vertrau ihm bereits so viel, er kann ungeschützt Sex mit mir haben. Aber es wäre besser gewesen, er hätte eines dabei gehabt, dann hätte ich mich ihm viel mehr hingeben können. Es schmerzt, es wird bluten. Er ist riesig. Anal, vaginal, wieder anal. Meine Lippen berühren ihn ab einen gewissen Punkt nicht mehr. Ich mag die vaginale Variante, wenn ich auf ihm reite, ich mit den Händen die Decke des Autos abstreife, meine Beine eng um ihn herumlege und er zwischen meinen Schamlippen gleitet, es fühlt sich fast an, als würde er in mir sein. Wir drehen, ich liege, ich kreuze meine Beine hinter ihm, er dringt in mich, eng umschlossen ein, es ist mir egal, ob du ein Kondom benutzt, nimm mich einfach! Die dunkle, braune Linie auf meinem Bauch ist wieder da, ich bin schwanger? Sie reicht mal mehr, mal weniger bis zum Bauchnabel, je nachdem, wie mein Hormonstatus ist, wie mein Monatszyklus ist (den ich gar nicht haben dürfte).

Die Sonne geht hinter den Ästen, den Waldweg hinein auf. Klare Sonnenstrahlen durch den Morgendunst. Es sieht so friedlich aus. Nach dem Sex versuchen wir beide den frühen Morgen etwas zu schlafen, er legt sich von hinten um mich und wärmt mich. Die Minuten zuvor habe ich schon angefangen, ihn zu streicheln, leicht meine Hand über seinen Bauch und seine Oberschenkel tanzen zu lassen. Verliebst du dich gerade in ihn? Wo sind meine Ideale, lass einen Mann niemals neben dir einschlafen, hau ab im frühsten Morgengrauen und lass ihn alleine aufwachen.

So kurz ist die Nacht und der Morgen, vielleicht bin ich nur wenige Minuten eingeschlafen. Ich muss aus dem Auto, eine Waldtoilette einen Meter neben der Tür suchen, mich frauentypisch hinhocken, wie Frauen das so machen. Meine Klamotten und meine Schuhe sind alle noch im Auto. Danach ziehen wir uns an, meine Sneaker, meine Jeans, mein olivgrünes T-Shirt (das aus Paris) und mein schwarzer Strickcardigan. Mein BH liegt noch irgendwo beim Schalthebel, er verschwindet wieder in meiner schwarzen Stoffhandtasche. „Frauen lassen immer danach ihren BH irgendwo rumliegen.“ So als Reviermarkierung.

Er fährt mit mir wieder zurück zu dem abgemähten Parkplatz vor dem Bikertreffen, irgendwo in einem Dorf fernab, neben einem Sportplatz. Es ist weit nach sechs Uhr morgens und von dem Gelände dröhnt immer noch laute Metalmusik und laute Männerstimmen, das sind Biker, die stehen noch bis Sonnenaufgang. Ich wechsele zu meinem Auto, ein Abschiedskuss, eine Umarmung. Werde ich ihn wiedersehen? Dadurch, dass er schon ein zweites Mal mit mir Sex hat, gehört er einem ganz kleinen, elitären Kreis innerhalb meiner Männerbekanntschaften an. Sieben Uhr den Sonntag Morgen bin ich wieder bei mir zu Hause und kann in mein Bett fallen. Ich habe sogar den Sonnabend Nachmittag zuvor meine ganzen Kaffeetassen in der Spüle abgewaschen, für alle Fälle, falls er mich doch begleitet und ich ihm dann einen Kaffee nach dem gemeinsamen Aufwachen anbieten kann.

Verletz mich bloß nicht! Wie der andere Biker, das andere Bikertreffen, fünf Jahre zurück.

[10.06.24 / 23:04] Viele Menschen, viele Autos, die beiden Parkplätze sind weiterhin bis auf die letzte Lücke voll. Ich gehe an mein Auto, packe meine Tasche um, lasse etwas schweres Gepäck da. Die leeren Wasserflaschen, die Sonnenbrille. Deo auffrischen, mein schwarzes Strickjäckchen schnappen, Hut dalassen, Haare kurz durchkämmen und wieder zurück zu der großen Wiese hinter der Mensa. Make-up und Kajal hätte ich auch dabei, aber das ist mir den Abend nicht so wichtig.

Auf der großen Wiese ist eine Bühne aufgebaut. Früher stand die mal da woanders. Wie lange war ich schon nicht mehr hier? Fünfzehn, zwanzig Jahre? So irgendwo zwischen 2003 und 2007. 2002 habe ich erst den Herbst angefangen zu studieren und 2008 war ich schon (den Herbst dann) im Diplom-Semester. Dazwischen dieses eine Jahr mit dem Fest und der australischen Independent-Künstlerin auf der Bühne, die mir so gefallen hat. Dieses Jahr spielt hier nur eine Coverband und ich pendele von dem Bereich vor der Bühne und den anderen, weiteren auf der Wiese von den Studentenorganisationen aufgebauten Ständen hin und her. Getränkebuden und Grillstände, vegan, vegetarisch und nicht vegan (mit Fleisch). Zweimal nacheinander Abendessen für mich (vegan).

Einen Becher Wasser in der Hand, mit Anbruch der Dämmerung, füllt sich die Wiese mehr und mehr. Die Dixi-Klos habe ich nur einmal benutzt, schnell erkenne ich, dass die Toiletten unten im Keller der Mensa dieses Jahr nicht verschlossen sind, das waren sie, als ich das letzte Mal vor zig Jahren hier auf dem Campus-Fest war. Ich laufe durch die Menge, erkenne ich ein paar Gesichter? Das Alumini-Zelt mit dem Treffpunkt ist verwaist – das war leider zeitgleich mit dem CSD. Kleine Grüppchen von männlichen Ex-Studenten, einige mit grauen Haaransatz, so in etwa stelle ich mir die ehemaligen Ingenieur- und Informatikstudenten vor. Sie fallen mir vom Alter her auf, ich spreche sie nicht an, ich lächele nur kurz. So vom Gefühl gehöre ich mit dazu.

Die vielen anderen, weiblichen Studenten – also die von jetzt – es hat sich absolut nichts verändert, ich werde nicht angesprochen, ich spreche auch sie nicht an, wir existieren nur rein zufällig an demselben Ort, ich das asexuelle Etwas, Computer-Kram, sie die hübschen Studentinnen aus den nicht-technischen Studienfächern, so BWL-Kram. So wie damals, als ich Italienisch als mein fachbereichsübergreifendes, nicht-technisches Wahlpflichtfach gewählt habe und ein Semester lang die beiden Sitzplätze, rechts und links neben mir, immer frei blieben, in dem ansonst voll besetzten Seminarraum, mit nur weiblichen Studenten. Mein ewiges Trauma.

Es wird dunkel und kühl, ich ziehe mein Strickjäckchen über. Die andere Tanzfläche auf der anderen Seite der Mensa, quer durch den Verbinder, habe ich entdeckt. Hier vor eines der anderen Wohnheime haben die Studenten eine kleine Bühne organisiert, auf der ein paar DJs seit dem späten Nachmittag auflegen, richtig guter Techno. Die andere, große Bühne, da läuft nur Mainstream, diese hier, hat das Underground-Feeling. War hier nicht mal so ein Wohnheim, in dem eine Abriss-Party stattfinden sollte? Das Wohnheim jetzt wirkt sehr modern und renoviert. Die Party der schönen Menschen. So jung, ich bin wieder mittendrin und tanze ausgiebig. Es wird dunkel, eine Kaltfront zieht durch unter dem Nachthimmel. Die Bäume sind mit Deko- und Discolichter bestückt, so viele Menschen, es wird richtig eng zum Tanzen auf der kleinen Wiese. Wollte ich erst nur bis Sonnenuntergang bleiben, ziehe ich es jetzt komplett durch, bis die DJs um kurz nach Mitternacht ihr letztes Stück spielen. Die letzte Chance, unten in der Mensa noch einmal auf der Toilette zu verschwinden, bevor sie zugeschlossen wird. Ich muss noch über eine Stunde durch die Nacht zurückfahren.

Die Musik ist aus, die Menschen verstreuen sich. Ich laufe meinen alten Pfad entlang. Würdest du hier noch wohnen, wärst du schon im Bett. Ich will mein altes Zimmer aus dem Studentenwohnheim zurück. Sentimental blicke ich ein paar Minuten hoch zu den beleuchteten Fenstern der Korridore in den mittleren Etagen. Weiter zurück zum Parkplatz auf der anderen Straßenseite bei den anderen Gebäuden für den Fachbereich IT und Engineering.

Mein Auto, langsam schiebe ich mich aus der Parklücke, vorsichtig an den anderen Autos und Partygästen vorbei. Noch viel mehr besonders vorsichtig und langsam auf die Straße und diese entlang, runter zur Innenstadt. Viele, betrunkene (?) Partygäste in kleinen Gruppen die Fußwege entlang. Wenig später, durch die Stadt durch, erreiche ich die Autobahn um Wernigerode herum. Ab jetzt bin ich für mich allein. Im Autoradio läuft Chill-out-Musik, um etwas herunterzukommen. Durch die Nacht mit Lounge-Beats. Ein Fuchs mit hellen Lichtern am Straßenrand, noch ein Fuchs, und noch ein Fuchs – aber den hat es schon erwischt. Ich kenne die Strecke, bin die mit meinem alten Fiat schon so oft gefahren, die Jahre zurück. Die Müdigkeit bekämpfe ich mit der Aufgabe, möglichst exakt die Tempolimits einzuhalten. Kein Verkehr, ich schaffe die Strecke in einer Stunde und fünfzehn Minuten. Um kurz vor zwei Uhr bin ich wieder zu Hause. Fahre ich mal wieder zum Sommerfest nach Wernigerode? In ein paar Jahren vielleicht, dann wäre mein Abschluss zwanzig Jahre her, dann mit Anmeldung bei dem Alumini-Zelt. (Ende Teil 2/2)

[10.06.24 / 23:03] Ich fahre zum CSD nach Wernigerode? Dieser kleine CSD im Harz wurde im letzten Jahr bei seiner ersten Ausführung von ein paar ewig gestrigen Idioten massiv angegriffen und braucht dieses Jahr dringend Unterstützung. Während ich mein Outfit überlege – militante Schutzeskorte oder doch lieber die grüne Tunika / Kleid, welches ich schon die ganze Woche anhabe, recherchiere ich im Internet, wo ich das Wochenende parken kann. Ich nehme das Auto und will bei der Hochschule parken. Dabei bekomme ich mit, dass zeitgleich zum CSD auch das alljährliche Campus-Fest stattfindet – und sogar ein kleiner, zweiter CSD, der von der Hochschule aus startet und sich mit dem anderen CSD dann verbindet? Einen Parkplatz werde ich da vielleicht nicht so mehr finden, aber dafür ist das jetzt die Gelegenheit, meine alte Hochschule wieder zu besuchen!

Die Tunika als grünes Minikleid mit einer Leggings, meine Sneaker und mein schwarzer Woll-Cardigan in Strick, das Wetter sieht gut aus, sonnig und angenehm kühl. Mit dem Auto den Sonnabend Vormittag die vertraute Strecke in das Harzvorland hinein. Das Motorrad konnte ich nicht nehmen, das steht weiter ölend in der Garage.

Mittags angekommen, durch den „Tag der offenen Tür“ sind alle Parkplätze auf dem Hochschulgelände belegt. Ich versuche es erst bei meinem alten Parkplatz vor meinem alten Studentenwohnheim, keine Chance. Weiter zu dem anderen Gelände auf der anderen Straßenseite mit der Bibliothek und dem großen Vorlesungssaal. Hier habe ich Glück und es wird gerade ein Parkplatz frei. Rein in die Lücke und meinen alten Studentenausweis klemm ich an die Fensterscheibe auf der Beifahrerseite, diese kleine Karte mit meinem Foto drauf ist vielleicht schon zwanzig Jahre abgelaufen, aber das kontrolliert hier heute keiner. Schnell mein Kram zusammensammeln, in die schwarze Stoffhandtasche, die ich damals hier in Wernigerode gekauft habe, und wieder rüber auf die andere Straßenseite, zu dem parkähnlichen Hochschulgelände. Würdest du hier studieren, wärst du schon im Urlaub.

Freudig laufe ich meine alten Wege ab, mein Studentenwohnheim, die Mensa, der Automat, wo ich mir immer Geld auf die Karte geladen habe, die grüne Wiese, der Teich, wieder zum Wohnheim, mal durch die Tür reingehen – die Tür zum Treppenhaus ist verschlossen. Unzählige Getränkekisten habe ich hier bis in die mittlere Etage geschleppt. Briefkasten ansehen, meine Ebay-Bestellungen von damals, das hübsche, schwarze Polokleid, das ich mir dann woanders abholen musste, nicht mal ich kann mich noch an die Briefkastennummer erinnern. Raus vor das Wohnheim, hinein in den Verbinder, zum Hörsaal. Super praktisch, wenn es regnete, musste ich nicht mal das Gebäude verlassen, vom Bett in meinem Zimmer bis runter in den Hörsaal, gegen späten Vormittag. Ich kann es mir nicht nehmen und schaue mir auch die Vitrinen mit den ganzen A4-Ausdrucken und Informationen im Aushang an. Hier musste ich gucken und bangen: Habe ich bestanden? Im ersten, zweiten oder dritten Versuch?

Wieder raus auf den Vorplatz, den mit der „Tasse“, die Studentenorganisationen haben ihre Stände hier aufgebaut, ich spreche mit ein paar und frage, wann es mit dem CSD losgeht. In wenigen Minuten, noch Zeit für einen kleinen Kaffee. Blick zum Wohnheim gegenüber, da oben habe ich mal gewohnt, dort ist die Magie passiert, der Kleiderschrank, der sich nach und nach mit den ganzen Anziehsachen für Frauen gefüllt hat. Die vielen Fotos, die die vielen Wochenenden dort oben entstanden sind. Mein Entschluss, 2005, komplett als Frau leben zu wollen und die erste Woche, die ich als Frau zu den Vorlesungen gegangen bin. Der Baum vor dem Fenster von meinem Zimmer ist mächtig groß geworden. Den anderen, großen Hörsaal besuche ich nicht. Das Gefühl verfolgt mich weiterhin: feminin gekleidet, mein langer schwarzer Mantel, die offenen Haare, das leichte Make-up – den Saal von unten vorne zu betreten, die vielen auf mich gerichteten Blicke und vor mir sind vielleicht hundert männliche Informatikstudenten, die Frauen vielleicht nur aus Star-Trek-Episoden kennen … ein Klischee, aber ich spreche auch von mir selbst.

Die Flaggenhissung, vor einem Gebäude / Anbau – das ist neu, das kenne ich noch nicht – „Wie lange steht das hier schon?“ – „Ein Jahr“, wird an einem von drei Masten die Regenbogenfahne aufgezogen. Emotionaler Moment. Hätte es das zu meiner Zeit schon gegeben … eine kurze Rede und dann die Verteilung. Die kleine Gruppe, die sich hier zusammengefunden hat, passt komplett auf dem, etwas weiter entfernt, um die Ecke geparkten Demo-Truck. Ich muss nicht bis runter in die Altstadt laufen, ich kann mitfahren. Noch zögerlich betrete ich die Ladefläche mit dem Stromgenerator, den Lautsprecherboxen und dem DJ-Pult, und suche mir die Stelle ganz vorne kurz vor dem Fahrerhaus, an der ich mich gut festhalten kann. Optimal, ich kann die ganze Zeit entspannt stehen und ich muss keine Sonnencreme auftragen, die Ladefläche hinten ist mit einer Plane schattig überdacht. Meinen Hut und meine Sonnenbrille trage ich trotzdem.

Der Demo-Truck setzt sich mit lauter Musik und den Studenten darauf in Bewegung, gefolgt und begleitet von mehreren Polizeifahrzeugen. Unten, am Eingang zu dem alten Innenstadtkern trifft er auf den eigentlichen CSD, der vom Marktplatz kommt. Weiter geht es, mit den etwa tausend Besuchern, durch die Straßen von Wernigerode … begleitet von noch viel mehr Polizeifahrzeugen. Polizeikräfte in Uniform, Polizeikräfte in zivil (mit Funkgerät) – dieser CSD steht unter massiven Polizeischutz! Waren die Drohungen und Anfeindungen im Vorfeld so schlimm? Wer sind die Menschen, die uns hassen und warum? Dabei ist die Atmosphäre so friedlich und entspannt. Freundliche Menschen winken aus ihren Vorgärten, aus ihren Fenstern, vor und hinter ihren Gardinen uns entgegen, wir winken zurück. Das ist unser Tag, wir haben nur diesen einen Tag, an dem wir friedlich auf die Straße gehen können, mutig uns so zu zeigen, wie wir sind. Für das Lebensgefühl, dass die Menschheit nicht einheitlich grau und stumpf ist – sondern vielfältig, bunt und jeder für sich einzigartig und als Mensch wertvoll.

