morgana81 - gothic transgender

Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[01.01.70 / 00:00] Sternzeit irgendwas, Logbucheintragung des Captains:

[10.07.16 / 22:03] Sonnabend Nachmittag parke ich mein Auto wieder in Connewitz - an ziemlich genau derselben Stelle wie das Wochenende zuvor. Ich will zu einem Vortrag der queerfeministischen Szene zur Integration von Transmenschen in eben diese Szene. Die Referentin, nur etwas älter als ich, hat auch einen Trans-Hintergrund - nur leider bezieht sie sich immer wieder auf die (sexuellen) Beziehungen zwischen Transfrauen und "normalen Frauen" ... oder Transmännern. So eine "Hetero"-Beziehung, wie ich sie mit einem Mann führe, kommt in ihrem Vortrag nicht vor. Irgendwann wird es kurzzeitig langweilig, wozu soll ich mir etwas über "Trans" anhören, wenn ich dieses "Trans" die ganze Zeit lebe? Ich wende mich für einen Moment ab und lausche der Musikproben der später an diesem Abend auftretenden Hardcore-Band. In der anschließenden Diskussionsrunde hätte ich gerne auch etwas eingeworfen, aber ich fühle mich zu sehr eingeschüchtert von der perfekten weiblichen Stimme der anderen Transfrau (sie muß Jahre dafür geübt haben). Etwas aus diesem Vortrag bleibt bei mir hängen ... wenn ich mich zu sehr weiblich aufreizend kleide, ist das nur ein Ausdruck von Sexismus meiner männlichen (Teil)-Persönlichkeit. Ich bin sexistisch, wenn ich mich als Frau hübsch zurecht mache. In diesem Moment weiß ich noch nicht, wie mich das die ganze Nacht noch beschäftigen wird.
Nach Ende des Vortrags und der Diskussionsrunde, gehe ich kurz etwas essen in dem orientalischen Schnellimbiß und komme für die anstehenden Konzerte wieder zurück. Die All-Girl-Hardcore-Band soll noch bis vor Mitternacht spielen, Zeit genug, um danach in die nächste Gothic-Disco zu fahren. Als ich den Raum für die Konzerte betrete, überkommen mich seltsame Flashbacks ... ich war hier schon einmal! Das ist ja dasselbe linksalternative Haus, das ich vor ein paar Jahren für eine Partynacht betreten habe. Der Vortrag hat im Hinterhof unter freien Himmel stattgefunden. Erst jetzt, bei einbrechender Dunkelheit, erkenne ich das Haus wieder ... besonders das "Konzertzimmer". Genau da in der Ecke mit dem Ofen stand ich vor ein paar Jahren schon einmal.
Gegen Mitternacht gehe ich wieder zurück zu meinem parkenden Auto, mein Freund hat mir einige Stunden zuvor geschrieben, daß er mich anruft, wenn er von der Arbeit kommt ... auf diesen Anruf warte ich vergebens. Ich fahre nach Plagwitz zu der dort stattfindenden Gothic-Disco. Als ich mich an die Bar setze, überkommt mich wieder eine depressive Phase. Ich muß über den Vortrag den Abend nachdenken, ich kann diesen letzten männlichen, sexistischen Teil in mir nur überwinden (oder dagegen ankämpfen), wenn ich mich nicht mehr attraktiv kleide. Ich will nicht mehr für Männer interessant sein ... das Make-up lasse ich schon lange weg, die Haare binde ich zusammen, meine weiblichen Abendkleider habe ich schon seit einiger Zeit nicht mehr angezogen, trage nur noch Jeanshosen. Meine Schuhauswahl beschränkt sich eigentlich nur noch auf die klobigen Schnürstiefel und die nicht minder martialisch wirkenden Plateausandaletten. Nur die Brüste kann ich nicht verstecken - ich könnte sie abbinden oder weite Pullover tragen (im Sommer), aber will ich das denn? Bin ich nicht schon häßlich genug? Die Nacht in der Disco werde ich von zwei Männern angesprochen ... ich gehe nicht auf ihre Gesprächsversuche ein. Ich will nicht mehr attraktiv sein für Männer.

