morgana81 - gothic transgender

Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[01.01.70 / 00:00] Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[09.06.20 / 19:27] Der Sonntag, wieder zwei Brötchen (vom Vortag) und einen Kaffee an meinem Klapptisch ... hätte ich nicht noch extra die Isomatte aus billigen Schaumstoff dazugekauft, hätte ich die Nächte wohl kaum auf dem harten Fußboden schlafen können. Für diesen Tag nehme ich mir das Bad vor, gründlich zu reinigen. Doch zuerst, gegen Mittag, zwei Stück Kuchen kaufen bei dem Sonntagsbäcker um die Ecke: "Was ist in dem Bauernkuchen? Ah ... Mohn, Früchte, alles gemischt (für Unentschlossene). Das und noch ein Stück Eierschecke!" Wenn schon Sachsen, dann richtig.
Das Bad ... schaffe ich es innerhalb einer Stunde? So wie die Putzkolonnen in den Hotels? Ich weiß mittlerweile, daß Punkt 13 Uhr eine ganz große Demo in der Innenstadt von Leipzig startet. Während ich den ganzen Nachmittag in meinem Badezimmer festsitze und jede kleinste Ecke penibel reinige, gehen mir haufenweise Gründe durch den Kopf, warum ich eben nicht an einer Anti-Rassismus-Demo teilnehme. [Anm. der Verfasserin: Wie voll es da wirklich wurde, lese ich den Abend später auf Twitter.]
"Nach mir die Sintflut!" Irgendwann muß ich beim Putzen ein Ende finden, ich kann nicht alles klinisch sauber reinigen, die Ecken sind immer noch auffällig und die Kalkspuren in der Duschkabine bekomme ich nie vollkommen weg ... das sieht auch später keiner. Sollte irgend jemand hier wirklich wieder einziehen, macht derjenige sowieso noch einmal alles sauber. Ich setze den späten Nachmittag mein Kännchen schwarzen Ceylon Tee auf und genieße meine zwei Stück Kuchen. Die Küchenecke muß noch gereinigt werden. Und dann ist da noch dieser eine, kleine Schrank mit den zwei Schubfächern als Kommode ... das einzige Möbelstück, das noch nicht verschwunden ist. Es gehört meinem Ex-Freund.
Die Küchenecke, nachdem ich das Geschirr und alle Pfannen und Töpfe ein paar Wochen zuvor schon wegtransportieren konnte, sind jetzt nur noch eine Ansammlung von Tee- und Kaffeedosen, Tee- und Kaffeetassen und dem Wasserkocher (also eine reine "Tee- und Kaffeeküche") in der Ecke vorhanden. Alles in eine Klappbox packen, die Herdplatte und die Spüle reinigen und ich bin schneller als erwartet (also zwei Stunden?) fertig. Essen gehen.
Das Auto bleibt stehen, die Straßenbahn will ich nicht benutzen, das indische Restaurant um die Ecke bei dem Kuchenbäcker gegenüber bietet sich an. Auch hier bestelle ich den Abend mein komplettes Menü (die gemischte Grillplatte für Unentschlossene) an einem Tisch im Außenbereich ... für die Toilettenbenutzung muß ich das Restaurant betreten und mein Tuch über das Gesicht ziehen. Leider habe ich für das Trinkgeld nur haufenweise Cent-Münzen in meiner Tasche und muß lange suchen, bis ich ein paar größere Münzen finde für einen spärlichen Kleinstbetrag. Zu Fuß zurück zu meiner Wohnung ... auch hier, wie den Abend zuvor, wieder in der Dämmerung.
Wenn du deinen Schrank nicht bis Sonnenuntergang abgeholt hast, fliegt er raus! Fast schon befriedigend schraube ich das kleine Schränkchen erst auseinander und breche dann die einzelnen Spanholzstücke, die genagelt wurden, heraus: Deinen Schrank gibt es jetzt nicht mehr. Auf alle meiner letzten Nachrichten am Telefon hat er nicht geantwortet ... bis auf eine. Er ist jetzt obdachlos, alkohol- und drogenabhängig. Die Rechnungen des Mobiltelefonanbieters konnte er schon vor ein oder zwei Jahren nicht mehr bezahlen, ohne Geld kein Prepaid-Guthaben ... und auch keine Antwort. Nur diese eine: Er wollte mich vor meinem Auszug noch einmal sehen, vielleicht etwas klären, einen Abschluß finden. Im Dunkeln der Nacht trage ich die Einzelteile seines Schrankes zur großen Mülltonne im Hinterhof des Mietshauses - und werfe sie krachend hinein. Noch eine letzte Nacht schlafen in meiner Wohnung.