Etwa eine Stunde später, der Demozug kehrt geschlossen zum Marktplatz zurück, diese Stadt ist nicht wirklich groß. Auf dem Marktplatz sind ein paar Stände aufgebaut, eine Handvoll anderer, queerer Vereinigungen, zwei politische Stände. Ich gehe erst mal einen Kuchen und einen Kaffee bestellen an dem einen Café am Wernigeröder Marktplatz, an dem kein Tourist oder Besucher vorbeikommt, mit Blick auf das kleine, bunte Rathaus. Auf der Bühne davor spielt eine Band, eine Drag Queen performt, ein, zwei andere Drag Queens, oder Künstler, oder Menschen, denen ich ihr Geschlecht nicht zuweise, nicht ohne vorher nach ihrem Pronomen gefragt zu haben, führen durch das Programm. Den nächsten Tag, den Sonntag ist die Europawahl und sie betonen, wie wirklich wichtig unsere Stimme ist! Was sie noch nicht wissen, wie die Wahl ausgehen wird und wie die östliche Hälfte Deutschlands mit großer Mehrheit eine zutiefst queerfeindliche und faschistische Partei wählen wird … der Schock sitzt tief.

Meinen Kuchen und meinen Kaffee habe ich schon längst ausgetrunken, bzw. gegessen, die Bühnenperformance verfolge ich bis 18 Uhr, dann ist die Demo offiziell beendet und es steht eigentlich nur noch ein kleiner Haufen auf dem Marktplatz herum. Abmarsch. Die Straße und den gefühlten Kilometer wieder zum Hochschulgelände zu dem Sommerfest und dem Abend von der Hochschule. (Ende Teil 1/2)

[04.06.24 / 22:48] Er ist überglücklich, hatte nach seinen Angaben schon seit zwei Jahren keine Frau mehr. Ich ergebe mich dem Gefühl, begehrt zu werden. Er fährt mit seiner Hand unter meinen Kapuzenpullover, öffnet mit der anderen Hand meine Jeans, ich sehe sein Stück und bin bereit, meine Lippen und meine Zunge ihr Bestes machen zu können, was die Männer wahnsinnig macht. Ich gebe ihm eine Hilfe, wie mein BH zu öffnen ist, ein „Frontverschluss“, er taucht seine Hand tiefer in meine Unterhose und greift und beißt in meine Brüste, und zieht mich mehr und mehr aus. Ich schließe die Augen, ich bin so erregt. Wenig später geht mein Kopf zu ihm runter auf den Fahrersitz und er stöhnt. „Oh, ja!“

Eine Alarmanlage ertönt, das Auto ein paar Meter daneben. Immer wieder stehen vielleicht ein paar schemenhafte Gestalten an den nächsten Bäumen und Gebüschen. Ich bin vollkommen nackt, meine Klamotten sind in dem Auto verteilt, ab und zu geht das Licht an im Fahrzeuginneren. Er fühlt sich beobachtet und will lieber ein stilleres Örtchen aufsuchen. „Kannst du überhaupt noch fahren?“ Mir behagt das nicht. Hier auf dem Gelände bin ich nicht allein, hier zelten noch andere. Die Bar ist bestimmt immer noch in Betrieb. Mein Auto steht nur ein paar Meter neben uns, ich kann es sehen. Wenn er jetzt losfährt, was mache ich dann? Er startet den Motor und rollt zu der Ausfahrt in Richtung der Straße. „Hey, das ist jetzt nicht in Ordnung? Ich will aussteigen.“ Die Türen hat er vielleicht schon vorher verriegelt. Er fährt auf die Straße zum Ortsausgang und weiter in den Wald hinein. Das Auto wird immer schneller, ich schnalle mich an. „Halt mal Ausschau nach einer Einfahrt in den Wald.“ Bei einer bist du schon längst vorbeigefahren. Ich sehe mich schon als skelettierte Leiche, nackt, in drei Jahren von einem Suchtrupp wiederfinden. „Da ist eine.“ Er biegt ein in einen richtig dunklen Waldweg, mindestens anderthalb Kilometer von dem Festivalgelände entfernt.

Irgendwo mittendrin lässt er den Wagen ausrollen und stellt den Motor ab. Kurz zuvor, noch auf dem Gelände, habe ich ihm erzählt, dass ich da unten herum nicht sehr tief bin, er hat es ertasten können. „Du bist doch nicht operiert, oder?“ Zum Glück fragt er nicht gleich direkt nach, ob ich trans bin. „Nein.“ Ich bin so geboren, ich hatte schon immer so eine kurze Vagina, ich bleibe bei meiner Legende, ihm jetzt, mitten im verlassensten und dunkelsten Wald hier in seinem Auto die Wahrheit zu sagen, das kann ich nicht riskieren. Das Geheimnis nehme ich mit ins Grab, ich lebe „stealth“. Mein Körper gleicht dem einer echten, biologischen Frau, meine Sprache, mein Verhalten, mein ganzes Wesen ist zutiefst weiblich, ich bin eine Frau, war es schon immer gewesen. Die 30000-Euro-Operation da unten lässt aber auch keine geringsten Zweifel aufkommen, sie ist zu perfekt. Wäre da nicht die fehlende Tiefe …

Wir klettern über die Sitze rüber auf die Rücksitzbank, dieser Kombi ist wirklich geräumig. Ich greife seinen Schwanz, massiere ihn, nehme ihn mit meinen Lippen und meiner Zunge. Dieser ist unter den „Top Drei“, die ich bis jetzt gesehen habe, groß und breit. Er geht auch mit seiner Zunge an meine Klitoris, ich weiß, dass ich da jetzt viel mehr Gefühle habe, ein Orgasmus ist möglich, er mag meinen betörenden Muschi-Geruch, ich muss wahrscheinlich schon seit gefühlt einer Stunde feucht sein. „Hast du Kondome dabei?“ Instinktiv geht eines meiner Beine über seine Schulter, als er mich von vorne nimmt und in mich hinein stößt. „Es wäre besser, wenn du ein Kondom benutzt“, mein Blick zu ihm herauf. Die beiden letzten Männer, ich weiß nicht, ob ich mir bei denen nicht etwas eingefangen habe, es sind noch nicht die dreißig Tage vergangen, in denen das eventuell von alleine hätte ausheilen können. Er holt ein Kondom aus seiner Jackentasche, die über dem Fahrersitz hängt.

Beim Aufsetzen des Kondoms helfe ich ihm noch, wieder steif zu werden. Er stößt mehrmals zu, geht tief, ich mag die Position, in der ich einfach nur liege und ihn sehen und ertasten kann … ich könnte mich in ihn verlieben. Er dreht mich, wir gehen in die Stellung, in der er mich von hinten nimmt. Er greift dabei auch in meine kleinen Brüste. „Ohh!“ Ich stöhne laut auf, dieser Penis hat die Größe. Er trifft genau den Punkt, der mich zu einem Orgasmus führen könnte. Fast … so nah dran war ich schon lange nicht mehr. Nur ich allein mit mir selbst schaffe es momentan, mich zum Höhepunkt zu bekommen.

Er stöhnt laut auf, wird mit den Bewegungen etwas langsamer. Zieht ihn langsam wieder aus mir heraus. Ich sehe das Kondom, das er abgezogen hat. Er drückt auf den Schalter zum Herunterfahren der Fensterscheibe und wirft es hinaus in den Wald. Das ist Naturkautschuk, das zergeht bestimmt. „Dem Jäger wird das aber nicht freuen.“

Es ist hell geworden, wir liegen beide noch auf der Rücksitzbank und er geht mit seinen Fingern in meine Vulva. Er schläft ein. Ich beobachte ihn noch eine Weile. „Klau ich ihm jetzt sein ganzes Geld und hau ab?“ Ich habe ihm meine Nummer gegeben und ich müsste das ganze Stück durch den Wald und die Straße im Morgengrauen zurück wandern. Ich lege behutsam seine Hand beiseite und klettere über die Mittelkonsole wieder zurück auf den Beifahrersitz, sammle alle meine Sachen zusammen und ziehe mich wieder an. Außer meinen BH, den lasse ich „traditionell“ beim Danach in meine Handtasche verschwinden. Vögel zwitschern, der Wald verändert sich in ein sattes Grün.

Er wacht auf. Alle meine Bemühungen, im Morgengrauen zu verschwinden, haben noch nie funktioniert. Für ihn war ich eben noch nackt. „Was ist passiert?“ – „Du bist eingeschlafen.“ Mache ich es mir selbst? So weit war ich dann doch nicht. Er klettert auch rüber auf den Fahrersitz, aber ich lasse ihn jetzt nicht mehr an mich heran, ich bin jetzt bekleidet. Wenigstens mit der Hand lasse ich ihn noch kommen, die Sauerei muss er später selber sauber machen. Für meine Hand habe ich ein Taschentuch. Wir beobachten noch minutenlang den Waldweg vor uns. Kein Tier, kein Wild.

Er zieht sich wieder an. Seine Idee, dafür das Auto zu verlassen, ist fatal. Ein wilder Schwarm Mücken stürzt sich auf ihn. Er rettet sich wieder ins Auto, ich versuche die eingedrungenen Mücken platt zu machen. Lass uns zurückfahren auf das Festivalgelände.

Er parkt neben meinem Auto, nicht unbemerkt von den ersten Gästen, die schon längst wieder aufgestanden sind und vor ihren Campern die Stille des Morgens genießen. Es ist wahrscheinlich kurz vor sieben Uhr den Sonntag. Wir verabschieden uns, er steigt in sein Auto, ich in meins. Ob ich ihn wiedersehe? Er hat meine Nummer. Zu frisch sind immer noch die Erfahrungen von dem letzten Biker, den ich vor ein paar Jahren hier auf diesem Festival kennengelernt habe und der mich dann brutal abserviert hat, nachdem ich ihm gestehen musste, dass ich vielleicht nicht doch so eine „echte“ Frau bin, wie er das von mir dachte. Für Sex bin ich wunderschön, für „mehr“ dann aber nicht mehr. (Ende Teil 2/2)

[04.06.24 / 22:47] „Du fährst hier nicht im Dunkeln die Straße entlang!“ Ich reagiere schon etwas hysterisch, als er mit mir in seinem Auto nach drei Uhr nachts den Sonntag Morgen die Straße durch den tiefsten und dunkelsten Wald fährt, auf der Suche nach einem noch tieferen und dunkleren Waldweg, fernab von aller Zivilisation, um ungestört mit mir für ein, zwei Stunden allein zu sein. Er, ist meine neuste Bekanntschaft, ein Motorradfahrer, den ich den Nachmittag zuvor auf einem Biker-Festival kennengelernt habe, noch immer betrunken und fest davon überzeugt, fahren zu können. Ich dagegen sitze bereits nackt auf dem Beifahrersitz, von den Minuten zuvor, und bin vollkommen nüchtern. „Glaub mir, ich kann fahren!“ Wenigstens war sie angeschnallt. Gehe ich in meinen Gedanken alle möglichen Szenarien durch, wenn sie mich dann später aus dem Auto schneiden, umwickelt an dem nächsten Baum auf dieser verlassenen Straße durch den Wald. Springe ich raus? Zu schnell, er fährt bereits Achtzig. In Motorradklamotten vielleicht, aber ich bin nackt. Ach du Scheiße, so fangen immer die ganzen Sonntag-Abend-Krimis an!

Den frühen Sonnabend Nachmittag zuvor in meiner Garage, ich wickele eins von diesen saugstarken Küchentüchern um die Vorderradgabel von meinem Motorrad mit der Feder drin und fixiere es mit einem Kabelbinder, in Purpur, passt super, um das austretende Öl zu binden. Freudig, trotz des bevorstehenden Werkstatttermins doch noch fahren zu können, ziehe ich mir meine Motorradkombi über und starte das Motorrad. Ich will zu der Brücke, von der ich weiß, dass die, wie jedes Jahr, ihre Ausfahrt darunter durch machen. Wenn ich schon nicht mitfahren kann, wegen dem defekten Simmering an dem Gabelholm und dem Öl – und weil mir das dann doch zu bedenklich ist in der Gruppe – will ich wenigstens zu dem Aussichtspunkt mit dem guten Blick auf die Bundesstraße darunter fahren und mir die vorbeibrausenden Motorräder ansehen … und dann später selbst zu dem Biker-Festival fahren, solo.

Auf der Brücke, ein schattiges Plätzchen, ein hohes Gebüsch. Die Stunde Wartezeit vertreibe ich mir mit den Gedanken, ob ich mein Motorrad außerhalb geschlossener Ortschaften wirklich so auf dem Seitenstreifen parken kann, viel Verkehr ist hier nicht. Eine „gefährliche“ Kurve zur Brücke über die Bundesstraße hin. „Auf die habe ich gewartet, das sind die mit den Warnwesten, die fahren immer voraus!“ Ein älteres Pärchen ist mit dazu gekommen und will auch Fotos oder Videos von der Ausfahrt machen. Ich erkläre ihnen, dass es jetzt gleich losgeht.

Hundert, zweihundert Motorräder, vielleicht dreihundert? Nicht die Menge, wie letztes Jahr, da waren es definitiv mehr. Ein nahendes Gewitter die letzten und die nächsten Tage hat einige davon abgehalten, die größere Anfahrt zu unternehmen. Ich winke ein paar Mal von oben zu. Nachdem alle durch sind, Aufsitzen. Ich fahre los, der Gruppe hinterher und hole sie erst zwanzig Kilometer weiter bei dem allerletzten Dorf kurz vor Ende der Ausfahrt zum Biker-Festival ein. Auffahren auf das Gelände und Parken meines Motorrades auf der großen Wiese.

Mein kleiner „Reparatur-Fix“ fällt auf, das weiße Papiertuch an der Gabel. Ich komme ins Gespräch mit dem Motorradfahrer neben mir mit seiner weißen Rennmaschine, auch eine Honda. Er scheint attraktiv und auch sympathisch zu sein – könnte es mehr werden diesen Abend? Er erzählt viel, vielleicht auch etwas zu viel, ich kann gar nicht immer alles sagen, was ich will. Wir verbringen die nächsten Stunden zusammen. Weiter zu „Kaffee und Kuchen“, dafür bin ich hier. Wenn ich sage, ich will mit ihm einen Kaffee trinken, dann meine ich wirklich: „Einen Kaffee trinken.“

Weiter den Abend, ein Gewitter zieht auf, es regnet überall, ringsherum, aber nicht auf dem Festivalgelände. Wir bringen trotzdem unsere Helme und Motorradklamotten in Sicherheit und warten den Gewitterschauer ab. „Willst du noch mit, schnell zur Tanke fahren?“ Die dunklen Wolken sind weg, er braucht noch Zigaretten, ich stimme zu und starte mein Motorrad. So viele stehen hier nicht mehr, einige haben ihre teuren Maschinen schon längst in Sicherheit gebracht.

An der Tankstelle in dem Nachbardorf tankt er auf und kauft sich die Packung. Ich nehme das Angebot an und will einmal probesitzen auf seiner Maschine. „Wie kannst du nur so fahren?“ Die Füße nach hinten, der riesige Tank vor mir, die Arme schwer abgestützt auf dem winzigen und niedrigen Rennlenker, halb liegend – und mit meinen Zehenspitzen in meinen Motorradstiefeln, die mit dem Absatz, erreiche ich gerade mal so den Boden. „Eigentlich will ich gar nicht mehr zurück zu dem Biker-Festival, ich wollte schon längst wieder nach Hause fahren.“ Ich fahre nicht gerne im Dunkeln, noch ist es hell. „Ja, die anderen haben ihre Maschinen auch schon längst nach Hause gefahren und kommen mit dem Auto wieder“, antwortet er mir, „Lass uns das doch auch machen.“ Klar, warum nicht, schnell das Motorrad in die Garage bringen, die Lederkombi in die bequemen Sachen wechseln, der Kapuzenpullover vom letzten Pfingsten zwei Wochen zuvor und das schwarze T-Shirt vom Merchandise-Stand mit dem weißen Skelett. „Du kommst doch wieder, oder?“ So ganz traut er meiner Zusage noch nicht. Wir tauschen die Nummern aus.

