morgana81 - gothic transgender

Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[01.01.70 / 00:00] Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[15.07.19 / 00:02] Zurück in meiner Wohnung, nach dem Marsch eine Dusche nehmen ... der entstandene Sonnenbrand im Gesicht hält sich in Grenzen - Feuchtigkeitscreme. Chanel über meinen Nacken (und den noch nassen, langen Haaren) und das Make-up für die Nacht wird aufgelegt: Den schwarzen Lidstrich nachziehen und dramatisch schwarzer Mascara (tatsächlich sind ein paar schwarze Kleckser Wimperntusche daneben gegangen, ich korrigiere mit einem Stück Toilettenpapier und der Wimpernbürste solange umher, bis das Ergebnis halbwegs passabel aussieht). An meinem Outfit für die Nacht ändere ich nur wenig, der weite, mittellange, schwarze Rock wird durch das kurze Lederröckchen ersetzt, der orientalische Gürtel durch den passenden Nietengürtel. Ich überlege meine Schuhauswahl, die High-Heel-Stiefeletten? Zu nuttig mit dem kurzen Röckchen. Die viktorianischen Stiefeletten? Wirkt nicht mit dem Lederrock. Also doch wieder die absatzlosen, schweren Schnürstiefel, die richtige Entscheidung für meine Füße nach der kilometerlangen Demo-Route den Nachmittag - und außerdem kann ich die beim Autofahren anbehalten und muß nicht extra Schuhe dafür mitnehmen. Ich packe meine Handtasche, ziehe meine Lederjacke / Punkerkutte über, greife mir die Autoschlüssel und mache mich auf den Weg für die Nacht.
Es nieselt weiter, die Scheibenwischer verschmieren, die Sprechstimme meiner Navigationssoftware auf meinem Smartphone ignoriere ich, die Brücke nach Plagwitz ist noch lange gesperrt, ich fahre ein paar Umwege, aus dem Autoradio tönt das Best-Of-Album von "Echo & The Bunnymen". "Bring on the dancing horses...", summe und murmle ich weiter, als ich gegen 23 Uhr mein Auto in der Seitenstraße in der Nähe des Clubs parke und die paar Schritte durch die dunkle Gasse zum Eingang des Clubs laufe ... noch ist keine Schlange vor dem Eingang.
Mein Eintritt als Soli-Spende und ich erkunde das Innere. Ein DJ-Pärchen legt russische Disco-Musik auf? Interessant, habe ich so noch nie gehört. Der zweite Floor im Obergeschoß, ziemlich basslastige Musik zum Tanzen. Den Plakaten der Veranstaltung für diese Nacht soll es irgendwo noch eine dritte Tanzfläche geben - und in der Tat, ein Stück weit hinter den Toiletten ist eine Tür geöffnet, die mir auf meinen alten Besuchen in diesem Gebäude immer verschlossen geblieben ist. Vor mir öffnet sich ein kleiner Raum, die Wände von oben bis unten beklebt mit den Plakaten vergangener Konzerte, nahezu vollständig konserviert durch die Verschlossenheit des Raumes. Eine Zeitreise! Fasziniert betrachte ich immer wieder die Plakate der letzten 20 Jahre ... bin ich hier auch irgendwo? Ein Plakat entdecke ich mit einer Band, die ich vor 10 oder 13 Jahren in Leipzig gesehen habe ... breites Grinsen. Ich verlasse den kleinen Raum wieder und durchstreife den Club mit meiner Flasche Club Mate in der Hand.
Die Tanzfläche unten, ein anders DJ-Set, etwas Musik für mich zum Tanzen in Richtung Italo und Wave - aber meine sentimentalen Gedanken hängen in der Vergangenheit. 2004 war ich das erste Mal in diesem anarchistischen Club, schwarze Underground-Ranger mit Stahlkappe, eine schwarze Levis-Jeans, meine alte Lederjacke, damals mit nur einem einzigen, meinem allerersten "Joy Division"-Button. Bis um halb Acht Uhr morgens den nächsten Tag war ich in dem Club, mit frischen Erfahrungen aus meiner Kurzzeit-Wochenendaffäre mit einer Süditalienerin. Sollte ich auch mal flirten und eine junge Frau ansprechen? Ich habe mir das nie getraut.
Zurück in die Gegenwart und in die obere Etage, den Reißverschluß meines kurzen und engen Lederröckchens ziehe ich jedesmal ein Stück weit auf, bevor ich die Treppe betrete - damit ich es die Stufen halbwegs nach oben schaffe. Ganz oben war ich auch noch nie, eine Galerie mit ein paar Graffiti-Kunstwerken ist geöffnet ... sieht ganz nett aus, aber so richtig wirken die erst auf einer großen Mauer, oder als "Wholetrain".