Ich verlasse die Disco gegen 3 Uhr nachts und fahre zu der Wohnung meines Freundes. Weiterhin keine Nachricht von ihm auf meinem Telefon. Bis 4 Uhr kurz vor Sonnenaufgang am Sonntag Morgen warte ich noch auf ihn in meinem Auto einige Meter von seinem Hauseingang entfernt. Sein Leben, seine Entscheidung ... mich nicht sehen zu wollen - hat er das Interesse an mir verloren? Ist ihm aufgefallen, daß ich mich zunehmend weniger attraktiv kleide? Grübelnd fahre ich wieder zurück zu meiner Wohnung. Gegen halb fünf Uhr morgens verdoppele ich wieder die Dosis der Antidepressiva, um einschlafen zu können.
Sonntag Mittag stehe ich auf, esse meine Frühstückskekse und koche mir einen arabischen Kaffee (der mit nur zwei gehäuften Löffeln weniger stark ist, als die Version von meinem Freund), den ich dann, auf den Orientteppich sitzend, an meinem "marokkanischen" Kaffeetisch trinke. Kurz nach 14 Uhr bin ich wieder zurück in der Leipziger Innenstadt und esse noch eine Pizza, bevor ich an diesem heißen Sonntag Nachmittag ein Eis essen gehe ... allein. Die vielen Paare, die ich sehe, von denen mindestens ein Partner auch ein Eis schleckt, deprimieren mich. Wieso bin ich immer allein? Weil ich eine Transfrau bin, für mehr als Sex bin ich nicht brauchbar ... danach verlieren alle Männer wieder sehr schnell das Interesse an mir. Der eine Marokkaner, der mich nur für eine schnelle Nummer getroffen hat, hat sich auch nicht mehr gemeldet. Der Reiz für sie ist schnell vorbei - und genau deshalb will ich nicht mehr attraktiv sein! Ich will nicht immer wieder wie ein benutztes Kondom weggeworfen werden! Ich will als Frau wahrgenommen werden, mit allem drum und dran. Zeit, eine militante Feministin zu werden.
Den Nachmittag fahre ich auf der Autobahn wieder zurück ... nur die ersten Kilometer mit offenen Verdeck und die Haare unter einem Kopftuch (Grace Kelly like) vor dem Wind geschützt. Das Außenthermometer zeigt 34 Grad und die CC-Creme im Gesicht (die mit dem Sonnenschutzfaktor) ist schon längst zerlaufen. Auf dem nächsten Parkplatz halte ich wieder an, um das Verdeck zu schließen und die Klimaanlage einzuschalten. Für einen kurzen Moment, als ich weiterfahre, höre ich den SMS-Ton meines Telefons aus der Handtasche auf dem Beifahrersitz - aber es ist nur Einbildung ... mein Freund meldet sich weiterhin nicht.

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Kommentar:

[05.12.22 / 17:34] Daniele1992: Hallo Morgana

Mail ist heute rausgegangen

LG Daniele

[13.11.22 / 09:33] Daniele1992: Hallo Morgana

aktuell keine schöne Situation. Ich schreibe Dir noch eine Mail dazu.

LG Daniele

Morgana LaGoth: Einige Kommentare müssen auch nicht allzu öffentlich sein …

[13.05.22 / 09:15] Daniele1992: Hallo Morgana,

Tolle Reisebericht von Deiner neusten Reise nach Paris. Macht grosse Lust auch wieder dort hinzufahren um sich von der Stadt inspirieren zu lassen.

Tolle Neuigkeiten.NeuerJob. Klasse! Freue mich für Dich.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Danke. Endlich wieder verreisen … lange darauf gewartet. Lebendig bleiben, solange es noch geht.

[24.12.21 / 20:55] Daniele1992: Hallo Morgana,

Ich denke an Dich und wünsche Dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2022.

Liebe Grüße
Daniele

Morgana LaGoth: Vielen Dank, ich wünsche dir ebenfalls ein schönes, neues Jahr.

[25.09.21 / 14:59] Daniele1992: Hallo,

eine Chance etwas Neues zu machen. Neue Perspektiven. Urlaubsträume, die bald real werden können. Nicht so schlecht. Freue mich für Dich. LG Daniele.

Morgana LaGoth: Danke dir.

[11.11.20 / 09:12] Daniele1992: Hallo Morgana

Ich habe Dir eine Mail geschickt.

Lg
Daniele

Morgana LaGoth: Hey ... vom Lenkrad aus mit der Hand winken, von einem MX-5 zum anderen. *freu*

[30.07.20 / 22:03] Daniele1992: Guten Abend

das habe ich sehr gerne gemacht. Zum Einen interessiert mich das Thema und zum Anderen hast Du wirklich sehr lebendig und spannend geschrieben. Da wollte ich Alles lesen und wollte Dir schreiben, das mir Dein Blog besonders gut gefallen hat (Die eigentliche Arbeit hattest Du ja mit dem Verfassen des Blogs). Wenn Du magst können wir den Kontakt gerne per Mail halten. Viele Grüße Daniele

Morgana LaGoth: Mail-Adresse steht oben bei "kontakt" - bei weiteren Fragen, gerne.