Den Weg hin und zurück, mit dem Motorrad in die eine Richtung und mit meinem roten Roadster wieder in die andere Richtung, sehe ich die ganzen Pfützen auf den Straßen und wo es geregnet hat. Ein Nebeldunst zieht auf, ich will noch vor Sonnenuntergang und Dämmerlicht mein Auto wieder auf dem Parkplatz vor dem Festivalgelände in diesem kleinen Dorf irgendwo im Nirgendwo parken. Es stehen kaum noch Motorräder hier rum, dafür um so mehr Autos.

Eine Band spielt, leider ihr letzter Song, die habe ich verpasst. Während die nächste Band ihre Coversongs auf der kleinen Bühne spielt, warte ich auf ihn. Ich habe kein Geld mehr dabei, die nächsten Getränke muss ich mir von ihm ausgeben lassen. Meine Münzen reichen entweder für ein Wasser oder den Becherpfand, wirklich wunderschön gestaltete Becher mit dem Logo des Biker-Festivals.

Gegen 23 Uhr, ein paar Mal tanzen auf der Wiese und Umherlaufen, treffe ich ihn. Er hat mich versucht, anzurufen, aber dafür ist es hier zu laut. Wir stehen rum, wir stehen an der Bar, wir stehen auf der durch Disco-Licht beleuchteten Wiese vor der Bühne. Er scheint allein hier zu sein, kommt aber immer wieder mit Leuten ins Gespräch. Den Nachmittag habe ich von ihm schon erfahren, er hat eine Ex-Frau und ist seit mindestens zwei Jahren Single.

Die Band spielt ihre letzten Zugaben, der DJ seine letzten Songs. Meine neue Bekanntschaft bestellt an der Bar immer wieder ein Wasser für mich – und für sich ein Bier. Unterbrochen von meinen Toilettengängen, stehen wir weit nach Mitternacht an einem großen Tisch, der letzte Haufen der Betrunkenen, die nicht gehen wollen. Ich höre mir ihre wundersamen Geschichten an und bin hier wahrscheinlich die Einzige, die noch nüchtern ist.

Drei Uhr, ich ziehe das Smartphone aus meiner Handtasche: „ich werde dann mal so langsam gehen.“ Er steht wieder an der Bar unter der großen Zeltplane und unterhält sich mit den anderen Biker. Ich drehe mich weg und laufe im Dunkeln zu meinem Auto. „Hey, warte mal!“ Er folgt mir.

Sein Auto steht nicht weit, kurz vor dem Eingang auf das Gelände. Ein weißer Kombi. „Willst du mit, mit reinkommen?“ Ich hatte es überlegt, mit ihm was anzufangen, es hätte eine aufregende Nacht werden können, aber er ist betrunken? Nicht die beste Situation. Ich stimme trotzdem zu und setze mich zu ihm mit ins Auto. (Ende Teil 1/2)

[26.05.24 / 02:17] Dienstag Mittag, Hotel-Check-out. Meinen kleinen Rollkoffer und meine Tragekiste voller Schuhe den Fahrstuhl runter zur Rezeption bringen. Das Auto vom Hotelinnenhof holen und dann vor dem Eingang alles einladen. Zurück in die Innenstadt, in das Parkhaus am Leipziger Hauptbahnhof. Ich soll noch etwas einkaufen, für die Familie in dem Hanf- und Cannabisladen. „Und, wie waren die Gummibärchen so?“ – „Ach, ganz leicht, kaum eine Wirkung.“ Weiter in die nächste Bäckerfiliale, die, die mich vor ein paar Tagen um kurz vor 14 Uhr nicht mehr bedienen wollten, und nach dem Frühstück noch in eine Pizzeria, etwas essen. Ich fange an, Schmerztabletten einzuwerfen. Die anschließende Fahrt auf der Autobahn zurück, kämpfe ich mit mir, mich konzentriert und wach zu halten. Endlos lange Schlangen an Lkws. Zuhause packe ich dann erst einmal alles aus und hänge mein ganzes Wohnzimmer voller schwarzer Klamotten. (Ende Teil 7/7)

[26.05.24 / 02:16] Der Montag und auch der letzte Tag des „Gothic Pogo Festivals“, mein Tagesrhythmus verschiebt sich immer weiter nach hinten. Als ich meine zwei Brötchen und mein Croissant in der Bäckerfiliale in der Leipziger Innenstadt einnehme (wieder die an dem Einkaufszentrum), muss es schon um kurz vor drei Uhr nachmittags sein. Die beiden älteren Leipziger Damen neben mir an dem Tisch in der Fußgängerzone sind lustig, sie sortieren die vorbei flanierenden Gothic-Festival-Besucher in Gruppen: „Es gibt die Mittelaltermenschen, die schwarzen Prinzessinnen und Engel – und die Uniformmenschen!“ Ja … den Tag zuvor auf dem Friedhof, der eine Besucher des anderen, großen Festivals in Leipzig, zusammen mit seiner Freundin – er in einer Luftwaffenuniform. Colonel Klink. Was sie dazu bewegt, weiß ich nicht, jedem wie ihm (oder ihr) es gefällt. Mit der Straßenbahn anschließend weiter in Richtung Südvorstadt, meine traditionelle „Bar-Bistro-und-Kaffee-und-Kuchen-Tour“.

Ich steige beim Südplatz aus, laufe zu dem Café an der Ecke ein paar Seitenstraßen entfernt, es ist so schön begrünt und bei den älteren Goths beliebt, ich glaube, an dem Sitzplatz saß ich schon einmal vor ein paar Jahren, mit ihm. Ein Stück Kuchen, ein Glas „Matcha Green Chai Latte“. Weiter in das nächste Bistro.

Die Dönerbude, die ich mir ausgesucht habe, ist sehr gut besucht. Sie hat einige Auszeichnungen bekommen und ich war hier noch nie, wollte aber schon immer mal hin. Es wird ein Hähnchendöner, ich habe das Bedürfnis, Fleisch zu essen … eine Infektion kommt in meinem Körper auf, mein Immunsystem braucht jede Unterstützung und tierische Enzyme (oder Proteine) für die Zellteilung, die weißen Blutkörperchen. Schon vor Jahren von meiner Hausärztin angeraten, das fällt auf, wenn ich mich zu sehr vegetarisch ernähre. Leider schaffe ich diesen Döner nicht ganz, mein Tisch im Außenbereich, das Fleisch und den Salat kann ich mit der Gabel noch rauskratzen, das Brötchen verringert sich nur um ein paar Bissen. An der nächsten Haltestelle mit der Straßenbahn wieder zurück.

Outfit des Tages: wieder die Cargo-Hose, in deren Beintaschen ich die ganzen Flyer sammle, das bauchfreie, kurze, schwarze Top, der Nietengürtel blitzt durch, und die Lederjacke. Den Tag wieder die Pikes-Stiefeletten, die Nacht die Hi-Top Plateau-Sneaker. Den schwarzen Kapuzenpullover packe ich mit in die Handtasche ein, für kühle Nächte. Ich nehme für die letzte Disco-Nacht mein Auto vom Hotelparkplatz. Jetzt sind nicht mehr so viele Hotelgäste da, dann finde ich bestimmt wieder einen freien Parkplatz, wenn ich den frühen Morgen wieder hier bin.

Ohne die Konzerte ist der Einlass auf dem Festivalgelände am Connewitzer Kreuz im Süden von Leipzig eine Stunde später, um 22 Uhr. Ich parke mein Auto in der Seitenstraße mit der Kirche, wo ich immer mein Auto parke. Ein ungewohntes Bild: die beiden Schlangen am Eingang, die für die besonderen „VIP-Gäste“ und die für den Tageskarten-Pöbel sind gleich lang? Entspannte Atmosphäre, jeder kommt rein.

Nur eine Tanzfläche, nicht viel zu tun. Ein Getränk holen, einen Barhocker sichern, die Gäste beobachten … die letzte Nacht nimmt die Dichte an Turnschuhen zu. Meine schwere Handtasche habe ich in der Garderobe gelassen, das Telefon ist in der Hosentasche am Bein. Cargo-Hosen sind aber auch so praktisch. Nur die Taschen nicht ausbeulen lassen, sonst sieht es komisch aus.

Ein paar Titel tanzen, ein weiteres Getränk holen. Ich ziehe mein Telefon aus der Beintasche und schreibe ihm etwas. Ich will wissen, wie das vor ein paar Nächten passieren konnte … haben die beiden sich in der Wohnung abgesprochen? Ja, nimm du sie mal, die geht ab! Er antwortet tatsächlich und will wieder in einer Stunde da sein. Das habe ich nicht erwartet. Ich mache einen Rückzieher. Mir geht es irgendwie gesundheitlich nicht gut. Und wenn er die Nacht mit mir noch in dem Hotel verbringen will? Ich muss den Tag noch auf der Autobahn fahren, will da lieber nicht übermüdet sein.

Es erstreckt sich wieder ein episches hin und her an Nachrichten auf meinem Telefon. Er blockt ab, für ihn ist das in der Wohnung nie passiert, er kann sich an nichts erinnern, gibt mir sogar irgendwie das Gefühl, ich würde halluzinieren? Ist das alles überhaupt wirklich passiert? Er schreibt noch weitere Nachrichten, will wissen, wann ich wieder im Hotel bin, aber da habe ich das Telefon schon längst wieder in meine Tasche geschoben. Ich rutsche von dem Barhocker, um ein paar Musiktitel zu tanzen, er stellt den Chatverlauf in dem Messenger auf „Vergessen“, alles, was vor 24 Stunden passiert ist, wird wieder gelöscht. Danach draußen etwas sitzen und in Gedanken versinken: Ich bin so wie die Mülltonne neben mir, immer da, gehöre einfach dazu, niemand nimmt Notiz von mir, und ab und zu wird Müll in mich hineingeworfen (von den Männern).

Drei Uhr nachts gehe ich auch wieder zu meinem Auto. Ein letzter Blick zurück am Ein- und Ausgang des Festivalgeländes mit dem Innenhof und den zwei kleinen Veranstaltungshallen, dem Streetfood-Mobil und die vielen interessanten Menschen, Punks, Grufties, Szenetypisches. Und wieder ein Jahr warten. Jünger werde ich nicht. (Ende Teil 6/7)

[26.05.24 / 02:15] Die drei, vier Tage nach dem Festival, die angebrochene Woche – ich schleppe mich nur so dahin, zwinge mich, auf Arbeit zu gehen, werfe eine Schmerztablette nach der anderen ein. Diese furchtbaren Halsschmerzen, tief und immer da. Wo habe ich die her? Welcher von den beiden war es? Die sind immer so schmutzig, die Männer. Bestimmt ist es Gonorrhö oder es sind Chlamydien, irgend eine bakterielle Infektion, die ich mir da eingefangen habe. Mein Immunsystem ist ruiniert.

Der Sonntag des Festivals, der große „Tanz-Marathon“ und ein paar wirklich interessante Bands – vor allem die eine. Dem Flyer nach, kommen sie aus Deutschland, aber die Videos im Internet … kühle Synthesizer-Musik und auf französisch gehauchte Texte, so stylish, die will ich nicht verpassen. Sie spielen als erstes.

Das Frühstück nach dem Aufstehen muss ich leider umplanen, sie machen in dem Bäcker bereits um 14 Uhr zu – so früh? Die nächste Filiale dieser Kette hat länger offen. Ich bin den Sonntag in der am anderen Ende der Fußgängerzone in der Innenstadt, es ist tiefster Nachmittag. Die vielen Gäste bestellen sich schon Kuchen, ich bin irritiert. Wenigstens ein Gothic-Pärchen am Nachbartisch hat Stil und tafelt sich ein großes Frühstück auf. Weiter den Nachmittag, mit der Straßenbahn zum Südfriedhof.

Dress des Tages: Trad Goth. Mein schwarzer Ledermini, das Fischnetz-Top, ein schwarzes Unterhemd darunter, ein ärmelloses darüber, meine Lederjacke, die Pikes und die schwarze Yoga-Hose. Und viel Silberschmuck, der kleine Anhänger mit der Spinne, passt super zum Netz, die Ringe, die Ohrklemme und mein großer Armreif aus Marrakesch. Die Straßenbahn ist voll, eine ältere Leipzigerin erklärt mir die Gegend und schwärmt schon von den schönen Blütenstauden, die mich am Friedhof erwarten werden. Zwanzig Jahre fahre ich hier schon nach Leipzig, und habe es nie geschafft, mir den großen Südfriedhof anzusehen, nur eine Haltestelle hinter dem Völkerschlachtdenkmal. Ich steige aus … dunkle Wolken und Sonnenschein.

Die Frau von vorhin hat nicht übertrieben, wie die Pflanzen heißen, habe ich vergessen, Bougainville oder Rhododendron – aber die intensive, lila Blütenfarbe überall ist beeindruckend. Ein großer Friedhof, ich orientiere mich an dem zentralen Teil in der Nähe der Kapelle und des großen Völkerschlachtdenkmals, von dem ich denke, dass es der historischste Teil sein könnte. Eine Führung wird angeboten, aber ich erkunde ihn erst einmal auf eigene Faust.

Viele alte Gräber, viele neue Gräber, einige frisch bepflanzt. Per Zufall entdecke ich die Kleinode, eine kleine Tafel in die Erde gesteckt, lässt erkennen, es ist ein historisch bedeutsames Grab. Futura? Konstruierte Antiqua? Die Grabinschrift, ich habe ein Faible für die modernen Schriften der Zwanziger Jahre, die aus dem letzten Jahrhundert. Die Sterbedaten der Persönlichkeiten untermauern meine Vermutung, es muss sich um ein Jugendstil-Grab handeln, Art déco überall. Spätestens jetzt lasse ich meine Fotokamera (das Smartphone) nicht mehr aus der Hand und fotografiere alles was rechts und links an mir vorbeikommt. Donnergrollen, ein Gewitter zieht auf, aber es kommt nicht rüber. So viele Statuen und so viel grüne Rankpflanzen.

Die Kapelle in der Mitte, mit dem Krematorium. Wahrscheinlich auch architektonisch interessant, aber ich traue mich nicht hinein, wenn von innen drinnen getragene Musik herausschallt. In meiner schwarzen Kluft bin ich von Trauergästen nicht zu unterscheiden. Vereinzelt viele Goths und Grufties sind hier unterwegs.

Weiter den anderen Teil des Friedhofs, wahrscheinlich die Villengegend. Große Mausoleen und imposante Prachtbauten. Wie geschaffen für Fotosessions. Es sind mehrere professionelle Fotografen unterwegs die ein paar morbid-schwarze Schönheiten ablichten. Ich habe mein Foto schon, vor ein paar Jahren, auf dem Wiener Zentralfriedhof. Fotogalerie: Leipziger Südfriedhof / Pfingsten 2024

Ich könnte noch viel mehr herumlaufen, ich habe bestimmt noch nicht alles gesehen. Doch ich muss irgendwie den Ausgang finden. Punkt 17 Uhr, mein „Five o'Clock Tea“ und ein Stück Kuchen, es ist Sonntag.

Den Weg raus, am Völkerschlachtdenkmal vorbei, finde ich eine Parkgaststätte, in der Auslage drinnen, sehe ich noch zwei Stück Schokoladenkuchen. Nervös nehme ich unweit der Glastür an einem Tisch im überdachten Außenbereich Platz und lasse die zwei Stück nicht unbeobachtet. Wann kommt denn endlich eine Bedienung? Es dauert gefühlt ewig, bis ich bedient werde. „Ich will das Stück Kuchen da und eine Tasse schwarzen Tee.“ Die zwei älteren Damen neben mir an dem Nachbartisch haben ihr Mittag- oder Abendessen reingedrückt und wollen Nachtisch. Meine Bedienung läuft zu der Kuchentheke und schaut nach, geht wieder weg, die andere Bedienung der beiden Damen kommt an und … weg sind sie, die zwei Stück Kuchen. „Verdammte Scheiße!“ Ich muss das wirklich laut gesagt haben, fange mich aber schnell wieder. Mein Tee wird mir gebracht und ich beruhige mich. „Wir haben noch einmal nachgeschaut, es war wirklich noch ein Stück da.“ Der Schokoladenkuchen, der mir wenig später gebracht wird, sieht auch viel hübscher aus auf dem Teller, mit einer Kugel Eis und Erdbeeren und ganz viel Sahne. Nicht so zwei schäbige, winzige Teller der beiden Damen, wo der Kuchen bestimmt schon den ganzen Tag darauf herumgammelt. Mein Stück, das konnte ich schmecken, kam frisch aus dem Kühlschrank.

Weiter zurück in das Hotel, Abendessen in der Asia-Nudelbox am Hauptbahnhof. Mir ist aufgefallen, ich bin den ganzen ersten Tag mit der Straßenbahn schwarz gefahren, ich hatte ja vergessen das 24-Stunden-Ticket zu entwerten. Dann schiebe ich das jetzt mal mit einem „Bing“ durch den Automaten.