Der Montag. Ich bin den Morgen eine Stunde früher wach, als eingestellt am Wecker. Die Küche bleibt so sauber, wie sie ist (nur Brötchen und eine Flasche Wasser), die Dusche muß ich benutzen ... nackt wische ich zum Schluß noch einmal alles mit dem Kalkreiniger ab.
Das Auto holen, das ganze Zeug runterbringen und einladen. Die Badvorleger, den Abtreter, die Klappbox mit dem Geschirr und das Küchenregal. Die Mülleimer (3x bzw. 4x für vorbildliche Mülltrennung) und alles, was noch an Kleidern, an Bügeln irgendwo in meiner Wohnung herumhängt ... mein kleines Auto ist jetzt schon voll, und es fehlt noch der Klapptisch mit dem weißen Tischdeckchen und der Klappstuhl, sowie die ganze Campingausrüstung (Isomatte, Luftmatratze, Schlafsack). Wer hätte gedacht, daß in einer an sich leeren Wohnung noch so viel herumsteht?

Zen - meine leergeräumte Wohnung in Leipzig
Der Übergabetermin ist um 11 Uhr, jetzt bin ich froh, eine Stunde früher aufgewacht zu sein. Seit Tagen, eher seit Wochen, schwebt in meinen Gedanken das Bild des Abschlußrituals: In der leergeräumten Wohnung muß noch ein Räucherstäbchen angezündet werden! Ich kann sonst nicht loslassen. 10:30 Uhr, ich entflamme das mitgebrachte Räucherstäbchen und setze es in den Halter in die Mitte des Raumes ... es ist nicht der energetische Mittelpunkt, dieser liegt einen Meter weiter zum Innenbereich hin, an der Stelle, an der ich auch meine morgendlichen Tai-Chi-Übungen gemacht habe. Alle Fenster sind weit geöffnet.
10:55 Uhr, es klingelt unten an der Tür, ich lasse die Mitarbeiterin der Hausverwaltung durch die Wohnungstür ... das Räucherstäbchen ist noch nicht ganz heruntergebrannt. "Aber ich habe doch noch fünf Minuten!" Mein ganzer Krempel, der Tisch und der Stuhl, sind noch da. Vor der Wohnungstür im Treppenhaus steht noch das alles, was ich noch nicht bis runter geschafft habe. Sie schaut sich die Wohnung an ... alles sauber ... keine größeren Schäden (ich deute auch nicht auf die Stellen im Laminat, die ich nachweislich zerkratzt habe). Ich kehre die Asche des heruntergebrannten Räucherstäbchens zusammen ... das mit der Wohnungsübergabe kommt jetzt doch irgendwie so plötzlich.
Schlüsselübergabe, alle fein sortiert, das Protokoll unterschreiben, den Rest von meinem Kram vor die Tür in das Treppenhaus stellen - und ich bin draußen, die Tür ist zu. Sie macht noch Fotos von innen und kommt dann auch mit raus. Hinunter in den Keller, ich brauche noch den Zählerstand für den Strom, sie auch. Und dann stehe ich wenig später wieder oben alleine vor meiner Wohnungstür, zwischen meinem ganzen ausgeräumten, verbliebenen Hausrat. "Mach's gut Wohnung!" Ich laufe noch ein paar mal die Treppe hoch und runter, trage meinen ganzen Kram raus zum Auto bzw. vor dem Hauseingang ... ein letztes Mal noch meine Hand von außen gegen die verschlossene Wohnungstür. Ich unterdrücke meine Tränen ... jetzt beginnt etwas Neues.

Es ist nicht 'Wohnung', wenn die Tür verschlossen ist.

Zurück zum Auto, die Tetris-Melodie summend, räume ich erst alles wieder aus und dann wieder effizient ein, stapel alles auf Höhe des Armaturenbretts, nutze jeden kleinsten Zentimeter (die Isomatte liegt fast auf den Armaturenbrett). Der Kofferraum ist bis oben voll, mein "Klapp-Ensemble" teilt sich mit dem Rucksack und dem ganzen anderen Kram den Beifahrersitz. Etwa eine dreiviertel Stunde später bin ich bereit für die Abfahrt, ich starte den Motor um 12:30 Uhr, zurück auf der Autobahn zu meinem Erstwohnsitz* - "Buddha" (der Daibutsu aus Kamakura) fährt als Beifahrer mit, das kleine Poster von der Badezimmertür steckt jetzt vor der Kopfstütze und über dem Gepäck auf dem Beifahrersitz.

(* Irgendwo im Nirgendwo, ich könnte jetzt von meinem Dachbodenverschlag in die Wohnung darunter ziehen. Ist zwar mietfrei aber ... ich kann mir nicht vorstellen, hier "Männerbesuch" zu empfangen. Da war meine jetzt alte Wohnung in Leipzig viel praktischer: "Don't look for me, I don't live in Leipzig anymore.") (Ende Teil 2/2)

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg
Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,
vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,
bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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