[30.07.20 / 12:44] Daniele1992: Guten Morgen,
vielen Dank für Deinen tollen Blog. Ich habe ihn in den letzten Wochen komplett gelesen. Meistens konnte ich gar nicht aufhören zu lesen. Fast wie bei einem sehr spannenden Roman. Ich habe dabei Deine genauen Beobachtungen und Beschreibungen sehr genossen. Deine vielen Ausflüge in die Clubs und zu den Festivals oder Deine Streifzüge d durch die Geschäfte beschreibst Du immer aus Deiner Sicht sehr anschaulich und spannend. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, das alleine zu erleben, häufig auch mit einer gewissen Distanz. Ich kenne ich von mir sehr gut. Highlights sind Deine Reiseberichte. Deine Erlebnisse an den unterschiedlichsten Orten auf der Welt. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch das Du Deinen Weg zu Deinem waren Geschlecht mit uns Lesern teilst. Deinen Weg Deine Gefühle Deine zeitweisen Zweifel. Das ist sehr wertvoll auch für uns Andere, denn es ist authentisch und sehr selten. Du bist einem dadurch sehr vertraut geworden. Für mich ist eine gefühlte grosse Nähe dadurch entstanden. Umso mehr schmerzt es mich von Deinen Rückschlägen zu lesen. Von Deinem Kampf zu Deinem wahren Ich. Von Deinem Kampf umd Liebe, Zährlichkeit und Akzepzanz und Anerkenung. Von Deiem mitunter verzweifeltem Kampf nach Liebe und Anerkennung durch Deinen Exfreund. Leider vergeblich. Dein Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit und Deine aktuell missliche Lage. Ich glaube dass Du nicht gescheitert bist. Du hast viel Mumm und Hardnäckigkeit bewiesen Deinen Gang zu Dir selbst zu gehen. Du hast auch einen guten Beruf der immer noch sehr gefragt ist. Vielleicht kann ja nach dieser Auszeit und etwas Abstand ein Neuanfang in einer anderen Firma, wo Du keine Vergangenheit als Mann hattest gelingen. Ich wünsche das Dir ein Neuanfang gelingt und drücke Dir ganz fest die Daumen. Daniele

Morgana LaGoth: Da liest sich tatsächlich jemand alles durch? Das ist mittlerweile schon ein kompletter Roman mit mehreren hundert Seiten! Danke dir, für deinen Kommentar (und die aufgebrachte Zeit).

[05.10.19 / 17:11] Drea Doria: Meine liebe Morgana,
bin 5 T post all-in-one-FzF-OP. Deine guten Wünsche haben geholfen. Der Koch ist immernoch noch super. Alle hier sind herzlich und nehmen sich Zeit.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Dann wünsch ich dir jetzt noch viel mehr Glück bei deiner Genesung!

[14.06.19 / 12:57] Drea Doria: Meine liebe Morgana,

vielen Dank für Deine offenen und kritischen Erlebnisberichte. Ich bin in 3 Monaten in Sanssouci zur FzF-OP. Ich denke auch, was kann schon schief gehen, status quo geht nicht und irgendwas besseres wird wohl resultieren. Wenn es Dich interessiert, halte ich Dich informiert. Drücke mir die Daumen.
Herzlich
Drea

Morgana LaGoth: Ich wünsche dir für deine Operation viel Glück. (Sollte der Koch nicht gewechselt haben, das Essen da in der Klinik ist richtig gut!)

[14.11.17 / 20:13] Morgana LaGoth: Nutzungsbedingungen für die Kommentarfunktion: Die Seitenbetreiberin behält sich das Recht vor, jeden Kommentar, dessen Inhalt rassistisch, sexistisch, homophob, transphob, ausländerfeindlich oder sonstwie gegen eine Minderheit beleidigend und diskriminierend ist, zu zensieren, zu kürzen, zu löschen oder gar nicht erst freizuschalten. Werbung und Spam (sofern die Seitenbetreiberin dafür nicht empfänglich ist) wird nicht toleriert. Personenbezogene Daten (Anschrift, Telefonnummer) werden vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht.

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