Das Hotel, jedes Mal wenn ich zurückkomme, sehe ich, ob der Zimmerservice durch war. Eigentlich habe ich die Option gebucht, dass die nur alle drei Tage durchgehen, aber das Kopfkissen ist immer schön aufgeschüttelt. Meine Sachen auf die zweite Hälfte, am Fenster, des Doppelbettes … „seine“ Hälfte. Ins Bad, unter der Dusche verschwinden, das Duschbad mit dem schweren, orientalischen Duft, das Parfüm mit dazu und Patchouli. Ich glaube, dass die in der Straßenbahn sich schon woanders hinsetzen. Das Trad-Goth-Outfit, nur jetzt von Pikes mit den kubanischen Absätzen auf die absatzlosen Docs. Ich bin in der Zeit, zu Fuß wieder raus zur Straßenbahnhaltestelle in gefühlt 800 Meter Entfernung.

Das Gothic-Festival erreiche ich noch im Hellen (fast), die Menschen neben mir würdige ich keines Blickes, ich stiefele zu dem Absperrgatter mit meinem „VIP“ Logeneingang. Bändchen am Ärmel vorzeigen, die Lederjacke etwas umkrempeln, den Reißverschluss der großen Handtasche aufmachen, der netten Dame von der Security mit der Taschenlampe einen Blick hineinwerfen lassen. Alles OK.

Weiter in die kleine Halle mit der aufgebauten Konzertbühne, nichts riskieren, nicht rausgehen, eine Flasche Club Mate an der Bar holen, die Bühne im Auge behalten. Wenig später geht es los und da sind sie! Die beiden Künstler, ein Mann und eine Frau. Er schlaksig, hochgewachsen, sie zierlich, betont unterkühlt, ihre französischen Texte in das Mikrofon säuseln … unterlagert mit der kühlsten und elegantesten Synthesizer-Musik, die es aktuell gerade gibt. Sie sind so ein Gesamtkunstwerk! Die kleine Veranstaltungshalle ist voll, es spricht sich herum, dass sie gut sind.

Weiter die nächsten Bands, ein älterer Herr, der bestimmt früher schon einmal auf der Bühne stand, Jahrzehnte her, und eine kanadisch-deutsche (?) Band aus den Achtzigern an ihren Synthesizern, die mir irgendwie entgangen sein muss. Ihre Cover-Version eines deutschen (Anti-)NDW-Hits finde ich gut, ich kann fast textsicher mitsingen.

Zwischen den Bands und danach, rüber in die andere, größere Halle des Werk 2, eine Deathrock-Party. Ich bin stilecht angezogen und erkenne schon von weitem, welcher meiner alten Lieblingstitel da gerade aufgelegt wird. Draußen im Innenhof ein kurzer Snack an dem Latin-Streetfood-Stand, etwas am Rand hinsetzen, die Leute beobachten. So viele Stiefel, so viele Schuhe. Bewegt sich der Boden? Bei jedem Schritt wölbt sich ein Pflasterstein nach unten. Ich habe die zweite Hälfte des HHC-Gummibärchens eingeworfen (den Abend vorher mit der kleinen Nagelschere filigran zerteilt). Bin ich gefühlt unempfindlich gegen Cannabinoide, habe ich doch nach einiger Zeit den Moment, das ich etwas sehr faszinierend finde. Die Menschen um mich herum, der Joint mit der Gruppe Jazzmusiker, damals in Italien. Das Hasch-Brownie in Amsterdam und die schönen Wolkenformationen vom Zugfenster aus. Und jetzt hier die wunderschönen Menschen und ihre interessanten Schuhe. Ich bin ganz bestimmt nicht „stoned“.

Drei Uhr die Nacht, ich wollte doch wieder den Sonnenaufgang über den Innenhof sehen … ich bin zu müde. Du kannst den Sonnenaufgang auch vom Hotelfenster aus begrüßen … und gleich ins Bett fallen. Kurz nach vier Uhr den Morgen und noch ein paar weitere Titel auf beiden Tanzflächen (die andere mit Disco-Musik), ich nehme die Straßenbahn zurück zum Hauptbahnhof und von dort aus gleich die erste reguläre Straßenbahn in Richtung Norden zu meinem Hotel, nur die Linie 11 fährt das ganze Wochenende zwischen dem Süden von Leipzig und dem Hauptbahnhof im 15-Minuten-Takt.

Angekommen in meinem Hotelzimmer, kann ich die Sonne sehen, wie sie fröhlich strahlend aufsteigt, vor meinem Fenster. Die schweren Gardinen zu und nach dem Make-up-Entfernen im Bad, unter der Bettdecke verschwinden. Wo ist er, wieso ist die andere Betthälfte neben mir leer? Ich möchte ihm wieder eine Nachricht schreiben. (Ende Teil 5/7)

[26.05.24 / 02:14] Sonnabend, Outfit des Tages: das schwarze Spitzenkleid, kombiniert mit dem bezaubernden, schwarzen Strick-Cardigan, der schwarzen Yoga-Hose und den Military-Schnürstiefeletten. Alle meine anderen Kleider fangen an, an dem Kleiderschrank im Hotelzimmer auf Bügeln herumzuhängen. Mit der Straßenbahn zum Frühstück in die Innenstadt von Leipzig – heute ist der Einkaufstag!

Mein Weg vom Hauptbahnhof in die Fußgängerzone führt mich vorbei an einem Laden für Cannabis- und Hanfprodukte, der ist neu, den kenne ich noch nicht. „Darf das so schon verkauft werden?“ – „Ja, das ist halbsynthetisch, das ist eine Grauzone.“ Mein Blick fällt auf die Kräutermischungen an der Theke, aber interessiert bin ich hauptsächlich an den süßen, bunten Gummidinger mit „Spezial-Zutat“. Kennengelernt habe ich die CBD-Fruchtgummis als Beilage aus einem Paket aus Amsterdam, dieser Laden verkauft ein paar Tüten mit dem halbsynthetischen HHC-Wirkstoff. Die Verpackungen sehen auch sehr vielversprechend aus, wie das Cover einer Prog-Rockband aus den späten Sechzigern. Die nehme ich mit! Einfach so.

Das Frühstück gibt es wieder bei der Bäcker-Kette in der Innenstadt, in der Filiale neben dem Einkaufszentrum an einem Stehtisch mit Blick nach draußen. Weiter, nach Brötchen und Kaffee, zu dem großen Kaufhaus am Marktplatz ein paar Meter weiter. Auf meiner Wunschliste steht ein neuer Bikini – oder besser, ein Badeanzug – für die nächste Urlaubsreise. Ich probiere in dem unteren Kellergeschoss ein paar Modelle an. Die nette Verkäuferin zeigt mir auch einen BH in der Preislage um die 110 Euro – aber das würde dann doch mein Budget sprengen. Ein Bikini gefallt mir, das schwarze Tapetenmuster. Die Marke, von der ich meine sauteuren BHs habe – die ich beide dieses Wochenende mitgenommen habe und welchen ich einen davon in genau diesen Moment trage – stellt auch Bikinis und Bademoden her, französischer chic, einen Zweiteiler davon nehme ich auch mit in die Umkleide.

Beim Anprobieren lasse ich mir viel Zeit. Der Bikini, das Höschen sitzt zu tief, das Oberteil selbst ist viel zu knapp – ohne Einlagen kann ich den mit meinen kleinen Brüsten nicht tragen. Der schwarze Zweiteiler dagegen, das Höschen ist etwas höher geschnitten, figurumschmeichelnd, das Oberteil mit dem One-Shoulder ist einfach übergeworfen und sieht im Spiegel nach „Bond-Girl“ aus! Jetzt noch einen wasserfesten Gürtel mit Tauchermesser und ich könnte stilecht irgendwo vor Thailand in einer Lagune aus dem Wasser steigen. Den kaufe ich. Und wieder 150 Euro weg.

Weiter, ein Eis essen und irgendwo ein Mittagessen suchen. Spätnachmittags, da gab es noch dieses eine italienische Restaurant in einem versteckten Innenhof, das früher mal ein Inder war. Ein Teller Gnocchi und mit der Straßenbahn wieder zurück ins Hotel.

Dusche, Parfüm, Kajal und Mascara. Dasselbe Kleid, der Cardigan reicht, ich wechsele zu den Doc Martens. Werde ich es mal rechtzeitig zum Einlass am Gothic-Festival schaffen für die erste Band? Allein der Weg dann nach Sonnenuntergang zu der Haltestelle am Baumarkt und dann ewig auf die Straßenbahn warten. Auch dieses Mal schlängel ich mich dann an der langen Schlange vorbei und zeige mein Bändchen an der Einlasskontrolle für „VIP“ und Gästeliste.

Die erste Band aus Süditalien spielt bereits. So wie ich das nachvollziehen konnte, kommen sie wirklich von ganz aus dem Süden von Italien, der Stiefelabsatz ganz unten, noch südlicher als Bari (Lecce, wenn ich es richtig gelesen habe). Da ist nicht viel los, so weit da unten. Auch diese Band wollte ich unbedingt sehen, ihre vorab Videos waren sehr vielversprechend.

Die anderen Bands, WTF? Ich habe etwas von meinen „Gummibärchen“ eingeworfen, aber ob die Wirkung da schon eingesetzt hat? Zuerst eine japanische Band und dann eine etwas mehr „psychedelische Band“. Der Headliner, die vierte Band des Abends, hat letztes Jahr schon gespielt, schon da fand ich die jetzt nicht so mein Ding, die Musik ist OK, aber die Performance … naja. Weiter in die Verkaufshalle, jetzt der Stand von dem Plattenlabel und die vielen CDs und Schallplatten, auch wenn ich meinen Beutel für Vinyl mit dabei habe, ich beschränke mich auf drei CDs. Ein schwarzes „Gothic Pogo“ T-Shirt in Lady-Size komplettiert meinen Tageseinkauf und landet in meiner großen Lederhandtasche. Ich weiß nicht, ob die Gummidinger mit dem halbsynthetischen Cannabinoid wirklich einen Effekt erzielt haben, aber allein der Gedanke: das Wochenende mit „Sex, Drogen und Musik“ verbracht zu haben, reicht schon aus. Ich bleibe bis kurz nach drei Uhr, auf der anderen Tanzfläche gab es noch ein „Überraschungskonzert“. Wir waren kurz vor der Toilette, als die Drogen aufhörten zu wirken.

Weiter mit der Straßenbahn und dem Nachtbus zurück zum Hotel, leider steige ich eine Station zu früh aus und laufe die letzten Kilometer. Bis ich mein Hotelzimmer erreiche, ist es schon taghell. Hättest du ein Taxi genommen, für das du extra Geld zurückgelegt hast, dann wärst du jetzt schon längst im Bett! (Ende Teil 4/7)

[26.05.24 / 02:13] Frühstück, gegen Mittag, der Bäcker und das Café an der Ecke der Kreuzung mit der Straßenbahnhaltestelle in der Nähe der Gegend, wo ich einmal gewohnt habe. Ein Croissant, Marmelade, einen großen Kaffee und einen weiteren, kleinen Kaffee danach, abgefüllt in meinen Thermobecher. Zwei Stück Kuchen, Rhabarber und Eierschecke mit in meinen Picknickkorb. Mein Outfit des Tages für das viktorianische Picknick im Park ist stilecht: Dark Cottagecore. Das ländliche, schwarze Kleid, das ich immer zu dem Picknick trage (also mindestens einmal), die viktorianischen Stiefeletten mit dem Trichterabsatz und der markanten Schnürung, sowie das „Must-have“, das „It-piece“ schlechthin: die schwarze Dirndlschürze! Niemand sonst werde ich auf dem Picknick sehen, mit genau diesem „passenden“ Accessoire. Ihr seid nicht echt.

Mit der Straßenbahn den frühen Freitag Nachmittag zum Clara-Zetkin-Park in Leipzig. Jede Haltestelle steigen immer mehr dazu, riesige, weite, ausladende, schwarze Röcke. Meinen Picknickkorb muss ich in der beengten Situation schon auf Schulterhöhe halten. Dann die Haltestelle mit Ausstieg ins Grüne – die ganzen Massen kommen ins Stocken, es sind so viele Menschen, es kommt schon zu einem Stau? Der ganze Park ist voll, zehntausend, ich habe noch nie so viele Menschen bei dem Picknick gesehen.

Relativ früh angekommen, kann ich mir meinen Lieblingsplatz etwas abseits am Teich sichern, bevor ich dann um exakt 15 Uhr, mit Blick auf die Uhr, meinen Kaffee und meinen Kuchen aus dem mitgebrachten Picknickkorb packe. Während ich das Stück mit der Kuchengabel von dem Pappboden esse, schweift mein Blick auf die andere Uferseite, bevor es gleich anfängt zu nieseln, sollte ich mal wieder anschließend rübergehen, zu der Stelle, an der man/frau so schöne Fotos von der Szenerie machen kann. Letztes Jahr ist mir der Freitag entgangen, ich war nur den Sonnabend hier alleine. Dieses Jahr kann ich endlich ein oder zwei schöne Fotos machen und die an meine Online-Kontakte versenden, die in aller Welt, die fragen schon jedes Jahr danach.

Wenig später, ich packe meine Sachen wieder zusammen, schnappe mir mein Picknickkörbchen und drehe meine Runde. Wahnsinnig viele Menschen sind hier. Und so schöne Kleider, mit viel Liebe zusammengestellt, historisch, fantasievoll und hier und da ein Fetisch. Fetisch … Ich glaube jemanden von früher wiederzuerkennen, nicht die Dame oder das Wesen in voller Ledermontur, das er mit sich führt, nein, er selbst. War er das wirklich? Eine Nacht in einem Hotelzimmer im Rotlichtviertel in Hannover? Als ich noch „Escort“ war? Ich drehe mich wieder um und laufe weiter, vielleicht war er es auch nicht …

Zurück zum Hotel, kurz Ausziehen, kurz Entspannen, einfach nur auf dem Bett liegen, vielleicht schaffe ich es doch noch, kurz zu schlafen. Eine Dusche nehmen, dieselben Sachen wieder anziehen, das „viktorianische Kleid“. Ich habe meine Outfit-Sammlung für dieses Festival-Wochenende reduziert, jeder „Tagesdress“ ist auch der „Nachtdress“, ich wechsele nur von den Schuhen mit den Absätzen zu Schuhe ohne hohe Absätze, für meine Füße. Ich wähle die Doc Martens als Schlechtwettervariante zu den Turnschuhen mit der weißen Plateausohle und Textil. Dusche, Parfüm, Kajal, Mascara, den Lidstrich weit übergezogen, die schwarze Punker-Lederjacke. Wieder zu Fuß zur Straßenbahnhaltestelle irgendwo im Norden von Leipzig an einem großen Baumarkt.

Als ich das Festivalgelände am Connewitzer Kreuz im Süden von Leipzig erreiche, sehe ich schon die große Schlange vor dem Eingang. Ich gehe schräg daran vorbei. „Fast lane!“ Der Einlass daneben, für „VIP-Armbändchen“ und Gästeliste. Ich fühle mich schon irgendwie besonders, ich besuche das Festival auch schon seit … immer. Jedes Jahr, jetzt schon die 17. Ausgabe und davor die „Vorgänger-Party“, die Urzelle (ich bin seit der „Tangofabrik“ dabei).

Ich muss auf dem Bett in dem Hotelzimmer doch etwas eingeschlafen sein, auch hier wieder verpasse ich den Anfang der ersten von den drei Bands des Abends. Gothic und Batcave. Erst mal ein Getränk an der Bar holen. Die andere, größere Halle ist offen, mit den kleinen Marktständen. DIY – hier und da wirklich schöne Sachen, aber mein Budget ist nur für CDs und Schallplatten eingeplant – und der Verkaufsstand kommt wahrscheinlich erst den nächsten Abend mit dazu.