Der kleine Raum zieht mich weiter magisch an, zu jeder vollen Stunde die Nacht zelebrieren die beiden Hosts des Trucks den Nachmittag zuvor dort eine musikalische Performance - jedenfalls glaube ich das, der kleine Raum ist immer bis zur Türschwelle voll, wenn ich da bin. Ich erforsche die Plakatwände in dem Vorraum, der Flur zu den Toiletten - irgendwo muß doch eins zu finden sein, wo ich auch war. Und wirklich! Ich entdecke es! Ganz unten, teilweise überklebt ... die Bandaufstellung, das kenne ich doch - großer Gott! Das muß über 12 bis 15 Jahre her sein! Zwar nicht Leipzig, aber auf dem Tourplakat steht das soziokulturelle Zentrum in Halberstadt, damals habe ich noch in Wernigerode studiert. Noch breiteres Grinsen, ich fühle mich plötzlich uralt in diesem Club, unter dem ganzen jungen Publikum habe ich nur zwei Menschen gesehen, die älter als ich sein dürften. Jedesmal, wenn ich die zwei Tanzflächen in den Etagen wechsele und daran vorbeilaufe, muß ich auf das Plakat zeigen: "Da war ich schon!"
Nicht allzuviel später die Nacht, unten auf der Tanzfläche Bassmusik, oben auf der Tanzfläche Bassmusik, nichts für was ich tanzbar bin. Ich warte vergeblich auf ein paar eingestreute Hi-NRG-Stücke, dafür hätte ich wohl die große CSD-Abschlußparty besuchen müssen, aber das Großraumdisko-Flair und die prognostizierte Besucheranzahl dort von über 1000 Gästen schreckt mich ab. Ich sitze etwas in meinem kleinen Lieblingsclub herum, bin auch mal draußen vor der Tür, sehe die meterlange Schlange davor: "Ist das schon Eingangsstop?" Die junge Frau an der Kasse bejaht meine Frage. Drinnen ist es für mich noch nicht unangenehm voll, die Tanzfläche oben, da könnte ich die Luft zerschneiden, aber da bin ich nicht.
Auf meinem Sitzplatz auf der Bank in der Nähe des Einganges lasse ich meine kreativen Gedanken schweifen. Die kubanischen Stiefeletten, die viktorianischen, die sommerlichen mit den hohen Stilettos, meine Doc Martens und die Pikes - so langsam wird es voll auf dem kleinen Abtreter. Den Schuhturm mit meinen anderen Trittchen kann ich nicht erweitern, am Wohnungseingang ist wegen der aufklappenden Tür auch kein Platz, meinen Abtreter möchte ich nicht nach oben verbauen und es fehlt auch ein Platz für Gästeschuhe. Einzig der Bereich neben der Tür zum Bad, auf dem ich immer meinen Getränkeeinkauf ablade, wäre frei. Dort hätte ich am liebsten ein Weinregal (auch wenn es während des Sommers und der hohen Temperaturen in meiner Dachgeschoßwohnung keinen Sinn macht, da Weinflaschen zu lagern). Ich kombiniere ... ein Schuhregal ... ein Weinregal ... "Ein Schuh-Wein-Regal!" Der Geistesblitz. Unten Schuhe, oben Wein, oder umgekehrt. Ob sich das realisieren läßt, sehe ich beim nächsten Besuch der Möbelmärkte und -discounter.
Gegen 3 Uhr die Nacht, die Musik auf den beiden Tanzflächen wird nicht besser und ich habe meine zweite Flasche Club Mate ausgetrunken - zurück zum Auto, ich verlasse den Club und mache mich auf den Heimweg. Gegen 4 Uhr den Morgen befinde ich mich wieder vor meinem Badezimmerspiegel, das schwarze Augen-Make-up wische ich mir mit einem Kosmetiktuch weg, meine Sachen hänge ich über das Zimmer verteilt über alle Sitzgelegenheiten. Noch kann ich nicht einschlafen, ich betrachte die Stelle neben dem Badezimmer, an der mein zukünftiges "Zauberregal" stehen soll. Erst eine Stunde später um 5 Uhr den Morgen, draußen bricht die Morgendämmerung an, bin ich weg und schlafe ein. Ich habe mein Telefon im Auto liegen lassen, wenn mich jetzt jemand anrufen sollte oder mir eine Nachricht schreibt, bekomme ich davon nichts mit. Das Telefon klingelt dann im Auto.
Erst den frühen Sonntag Nachmittag, auf dem Weg zu dem kleinen Café an der Straßenecke meines Wohnquartiers, zwei Stück Kuchen* für den späten Nachmittag kaufen, werde ich mein Telefon wieder abholen. Nur eine Nachricht an mich als "Personal shopper" von meiner Auftraggeberin, hoffentlich war es die richtige Größe.

(* Der Kuchen ist so dermaßen gut, eine lange Schlange bildet sich den Nachmittag vor dem Bäcker, daß ich vermute, die beziehen ihren Kuchen jeden Sonntag von einer Kooperative oder einem Netzwerk an backenden Omas rund um Leipzig.) (Ende Teil 2/2)

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg
Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,
vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,
bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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