Die zweite Band, aus Polen, zurück in der anderen Halle, die wollte ich unbedingt mal live sehen, kannte sie noch von Zeiten, als sie ihre Demos noch im Internet veröffentlicht haben – so vor 15 Jahren. Wieder raus nach draußen, wieder Umherlaufen, warten auf die dritte Band: Lene Lovich. Und ich dachte, sie spielt zuerst, weil sie auf dem Flyer ganz oben steht? Ich dachte wirklich, ich hätte sie schon längst verpasst, als ich wieder in die Konzerthalle zur vermeintlichen Aftershow-Disco wollte und vor einem Einlassstopp stand. „Das ist mir zu blöd, ich gehe wieder zurück in die größere Halle.“ Die mit den Verkaufsständen. „Zu der anderen Tanzfläche und tanze da.“ Schöne Titel, schöne Musik, Synth-Wave. Wer wohl die andere Band war, die da noch hätte spielen sollen? Und das ganze wieder zurück … jetzt kein Einlassstopp mehr. Wer ist diese alte Omi da oben auf der Bühne? Verdammt, das ist Lene Lovich! Mein Blick verzieht sich, ich erinnere mich an das Konzert von vor über zehn Jahren 2012 von ihr in Berlin, sie war doch damals schon alt. Menschen so altern zu sehen, macht mir bewusst, dass ich auch nicht ewig meinen Körper so jung halten kann. Den Geist ja, aber das ist etwas vollkommen Anderes … noch weiter die zwei Tanzflächen tanzen und den frühen Morgen mit einem Taxi zurück ins Hotel, ich brauche wirklich etwas Schlaf. (Ende Teil 3/7)

[26.05.24 / 02:12] Donnerstag, wie schon den Nachmittag zuvor, verlasse ich meine Arbeitsstelle früh, Punkt 15 Uhr bin ich weg. Mein ganzer Kram hat gerade so noch in mein Auto gepasst, die Kiste mit den Schuhen auf dem Beifahrersitz, der Koffer hinten, zusammen mit dem kleinen Picknickkörbchen. Was nicht mehr reingepasst hat, habe ich an: die schwarzgraue Cargo-Jeans, kombiniert mit den Hi-Top Plateau-Sneaker und die ultraweite, schwarze Tunika – die mit den ganz weiten Ärmeln. Alles sorgfältig zusammengestellt, Tage zuvor meinen Kleiderschrank katalogisiert. Ich wollte diese Tunika mal unbedingt wieder anziehen. Enge Cargo-Hosen müssen mit weiten, schwarzen Tops kombiniert werden.

Das Hotel am Stadtrand von Leipzig erreiche ich gegen 16 oder 17 Uhr, zu viel Verkehr auf der Autobahn, zu viele Lkws. Es regnet, ich trage meinen Kram trotzdem schon die Eingangstreppe und den Fahrstuhl hoch zu meinem Zimmer. Das „Penthouse“ an der Ecke ganz hinten? Nicht ganz, das Zimmer, in dem wir schon einmal waren, ist die Etage über uns.

Er schreibt mir Nachrichten, ich richte mich in dem Zimmer ein, packe alles aus. Er will in ein oder zwei Stunden da sein, ich nehme eine Dusche, rasiere meine Beine nach. Er lässt sich Zeit, schreibt, ich soll mir etwas Schickes anziehen, ich liege in meiner schwarzen Unterwäsche auf meinem Bett. Er macht mich wahnsinnig! Kommt er? Kommt er nicht? Ich will den Abend noch ausgehen, die erste Nacht des kleinen Gothic-Festivals. So gegen 19 Uhr klopft es an meiner Hotelzimmertür, ich öffne.

„Du bist es!“ Hemmungslose Küsse, enge Umarmungen, er hebt mein Bein, schubst mich auf das große Doppelbett. Wie lange kennen wir uns schon, fast zehn Jahre? Neun mindestens. Früher war er noch rank und schlank, jetzt nicht mehr. Ein grauer Haaransatz. Alles, was ich an „Bären“ liebe, ist er jetzt. Ein Bart, aber keine Brusthaare.

Wir machen das, was wir immer machen, die ganzen vergangenen Tage und Nächte die Jahre in den Hotelzimmern, dieses Hotel. Ein Blowjob, ich gehe tief, halte, lasse ihn in mich versinken. Er hat Kondome dabei, ich habe Kondome dabei. Mehrere Stellungen, Anal, meine beiden Beine auf seiner Schulter, dann nur ein Bein auf seiner Schulter … für mich die angenehmste Position. Ich kann ihn sehen und küssen. Von hinten, er geht tief, von vorne, ich sitze neben ihm, er liegt und schaut mir zu. „Darf ich etwas probieren?“ Ich steige über ihn, die Reiterstellung, nehme in vaginal. Ihm scheint es zu gefallen, er beißt und kneift in meine Brüste.

„Zieh dich an, nimm eine Dusche! Wir gehen essen.“ Er schlägt mir immer wieder auf den Po, ich kann die Dusche und das Badezimmer gar nicht wirklich erreichen – so viele Schmerzen! „Hör auf!“ Tage später werde ich mich über die vielen Wundmale noch freuen. Ich nehme die Dusche, trockne meine Haare, mache das Zimmer sauber und sammle die ganzen zerrissenen Kondomverpackungen auf.

Wir nehmen mein Auto, durch den Abend durch Leipzig, ein Plattenbauviertel irgendwo im Westen, nicht von den anderen Autofahrern stressen lassen, wenn ich keine Fünfzig fahre – weil ich auf sein Navi hören muss – dann ist das so. Der hupende Fahrer hinter mir ist bestimmt kein Sachse, die wären genauso tiefenentspannt. Wir fahren zu einem Freund von ihm, er bereitet ein Essen für uns vor. Die beiden kennen sich, aber ich kenne ihn noch nicht. Ich parke mein Auto vor dem Hauseingang in dem ostdeutschen Neubauviertel. Ich habe extra gefragt, es soll ein „traditioneller“ Freund sein.

Ich schaue mich in der Wohnung um, eine kleine Wohnung. Er begrüßt uns, er kommt, genau wie mein Freund, aus Syrien. Er ist Maler. Ich ziehe meine Schuhe aus und hänge meine Lederjacke an einen Haken und folge den beiden in das Wohnzimmer. Ein Fernseher läuft, wir setzen uns auf die Couch, mir fallen gleich die ganzen Bilder auf. Ölfarbe, feine Pinselstriche.

Es gibt Moussaka – dieses Gericht wird in der ganzen, östlichen Mittelmeerregion gegessen, sein Geheimrezept verrät er mir nicht. Ich trinke Wasser, die beiden ein alkoholfreies Bier? Sie unterhalten sich auf arabisch nach dem Essen, rauchen eine Zigarette nach der anderen. „Geh mit ihm mit!“ Mein Freund macht eine Handbewegung, ich folge dem Maler in Erwartung, ich könnte noch mehr Bilder von ihm sehen.

Wir befinden uns nur wenige Augenblicke später in seinem Schlafzimmer. Was passiert hier? Er scheint Gefallen an mir zu finden, seine Statur ist nicht unbedingt größer als meine, er wiegt auch nicht so viel, wie mein Freund. Lasse ich mich darauf ein? Ich brauche etwas, um mich darauf einzustimmen … wenig später liege ich wieder ausgezogen auf einem Bett.

Manches ist gleich, manches ist anders, sein Penis ist etwas größer, er geht genauso tief. „Hat er dir von mir erzählt?“ Ich konnte die beiden nicht verstehen, als sie sich auf arabisch unterhalten haben. „Ich bin da unten etwas anders gebaut – da ist keine Vagina. Nur Anal.“ Auch er mag meine kleinen Brüste, geht mit seinen Fingern so tief in mir, wie es nur möglich ist (vaginal). Kein Deepthroat – dazu brauche ich mehr Vertrauen. Mein Handgriff beim Sex, immer das Kondom ertastend. Gefühlt eine Stunde, mein Freund liegt währenddessen im Nachbarzimmer auf der Couch und ruht sich aus. Hoffentlich finde ich hinterher wieder alle meine Sachen zusammen. Keine Dusche, nur etwas frisch machen im Bad und meine Haare kämmen. Als wir dann die Wohnung wieder verlassen, ist es bereits dunkel draußen. Werde ich ihn wiedersehen? Er macht irgendwann den Sommer eine Ausstellung. „But mom, he was an artist!“ (Das kann ich jetzt endlich auch sagen.)

Jetzt endlich den Donnerstag Abend nach Connewitz zu dem kleinen „Gothic Pogo Festival“, Punkt 23 Uhr, an der Abendkasse das Papierticket gegen ein Fünf-Tages-Bändchen tauschen. Ich komme so rein, mein Freund – mein „Langzeitliebhaber“ bezahlt nur für diesen Abend. Mein Auto steht irgendwo in einer Seitengasse, von ihm dirigiert, von mir mühsam eingeparkt. Rein in die kleine Veranstaltungshalle, die erste Band spielt bereits, ich bin allein.

Wird er es dieses Mal schaffen? Könnte es mal wieder ein Festival sein, bei dem ich nicht alleine bin? Er wollte eine Toilette suchen, draußen, und später nachkommen. Ich schaue mir die erste Band an, die zweite auch … Synth und Post-Punk für diese Nacht. Es kommen mehr und mehr Gäste … nach den Auftritten laufe ich suchend durch die Menge. Drinnen habe ich gedacht, ich könnte ihn hinter mir riechen, seine Zigarettenmarke. Draußen suche ich minutenlang alles ab – er sitzt auf einer Bank! „Endlich! Ich suche dich schon die ganze Zeit!“ Mein ganzes Wesen, alleine bin ich in meiner autistischen Blase, niemand spricht mit mir, niemand nimmt Notiz von mir – oder ich will es nicht sehen. Mit ihm zusammen bin ich normal. So wie die anderen Gäste, die draußen herumstehen, sich unterhalten, lachen, eine gemeinsame Zeit verbringen. Mein Freund ist ein Menschenmagnet, er kommt mit allen ins Gespräch. „Darf ich ihnen von dir erzählen? Sie ist trans!“

Die Nacht ist die Disco drinnen nicht so wichtig, draußen lernen wir immer weitere Menschen kennen – auch wenn ich meistens nur still daneben stehe – es ist zu faszinierend, ihm zuzuhören … erzählt er seine Geschichten in Variationen? Was ich dachte, er hätte nach ein oder zwei Semestern abgebrochen, ist jetzt ein vollwertiges Soziologiestudium? Mir egal, sein aktueller Job ist: „Hausmeister für Studentenappartements“.

Auf dem Innenhof auf dem Festivalgelände wird es irgendwann leicht bläulich an dem Himmel, ich bin schon seit sechs Uhr wach, so lange wollte ich gar nicht durchmachen. Fahren wir wieder zurück ins Hotel? Du wolltest noch mindestens einmal mit mir Sex haben. Ich zähle seine Bierflaschen, mindestens acht an der Zahl. Die anderen Gäste, mit denen wir ins Gespräch gekommen sind, verabschieden sich auch schon. Zurück zu meinem Auto, zurück ins Hotel, zurück auf das Zimmer.

Ich glaube, die Sonne schon zu erkennen, als ich die Fenster öffne, die schweren Gardinen beiseite schiebe, um etwas kühl durchzulüften, um sie dann wieder zu schließen. Meine Routine im Bad, schwarzen Kajal entfernen … schläft er schon? Zähne putzen, Haare durchkämmen … ich bin doch ganz schön müde und könnte jetzt einfach einschlafen. Zurück auf dem Bett, er wirft meine Unterwäsche beiseite und nimmt mich. Er stößt tief zu, das Bett rumpelt, ich stöhne. Haben wir Zimmernachbarn? Er ist unersättlich und fordernd … Zu viel, zu tief, zu müde! Ich mag die schweren Vorhänge, sie schirmen das aufkommende Sonnenlicht ab. Eine Packung Oropax, für das ganze Wochenende, wirksam gegen die Güterzüge weit draußen vor den Fenstern dieses Hotels im Norden – aber nicht wirksam genug gegen ihn!

Er schnarcht, furchtbar. Nach dem Sex liegt er auf seiner Hälfte des Doppelbettes, ich auf meiner Hälfte, das Kopfkissen begräbt meinen Kopf. Vielleicht kann ich für einige Momente einnicken, vielleicht auch nicht. In den nächsten drei Stunden muss es Momente gegeben haben. Sein Wecker klingelt den Freitag Vormittag, ihn stört das nicht, er schläft weiter. Ich höre den Mädchen in dem Nachbarzimmer zu, Girl Pals. Er wacht auf und hat noch einmal Sex mit mir. Ich bin so kaputt, mein Kopf und meine Hände dicht an der Wand, lautes Gestöhne. Was wohl die Nachbarn denken?

Irgendwann nimmt er auch eine Dusche und ich kann ihn wieder nackt auf meinem Bett liegend beobachten … Du forderst mich so sehr. Werden wir uns den Tag noch wiedersehen? Verbringen wir das ganze Wochenende zusammen? Den Freitag ist das „Viktorianische Picknick“ im Park, da will ich unbedingt wieder hin. Wäre schön, wenn du auch mit dabei bist. Er will unbedingt auch da sein und Fotos machen. Angezogen sehe ich ihn die Tür wieder zumachen. „Bis später …“

Noch eine Stunde bis elf Uhr, schlafe ich noch ein? Die Zimmernachbarn haben keine Scham, Lärm zu machen, knallen mit allen Türen. (Ende Teil 2/7)

[26.05.24 / 02:11] Wieder zurück von dem langen Gothic-Wochenende in Leipzig. Ich bin zu müde und kaputt, mein Hals schmerzt und ich konnte mich den ganzen Tag nur noch gerade so wach halten. Mein Wohnzimmer hängt voller, getragener, schwarzer Kleider auf Bügeln verstreut, der Koffer geöffnet, auf der Couch die ganzen Mitbringsel verteilt. Die teuren, eingekauften Sachen … und noch mehr getragene Kleidungsstücke.

Tage zurück, der Mittwoch Abend, eingeplant nur für ein paar wenige Stunden, bin ich erst kurz vor Mitternacht endlich fertig. Der kleine Koffer ist voll. Fünf Outfits für fünf Tage und Nächte für das Festival, zwei schwarze Kleider, der Ledermini, zwei schwarze Tops und die neue Cargo-Jeans, sie soll meine kaputtgegangene Kunstleder-Stretchleggings ersetzen. Eine ganze Tragekiste voller Stiefeletten, das ganze Schuhregal mit einem Handstreich leergeräumt, vier Paar an der Zahl, und die Sneaker.

Das Hotel ist schon seit Januar gebucht, ich kann mit dem Auto anreisen, über die Autobahn, gleich den nächsten Tag nach der Arbeit. Ich habe ihm eine Nachricht geschrieben. Es ist „unser“ Hotel, er ist interessiert. Den Abend noch den ganzen Körper rasieren, es fällt auf, dass ich mich schon zwei Monate nicht mehr rasiert habe, nicht mehr ausgegangen bin, es dauert ewig … verdammter Billig-Schrott, der Rasiertrimmer ist nicht für diese Extremsituation gemacht. (Ende Teil 1/7)

[28.04.24 / 00:46] Ein Sparmonat … es gibt nichts zu tun. Keine Erlebnisse, ich bleibe die Wochenenden zu Hause, eingerollt in meiner Decke, auf meiner Couch, vor dem Fernseher. Die Tage von Montag bis Freitag gehen nur so dahin, ich mache Überstunden, meine 42- bis 45-Stunden-Woche (Programmieren ist aber auch eine sehr fesselnde Arbeit). Den Sonnabend mache ich dann gar nichts und den Sonntag nur die Heimarbeit: Küche (speziell den Kaffeeautomaten), Bad reinigen und Wäsche waschen, Schwarzes, Grünes, nach Farben sortiert. Nur den letzten Freitag bin ich mal nach der Arbeit noch in einen nahegelegenen Einkaufstempel bis kurz vor Ladenschluss einkaufen gegangen. Ich musste mir mal dringend neue (schwarze) Unterwäsche kaufen – und eine neue grün-schwarze Tunika! Ich konnte einfach nicht widerstehen und daran vorbeigehen. Von meinem Lieblingslabel, das Britische, mit der „Mode für die Mutter, wie für die Tochter“, das zeitlose Design soll beiden gefallen. Ein aufgedrucktes Tapetenmuster, ich kann das inspirierende Jahrzehnt des Schöpfers oder der Schöpferin nicht wirklich ableiten … Siebziger? Achtziger? Todschick.

Wo ziehe ich es an? Mit meinen Sneakern. Der schwarze Grundton: ich könnte es auch in nur wenigen Wochen zum großen „Gotik-Wochenende“ in Leipzig tragen – das Event, auf das ich hinfiebere – und welches gnadenlos teuer wird. Eine Hotelzimmerreservierung für fünf Nächte, preislich im Luxussegment … und das ist nur die alte Bruchbude im Norden, die ich schon immer buche. Daher mein Verzicht für den Monat April. Ich muss sparen.

Kaufe ich noch mehr ein? Vielleicht einen neuen Bikini? (Wirklich, brauchst du noch einen?) Die schicke Tunika bietet sich auch für die nächste große Reise am Jahresende an (so wie alle meine bunten Tunikas im Schrank). Es könnte nach Thailand gehen … Blick auf das Sparguthaben auf meinem Konto mit dem Budget für die nächste Reise: „Präzise 1,77 Euro.“ Und es hat sich schon seit Monaten nichts mehr daran geändert. Ich muss wohl noch mehr „Sparmonate“ einlegen.

[31.03.24 / 19:50] Zurück von einer Kurzreise nach Hamburg (tatsächlich liegt dieser Trip schon eine Woche zurück). Drei Punkte standen auf dem Programm: die Innenstadt sehen, eine Shopping-Tour machen und eine Kunstausstellung besuchen! Im Internet gebucht, hin und zurück erste Klasse Bahnticket und zwei Nächte in einem Hotel gleich gegenüber dem Ausgang vom Hamburger Hauptbahnhof (mit wirklich winzigen Zimmern).

Die Innenstadt innerhalb dem alten Stadtkern ist schnell abgelaufen, den ersten Tag mittags angekommen – ich will zur Alster, von mir bezeichnet als das „Wasserding“ da in der Mitte der Karte. Gar nicht so einfach, die Straßen sind alle so krumm gezogen, was aussieht, wie geradeaus, geht zehn oder zwanzig Minuten später in eine völlig andere Himmelsrichtung, als in meinem „Kopf-Navi“ angenommen. Wir orientieren uns an ein paar Fixpunkten, eine Kirche, ein Rathaus, die vielen Wegweiser, die ich von meiner letzten Reise in diese Stadt schon kenne.

Der erste Tag, ein Donnerstag, das markante Rathaus, die schönen Kanäle durch die Stadt (fast wie in Amsterdam), ein Fischbrötchen an einer Imbissbude (eher für Einheimische, kein Touristen-Nepp). Später den Abend dann schon einmal im Dunkeln den Weg zu der Kunsthalle finden. Aus dem Fernsehen habe ich mitbekommen, welche Ecke vom Hauptbahnhof wir lieber nicht entlang gehen sollten. Bettler quatschen uns ständig an, wir ignorieren.

Der zweite Tag, die Speicherstadt. Im besten Hamburger Wetter – Nieselregen. Für die Abende, wenn es nicht regnet, habe ich meinen leichten Wollmantel – für das nasse Wetter, meine Regenjacke … und meine, halbhohen „City-Gummistiefel“. Guck sie dir an, diese jungen Leute in ihren Turnschühchen!

Auch die Speicherstadt ist gut ausgeschildert, nur bei diesem Regendunst nicht ganz so leicht zu erkennen (die Schilder). Immer das Smartphone herauszukramen, ist zu umständlich – wir benutzen eine Faltkarte aus dem Hotel, vollgestopft mit Werbung und einem winzigen Kartenabschnitt mit allen Sehenswürdigkeiten.

Die Speicherstadt habe ich mir anders vorgestellt – bzw. anders in Erinnerung – ich dachte, das wären so Grachten und in der Mitte tuckert ein Boot mit der „großen Hafenrundfahrt“. Die vielen, manchmal schon mehrspurigen Straßen für die vielen Autos passen da nicht in das erwartete Bild. Wir lassen uns treiben und weichen auch ein paar Mal von den starren Routen ab.

Kleine, schmale Brücken für Fußgänger. Kopfsteinpflaster an der Mole vor den großen, mehrstöckigen Speichern. Ein Gewürzmuseum finden wir (ich erfahre viel neues über Chili) und eine Kaffeerösterei. Speziell hier drin sind mir viel zu viele Touristen, ich will wieder rüber in die Altstadt, dort soll es ein schönes, kleines Kaffee geben, das wie ein Kolonialwarenladen aussieht und in dem wir schön sitzen können, bei Kaffee und Kuchen. Über eine interessante Kirchenruine den Nachmittag wieder zurück zum Hotel. Abendessen beim Italiener gleich unten neben dem Eingang (welcher auch ein Frühstücksbuffet anbietet).

Der dritte Tag und auch wieder der letzte. Leider sind am Hauptbahnhof alle Schließfächer belegt und wir müssen unsere Koffer – bzw. ich nur meine Tragetasche – mit uns herumschleppen. Noch einen halben Rundgang um die Binnenalster, bei Sonnenschein und Regen (oder Hagel, oder Graupel, Eisklumpen von oben). Eine Bushaltestelle am Jungfernstieg – ich habe alles dabei, meinen ganzen Kleiderschrank, mein Wollmantel landet eingerollt in meiner Tasche, meine Regenjacke ziehe ich schnell wieder über, die praktischen Wildlederschuhe in Hi-Top Sneaker-Optik müssen so gehen.

Noch eine letzte Runde durch die Innenstadt, so langsam kennen wir uns aus. Ein arabischer Mokka in einem Café an einem Kanal, ein günstiges Mittagessen in einem Food-Court in einer Shopping-Mall und später dann mit dem Nachmittagszug erste Klasse zurück. Punkt Stadtbesichtigung abgeschlossen … das mit der Reeperbahn ging dieses Mal nicht, zu wenig Zeit, zu viele gegenläufige Interessen.

Zweiter Punkt: die Shopping-Tour. Was will ich einkaufen? Ich brauche noch extralange, schwarze, flache Schnürsenkel für meine neuen Hi-Top Vans (Weiß geht gar nicht, total ungruftig). Ich bin schon länger auf der Suche nach einer weiteren, schwarzen Jeans – nachdem ich meine alten zwei mit Boot-Cut-Schnittform in die Altkleidersammlung gegeben habe, in meinem Bestand befinden sich jetzt nur noch zwei im geraden Schnitt, eine gekürzte für den Sommer und die Skinny-Stretch – aber die ist Anthrazit. Vielleicht wieder eine mit weitem Bein?

Den ersten Nachmittag laufen wir schon durch alle Läden, bis Anbruch der Dunkelheit, mehrere Levi's Boutiquen – die schwarze Boot-Cut-Jeans gibt es nicht mehr im Sortiment. Schnelles Abendessen beim Inder am Bahnhof. Wenigstens schwarze Schnürsenkel habe ich bekommen: „180 cm“, viel zu lang? Wenn die tatsächlich viel zu lang sind, dann nehme ich die eben für meine anderen Stiefel.

Der zweite Tag – auch die Speicherstadt-Tour. Ein weiterer Einkaufspunkt auf meiner Liste: Kaffee. Am besten den neapolitanischen – helle Röstung, 70-30-Blend, Arabica und Robusta. In der großen Kaffeerösterei bin ich, umzingelt von den vielen Menschen, vollkommen überfordert. Ich fühle mich wie in einer „Touristenfalle“. Später dann in dem kleinen Kolonialwarenladen / Café habe ich ein viel besseres Einkaufserlebnis und kann die 250g Tüte mit der gewünschten Röstung auch gleich bei einer warmen Tasse mit Blick auf das Wasser genießen, bzw. ausprobieren. Den Nachmittag noch einmal durch alle Einkaufsläden und Warenkaufhäuser, meine Begleitung sucht auch noch etwas für sich, ich kaufe die nächsten Schnürsenkel … so auf Vorrat, 160 cm, falls die anderen dann doch zu lang waren [Anm. der Verfasserin: Waren sie nicht, 180 cm hat für die Hi-Top-Sneaker genau gepasst.]

Der dritte und Abreisetag, den mit dem ganzen Gepäck. Nach dem Mokka in der Innenstadt finden wir die Straße mit den ganz teuren Geschäften. Mein Budget ist streng kalkuliert, für so etwas habe ich kein Geld. Irgendwo hier soll es noch ein Outlet eines nicht näher benannten Online-Händlers für Mode und Bekleidung geben (warum trenne ich diese beiden Wörter).

In dem Outlet, in der zweiten Etage für Damen, entdecke ich einen kleinen Stand mit der Aufschrift „Designer“ – der ganze andere, billige Schrapel ist „Bekleidung“, die Designer-Sachen sind „Mode“. Ich wühle mich durch. Jede Jeans eng dicht an dicht. Den Abend vorher habe ich in einem anderen Laden eine graue Levi's gesehen, leider zum normalen Preis und „cropped“ (nicht das, was ich suche). Hier in dem Outlet entdecke ich eine anthrazitgraue Cargo-Jeans von dem spanischen Mode-Label, von dem ich schon einige, hübsche Sachen habe. Wird sie mir passen? Zur Anprobekammer.

Falsch ausgewählt. Ich habe ganz vergessen, ich muss bei spanischen Sachen eine Nummer größer nehmen. Zum Glück sind da noch zwei Exemplare auf der Stange. Zurück vor dem Spiegel in der Anprobe … Cargo. Zwei flache Taschen rechts und links am Bein, die Jeans selber Slim-Fit. Solche Art Hosen (aber viel weiter) habe ich in meiner Militärzeit schon getragen. Diese hier sieht recht schick aus – ich werde sie mit militanten Schnürstiefeln kombinieren! Die mit dem hohen Blockabsatz … gekauft. Wenn ich den Sommer mal wieder auf einen Rave oder auf das nächste Festival gehe …

Auch der Einkaufspunkt ist abgehakt … aber der eigentliche Grund, warum wir hier sind, ist der Besuch der Kunstausstellung mit den Gemälden eines Künstlers um die Jahrhundertwende zwischen 1780 und 1840. Der, der die schönen „gruftigen“ Landschaftsbilder gemalt hat. Der zweite Abend auf unserer Reise, die Ausstellung ist ausverkauft, Wochen zuvor gingen bei der Online-Reservierung die Tickets schon im Minutentakt weg. Wir haben zwei Reservierungen für den Abend.

Angekommen im Foyer des Ausstellungsgebäudes der Hamburger Kunsthalle, ist es viel zu voll. So viele Menschen. Ich schließe meinen Wollmantel und meine kleine Handtasche in dem Schließfach an der Garderobe ein. Der Fluss an Menschen schiebt sich durch die Räume der Ausstellung. Es ist warm und feucht – viel zu viel Stress für die Bilder. Einige Menschen haben Masken auf, einige husten – ich huste nur so zum Spaß, um etwas Platz zu bekommen. [Anm. der Verfasserin: Und werde mich das kommende Wochenende nur so dahinschleppen und elendig infizieren]. So schöne Bilder zu betrachten.

Hier und da können trotz der großen Menschenmenge immer wieder einige gesittet vor den Bildern stehen und die detailreiche Gestaltung des Malers bewundern. In einem Raum sind auch Exponate von Künstlern ausgestellt, die sich von ihm haben beeinflussen lassen. Ich freue mich über die Richtung und erkenne schon die ersten Züge meines geliebten Impressionismus. Der ursprüngliche Maler selbst, dem die Ausstellung gewidmet ist, wird eher der Romantik zugerechnet. Was ich nicht wusste: viele seiner Bilder sind konstruiert und müssen nicht unbedingt die wirkliche Welt abbilden.

Der Gong ertönt, die Besucher werden freundlich gebeten, die Ausstellungsräume gegen Ende zu verlassen. Wir verpassen den Ausgang, biegen falsch ab – und befinden uns wieder in dem kleinen Rundgang durch die Räume. Ein großes Gemälde muss ich noch einmal ungestört bewundern und im Detail erfassen, bevor auch wir uns dem Ausgang zuwenden. An der Kasse für die Souvenirs und Bücher ist alles voll, die Bediensteten haben Mühe, die ganze kunstinteressierte Menschenmenge zum Gehen zu bewegen. Ich nehme noch einen Kühlschrankmagneten mit – praktischerweise befinde ich mich damit gleich an der Kasse zum Bezahlen (ich habe mich ganz bestimmt nicht vorgedrängelt, es ist „einfach so“ passiert). Den Abend wieder zurück zum Hotel.

Gehe ich noch aus? Es ist Freitag Abend … aber ich wüsste nicht, wo ich hin sollte. Der eine „optionale“ Punkt mit dem Ausgehen, ist nicht Teil dieser Reise.

[02.03.24 / 21:48] Ich will mal wieder eine ganze Nacht lang ausgehen – so wie früher: mit dem Zug abends hin und morgens wieder zurück, ohne Hotel. Die letzten schlaflosen Nächte haben mir wieder gezeigt, dass das geht – egal, ob ich die Nacht vorher nicht geschlafen habe, ich bin den nächsten Tag hellwach und topfit auf Arbeit (und wieder haarscharf an einer nächsten „über-64-Stunden-wach-Phase“ vorbei). Das Outfit steht für den Sonnabend Abend bereit: es müssen die spitz zulaufenden, schwarzen Stiefeletten mit den kubanischen Absätzen sein, es muss die anthrazitgraue Skinny-Jeans sein, es muss ein schwarzer Rollkragenpullover sein und er muss optimal zu meinem schwarz-weißen, lässig geschnittenen Long-Blazer passen! Endlich ziehe ich ihn an …

Seit ein paar Wochen weiß ich, dass in Leipzig wieder eine queere Disco-Nacht stattfindet, weit im Südosten, ein noch mir unbekanntes Haus in der Nähe von Bahngleisen und einer markanten Autobrücke. Der Veranstalter ist mir vertraut, nicht unweit dieser Venue war ich vor ganz vielen Jahren (2004?) bei einer seiner ersten Partys in einem Disco-Keller irgendwo in Plagwitz (da bin ich noch mit meinem alten Fiat die Nacht von Wernigerode aus hingefahren – und den Morgen wieder zurück). Ein Ticket habe ich nicht, ich verlasse mich auf die Abendkasse und die Bahntickets für den Regionalzug ziehe ich sowieso „ganz spontan“ am Automaten im Zug.

Sonnabend früher Abend, die Dusche mit dem parfümierten Duschbad, einen zweiten, anschließenden Sprühstoß quer über den Nacken mit dem dazugehörigen Parfüm („Rendez-vous nocturne …“) erspare ich mir – bzw. den anderen, späteren Fahrgästen im Zug. Mascara, Kajal, mein neuer, großer Spiegel in meinem neuen Bad (ich muss unbedingt hier mehr Beleuchtung einbauen, in irgendeiner Schublade liegt noch die LED-Leiste aus meiner alten Dachgeschosswohnung in Leipzig). Kein Abendessen für mich – und kein Geld, das ziehe ich mir vor Ort am Hauptbahnhof. 19 Uhr nochwas, ich steige in den Zug nach Leipzig.

Die Nacht unterwegs nach Leipzig / Februar 2024 / Alter 42

Der erste Zug von Wolfsburg kommend ist noch voll, der zweite Anschlusszug ab Magdeburg ist wieder gemütlich leer, ich kann die ganze Fahrt über Solitaire auf meinem Smartphone spielen. Nur der Zwischenstopp mit ungeplanten Umstieg irgendwo bei Dessau weckt mich aus meiner Routine. Je näher ich Leipzig komme, desto mehr erhellt sich mein Gesicht. Ich schaue aus dem Fenster: Da, dahinten. Irgendwo da habe ich mal gewohnt. Einfahrt in den Leipziger Hauptbahnhof. Toilette und Geldautomat, es muss nachher noch für ein Taxi zurück reichen.

Draußen die Straßenbahnhaltestelle vor dem Hauptbahnhof … Leipzig hat sich irgendwie verändert? Zu viele Menschen die zu sehr „asi“ wirken – und ich meine nicht die Obdachlosen, die hier sowieso immer sind. Weiter mit der Straßenbahn den späten Abend in der Dunkelheit nach Plagwitz. Günstig kalkuliert, mein Länderticket für einen Tag beinhaltet auch den öffentlichen Nahverkehr. Wenn ich später nicht mehr an der Abendkasse vorbeikomme, ich könnte noch bis drei Uhr nachts kreuz und quer hin und herfahren und mir etwas Neues suchen. Es gibt für diese Nacht noch einiges mehr an „Plan B“ in Leipzig.

Die Straßenbahnhaltestelle um kurz vor 23 Uhr, einsam und menschenleer. Ich kenne mich hier aus, zu viele Clubs in verlassenen Industrieanlagen, die nicht mehr existieren. Ich laufe die Straße entlang zu der Autobrücke über die Bahngleise. Der neue Club müsste sich schnell finden lassen, so markant wie er auf der Karte liegt. Ich biege auf einer Ecke ein und laufe eine Fußgängertreppe nach unten, die Laternen an den Bahngleisen erleuchten alles. Der neue Club, ein altes Haus, DDR-Stil, Graffiti an den Wänden zu der Brücke. Es wirkt interessant. Nach und nach kommen die ersten Gäste und ich bin nicht mehr alleine.

Die Treppe runter zu dem Kellereingang, vor mir sind vielleicht nur zwei oder vier Personen, der „Thrill“ ohne ein Ticket. „Gibt es noch eine Abendkasse?“ – „Ja, wir haben noch ein paar wenige Resttickets.“ Der Mann öffnet nur kurz die Tür und informiert die wartenden Gäste, dass der Einlass sich noch um ein paar Minuten verzögern könnte. Wenig später, 23 Uhr plus, es geht rein.

Mein Stempel auf meinem Handrücken, ich habe es geschafft. Ein paar Schritte von der Kasse entfernt, eine kleine Treppe hoch, die Garderobe – meinen flauschigen Wollmantel abgeben – eine kleine Sitzecke, wissen, wo die Toilette ist und ich betrete durch einen schmalen, dunklen Gang die kleine Tanzfläche. Ist es das? In den paar Sekunden habe ich den ganzen Club abgelaufen? Neben der Tanzfläche liegt noch eine Bar, sie ist noch im Dunkeln. Ich laufe ein paar mal hin und her, frage den netten Mann an der Garderobe, die Bar macht später noch auf. Er deutet auf die Kasse die Treppe runter, das ist auch eine kleine Bar (ist mir gar nicht aufgefallen). Es kommen weitere Gäste.

Auf der Tanzfläche, die erste DJane legt ein paar Italo-Classics auf – zu schön für mein Outfit. Mein Long-Blazer unterstreicht die Achtziger-Jahre-Note. Ich performe zu der Musik, ich kenne sie in- und auswendig. Die stilvolle Beleuchtung oben an der Decke fällt mir auf … so schön düster und elegant. Noch habe ich viel Platz zum Tanzen.

Mehr Gäste, mehr Leben, mehr tanzen und umherlaufen, meine Flasche Club Mate in der Hand. Transvestiten? Irgend etwas mit trans? Drag Queen Entourage! Ich bin nicht die einzige auf dieser queeren Party. Die Drag Queen bezeichnet sich selbst auch als trans. Ins Gespräch komme ich nicht, sie fallen mir nur auf. Transsexuelle Frauen und Transvestiten begegnen sich nicht, sind grundverschieden, tolerieren sich nur gegenseitig.

Die Temperatur in dem kleinen Club steigt, der schwarze Rollkragenpullover landet eingerollt in meiner Handtasche – diese wiederum für ein paar Cent mehr an der Garderobe. Endlich befreit kann ich noch mehr tanzen. Der zweite DJ, der Veranstalter höchstpersönlich, und wenig später die Nacht, der dritte, gebuchte DJ. Ein Wahnsinns-Set – er legt noch echtes Vinyl auf. Die zweite oder dritte Limonaden-Flasche in meiner Hand, den Blazer leger über meinem Arm, nur noch die Jeans und das schwarze Spaghettiträger-Top, mein Nietengürtel blinkt in dem warmen und dunstig-nebeligen Club. Die Gruppe an Menschen umringt den DJ-Pult und tanzt sich in Trance.

Wie lange bleibe ich hier? Wie spät ist es? Bargeld ist in der Jeanstasche vorne, das Smartphone hinten am Gesäß. Auf der Toilette spüre ich den Duft von Kondomen, überall wird geraucht, nicht nur Nikotin. Irgendwann ist es nach um drei Uhr und ich suche zwischen den vielen Menschen einen Sitzplatz. Der DJ legt weiter auf, sein Set ist noch nicht vorbei. Ich muss wieder herunterkommen, etwas entspannen, mich auf das Gehen vorbereiten. Stimmen überall, so viele Menschen, Italienisch, Spanisch, mehr.

Kurz vor vier Uhr, die kleine Sitzecke an der Garderobe. Die blinkenden LED-Textlaufbänder faszinieren mich, eine Kunstinstallation? Das Gemälde unten am Eingang ist mir aufgefallen, vielleicht habe ich es schon einmal in einer Galerie hier in Leipzig gesehen. Ich hole meinen Mantel und meine Handtasche an der Garderobe ab. Für das Anziehen aller meiner Schichten lasse ich mir viel Zeit. Auch wenn ich weiß: um fünf Uhr geht der erste Zug.

Draußen, es ist kalt. Mein Mantel eng zusammengeschnürt. Diese Stille, dieser Kontrast. Die Treppe hoch zu der großen Brücke und weiter im Schein der Laternen zu den großen Kreuzungen. Irgendwo hier muss ich ein Taxi anhalten, immer wieder drehe ich mich beim Laufen um, ob eines hinter mir ist. Eine zentrale Straßenbahnhaltestelle, einige Partygäste von irgendwo. Die ersten Straßenbahnen fahren bereits diesen frühen Sonntag Morgen. Ich glaube nicht, dass sie auch bis zum Hauptbahnhof fahren (auch wenn in Leipzig so gut wie alles über den Hauptbahnhof fährt). Mein Budget ist auf eine Taxifahrt ausgerichtet. Ich habe bereits die Nummer auf meinem Telefon gewählt, als ich am Ende der Straßenbahnhaltestelle inmitten der großen Kreuzung ein Taxi anwinken kann. „Zum Hauptbahnhof.“ Jetzt aber schnell, es ist schon nach 4:30 Uhr und der Zug geht in wenigen Minuten (25 bis 30 Minuten).

Der Taxifahrer nimmt eine direkte Route, angekommen am Taxistand am Hauptbahnhof drücke ich ihm meine letzten 25 Euro Bargeld in die Hand, die 25 Euro, die ich ihm auch versprochen habe. Wie erwartet, der Bahnhof ist um diese Uhrzeit den frühen Sonntag Morgen voller Partyvolk. Niemand lebt noch in Leipzig, sie alle kommen aus den umliegenden Gemeinden. Mein Zug geht pünktlich, ich kann mir in dem hell beleuchteten Wagon einen freien Sitzplatz aussuchen. Leer ist es nicht, aber die anderen Partygänger, so wie ich, versuchen auch, etwas zu schlafen. Einzig unterbrochen von der jungen Schaffnerin / Zugbegleiterin, die die Tickets prüft.

Delitzsch, Bitterfeld … der Ort kurz vor Magdeburg? Ich muss eingerollt auf der Sitzbank etwas eingenickt sein, mindestens der Halt in Dessau ist mir entgangen. Es fühlt sich genauso an, wie vor zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren, als ich noch in meinem schwarzen Kapuzenpullover und der Leder-Jeans (und genau dem Nietengürtel) und meinen alten Springerstiefeln von einem Festival / Konzert / Clubnacht von irgendwo in Deutschland zurück gekommen bin. Ich fühle mich auch gleich zwanzig Jahre jünger und so jugendlich.

Magdeburg, der Umstieg in den anderen Regionalzug weiter in das Provinzkaff, das wenigstens ein Bahnhof und somit ein Tor zur Welt hat. Ein Nuss-Nougat-Croissant als mein erstes Essen nach zehn Stunden um sieben Uhr morgens. Keinen Kaffee, noch eine Stunde und ich bin zu Hause. Die schwarze Wimperntusche und den rauchigen Lidstrich habe ich mir schon im Zug mit ein paar Tücher zum Make-up-Entfernen weggewischt, in meinem Heimatkaff angekommen, im sonnigsten, frühmorgendlichen Sonnenschein unter blauen Himmel und aufgehender Sonne zu Fuß die paar hundert Meter zum Familien-Wohnhaus. Ich bin froh, dass ich meine Sachen nur auf die Couch werfen brauche und kurz darauf – gegen acht Uhr – mit zugezogenen Vorhängen in mein Bett fallen kann. Ich erwarte nicht, dass ich einschlafe, ich mache nur (wie im Zug) meine Augen zu … und schlafe doch bis Mittag. Sonntag …

[18.02.24 / 23:50] Ein sonniges Wochenende im Februar, Sonnabend Morgen … das Wetter hält? Die Sonne kommt noch raus? Ich habe ganz kurzfristig erfahren, dass diesen Nachmittag noch eine Demo in Magdeburg sein könnte – eine Demo gegen Rechts! Wie so viele die letzten Wochen zuvor, in ganz Deutschland, jetzt auch hier in Sachsen-Anhalt.

Ein breites Bündnis hat aufgerufen, zu breit, ich werde niemanden aus meinem Bekanntenkreis erwarten. Ich scherze noch: Wenn die AfD da nicht eingeladen ist, gehe ich nicht hin! In der Realität ist mein Umfeld viel zu sehr links, als dass sie bei irgend etwas teilnehmen würden, was von Parteien, Gewerkschaften und allen anderen mittig orientierte Institutionen organisiert oder unterstützt wird. Ich bin da, ich will dahin, mir ist es egal, jeder Mensch zählt. Wenn da mehr als zwanzig auftauchen, ist das schon richtig gut für dieses faschistische Drecksnest.

Den Regionalzug eine Stunde früher habe ich schon verpasst, ich lasse mir nach dem Frühstück genug Zeit. Ich nehme das Auto und bin auch so gegen 11 Uhr den späten Sonnabend Vormittag am Hauptbahnhof von Magdeburg. Mein Auto stelle ich wieder irgendwo in einem Parkhaus ab. Ich bin zu früh. Nicht mal mehr als zwei Polizeifahrzeuge sind auf dem einsamen Vorplatz zu sehen. Einen teuren Kaffee und ein Schokocroissant später auf der Sitzbank draußen … wenn ich schon einmal hier bin (und es noch ewig dauert, bis es losgeht), könnte ich doch auch noch Einkaufen gehen.

Zurück in die Einkaufspassage gegenüber dem Hauptbahnhof, der eine Klamottenladen hat ein schönes, grünes T-Shirt einer nicht näher genannten US-amerikanischen Marke … leider finde ich in dem ganzen Stapel nur noch die Größe XXL. Zurück nach draußen, es tut sich immer noch nichts auf dem großen Vorplatz – ohne anzuhalten drehe ich meine Runde von dem einen Ausgang wieder in den anderen Eingang des Einkaufstempels. Ein Schuhladen, hinten die Regale mit den Outlet-Angeboten, davor die „Boutique-Sneaker“.

Die letzten zwei oder drei Jahre blieb ich immer mit meinen Augen an den Vans hängen … kaufe ich sie mir irgendwann? Könnte das etwas für mich sein? Sind die szenetypisch und könnte ich mich damit in der Gothic-Szene blicken lassen? Oder werde ich dann merkwürdig angesehen? In meiner Plattensammlung habe ich auch ein paar Hardcore-Sachen, eine Scheibe ist sogar der (späteren) Skater-Hardcore-Punk-Szene zuzuordnen. Bei den Punk-Konzerten sehe ich in letzter Zeit immer häufiger Leute in diesen schwarz-weißen Turnschuhen herumlaufen. Aus meinem Bekanntenkreis weiß ich, dass sie äußerst bequem sein sollen. Ich probiere zwei Paare an, jeweils die eine Seite Hi-Top-Sneaker mit Plattform, die andere Seite ohne die erhöhte Sohle. Tatsächlich gefällt mir die Seite mit dem Plateau an meinem Fuß besser (wahrscheinlich sind sie durchgehend gepolstert und nicht nur hinten die Ferse). Ich kaufe sie! Verdammte YouTube-Influencer …

Mit dem Plastebeutel und dem Karton darin, verlasse ich wenig später wieder den Konsumtempel. Draußen sind jetzt schon viel mehr Menschen – und Polizisten. Meine neuen Turnschuhe (mit denen ich auch auf jeder nächsten Demo den Sommer latschen könnte) lasse ich in einem Schließfach unten in der Bahnhofsunterführung. Draußen bricht die Sonne aus den Wolken hervor und die Kundgebung beginnt. So irgendwann die eine Stunde nach Mittag.

Der Demozug setzt sich wenig später in Bewegung … es ist so still. Vielleicht sind es schon an die ein- oder zweitausend Menschen, wirklich breit gestreut, die schönen Menschen, nicht die hässlichen. Aber für mich ist es ungewohnt, finde ich mich sonst in einem schwarzen Block wieder, mit Seitentransparenten, ein paar Knaller, Flaschenwürfe, zerspringendes Glas und lauten Sprechchören – wirkt dies hier wie ein angenehmer Spaziergang. Die Polizisten sind bestimmt auch froh, eine friedliche Bürgerbewegung, da gibt es nicht viel zu tun … außer die wenigen, aufrichtigen Menschen vor faschistischen Idioten mit Gedankengift und Hass im Kopf zu beschützen. Von Störern bekomme ich nichts mit (die gibt es nur auf den CSDs).

Regenbogenfahnen, Antifa-Flaggen, Parteien – Links und Mitte, diverse Gewerkschaften. Ich orientiere mich an den paar, die dann doch ein paar Sprechchöre anstimmen und biege mit den anderen und den bunten Regenbogenflaggen auf dem großen Domplatz ein. Die Demo war eigentlich viel zu kurz für die paar vier Ecken rund um die Innenstadtstraßen von Magdeburg. Egal, die Sonne scheint, ich trage sogar meine übergroße Sonnenbrille (und meinen plüschigen, grau-schwarzen Mantel).

Hinter mir der Dom, die Demo vom letzten Jahr, da drüben stand ich mal. Ich glaube, jetzt wurden hier mit zwei- bis dreitausend Menschen doch mehr mobilisiert, als letzten Sommer hier die Rechtsnationalen waren (oder für was auch immer die sich halten, ich bin da szenefremd). Redebeiträge, die aktuelle CDU-SPD-(et.al.)-Koalition, was doch einige vom Kommen abgeschreckt hat, die Kirche, die Gewerkschaften und ein paar der Vertreter der Uni und der Hochschule mit den noch besten Texten (ich bin aber auch beeinflusst, als ehemalige Studentin). So wie sich die Sonne über dem Dom schiebt und den gepflasterten Platz in immer schöneres Licht taucht, verschwinden immer mehr Menschen, und als die Demo / politische Veranstaltung den Nachmittag offiziell beendet wird, ist nur noch ein kleiner Haufen übrig. Immerhin war wenigstens jemand da. Das wird noch hässlich werden bei der nächsten Landtagswahl (ich fürchte schlimmes).

Ein Eis im schönsten Sonnenschein, die Menschen verstreuen sich, die Schlange vor dem italienischen Eiskaffee um die Ecke ist noch lang. Ich setze extra meine Sonnenbrille noch einmal auf und verschlinge schnell die Kugel Stracciatella auf der Waffel. Weiter den Nachmittag zu der anderen Einkaufsmeile ein paar hundert Meter entfernt (dort wo mein Auto parkt).

Hier gibt es den einen Laden mit dem US-amerikanischen Modelabel, vorher noch schnell einen indischen Schnellimbiss, weiter hinein in die prallgefüllte Shopping-Mall. In dem Laden erzähle ich dem Verkäufer, dass die da in dem anderen Laden so ein schönes, grünes T-Shirt hatten. Er kommt wenig später aus dem Lager zurück und zeigt mir ein Exemplar – in meiner Größe. Es ist sogar noch schöner mit dem leicht veränderten Flock-Print auf der Vorderseite und dem Glitzer drumherum (das würde sicher bestimmt gut zu meinen neuen Sneakern passen). Ich kaufe es! Nach dem Anprobieren in der Umkleide fliegt meine Plastikkarte erneut über das Bezahlterminal. Weiter die Rolltreppen hoch und runter über die anderen beiden Etagen und die vielen Geschäfte (aber ich werde nichts weiter einkaufen). Die Sonne nähert sich langsam dem Untergang. Zurück zu Fuß zu dem Schließfach am Hauptbahnhof und denselben Weg wieder zurück zu dem Einkaufszentrum mit dem Laden von eben und mit dem Fahrstuhl runter in die Tiefgarage zurück zu meinem Auto.

Den Beutel mit dem Schuhkarton lege ich in den Kofferraum, mein neues T-Shirt ist auch mit dabei. Es ist bestimmt zweiundzwanzig Grad hier unten und mein Wollmantel und mein Schal und meine gefütterte Steppjacke und mein schwarzer Kaschmirpullover waren vielleicht doch etwas zu viel für heute. Mit dem Auto die fünfundzwanzig Kilometer zurück nach Hause.

Antifaschismus ist auch Kapitalismuskritik? Mein Konsumfetisch und mein Ziel, mein gesamtes Vermögen in die schlimmsten und profitabelsten Dinge zu investieren, um innerhalb der nächsten drei Jahre zu den obersten zwanzig Prozent zu gehören, steht vielleicht etwas in Konflikt zueinander – zu meinen links-grünen Idealen.

[21.01.24 / 00:42] Mein Club liegt in Connewitz, weit im Süden von Leipzig, das eine „besetzte“ Haus (zumindest in der Gegend). Tickets gibt es nur an der Abendkasse, auch hier bin ich wieder überpünktlich und stehe kurz vor 19 Uhr vor dem Eingang des Gebäudes in dem dunklen Hinterhof. Es ist arschkalt (zum Glück trage ich noch eine olivgrüne Steppjacke drunter). Irgendwann geht die Tür auf, mit mir sind schon einige angereiste Gäste da. Eintritt bezahlen, Stempel auf die Handfläche abholen. Der Club ist kalt, die Tür zur Treppe nach oben, wo die Bands auftreten sollen, finde ich nicht gleich, wähne sie noch geschlossen. Es dauert bestimmt noch eine Stunde, bis hier alles losgeht. Zeit für ein Abendessen.

Wieder draußen auf der Straße vor dem Hinterhofeingang zu dem Club, das Ding daneben, ich dachte, das wäre mal ein veganer Burger-Laden gewesen, jetzt ist es ein kleines Restaurant (der tatsächliche Burger-Laden ist eine Straße weiter). Nicht ganz, was ich suche – quer über die Straße erblicke ich einen hell beleuchteten Döner-Imbiss. „Falafel-Teller“, der Mann am Grillspieß hat gute Laune, ich bestelle mir mein kleines Essen und nehme auf einer der Sitzbänke in dem kleinen Bistro Platz. Ich bin so froh, dass ich kein aufwendiges Make-up mehr im Gesicht trage, ich kann großflächig alles wieder mit einer weißen Papierserviette abwischen: „… mit scharfer Soße.“

Zurück in dem Club – das „Sozio-kulturell-links-autonome-Zentrum“ von Leipzig – die bunt angemalte Bude mit den vielen Plakaten von unzähligen Punk-Konzerten auf mindestens drei Etagen verteilt. Es sind mehr Leute da, ich zeige meinen Stempel unten am Eingang und schiebe mich die Treppe hoch nach oben, in dem kleinen Saal mit der noch viel kleineren Bühne. So viele gute Bands habe ich hier schon gesehen. Weiter an die Bar, den obligatorischen Club Mate bestellen? Ich probiere erst die kleinere Flasche Mate-Cola – keinen Alkohol für mich.

Nicht wenig später, die erste Band betritt die Bühne und beginnt zu spielen, diese Nacht sind alles Bands aus dem Synth-Wave-Umfeld, ich mag die junge Sängerin, sie trägt auch so einen schönen, „plüschigen“ Mantel wie ich … hätte ich eine Tochter, würde sie bestimmt genau so aussehen. Zusatzinfo: Ich bin überzeugt, ich habe eine 19-jährige Tochter irgendwo in einem Paralleluniversum, das in dem eine Entscheidung (2004) anders ausfiel und es sich so aufgesplittet hat (tatsächlich ist sie die Tochter meines Paralleluniversums-Ich). Keine Ahnung, was ich hier trinke oder welche türkis-blaue Pille ich da in dem Dönerladen eingeworfen habe, aber ich bin jetzt hier und mir geht es gut.

Nach der ersten Band erkunde ich wieder das Gebäude, die Toiletten sind eine Etage höher, unten hinter dem Eingang ist diese Nacht eine zweite Tanzfläche offen … es kommen immer mehr Leute. Wieder auf der zweiten Etage sehe ich ein Plakat für diese Nacht, unten fand ich schon die Timetable, bis zu dem Haupt-Act für mich – für das ich extra angereist bin – gegen Mitternacht, treten noch ein paar andere Bands auf. Schön, dass ich jetzt mit einem Foto des Plakats auch die Bandnamen habe, ich weiß sonst nie, welche Band tritt da jetzt eigentlich auf? Zu Schade, wenn mir eine gefällt und ich den Namen gar nicht kenne. Dicht daneben sehe ich noch ein anderes Plakat: Mist! Es gab doch wieder eine Party den 30.12. – ich hätte nicht unbedingt wieder mich für mein „Anti-Silvester“ isoliert zu Hause einschließen müssen. Die schwere Tür neben mir wieder zurück in den Saal mit der Bühne.

Die nächste Band, ein betagter Herr, die Musik gefällt mir, tanzbar, Wave, Synthesizer. Um mich herum die anderen Menschen finden die Musik auch gut. Es wird langsam eng zum Tanzen. Die nächste Band, meine Steppjacke liegt eingerollt in meiner Handtasche, meinen Mantel kann ich über meinen Arm hängen, von diesen beiden Künstlern kenne ich nur einen, im Auto höre ich mir manchmal den Sampler eines Plattenlabels an, die etwas von ihm veröffentlicht haben. Leider ist er diesen Abend nicht da, sein Partner entschuldigt sich und liefert eine für mich interessante Performance: die natürliche Evolution, nach Italo-Disco kommt Italo-House! Es war nur eine Frage der Zeit, bis die schwarze Gothic-Szene auch diese Stilrichtung elektronischer Musik aufsaugt und sie in etwas neues und düsteres umwandelt. Gefällt mir (als hätte ich nicht denselben Gedanken gehabt, was ich mit meinen Synthesizern als nächstes anstellen könnte).

Zwischen den Bands, die Treppe hoch zur Toilette … mein Atem kondensiert, es muss auch hier kalt sein, geheizt wird nur unten, wo die vielen Menschen sind. Meistens gehe ich kurz raus, frische Luft atmen (es ist ein Raucherclub), aber diese Nacht ist anders: kurz vor Mitternacht herrscht unten an der Abendkasse Einlasstopp, ich kann meinen Mantel gleich wieder ausziehen und wieder umdrehen … zu viele Menschen. Oben die nächste Band, viel bekomme ich nicht mit, ich werde weiter nach hinten gedrückt und stehe schon fast mit meinem Rücken an der Bar. Eine lokale Band? Ich kann mich nicht einstimmen, sie fängt mich nicht. Ich schiebe mich zwischen den Menschen wieder nach draußen, die Treppe runter zu der anderen kleinen Tanzfläche. Endlich weniger Menschen, ein paar Songs zu der aufgelegten Musik des DJs tanzen. Vertraute Musik, sie laufen bei mir auch das Autoradio hoch und runter.

Gefühlt kurz nach Mitternacht, wieder hoch zu dem Haupt-Act, für das ich hierher gekommen bin. Ich habe ihn schon ein paar mal live gesehen, kenne seine Musik. Äußerst tanzbar, elektronisches Zeug. Ich sichere mir einen Stehplatz in der Mitte vor der Bühne, will nicht wieder nach hinten weitergereicht werden. Egal, ob ich nur wenige Zentimeter zum Tanzen habe, egal, ob es zu so viel (unfreiwilligen) Körperkontakt kommt, ich angerempelt und geschubst werde – ich will ihn sehen! Ich kann in seiner Musik mitgehen, die Augen schließen, alles um mich herum vergessen. Es wird ein langes Konzert, er gibt mehrere Zugaben? Er spielt sein Set durch – ohne Pause.

An der Deckendekoration erkenne ich, wie ich mich durch den Raum und die Massen bewegt haben muss, nach dem letzten Auftritt wird es etwas lockerer – aber es sind immer noch genug Menschen da. Menschen. So viele Menschen. Ein zweites Getränk an der Bar, die Club-Mate-Flaschen, die ich verschließen kann. Tanzen, die ganze Nacht, so weit der Plan. Ich bin unten auf der kleinen Tanzfläche, irgendwo gegen 2:30 Uhr soll hier noch ein Live-Techno-Set kommen. Gerüchteweise. Es bleibt kaum Platz zum Tanzen. Die DJane legt wirklich gute Sachen auf – anders als oben, geht sie mehr in die Punk-Richtung.

Wenig später, das Set mit den harten, elektronischen Beats … live gespielt? Der Künstler überzeugt mich. Ich wünschte, ich könnte mich in Trance fallen lassen – aber es ist so eng auf der kleinen Tanzfläche! Und die da neben mir quatschen die ganze Zeit und übertreffen noch mehr die Lautstärke! Furchtbar! Ich stehe an der Wand, ich drehe mich zur Wand, suche in dem Lichtgewitter meinen Schatten. Wenigstens gegen Ende des Sets kann ich mich woanders vor der kleinen Bühne positionieren und noch einmal einen Versuch wagen, meiner Realität zu entkommen. Harte, industrialisierte Beats.

Weiter die Nacht, ich bin wieder oben auf der Tanzfläche. Die DJs sind bis fünf Uhr morgens geplant. Es ist vier Uhr nochwas und der letzte DJ legt sein Set auf. Ich bin immer noch meine wenigen Schritte tanzen, meine Handtasche und mein Mantel liegen nie mehr als ein oder zwei Meter von mir entfernt irgendwo am Rande an einer Mauer des Clubs, mal auf einer Bank, mal in einer Ecke. Wie lange bleibe ich hier noch? Gerechnet: wenn ich zwölf Uhr mittags wieder aus dem Hotel raus sein muss, bis elf Uhr schlafe, mit fünf Stunden Schönheitsschlaf … sechs Uhr mein Make-up entfernt habe und ins Bett falle – reicht es aus, wenn ich um fünf Uhr hier verschwinde. Irgendwo gegen halb fünf den Sonntag Morgen, der DJ spielt mal einen langsamen Song an … Zeit runterzukommen und so langsam zu gehen.

Unten an der verlassenen Abendkasse, ich streife meine Steppjacke und meinen Mantel wieder an. Zurück nach draußen in die winterliche Kälte dieser eisigen Januarnacht. Zurück zu meinem geparkten Auto. Zurück ins Hotel. Ein Fuchs überquert die Straße … oder war das schon bei der Hinfahrt?

Zurück im Hotelzimmer, es dauert immer eine ganze Weile, bis ich das Badezimmer abgeschminkt verlasse. Ich lege alles bereit für den Morgen nach dem Aufwachen, gezielt um am wenigsten Zeit zu benötigen und am längsten zu schlafen bis zu dem Hotel-Check-out. Auch diesen Sonntag Mittag (nach weiteren fünf Stunden Schlaf) verläuft alles nach Plan. Nur kennengelernt habe ich die Nacht niemanden. Wurde ich angesprochen? Verträumt an der Toilette wartend: „Rück mal einen Stück nach vorne!“ Auf Gothic-Partys geht nie etwas, alle meine Liebhaber, für kurze Momente, habe ich auf queeren Partys kennengelernt.

Sonntag spät nach Mittag, die Leipziger Innenstadt, mein Auto steht im Parkhaus am Bahnhof. Ich will in der Innenstadt dieses eine Bistro ausprobieren, in dem man (frau) gut frühstücken kann. Es ist tatsächlich gut (auch wenn es keine Croissants gibt), aber für fast 20 Euro wird es vielleicht nicht doch etwas, was ich in ein paar Monaten, Pfingsten zum Gothic-Wochenende, jeden Tag mir leisten kann. Weiter zum Hauptbahnhof. Bevor ich Leipzig wieder verlasse, zieht es mich den Sonntag zu den offenen Boutiquen in der Bahnhofspassage, eine nicht näher genannte Kette, überall zu finden in Deutschland, für günstigen Modeschmuck. Nach dem günstigen Mittagessen bei dem Buffet-Inder, verliere ich mich in den Auslagen billigen Silberschmucks … mehr oder weniger billig, ich greife gezielt zu den 925er Sterling-Silber Ohrklemmen mit den Zirkonia-Steinen, meine letzte Ohrklemme aus der Drogerie habe ich leider letztes Jahr in dem Hostel liegengelassen, jetzt sind wieder zwei neu in meinem Bestand. Ich ziehe meine Karte über das Bezahlterminal und mache mich weiter auf den Weg zum Durchgang zum Parkhaus. Zurück zu meinem Auto. Zurück auf die Autobahn. Wenigstens mal wieder eine Nacht ausgegangen. (Ende Teil 2/2)

[21.01.24 / 00:41] Ich will mal wieder ausgehen und tanzen. Irgendwo in Leipzig im Süden ist ein Wochenende im Januar ein Abend – besser eine Nacht mit vielen interessanten Bands und DJs. Ich buche gerade mein Hotelzimmer für Pfingsten in vielen Monaten und nehme die eine Nacht das Wochenende im Januar gleich mit. Nur eine Nacht, Sonnabend bis Sonntag, mit dem Auto, das Hotel im Norden, das ich so gut kenne. Werde ich ihm eine Nachricht schreiben? Nein. Das wird ein Wochenende ganz für mich, nur Disko und Tanzen … und außerdem sind für die eine Nacht so viele Bands geplant, die spielen bestimmt bis drei Uhr nachts.

Das Wochenende rückt näher, den Sonnabend bin ich schon ganz aufgeregt und husche die Treppe hoch und runter, Beine rasieren, Rest des Körpers rasieren, Schamhaare trimmen. Mein neues Badezimmer unten hat noch keinen Spiegel, ich muss hoch in mein altes Badezimmer unter dem Dachboden an meinen großen Spiegel – den, der bis runter zum Waschbecken reicht, 110 cm x 90 cm. Make-up werde ich erst später im Hotel auftragen. Was ziehe ich an?

Zurück in meinem Ankleidezimmer – aka der begehbare Kleiderschrank – wühle ich meine Sachen durch, der schwarz-weiße Blazer auf der Kleiderstange bleibt ungetragen, ich weiß, dass es in dem Club keine Garderobe (und keine Heizung) gibt, ich werde wohl meinen schwarz-grauen Wintermantel die ganze Zeit anbehalten … mein französischer Waterfall-Cardigan aus Wolle, ungefüttert. Ich entscheide mich für das schwarze Kleid etwas dicker gestrickt. Aber eigentlich suche ich nur etwas, was am besten zu meinen hohen, schwarzen 18-Loch Schnürstiefeln passt … die ohne Absatz, ich werde die ganze Nacht bis in den Morgen vor der Bühne stehen müssen. All meinen Silberschmuck noch mit angelegt, die Waschtasche in meine große Umhängetasche, die Stiefel in den Kofferraum meines Autos in der Garage. Sonnabend Nachmittag, auf der Autobahn unterwegs nach Leipzig.

Kein Stau, keine Verzögerung, kein Eis, keine Glätte, keine Traktoren – ich bin präzise 17 Uhr nochwas an dem Hotel angekommen, so viele Nächte habe ich hier schon verbracht, ich hatte mal eine „Affäre“ mit jemanden, der hier nicht unweit entfernt in seiner Wohnung gelebt hat. „Sie kennen sich aus?“, netter Spruch des älteren Mannes an der Rezeption.

Im Zimmer, meine Sachen ausbreiten, alles, was ich die Nacht brauche, auf das Bett, alles, was ich die nächsten Minuten verwende, daneben. Die Dusche im Bad, mein orientalisches Duschbad passend zu dem schweren Parfüm – ich mag es so sehr: Jardin Bohème Rendez-vous Nocturne – allein schon der Klang des Namens … eine verführerische Begegnung die Nacht. Ich bin frei, ich weiß nicht, was passieren wird. Vielleicht lerne ich jemanden kennen? Mascara und Kajal, tiefschwarz. Es ist egal, wie ich es auftrage, hinterher verblende ich alles großflächig mit dem kleinen Pinsel rund um meine Augen.

Die Haare kämmen, der Sprühstoß des Parfüms – ich verlasse das Bad in dem Hotelzimmer und mache mich bereit für die Nacht. Das schwarze Kleid kombiniere ich mit der schwarzen Yoga-Hose – genau die vom letzten Pfingsten – ultrabequem. Meine Schnürstiefel binden, Loch für Loch einfädeln. Die bereitliegenden Sachen auf dem Bett in meine schwarze Lederhandtasche schieben. Meinen übergroßen Wollmantel – french chic – überziehen, die Schlüsselkarte greifen und das Zimmer verlassen. Zurück zu meinem Auto auf dem Hotelparkplatz … in dem Hotel am Stadtrand neben der Tankstelle und dem Baumarkt, wo wahrscheinlich nur einsame Trucker übernachten, so viele LKWs säumen die Straße. (Ende Teil 1/2)

[06.01.24 / 23:13] Happy New Year! Mein traditionelles Anti-Silvester: Mich den Abend vor dem Computer setzen, an meiner ewigen, nie fertigen Software-Baustelle arbeiten (mein Web-Mail-Programm – erfolgreich in Konstruktion seit 2013) und mich gegen Mitternacht wegen dem Lärm draußen beschweren. Wieso mache ich das? Tage später die Erklärungsnot unter den Kollegen auf Arbeit:

„Es ist wegen meiner Vergangenheit … Vor vielen, vielen Jahren die Trennung von meiner ersten großen Liebe, kurz vor dem Jahreswechsel, ich war so traurig (2004) und danach habe ich nie wieder Silvester gefeiert! Bis dann zu meiner zweiten großen Liebe (2015) und nach dieser dann auch nicht mehr.“

Und so wiederholt sich das jedes Jahr …

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße

Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg

Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,

vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.

Herzlich

Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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